Die ersten Lebewesen, die von der Erde aus die Grenze zum All erreichten, waren ein paar Fruchtfliegen. Diese waren mit einer V2-Rakete in den Suborbit geschossen worden und – was die Menschen hinter diesem Experiment in Verzückung versetze, die Fruchtfliegen selbst aber vermutlich kalt ließ – überlebten. Weniger Glück hatte der Schimpanse Albert II., der seine Reise ebenfalls in einer V2 antrat und eine Höhe von immerhin 130 km erreichte, wegen eines defekten Fallschirms die Landung jedoch nicht überlebte. Zahlreiche Primaten erlitten ein ähnliches Schicksal, bis 1959 das Rhesus- und das Totenkopfäffchen Able und Miss Baker schließlich als erste ihrer Art von der Reise ins All wohlbehalten auf die Erde zurückkehrten.
Bis die ersten Menschen den Raumflug antraten, nutzten sie zahlreiche Tiere als Vorhut, überwiegend Menschenaffen, aber auch Hunde wie die allseits bekannte Hündin Laika. Ein Fuchs hat meines Wissens niemals den Planeten verlassen. Auch ob Hasen, Frösche oder Wölfe jemals in den zweifelhaften Genuss eines Raumflugs gelangt sind, ist mir nicht bekannt. Tatsache ist jedoch, dass das All in der Nintendo-Spieleserie Star Fox von allerlei anthropomorphen Tieren bevölkert wird, die allerdings mitnichten den Eindruck erwecken, gegen ihren Willen von menschlichen Wissenschaftlern mit ausgedienten Weltkriegsraketen in die unendliche Leere geschossen worden zu sein.
Star Fox ist eine Erfindung von Shigeru Miyamoto, dem legendären Nintendo-Entwickler, der Marken wie Pikmin, Zelda und Super Mario geschenkt hat. Der erste Teil war ein SNES-Weltraumballerspiel, das 1993 als StarWing in Europa erschien. Held des Spiels ist der (im Original) titelgebende Fox McCloud, der sich mit seinen Kumpels Falco (Vogel), Peppy (Kaninchen) und Slippy (Frosch) in einem Arwing-Gleiter durch die Gegend ballert. Besonders spektakulär war damals die bis dahin auf dem SNES nicht dagewesene Polygon-Grafik, die nach heutigem Empfinden, wie alle 3DFX-Chip-Technik-Kunststückchen, eher nach einem Haufen Scheiße aussieht. Als Konzession an die seinerzeit beeindruckende Optik war das Spiel ein Railshooter, freies Bewegen im Level gab es nicht.
Star Fox/StarWing zog diverse Nachfolger und Ableger nach sich, wie z.B. Lylat Wars (Star Fox 64) auf dem N64 oder das von Rare für den Game Cube entwickelte Star Fox Adventures. Zwar hielt die Serie nie einen durchgehend hohen Qualitätsstandard wie eben Zelda oder Super Mario, doch waren Fans und Journalisten gleichermaßen begeistert, als Miyamoto 2014 auf der E3 bekannt gab, dass sich ein neuer Teil für die Wii U bei Platinum Games in Entwicklung befinde. Was in den folgenden Jahren an Bildmaterial an die Öffentlichkeit drang, sorgte allerdings vielerorts für Kritik und auch die Berichte von ersten Anspielsessions waren von Skepsis geprägt.
Trotz aller Unkenrufe ging ich verhältnismäßig neutral an Star Fox Zero heran. Die Vorgänger hatte ich allesamt verpasst, trotzdem freute ich mich sehr auf das Spiel. Mir gefiel der Look und irgendwie entwickele ich automatisch Sympathien für Spiele, die schon vor Veröffentlichung fertig gemacht werden. (Siehe auch The Order.) Dementsprechend ging ich mit der Haltung an das Spiel, es sehr gerne mögen zu wollen. Star Fox Zero ist wie seine Vorgänger eine SciFi-Raumschiff-Knallerei. Nach einem kleinen Tutorial im All geht es mit dem Arwing gleich auf eine Planetenoberfläche, auf der Gegner abgeräumt werden müssen. Der abzufliegende Weg ist Railshooter-typisch vorgegeben, Bewegungsfreiheit gibt es nur in den engen Grenzen der vorbestimmten Bahn. Die allenthalben geäußerte Kritik an der Grafik konnte ich von Beginn an nicht nachvollziehen. Der Stil des Spiels ist sehr hübsch und alles läuft flüssig, obwohl ab dem ersten Level viel auf dem Bildschirm passiert. Dass sich viele Rezensenten maßlos über die Steuerung aufregten, konnte ich schon besser verstehen.
Der Arwing selbst wird mit den Sticks gelenkt und ist standardmäßig aus der Außenperspektive auf dem Fernseher zu sehen. Das Zielen wiederum erfolgt über die Bewegungssensoren des Wii-U-Gamepads, auf dessen Bildschirm das Geschehen aus der Cockpitperspektive gezeigt wird. Das klingt recht kompliziert, ist es aber nicht, sofern man sich darauf einlässt. Wichtig ist, dass man sich überwiegend auf das Gamepad konzentriert, um die Kontrolle zu behalten, da die teils sehr schräge Perspektive auf dem Fernseher genaues Zielen unmöglich macht. So knallte ich im ersten Level regelmäßig gegen Wände, schoss daneben und brach den Controller bei der Verteidigung eines Turms fast in zwei Hälften. Und alles nur, weil ich stur auf den Fernseher glotzte, statt auf den Controller-Bildschirm zu schauen. Dass diese Art der Bedienung vielen nicht ideal erscheint ist nachvollziehbar. Eine klassische Controllersteuerung hätte manchem das Spielen erleichtert.
Doch trotz dieser Eigenheiten ist das alles nicht annähernd so katastrophal, wie Jim Sterling und andere es in ihren Reviews darstellen. Nintendo hat einen Hang dazu, den Spieler_innen ungewöhnliche und unbequeme Konzepte aufzunötigen. Dass man sich darüber ärgert ist verständlich. Wenn man aber seinen Ärger beiseite schiebt und Willens sowie in der Lage ist sich auf die Eigenheiten Star Fox Zeros einzulassen, ist man nach zwei, drei Stunden drin und hat seinen Spaß mit dem Spiel. Man fegt über Planeten, jagt im All anderen Arwings hinterher und latscht gelegentlich mit einer Art Hühnerwalker durch die Gegend. An Abwechslung mangelt es also nicht, sogar eine Art Stealth-Level ist mit von der Partie.
Da Star Fox Zero ein Reboot und keine direkte Fortsetzung ist, kommen auch Neueinsteiger wie ich hervorragend mit der Geschichte klar: Das Böse bedroht das Gute, der fiese Oberaffe Andross möchte das Universum vernichten (oder so), Fox McCloud hat einen Vaterkomplex und das Schwein ist ein Verräter. (SPOILER!) Das alles ist eher zweckdienlich, besonders mitgerissen hat mich die Geschichte nicht und inzwischen habe ich die Hälfte vermutlich wieder vergessen, aber das ist nicht schlimm. Denn entscheidend sind die anderen Qualitäten von Star Fox Zero: Die Grafik ist hübsch, die Action knallt, die Charaktere sind niedlich und über die Steuerung haben wir genug Worte verloren. Was will man mehr?
Wer also Lust auf schickes Weltraum-Gefratze hat und sich von den vielen Unken nicht abschrecken lässt, dem sei Star Fox Zero alleroberwärmstens ans Herz gelegt. Das Spiel des Jahres bekommt ihr nicht geliefert, aber das ist ja eh schon Firewatch. Und da wir bis zum Erscheinen des NX eh nicht mehr viel erwarten können, fällt das Zugreifen umso leichter. Bleibt mir abschließend nur zu sagen: Ich mag Nintendo, ich mag die Wii U und ich mag Star Fox Zero. Das klingt jetzt so leicht daher gesagt, aber in diesen Zeiten kann es einem passieren, dass sie einem schon für diese Worte die Fenster einschmeißen. Und während ihr jetzt eure letzten Groschen aus dem Sparschwein kratzt, um euch das Spiel zu kaufen, rufe ich bei der NASA oder ESA an, damit die endlich mal einen Fuchs auf den Mond schießen. Das wäre zwar ein Akt der Sinnlosigkeit und Tierquälerei, aber immerhin eine schöne Klammer für diesen Text.
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