So, da isser nun, mein zweiter Eindruck von Audiosurf. Nach der ersten Spielstunde war ich ja damals noch so überaus euphorisch, dass ich mein Glück praktisch sofort und auf der Stelle in die Welt hinausschreien mußte. Ja gut, äääh…. Ich sag es mal so: Audiosurf konnte auf lange Sicht dann doch nicht sooo gut punkten, wie ich mir das vorgestellt hatte. In einem Punkt bleibe ich aber standhaft: Für mal eben so zwischendurch eine Runde Musik hören und damit spielen ist das Teil wirklich sehr gut geeignet. Wobei ich mich manchmal frage, ob ich es nicht doch bloß spiele, um beim Musikhören auch noch eine anständige Beschäftigung für meine Finger zu haben.
Als Mann hat man ja so seine Probleme, mehrere Dinge gleichzeitig zu machen und sich dabei auf die Berieselung aus dem Radio oder der Anlage zu konzentrieren. Audiosurf zu spielen hingegen ist eine der wenigen Tätigkeiten, bei denen das gelingt. Das liegt vermutlich daran, dass Musik und Spiel so eng miteinander verzahnt sind, man praktisch den Beat, den Rhythmus, den Puls visualisiert bekommt und sich so in die akustische Landschaft fallen lassen kann. Leider liegt in der Visualisierung der Musik – und vor allen in der Umsetzung und Übertragung der Melodien in das eigentliche Spielfeld – auch der größte Knackpunkt. Die Art und Weise, wie Audiosurf Noten, Rhythmus und Melodiebögen ins Visuelle und Spielerische Überträgt, ist nämlich einfach nur schlecht.
“Ride your Music” lautet bekanntermaßen das Motto des Spiels. Was erwartet man da? Dass man optimalerweise tatsächlich eins wird mit dem Flow, eins wird mit der Musik. Dass die Steinchen, die man auf seiner wilden Fahrt über die Klaviatur des Songs einzusammeln hat, auch tatsächlich der Musik entsprechend platziert sind. Will sagen: Es ist zwar schön, dass die Fahrbahn im grundlegenden Takt der Musik auf und nieder wippt, aber noch viel schön, ja geradezu zwingend notwendig, wäre es, wenn ich beim Spielen auch wirklich im Rhythmus aufgehen könnte. Stattdessen eiert man halt irgendwie über die Bahn, wippt mit dem Fuß zum Takt der Songs, summt leise die Melodie vor sich hin oder schreisingt seinem Monitor lieber gleich ein Schalala entgegen, während etwa Coheed & Cambria in wunderbar poppigen Harmonien ein Gniedelsolo schallmeien… und fragt sich die ganze Zeit, warum zum Teufel die schönen bunten und punktbringenden Steinchen zum Teufel nochmal jetzt bitteschön absolut überhaupt nicht da liegen, wo der vernunftbegabte Menschenverstand sie vermuten wurde. Das ist kein Rhythmusspiel, das ist wildes Rumgehampel ohne Sinn & Verstand.
Dieser Umstand führt letztendlich dazu, dass Audiosurf seit ungefähr dem vierten Tag nach seiner Anschaffung langsam Schimmel auf meiner Festplatte ansetzt. Was dem Titel aber leider auch nicht gerecht wird. Denn wie gesagt: für eine schnelle Runde zwischendurch taugt es allemal. Und seitdem mit dem letzten Patch auch noch Last.FM bzw. dessen Audioscrobbler integriert wurde, wird es eigentlich wieder doppelt spannend. Zum einen kramt man zum Spielen ja gerne mal ganz tief in der Mottenkiste genau der Songs, die man ewig nicht gehört hat, sowieso viel zu selten hervorhzerrt oder schlicht beim besten Willen normalerweise nichtmal mit der Kneifzange anfassen würde. Zum anderen ist nun nicht mehr nur spannend zu sehen, wie viele andere Menschen die gleichen Songs mit welcher Punktzahl abgeschlossen haben, sondern auch, welche Playlist einem Last.FM zusammenstellt, wenn man das nächste mal etwa sein Nachbarschafts-Radio anschmeißt. Im schlimmsten Fall winken Grüße aus dem Giftschrank, wenn man Glück hat, entdeckt man daraufhin viel schönes Zeug. Dies zu untersuchen, dürfte aber in eine Langzeitstudie ausarten. Das jedoch überlasse ich lieber anderen…
12 Kommentare
Das was Du hier schilderst, ist meiner Meinung nach, neben dem Kauf von Reviews, auch einer der Hauptgründe, warum man überall so viele Over-Hype-Reviews lesen kann: Der erste Eindruck ist toll, die Zeit drängt, fertig ist der Super-Review. Und im Gegensatz zu Dir liefert der Durchschnittsredakteur auch keinen Nachschlag, wenn er dann später merkt, dass das Spiel dauerhaft doch nicht so toll motiviert und einige Macken hat.
Da bin ich lieber weniger aktuell (siehe MKWii) und kann dafür dauerhaft zu meiner Beurteilung stehen, weil ich mir das Spiel wirklich gewissenhaft angeschaut habe.
Das fehlende Rhythmusgefühl von Audiosurf hat bei mir dazu geführt, dass das Ding schon nach ner halben Stunde wieder von der Platte kam. Das ist wirklich ein Knock-Out Kriterium für ein Musikspiel. Man stelle sich vor, bei Guitar-Hero wären die Noten einfach zufällig komplett am Song vorbei gesetzt, so ungefähr spielt sich Audiosurf. Aber, wo wir grad bei Wii-Vergleichen sind: Bei Boogie ist das Problem ähnlich. So niedlich das Tanzspielchen für die Wii auch gemacht ist, läuft der für den Controller notwendige Beat immer wenig bis katastrophal neben der Musik, was das Spielerlebnis ganz erheblich einschränkt. Es sei denn, man hat selber kein Rhythmusgefühl. Aber dann kauft man sich vermutlich auch keine Musikspiele.
Hallo Christian,
Deine Nachbetrachtung in allen Ehren, aber wäre es nicht einfacher gewesen, das Spiel direkt erst nach ein paar Tagen zu bewerten?
Bei den kommerziellen Magazinen mag die Zeit wirklich drängen, wie SpielerZwei schon anmerkte, aber ihr ihr bei Polyneux könnt sie euch doch nehmen?
Hallo Andreas,
um es kurz zu machen: nö.
Ich finde, dass ein Medium wie das Internet gerne auch mal spontaner genutzt werden darf, gerade wenn es um Blogs und ähnliches geht. Mein Schreibstil ist nunmal impulsiv, ich plane nicht lange vor und ich bastele nicht ewig an einem Artikel rum. Was raus muss, muss raus – und zwar sofort.
Wem das nicht gefällt, der kann sich ja lieber mit den Artikeln der anderen 10 Spieler hier beschäftigen. ;)
Hier gehts nicht um Objektivität, Andreas, hier geht es um Gefühle. Außerdem gab es so ein schönes Kontrastprogramm zwischen Christians und SpielerZweis Artikel.
Hm, ich weiß immer gar nicht was ihr habt. Wenn ich Audiosurf spiele, dann sind die einsammelbaren Cars auf den Beats.
Vielleicht liegts am Spielmodus, vielleicht an den Songs. Ich spiele bspw. nur “Mono”, also den simpelsten Mode. Wenn man die Modi mit verschiedenen Farben spielt, ist es fürs Spiel sicherlich auch nicht leicht, da alles sinnvoll auf die Beats zu legen.
Nach einer Weile bin ich zu extremeren Tracks gewechselt, um weiter gefordert zu werden. Ich spiele fast nur noch 8bit-Mucke oder Drum’n’Bass. Ich kann mir vorstellen, dass hier die Platzierung der Cars auf den Beats auch einfacher ist, da die Musik besser analysierbar ist.
Dein Text klingt auch so, als würde Audiosurf quasi immer danebenhauen, was die Platzierung angeht. Wat ja nu so auch nich stimmt .
:)
Es gibt aber eine Sache, die mich eventuelle, nicht 100&#xti;g beatgenaue Platzierung verschmerzen lässt: Das Balancing. Der Abstand der einsammelbaren Blocks, die Zeit, bis sie sich wieder auflösen, die Platzierung der “guten” Blocks zu den “bösen” Blocks… das ist nie unfair (gaaaaaanz ganz extrem selten) und teilweise verblüffend passig. Ich bin bereit, nicht exakt jeden Block auf einem Beat platziert zu sehen, wenn dadurch die Spielbarkeit erhalten bleibt.
Ich habe auch einige Leute erlebt, bei denen die Begeisterung abflachte, allerdings auch einen, der wie ich dabei geblieben ist. Also auf dem “Besser werden wollen, die andern Highscores schlagen wollen”-Level. Für zwischendurch gehts ja eigentlich immer
:)
> Wem das nicht gefällt, der kann sich ja lieber mit den Artikeln der anderen 10 Spieler hier beschäftigen. ;)
> Hier gehts nicht um Objektivität, Andreas, hier geht es um Gefühle.
Euphorische Pre-/Reviews gibt es im iNet IMHO bereits mehr als genug, Versuche ein over-hyptes Spiel auch einmal ein bisschen objektiver anzugehen, sind eher rar gesäht. Beste Beispiele vielleicht Gothic 3, BioShock und aktuell, Age of Conan.
Ich habe früher durchaus mal gerne auf die Artikel von SpielerEins – Vier gewartet bzw. Wert auf deren Meinung gelegt, da diese meinem Geschmack näher kamen, als dies bei den üblichen kommerziellen Verdächtigen der Fall gewesen wäre. Daher wahrscheinlich auch meine unangemessene Erwartungshaltung gegenüber Polyneux.
Aber ich respektiere selbstverständlich Deine/Eure Haltung zu diesem Thema und weiß jetzt für die Zukunft bescheid :)
@ Andreas:
Deine Erwartungshaltung ehrt uns natürlich, aber Polyneux ist nicht “VierSpieler in Bunt”. Die anderen Autoren hier sollen ja keine Klone der VierSpieler sein, sondern neben mehr Output auch für mehr Meinungs- und Stilvielfalt sorgen. Das Ganze hier funktioniert natürlich nur, wenn man sich als Leser auch (z.B. durch die Team-Seite) die Mühe macht, die Autoren ein wenig kennen zu lernen und zwischen Ihnen und den entsprechenden Meinungen zu differenzieren.
Ja, ich weiß: Wir verlangen dem Leser schon einiges ab. Aber das ist der Preis, den Ihr als Leser zahlen müsst, wenn Ihr nicht nur ein weiteres Gamona oder 4Players lesen wollt… ;)
Ich möchte ja niemandem auf die Füße treten, aber von welchen objektiven Vier Spielern ist hier eigentlich die Rede? ;)
In meinem persönlichen Dunstkreis konnte ich nach dem Release auch keinen besonderen Hype um Gothic oder Bioshock ausmachen.
Ich “teste” auch keine Spiele (bei mir flowed Audiosurf ganz gut, aber ich höre auch nur Proletentechno) und hoffe inständig, daß niemand einen meiner Texte als Kaufempfehlung auffaßt, es sei denn, es wird dort explizit erwähnt.
Ich kann mir gut vorstellen, daß es den anderen ähnlich geht (außer bei der Sache mit dem Proletentechno ;).
Da hat der Nille allerdings Recht: Objektiv waren wir nie und wollten es auch nie sein. Es war ja eher andersherum, denn wir haben immer auf dem Fakt bestanden, dass es so etwas wie “objektive Kritiken” gar nicht geben kann und jeder, der so tut als ob, entweder ein ganz großer Lügner oder ein ganz großer Depp ist…
Heil Dir, oh Subjektivität!!
Dann einigen wir uns eben darauf, daß MIR die Berichte von SpielerEins-Vier SUBJEKTIV besser gefallen (haben), als daß dies häufiger mal bei den größeren, kommerziellen Magazinen der Fall gewesen wäre ;)
BTW möchte ich auch nochmal darauf hinweisen, dass ich in den Kommentaren zu meinem Ursprungsartikel darauf aufmerksam gemacht habe, dass dies lediglich mein erster Eindruck war und ein Nachtest definitiv folgen wird. In Verbindung mit Spieler Zwei’s Gegenartikel kann man sich doch eigentlich keine umfassendere objektiv-subjektive Berichterstattung mehr wünschen, oder?
;)