Wir öffnen für euch jeden Tag ein Türchen in unserem Adventskalender und präsentieren euch jeweils einen unserer ganz persönlichen Lieblings-Autoren, die einen kleinen Gastbeitrag für uns und euch verfasst haben. Zum 18. Dezember gibt es ein Interview mit Santa Claus himself.
Das Interview
Gastbeitrag von Pascal Simon, besser bekannt als Friedenspanzer, bloggte einst unter http://www.nes-is-dead.de.
Weihnachtszeit, Zeit der Besinnlichkeit, des Zusammenseins und der Liebe. Wir stellen uns die Buden mit Kerzen voll, denken plötzlich, horrende Stromverschwendung mit Lichterketten sei romantisch und umgeben uns mit den Menschen, die uns die schrecklisten Momente unseres Lebens beschafft haben, was wir damit rechtfertigen, dass es gutes Essen gibt. Und, dass wir sie ja eigentlich doch mögen. Meistens zumindest. Aber, was das wichtigste ist, Weihnachtszeit, Zeit der Geschenke. Das ist ja auch der Grund, weswegen alle Weihnachten hassen: Wochen im Voraus der Stress, für jeden, der einem bei Facebook schon mal eine Freundschaftsanfrage geschickt hat zu besorgen, von dem derjenige nicht sofort im Strahl kotzen muss und hinterher der Stress, gegenüber allen anderen zu heucheln, das Geschenk sei total super, während man die Strahlkotze unterdrückt. Um euer Leid an dieser Stelle ein wenig zu mindern, wenn ihr, wie ich, am 24. in einer langen Schlange steht, um noch schnell alles zu besorgen1, habe ich für euch den speziellsten Spezialexperten in Sachen Weihnachtsgeschenke für ein Interview gewinnen können: Den Weihnachtsmann.
Pascal: Hallo Herr Weihnachtsmann. Bevor wir beginnen: Darf ich Sie einfach “lieber, lieber Weihnachtsmann” nennen?
Weihnachtsmann: Oh, bitte nicht. Das setzt mich immer etwas unter Druck. Es ist nicht leicht, immer nett und freundlich zu sein, wissen Sie? Mein Geschäft ist harte Arbeit.
Gut, Herr Weihnachtsmann, damit wären wir ja schon bei einem interessanten Thema. Besonders jetzt in der Vorweihnachtszeit ist Ihre Arbeit bestimmt sehr anstrengend. Wie sieht Ihr Alltag eigentlich aus?
Ich stehe in der Frühe auf, meistens zwischen 5 und 6 Uhr und trinke erstmal eine Kanne Kaffee, die mein Diener gekocht hat. Um 7 Uhr sperre ich dann die Türen der Arbeitshalle auf, um die Nachtschicht nach draußen zu lassen und Platz für die Tagschicht zu machen, die sich schon vor den Türen versammelt hat. Danach kümmere ich mich darum, welche der bestellten Geschenke angekommen und auf Lager sind.
Sie produzieren nicht selbst wie in den Geschichten?
Das taten wir früher einmal, aber das wurde schwierig. Holzspielzeug, Schaukelpferde, so Sachen, die kann man auf begrenztem Platz und ohne verschiedene Fachkräfte fertigen. Aber wir haben weder den Platz noch die Kapazität, Fabriken für elektronische Bauteile oder Presswerke zu errichten. Wir lassen uns ziemlich viel vom Hersteller liefern.
Das ist doch bestimmt ziemlich teuer?
Das können Sie aber glauben! Und das bei immer weniger Mitteln. Viele Staaten haben uns die Förderung gestrichen, weil sie nicht mehr an mich glauben, wollen aber natürlich trotzdem beliefert werden. Wo sollen die Geschenke denn sonst herkommen, frag ich mich. Die privaten Spenden sind in den letzten Jahren etwa konstant geblieben, aber bei weiter steigenden Ansprüchen. Wir sahen uns gezwungen, den Elfen die Gehälter zu kürzen, die Altersvorsorge ganz abzuschaffen und die Krankenversicherung nur noch für betriebliche Unfälle abzuschließen. Viele arbeiten in beiden Schichten, um ihre Familien ernähren zu können, die sie dann gar nicht mehr sehen. Außer, die arbeiten auch bei uns. Ich würde gerne etwas gegen die Missstände unternehmen, aber mir sind die Hände gebunden!
Ich sehe, Sie sind ganz schön gestresst. Woher wissen Sie eigentlich, was sicher jeder zu Weihnachten wünscht?
Wir arbeiten eng mit den Einwohnermeldeämtern aller Länder zusammen. Wo es so etwas nicht gibt oder es lückenhaft ist kaufen wir die Daten von Dienstleistern ein. Bei den Wünschen helfen uns oft Amazon-Wunschzettel, weil wir die automatisiert auslesen können.
Und wenn das nicht funktioniert?
Dann greifen wir auf die Standardgeschenke zurück. Krawatten für Männer, Parfüm für die Damen, Puppen für Mädchen und für die Jungs “Meine Tierarztpraxis” für die Wii. Dann…
Entschuldigung, dass ich Sie unterbreche, aber warum gerade “Meine Tierarztpraxis”?
Jungs mögen doch Videospiele, oder? Mit der Wii sind wir auf der sicheren Seite, weil die meisten eine zu Hause haben. Und das Spiel ist lehrreich und vermittelt Werte.
Ich will ehrlich zu ihnen sein: Keine Sau will das spielen. Darüber wird sich niemand freuen.
Ehrlich?
Ja.
Okay, wissen Sie was? Es kotzt mich an. Videospiele. Scheißdreck. Ich kann den Müll echt nicht mehr sehen, ich…
Herr Weihnachtsmann, könnten Sie etwas auf ihren Ton…
Nein, das werde ich nicht tun, drucken Sie das! Alle sollen es lesen! Ich hasse Videospiele. Die jungen Menschen heutzutage wünschen sich nur diesen Mist. Und dann stellen sie auch noch Ansprüche! Sie wollen es nicht für ihre Playdings, weil sie die schlechteren Controller hat! Ich weiß nichtmal so richtig, was ein Controller ist! Wissen Sie, wie das ist, wenn Sie einem Kind etwas geben, von dem Sie denken, es sei sein größter Traum und dann nur Enttäuschung in seinen Augen steht? Wissen Sie das? (An dieser Stelle reißt Herr Weihnachtsmann sich die Mütze vom Kopf und springt auf.) Und wenn man dann doch mal trifft dann ist das alles Schrott! Irgendwelcher Mist in dem sie irgendwas erschießen! Das darf doch alles nicht wahr sein! Spiel doch mal wieder mit scheiß Holzzügen! (Herr Weihnachtsmann stürmt aus dem Raum. Kurz darauf kommen zwei Elfen und begleiten mich wortlos nach draußen.)
Herr Weihnachtsmann, an dieser Stelle möchte ich mich trotz allem für das aufschlussreiche Gespräch bedanken. Mein Rat an Sie lautet: Kopf hoch. Es ist nicht alles so schlecht, wie es aussieht.
Bestellen Sie doch einfach noch schnell eine Ladung “Rayman Origins”.
1) Das ist ein Geheimtipp und hat den schier unermesslichen Vorteil, dass man einfach keine Wahl mehr hat: Bei der Kombination aus verkürzten Öffungszeiten und verlängerten Schlangen muss man sich für ein Geschäft entscheiden. Kein lästiges Rumgerenne mehr!
2 Kommentare
Sehr schön und wirklich amüsant, herzlichen Dank :)
Er hat die Fußnote hier rein geschmuggelt!