Microsoft hat gerade seine Xbox 360 rausgehauen und Sonys Playstation 3 sowie Nintendos neues Ding (Entwicklungsname „REVOLUTION“) stehen vor der Tür. Die nächste Konsolengeneration ist eröffnet. Stoff genug, um mal wieder die alten Diskussionen, welche Konsole wohl die beste ist, aus der Besenkammer zu holen. In diesem Zusammenhang lese ich immer wieder Aussagen bezüglich des Konsolenmarktes, die teilweise mehr als merkwürdig sind. Besonders gerne habe ich die Leute, die ganz selbstbewusst behaupten, Nintendo wäre tot. Na sowas? Das habe ich ja gar nicht mitbekommen…
Ich hätte da eine bescheidene Frage an diese „Konsolen-Experten“, die voller Genugtuung den Untergang des vielleicht innovativsten Konsolenherstellers aller Zeiten verkünden: Wisst Ihr etwas, was ich nicht weiß oder seid Ihr einfach nur debil? Ist es vielleicht Eure Marketingverblendung, weil Sony „The Dome“ und die „BRAVO-SUPER-SHOW“ sponsort, und leider nicht Nintendo? Ach, jetzt hab ich es: Nintendo stellt Kinderspielzeug her und Kinderspielzeug ist nichts für Erwachsene, wie Ihr es seid!
Ich bin nicht der Brennende Busch und habe auch keine leuchtende Kristallkugel. Ich weiß natürlich nicht, wie die Revolution von den Käufern angenommen werden wird, aber der ganze Dünnpfiff, der da in so mancher Diskussion abgesondert wurde, entbehrt jeder logischen Grundlage und ist ganz offensichtlich Ausdruck von ideologischem Image-Denken. Jeder soll gerne zu seiner Lieblingskonsole stehen und diese auch aus diesem oder jenem Grund besser finden als die anderen. Kein Ding. Freies Land. Geschmäcker sind verschieden. Blah. Aber Nintendo für tot zu erklären und Mario als Hure zu bezeichnen, weil er jetzt auch Fussball spielt (Mörder-Partyspiel übrigens!), outet Euch schlicht als Opfer der Marketingkampagnen dieser Branche.
„Was will denn dieser SpackoZwei schon wieder? Das wird doch wieder so ein „Meinung gegen Meinung“-Dings. Der labert genauso leer rum, wie die anderen, die er kritisiert!“
Stimmt schon irgendwie. Aber jetzt, wo ich Eure Aufmerksamkeit gewonnen habe, liebe Junkies, kommen wir mal zu den Fakten („Fakten“: ein gerne verwendetes Synonym für „Meine Meinung“) …
Der GameCube hat sich nicht besonders gut verkauft. Der Marktanteil unter den stationären Konsolen dieser Generation beträgt etwa 15 % (PS2: ca. 51 %, Xbox: ca. 34 %). Es gibt im Vergleich zur Konkurrenz auch bei weitem nicht so viele Spiele für den Cube. Und schließlich hat der Cube zu wenig von dem gehabt, wofür Nintendo eigentlich seit jeher steht: Innovation (außer dem Wavebird und vielleicht noch den Bongos Fehlanzeige).
Nintendo hat mit dieser Konsole tatsächlich einen Quasi-Flop abgeliefert. „Quasi“, weil wirtschaftlich stimmt das nicht so ganz. Nintendo ist in Wirklichkeit der einzige Hersteller, der nach Abzug der Produktions- und Marketingkosten am Ende schwarze Zahlen übrig behält. Microsoft buttern bei ihrem PC-Emulator schon bei der Hardware kräftig zu und Sony betreibt so viel Werbung und Sponsoring, dass hier beim Kassensturz auch mehr Geld hineingesteckt als herausgeholt wird.
Was ich aber gar nicht wegreden will oder kann: Der Cube hat den einstigen Marktführer extrem viele Marktanteile gekostet. Zumindest, wenn man den Markt so eingeschränkt betrachtet. Nimmt man die Handhelds hinzu, sieht die Sache noch einmal ganz anders aus, aber dazu komme ich später noch.
Beim Cube wurden ganz klare Marketingfehler gemacht, die allerdings teilweise auf einer Tatsache gründen, die schwer zu prognostizieren war: Die Veränderung der Zielgruppe!
Sony hat die Konsole durch seine brillante Marketingstrategie vom Kinderzimmer-Image befreit und sie zu einem schicken Accessoire einer ganzen Generation gemacht. Gut, es ist nicht meine Generation, weil ich keine Baseballkappe und Baggytrousers trage, weil ich 2Pac für einen grenzenlos überschätzten Gangster-Asi halte und weil ich mich nicht mit meinen ebenfalls arbeitslosen Homies den ganzen Tag kiffenderweise vor die Konsole pflanze; aber immerhin! (Entschuldigt bitte die Polemik, aber Ihr wisst sicherlich, worauf ich hinaus will…)
Im übrigen habe ich kein Problem mit der Playstation. Ich habe neben einem GameCube, einem NDS und diversen PCs auch eine PS2 im Haus und schätze sie als prima Spielzeug; wenn auch weniger wegen der meist austauschbaren Renn-, Hüpf-, und Baller-Spiele, sondern eher wegen den ausgefallenen Sachen, wie z.B. REZ, Amplitude, Katamari, Shadow Of The Colossus, Singstar oder Eyetoy.
Tatsache ist, dass dieser Imagewandel der Konsole als solcher, welchen Sony mit der Playstation eingeläutet hat, ganz klar zu Lasten von Nintendo ging, weil diese Firma aufgrund ihrer Philosophie nun erst recht den Stempel „Kinderkram“ aufgedrückt bekam. Für die meisten Leute zwischen 15 und 25 ist alles, was in irgendeiner Form infantil wirkt, etwas um das man einen großen Bogen macht, weil es uncool ist. Dieses Phänomen lässt sich auch psychologisch und pädagogisch eindeutig erklären: Der junge Mensch macht, sobald er sich selbst als Erwachsenen begreift, plötzlich geradezu krampfhaft einen Bogen um alles, was mit Kindheit (also auch Kinderspielzeug) assoziiert wird. Nachzulesen ist dies u.a. beim Entwicklungspsychologen Jean Piaget.
Wir reden hier allerdings von einer Entwicklung auf dem Konsolenmarkt, die schon 1994 ihren Anfang nahm. Inzwischen zeichnet sich jedoch ein neuer Trend ab, der sich in den nächsten Jahren vermutlich noch verstärken wird:
Die Zielgruppe für Konsolen wird nach oben hin immer größer; sprich: immer mehr „ältere Menschen“ legen sich eine Konsole zu. Dies liegt sicherlich auch daran, dass es die Spieler-Generation gibt, die schon Ende der 70er die Begeisterung für Videospiele entwickelte und sie sich in vielen Fällen bis heute bewahrt hat. Ich wäre zum Beispiel ein typischer Vertreter dieser Spezies. Allerdings wird man nach so vielen Jahren des Spielens zwangsläufig auch etwas müde ob des Auslutschens der immer gleichen Ideen und Spielprinzipien von einst. Man saugt Innovation auf wie ein trockener Schwamm und legt besonderen Wert auf den eigentlichen Spielspaß. Das Grafikwettrüsten gerät ein wenig in den Hintergrund.
Hinzu kommt die immer größer werdende Gruppe von Gelegenheitsspielern (Casual-Gamer), die sich durch den Imagewandel der Videospiele diesem vorher meist kategorisch ignorierten Medium öffnen (dies gilt übrigens ganz besonders für Frauen). Ganz „normale“ erwachsene Menschen ohne jede Daddelvergangenheit kaufen sich immer häufiger eine Konsole.
Und gerade bei diesen beiden Gruppen ist der Cube (und auch der NDS) trotz des beschränkten Spieleangebots oft die Konsole der Wahl, weil der Spielwitz vor dem Style steht. Wenn ich Besuch habe und als Alternative zur DVD eine Runde Konsole vorschlage, dann sind Mario Kart DD, Mario Smash Football, Smash Brothers Melee und Donkey Konga immer unter den Favoriten. In meinem Alter stört man sich nicht an den kindgerechten Nintendo-Figuren, Hauptsache das Spiel ist witzig! Politisch korrekte Figuren wie Mario, Joshi und Peach sind einem sogar tausendmal sympathischer als Teenie-Poser wie beispielsweise „Früher-verkaufte-ich-Drogen-heute-betrüge-ich-Kinder-um-ihr-Taschengeld“ 50 Cent oder „Ich-kann-mir-in-Zeitlupe-den-Mantel-anziehen“ Dante…
Allerdings hat Nintendo hier ein kleines Problem:
Sony hat den Markt der sogenannten „Partyspiele“ vor etwa 2-3 Jahren auch für sich entdeckt und mit Singstar, Eyetoy und Buzz inzwischen großartige Spielkonzepte mit innovativen Eingabegeräten herausgebracht, die die oben erwähnten Zielgruppen ebenfalls stark ansprechen. Mit Eyetoy Kinetic sind sie sogar noch einen Schritt weiter gegangen und haben eine respektable und durchaus ernsthafte „Fitness-Anwendung“ auf den Markt gebracht. An dieser Stelle: Hut ab, Sony! Tolle Ideen!
Und auch anderswo ist das große grüne „N“ nicht mehr allein auf weiter Flur. Ich hatte es vorher schon angedeutet: Man kann den Konsolenmarkt eigentlich nicht ohne die Handhelds betrachten. Von jeher die Domäne von Nintendo, gibt es auch dort neuerdings starke Konkurrenz von Sony durch die PSP. In den Verkäufen liegt der NDS allerdings vor der PS2 und der PSP. Klar, der NDS ist ca. 100 Euro billiger als die PSP (übrigens auch ein sehr feines Teil, wenn man neben dem Zocken auch auf Video- und Musikabspielfähigkeit Wert legt), aber das ist nicht der einzige Grund für die guten Verkäufe. Es ist die Innovation, die der NDS bietet! Die Innovation, die dem Cube größtenteils abgegangen ist. Und auch das Marketing stimmt hier wieder, denn Nintendo hat sein Zielgruppenkonzept neu sortiert. Allein mit NintenDogs wurden so viele, vor allem weibliche, Casual-Gamer angesprochen und zu Kunden gemacht, dass es absolut hirnverbrannt ist, zu behaupten, Nintendo wäre tot und würde dem gleichen Schicksal erliegen wie Sega vor ein paar Jahren. (Der Untergang Segas hatte gänzlich andere Gründe, aber das würde jetzt zu weit führen…)
Der Firma geht es dank Gameboy und NDS finanziell immer noch sehr gut und die Richtung bezüglich der Zielgruppe und des Konzeptes für die Revolution ist ganz klar vorgegeben. Allein das neue Controller-Konzept, welches anfangs vielleicht etwas stutzig machte, ist Gold wert!
Wenn nicht irgendein hanebüchener Vermarktungsfehler gemacht wird und die Spieleentwickler entsprechend mitziehen, sehe ich für Nintendo noch viele glorreiche Jahre kommen.
Das Geheimnis liegt nicht in der direkten Konkurrenz zu Marktführer Sony oder dem „Wir-Wollen-in-diesen-Markt-koste-es-was-es-wolle“-Playstation-Plagiator Microsoft, sondern an ihnen vorbei! Bei einem angepeilten Straßenpreis von 200 bis 250 Euro ohne den ganzen Multimedia-Zauber, den Sony und Microsoft in ihre Kästen packen, wird die Revolution unter Umständen auch bei vielen PS3- und Xbox 360-Besitzern einen Platz als Zweitkonsole finden. Und bei der wachsenden neuen Käuferschicht von Gelegenheitsspielern und alten Zockersäcken, wie mir, wird sie wahrscheinlich ohnehin die erste Wahl.
Sicher, ich werde mir natürlich auch eine PS3 zulegen. Aber erst, wenn das Spieleangebot gewachsen und der Preis gefallen ist. Bei der Revolution hingegen werde ich wohl am Erstverkaufstag zuschlagen, weil ich unglaublich gespannt bin, ob Nintendo meine Erwartungen erfüllen kann. Vielleicht schäme ich mich auch in gut einem Jahr für diesen Artikel, weil ich völlig daneben lag, aber bis dahin bin ich der festen Überzeugung, dass der Cube keinesfalls das Ende dieser Firma eingeläutet hat, sondern dass derzeit lediglich eine Neuausrichtung des Konsolenmarktes stattfindet, welcher der GameCube leider (aber auch ein wenig verdient) zum Opfer gefallen ist.
Bis dahin entgegne ich jedem Nintendo-Schlecht-Reder in der einzigen Sprache, die er vermutlich versteht: „Shut up, Bitch!“
Am Ende möchte ich noch klären, warum ich, bis auf ein paar fiese Bemerkungen, die Xbox gar nicht in diese Betrachtungen einbezogen habe. Es hat nichts mit einem eventuellen Hass auf Microsoft oder Bill Gates zu tun. Ich halte die Xbox (360) in diesem Zusammenhang einfach nur für völlig unwichtig, weil sie eine Konsole ist, die nur zu einem Zweck angetreten ist: Sony Marktanteile zu stehlen. Das wäre auch völlig in Ordnung, wäre das Teil nicht so was von „abgekupfert“. Es ist mir hierbei völlig schnurz, ob die Xbox die bessere Hardware im Vergleich zur PS2 hatte (kein Kunststück, wenn man die Hardware mit Verlust an den Mann bringt), oder ob sie sich super zum Umbau in einen Barebone-Multimedia-Rechner eignet. Ganz offensichtlich ist doch, dass MS beim Spiele-Lineup ganz klar auf die jüngeren PS- und PC-Besitzer abzielt. Kaum ein mainstreamfernes Spiel mit wirklichen Ideen, stattdessen fast nur Crossplattform-Ware, die man auch auf dem PC oder den anderen Konsolen spielen kann. Keine Party- bzw. Gesellschaftsspiele, keine spannenden Controller-Konzepte, kein gar nichts. Microsoft ignoriert völlig blind die Entwicklungen des Marktes und der neuen Käuferschichten und versucht lediglich, Sony in den klassischen Disziplinen zu übertrumpfen, ohne auch nur eine einzige eigene Idee an den Tag zu legen. Die Xbox ist ganz sicher keine schlechte Konsole, aber sie ist in ihrer gesamten Konzeption schlicht langweilig. Deshalb mögen die Japaner sie ja auch nicht, weil kein anderes Volk auf dieser Welt so sehr für ausgefallene Ideen und verrückte Konzepte zu haben ist. Der lächerliche Verkaufstart der Xbox 360 in Japan unterstreicht dies. Im Land der aufgehenden Sonne ist die Konsole sogar noch schlechter an den Kunden zu bringen als schon der Vorgänger. Und genau deshalb wird Microsoft Sony auch in der nächsten Generation nicht wirklich ans Leder können. Und bevor jemand anfängt, die Xboxen mit den naheliegenden Argumenten zu verteidigen: Mir ist durchaus bekannt, dass man sie ganz toll modden und pimpen kann, nur reden wir hier vom Massenmarkt, vom Durchschnittskäufer und nicht von ein paar Geeks, die sich Linux auf der Kiste installieren. Sicherlich gab/gibt es für die Xboxen auch ein paar tolle Exklusivtitel, wie z.B. Fable, Halo, Project Gotham Racing usw., aber auch diese bewegen sich fast ausschließlich auf klassischen Spielepfaden und haben nicht das Kaliber eines REZ, Katamari, Amplitude, Donkey Konga, Pikmin, NintenDogs, Paper Mario, whatever… . Zu jedem Eurer Pro-Xbox-Argumente fallen mir 10 dagegen ein. Im Zweifel gibt es immer noch das Totschlag-Argument: Was hatte die Xbox (außer etwas besserer Grafik) für den normalen Durchschnittskäufer zu bieten, was die Playstation 2 nicht hatte? – Nichts! Also nervt bitte nicht tagelang in den Kommentaren rum. Ich gestehe jedem zufriedenen Besitzer seine Xbox (360) gerne zu. Da Konkurrenz den Markt belebt, haben sie ganz klar ihre Daseinsberechtigung und es sind auch ganz sicher nette Konsolen, aber unter den Aspekten „Idee“ und „Innovation“ spielen sie absolut keine Rolle. Sie werden deshalb weder Sony in die Knie zwingen, noch Nintendo vom Markt fegen. Lediglich Marktführer Sony könnte dem Mario-Imperium vielleicht durch weitere Innovationen auf lange Sicht das Wasser abgraben, aber so weit sind wir auch noch nicht…
Danke für Eure Aufmerksamkeit. Aus. Maus.
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