Mein Name ist Peter (Name von der Redaktion geändert). Mein langes Training als Barbar hat sich endlich ausgezahlt: Zusammen mit neun Anderen stehe ich heute vor dem Thron des Königs der Elfen, der uns zu sich gerufen hat. Warum uns neun, weiss ich nicht, aber ich bin froh, meinen Heldenmut endlich beweisen zu können. Er erzählt uns, dass Orks und Goblins ganz Norrath zu überrennen drohen, so wir nicht seine Waldstadt verteidigen. Hmm, ich hab auf dem Hinweg keine Orkarmeen gesehen, aber bitte. Ich und eine Zauberin namens Hildegard melden uns freiwillig, der Rest geht wohl wieder nach Hause oder so. Dieses Tagebuch soll als Chronik meiner Erlebnisse als künftiger Held fungieren, auf dass die Nachwelt von mir lernen möge.
Tag 1:
Gleich ein ganz mieser Anfang. Zwar sind wir laut dem König die letzte Rettung, aber Waffen und Rüstungen kreigen wir nicht umsonst gestellt. Mit den wenigen uns zur Verfügung gestellten Münzen kriegen wir beim hiesigen Händler grad mal ein paar Heiltränke. Naja,ein echter Held lässt sich davon nicht aufhalten.
Später:
Haben alle Goblins hier in der Stadt vernichtet. Die Elfen waren keine große Hilfe, aber Goblins fallen schnell um. Ist auch gut so, denn bevor wir den letzten nicht getötet hatten, liess uns der olle Penner am Aufzug nicht aus der Stadt. Draussen blockierte eine Strassensperre der Elfen den Weg, und nachdem die sich erstmal über unsere Unerfahrenheit lustig gemacht hatten, schickten sie uns Goblinhöhlen ausrauben, da wir angeblich noch nicht gut genug ausgerüstet wären. Denen werden wir es zeigen!
Tag 2:
Haben mehrere Goblinhöhlen nach Schätzen durchsucht. Haben bestimmt 400 Goblins getötet. Komisch, sah gar nicht so nach Armee aus. Mehr als ob sie hier in den Höhlen lebten. Naja,auf jedenfall fanden wir nen Haufen Krams, und da wir nicht alles schleppen konnten, benutzten wir Teleportationsschriftrollen, die uns direkt zum Elfenhändler brachten, um da die Waffen des grünen Gesocks in Gold zu tauschen. Wie praktisch! Diese unsichtbaren Sprungfedern, welche alle Gegner aus religiösen Gründen bei sich tragen, die nach Exitus ihres Trägers all seine Waffen und Goldstücke herausschleudern, ersparen ungemein Zeit bei unseren Plündereien. Warum allerdings in allen möglichen Gefäßen Gold versteckt ist, weiss Hildegard auch nicht.
Später:
Haben einen Orkunterboss erledigt, und der magische Ring, den er dabeihatte, schien den Elfenwachen zu genügen. Aber wenn die zu acht an ner Strassensperre rumstehen können, kann es mit dem Krieg ja nicht so weit her sein…
Später:
Grad ist was lustiges passiert! So eine Gruppe Elfen hat uns gerade wieder irgendwas erzählen sollen, und dann wurden die von nem Katapult erwischt, harhar! Wir sollen die jetzt kaputtmachen. Ist vielleicht auch besser so, sonst treffen die nachher noch uns.
Tag 3:
Ich hoffe, dieser Text ist lesbar, dass meine Tränen die Tinte nicht zu sehr verschmieren… Hildegard, meine treue Weggefährtin, ist gefallen. Ein explodierendes Schwarzpulverfass, welches eins der Katapulte zerstören sollte, wurde für sie zur tödlichen Falle, da sie den Flammen nicht rechtzeitig entkommen konnte. Ich kannte sie noch nicht lange, doch sie hat an meiner Seite gekämpft und mein Leben gerettet, und meine Unfähigkeit, sie zu retten, lastet schwer auf mir. Wie ihr verkohlter Körper, aus dem langsam das Leben entwich, in meinen Händen zusammensank… Ich muss jetzt schlussmachen.
Später: Haha,falscher Alarm. Am nächsten Speicherstein war sie auf einmal wieder da, quicklebendig. Wie praktisch!
Tag 4:
Ich beginne an der Heldenhaftigkeit meiner Aufgabe zu zweifeln. Ein hohes Tier der Elfenarmee befahl uns heute, den Schamanen eines Orklagers zu töten, da es ihnen sonst unmöglich wäre, dieses zu überrennen. Treudoof wie wir nunmal sind, haben wir diesen Auftrag natürlich angenommen, aber nach dem vollzogenen Blutbad fragte ich mich, ob wir nicht doch verschaukelt werden. Ich meine, erstens sieht das, was wir hier tun, wesentlich mehr nach Angriffskrieg aus als Verteidigung der Baumstadt, zweitens ist es irgendwie unmoralisch, den Heiler des Gegners zu töten, damit die im Kampf Gefallenen ja nicht wieder genesen. Zudem greifen uns die Orks ja gar nicht an, sondern stets wir sie. Wir sind es, die in ihre Höhlen eindringen, jeden niedermetzeln, der uns vor die Klinge rennt, und alle Schätze stehlen. Die Elfen werden mir immer unsympathischer, von denen nehme ich keine Befehle mehr entgegen!
Später:
Sind auf Befehl des Elfencaptains in eine Spinnenhöhle marschiert, um dort dem Oberork irgendwelche wichtigen Dokumente zu stehlen. Der war ne absolute Lusche, hat aber wohl den Kampf überlebt. Naja, machen wir ihn halt später platt. Die Dokumente haben wir jedenfalls. Aber irgendwie hab ich mir Heldsein anders vorgestellt.
Noch später:
Sind schon wieder in diesen Höhlen. Ich weiss nicht warum, irgendwie scheint der Elfenkommandant etwas sehr Einnehmendes zu haben, ich scheine ihm nie widersprechen zu können. Am Ende der Spinnenhöhle erwartete uns der Oberork mit einer na? Klar, ‘ner Riesenspinne. Hildegard starb schon wieder, aber ist ja egal. Spinne tot, Ork weg, Hildegard wiederbelebt, wir hinterher. Hauptsache weg von den Elfen.
Tag 6:
Argh, vom Regen in die Traufe. Hier unten sind zwar keine Elfen mehr, aber dafür Gnome, und egal mit wem wir reden, entweder will er uns was verkaufen (jedoch nur Krams, der weitaus mieser ist als das, was wir bei Monstern finden, was dazu führt, dass unsere Geldbeutel voller und voller werden. Wir sind reich. Juchhu!) oder er gibt uns einen Auftrag, und ich bin außerstande, diese abzulehnen. Und das nicht aus Herzensgüte oder aus der Hoffnung heraus, eine Belohnung zu ergattern (In der Tat bekamen wir für das Ausräuchern eines Mammutameisenbaus eine Belohnung von 2500 Goldmünzen, was natürlich erbaulich ist, wenn man bedenkt, dass man schon die zehnfache Menge davon mit sich rumträgt, die man schon nicht ausgeben kann aus oben angegebenen Gründen), sondern schlicht, weil mir die Hände gebunden zu sein scheinen. Ruht ein Fluch auf mir, der mich dazu bringt, jeden Auftrag anzunehmen? Das macht keinen Spaß mehr.
Gestern bin ich während eines Kampfes in glühende Lava gefallen. Mein Tod war schnell, die Schmerzen, als mein Fuß sich verflüssigte, raubten mir das Bewusstsein. Kurz darauf kam ich am Speicherstein wieder zu mir, unverletzt, aber die Erinnerungen an das Erlebnis trage ich nun auf ewig mit mir. Es fühlt sich nicht richtig an, wieder zu leben, obschon ich froh bin. Was ich mich jedoch frage: Wenn diese Steine allein dazu dienen, gefallene Freunde wiederzubeleben: Warum nutzen unsere Gegner diese nicht? Und wer stellt eigentlich diese ganzen Schatztruhen auf, und wofür?
Tag 7:
Wir verzweifeln langsam. Gehorsam erfüllen wir Aufträge, retten Kinder, finden Maschinenteile, aber wofür? Hilft das, den Krieg zu stoppen? Sollten wir uns nicht darauf konzentrieren? Tollere Ausrüstung finden wir auch kaum noch. Manno!
Tag 9:
Waren bei so nem Vampir in der Burg. Schien groß und mächtig zu sein. Das merkt man, weil dann reden die ewig lang, bevor sie angreifen. Fiel aber schnell tot um. Und hatte auch keine tollen Waffen. Ich hab das Gefühl, langsam zu verblöden. Egal, was wir tun, das Schicksal scheint uns einen Weg vorgezeichnet zu haben, dem wir blind folgen müssen. Eine Vampirin versperrte uns in der Burg den Weg, aber anstatt sie anzugreifen, musste ich wieder einen Auftrag von ihr annehmen? Warum? Sie ist eine Untote! Und warum filmt die Cutscenekamera anderthalb Minuten ihren grauen, nur knapp verdeckten Popo, aber zwischen den einzelnen Kapiteln gibt es nur müde Texteinblendungen anstatt echter Zwischensequenzen?
Wir sind jetzt auf jeden Fall mit einem Boot weitergefahren, um diesen Orkanführer, Pelys heißt er, zu finden. Er ist die einzige Verbindung zu dem Krieg, weswegen wir eigentlich mit dem ganzen Krams angefangen haben, also können wir auch an ihm dran bleiben. Was red ich da, als ob wir eine Wahl hätten!
Irgendwann:
Ereignisse, Orte und Personen verschwimmen vor meinem inneren Auge, ich sehe mich außerstande, die Erlebnisse in eine erzählerische Reihenfolge zu bringen. Wüsten, tropische Inseln, eisige Täler, Blut, Blut, soviel Blut, meins, Hildegards, das unserer Opfer… Zu viel getötet, zu oft gestorben!, um noch einen klaren Kopf zu bewahren. Keine Stelle an meinem Körper die nicht schmerzt, keine Synapse in meinem Gehirn, die sich nicht wünscht, endlich ein Ende, einen endgültigen Abschluss zu finden. Als Hildegard unter der Keule eines Riesen fiel, sah ich meine Chance, dem Ganzen ein Ende zu setzen, und warf mich bereitwillig unter die Waffe des Giganten. Es half nichts, beide wachten wir wieder am Speicherstein auf. Und wieder. Und wieder. Wenn der Tod kein Ausweg mehr ist, was dann? Mein Rücken schmerzt, weil ich immer noch,obwohl ich mehr Geld habe als ich je ausgeben könnte, gefundene Waffen und Rüstungen mit mir herumtrage, in der Hoffnung, doch noch etwas Besseres zu finden, auch wenn das eigentlich nichts ändern würde. Mein Axtarm fühlt sich an, als würde er jede Sekunde abfallen, und die Anzahl an armen, hirnlosen Kreaturen, die unter ihm fielen, ist nicht zu zählen. Ich habe unerträgliche Kopfschmerzen von den blöden Portalrollen, als ob beim Teleportieren dein Geist an der Ursprungsstelle bleibt und dich nur sehr langsam wieder einholt. Haben wir Heldentaten begangen? Nein. Wir machen nur, was man uns sagt. Wir sind Marionetten.Wir können nur töten, kennen kein Erbarmen. Einer unserer Auftragsgeber stellte sich als Pelys heraus, anscheinend haben wir ihm das letzte Werkzeug, welches er zur Eroberung von Norrath brauchte, in die Hände geliefert. Ist mir aber egal. Ich will nur, dass dies ein Ende hat.
Ist egal wann:
Die Absurdität des Ganzen hat mich vielleicht wahnsinnig gemacht, ich weiss es nicht. Mir scheint es, als wären wir auf der Elementarebene der Luft, irgendjemand sagt uns, dass wir den Gott des Hasses besiegen müssen, sonst passiert etwas Furchtbares. Ich musste lachen. Ich weiß nicht, was ich getan habe, um diese Hölle ertragen zu müssen, bin mir aber sicher, dass kein Gott sie verschlimmern könnte. Dennoch werde ich tun, was man mir befiehlt. Wie immer. Nicht, weil mich die Welt, die Luftelementare oder irgendjemand oder -etwas noch kümmern würde. Nicht, um mächtig genug zu werden, um die Rüstung in meinem Rucksack anzuziehen. Weil ich muss. Oh ja, Pelys ist tot. Die ganze Zeit verfolgten wir ihn, und dann wurde er von dem erwähnten Gott, seinem Auftraggeber, getötet. Selbst diese letzte Freude nahm man uns. Ich lasse dieses Tagebuch hier zurück, es gibt nichts mehr niederzuschreiben. Die letzte Hoffnung bleibt, dass unser Schicksal durch das Töten dieses Gottes erfüllt, dass uns endlich Ruhe und Vergessen geschenkt wird. Ich weiß, dass wir die Welt retten werden, kein Gott kann uns aufhalten. Denn wir bleiben niemals tot. Gibt es ein schlimmeres Schicksal?
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