Schon faszinierend, mit wieviel Aufwand mittlerweile die Produktion der Guitar Hero Serie betrieben wird: Da werden Sting oder Ozzy Osborne zum Motion Capturing ins Studio geholt, statt nachgespielter Songs dienen mittlerweile die Masterbänder der Plattenfirmen als Vorlage, und jede Band, die was auf sich hält, plant eine eigene GH-Ausgabe.
Nach den reinen Songsammlungen GH:Rock the Eighties und GH:Aerosmith ist mit World Tour nun auch endlich ein Sequel mit echten Neuerungen für die Wii erschienen.
Der neue Gitarren-Controller ist deutlich besser: einen Tick größer, solidere Tasten und Hebel, und die neue Sliderbar schafft es tatsächlich, den Eindruck noch zu verstärken, man spiele tatsächlich die Gitarrenspur selbst, da man, wie beim Tremolo-Hebel, hier die gespielten Töne manipulieren kann. Bei langen Noten ein wenig mit den Fingern auf- und abgleiten, und schon ertönt ein psychedelischer Wah-Wah-Effekt. Ärgerlich ist allerdings, dass die Star-Power-Empfindlichkeit geändert wurde. Reichte früher ein beherztes Hochreißen der Gitarre zum Auslösen, läßt sie sich nun fast nur noch mit Samba-mäßigen Schütteln des Controllers aktivieren. Als Ausgleich hat der neue Controller eine eigene Star-Power-Taste, aber damit ist der eigentliche Witz weg.
Die größte Neuerung, nämlich jetzt auch mit Drum-Controller und Mikrofon die Songs begleiten zu können, überzeugt mich nicht. Wenn ich “singen” will, nehme ich Singstar, und ein sperriges Plastik-Drumset im Wohnzimmer stehen zu haben ist feng-shui-technisch auch eher weniger angesagt. Wieso heißt Guitar Hero Guitar Hero? Genau, wegen der Guitar, sonst hieße es ja Rock Band…
Die Musikauswahl von World Tour ist sehr ok – wie schon bei früheren Teilen wurde versucht, das gesamte Spektrum von Oldies (Eagles, Jimmie Hendrix) über Heavy Metal (Metallica), Hairspray Metal (Bon Jovi) und Indie Rock (Linkin Park, Beatsteaks) bis hin zu Musik für den ganz kleinen Guitar Hero Fan (Tokio Hotel) abzudecken. Wie immer sind es vor allem die Schweinerock-Nummern wie Survivors Eye of the Tiger oder Bon Jovis Living on a Prayer, die spielerisch am meisten Spaß machen – wenn schon mit der Plastikgitarre den Gitarrenhelden geben, dann richtig.
Eine Sonderrolle spielen wie auch im echten Leben die Art-Rocker von Tool. Auf Konzerten singt Frontmann Maynard James Keenan am liebsten mit dem Rücken zum Publikum, und auf offiziellen Festivalshirts möchte man den Bandnamen nicht sehen. Dafür werden dann die Fan-T-Shirts zum doppelten Preis angeboten. In Guitar Hero World Tour gibt es für Tool daher eine eigene “Bühne” auf der drei Tools-Songs gespielt werden dürfen. Auf dieser Bühne sind statt Musikern nur psychedelische Animationen zu sehen, die angeblich in Zusammenarbeit mit der Band (und vermutlich unter Zuhilfenahme bewußtseinserweiternder Substanzen) entstanden sind. Und selbstverständlich muss man diese Tool-Bühne erstmal mit sauer verdientem virtuellen Geld freispielen. Bei dem Tool’schen Gelärme ist das Geld aber besser in Tattoos oder neuen Nietengürteln für den virtuellen Charakter angelegt.
Beschränkt man sich auf den Gitarren-Controller, hat sich spielerisch nicht viel geändert. Es gibt wieder die seit GH3 eingeführten Battles mit “Endgegnern”, diesmal sind unter anderem Billy Corgan, Sting und Jimi Hendrix dabei. Bei letzterm finde ich es besonders bewundernswert, dass die Macher ihn zum Motion-Capturing ins Studio bekommen haben. Vom verdienten virtuellen Geld kann man hübsche virtuelle Klamotten, Gitarrenzubehör oder Zusatzsongs kaufen. Die neue Sliderbar soll für spezielle Passagen genutzt werden, man kann die Noten aber auch nach belieben “konventionell” spielen, was für die Traditionalisten unter den Gitarrenhelden (oder denen mit alten GH3-Controllern) beruhigend ist. Neben dem Hauptspiel gibt es noch Spielmodi für Jam-Sessions und zum Selbermachen von Songs, die aber eher als Bonus-Add-Ons zu sehen sind. Ganz nett zum Rumspielen, aber mehr nicht. Und selbstverständlich kann man auch wieder online mit- oder gegeneinander spielen.
Der eigentliche Clou von World Tour ist die Möglichkeit, neben dem mitgelieferten Material auch neue Songs im Guitar-Hero-Store downzuloaden. Das Angebot ist noch reichlich dünn (u.a. mit Songs von The Killers, Metallica, Oasis oder den Sportfreunden Stiller), und mit zwei Euro (=200 Wii Points) für ein Lied auch nicht gerade günstig, verglichen mit den 99 Cent, die man bei iTunes für das vollwertige Stück in Hifi-Qualität bezahlen würde (das man dann auch nicht nur auf einer Konsole, sondern überall verwenden kann). Dennoch ist das Angebot verlockend. Denn mal ehrlich – circa achzig Prozent der Songs einer Guitar Hero Version sind Müll, es bleiben vielleicht 10-15 gute bis sehr gute Stücke, die man auch häufiger spielt, und das zum Preis von 40-50 Euro für ein Songpack. Per Download würde man für dieselbe Zahl handverlesener Songs grad die Hälfte zahlen. Allerdings: der Wii-interne Speicher ist mit wenigen runtergeladenen Songs schnell voll, da hilft nur noch eine große SD-Card (und nein, die kann man dann leider nicht einfach in die nächste Konsole stecken und die Songs kopieren). Und die Rahmenbedingungen laden nicht gerade dazu ein, eine große Songsammlung anzulegen: Was mit der teuer erkauften virtuellen Musiksammlung passiert, wenn die Konsole mal den Geist aufgibt, oder man das gute Stück verkaufen will, ist zumindest fraglich. Aber was ist schon Geld, wenn man endlich die Gelegenheit bekommt, Mr. Brightside einmal auf der Plastikgitarre spielen zu können…
25 Kommentare
Verdammt, wer Tool als Lärm bezeichnet, hat Tool nicht verstanden.
Die Riffs sind absolut bahnbrechend, die Rhythmik zeugt von 300% perfekter Instrumentenbeherrschung und Maynard als Sänger hat einfach eine Wahnsinnsstimme.
Auf der letzten Tour hat er darüber hinaus bewiesen, dass er auch komplette Shows mit dem Gesicht zum Publikum spielen kann… wenn auch mit einer fetten Gasmaske im Gesicht. ;-)
Huldigt Tool, denn Tool sind groß!
Kann mich Christian nur anschließen: Wie kann man Tool nur so schlecht machen? *kopfschüttel*
Die Jungs sind einfach großartig. a perfect circle sind da noch ein bißchen abgedrehter mMn aber Tool sind ganz große Musik. Also nix mit Nietengürtel für den Avatar kaufen. Das hart erarbeitete Geld sollte gespart werden, bis man sich eine Tool Bühne leisten kann!
Kann mich niemandem anschließen: Egal ob The Beatles, The Killers oder The Tools.. Ein Musikinstrument ohne eigene CPU ist kein Musikinstrument. ;)
Das Tool-Bashing betreibt der Enk jetzt schon seit über einem Jahr, nur um mich zu ärgern. Es hat ihm nämlich überhaupt nicht gepasst, dass er sich Tool beim M’era Luna 2007 wegen mir ganz anschauen musste… ;)
Langsam glaube ich, dass er niemals darüber hinweg kommen wird. ;D
was mich interessieren würde: wie funktioniert dieses “songs selber machen”? könnte ich da die songs von meiner eigenen band nachbasteln und dann in guitar hero spielen? :o
Ja, prinzipiell geht das. Hab mit dem Editor aber nur mal fünf Minuten rumgespielt und kann nicht sagen, wie aufwändig das ist, wenn man einen Song vernünftig umsetzen will.
Relativ easy geht das übrigens wohl für den Guitar Hero Clone Frets on Fire auf dem PC (auch wenn ich das selber noch nicht gemacht habe).
Unverständlich, wie die riesige Musikbibliothek eigener kreierter Songs der Fanbase nicht erwähnt wird. Denn dort findet man zum Großteil genialere Songs kostenlos, als man sich für virtuelle Euronen kaufen kann. Bsp: Phantom der Oper, yay!
Mein Lieblingsspruch aus der Zeit um die Jahrtausendwende:
Tool sind Limp Bizkit für Möchtegernintellektuelle. ;D
Du bist raus!
Versteh’ den Satz nicht:
“Nach den reinen Songsammlungen GH:Rock the Eighties und GH:Aerosmith ist mit World Tour nun auch endlich ein Sequel mit echten Neuerungen für die Wii erschienen.”
Die 80ies sind nie für die Wii erschienen, lediglich Aerosmith war eine billige Nummer und vor Legends of Rock ist kein einziger Teil für die Wii erschienen. Und gegenüber LoR (Lord of the Rings?) sind die “echten Neuerungen” in World Tour doch … naja … dürftig. Ich bin doppelt enttäuscht: Von diesem halbgaren aufzählen von Features in einem Polyneux “Artikel” und dem Spiel selbst. Die Grafik sieht scheiße aus und irgendwie will kein GH-Feeling aufkommen, so lustlos spielen sich die meisten Songs. Die Schwierigkeitsgrade stimmen nicht mehr: Mittel ist Kindergarten, während Schwer plötzlich zum Griffbrettwichsen mutiert – ein recht flüssiges Umsteigen und Verbessern wie bei den früheren Teilen ist nicht mehr möglich. Zudem sind jetzt echte Kotzsongs drauf, die sich früher niemand gewagt hätte, bei einem GH-Spiel unterzubringen: La Bamba, Beat It – WTF??? Alles in allem ist GH:WT ein Synonym für den totalen Ausverkauf eines einstmal großartigen Spiels, der Untergrund wird Mainstream.
@MK: Lass mich raten: Ein Harmonix-Fan? Sorry, aber an diesen ideologisch aufgeladenen Streitereien, ob nun Rock-Band das “authentischere” Spiel ist oder ob Guitar Hero “rulez”, werde ich mich mit Sicherheit nicht beteiligen. Diese fruchtlosen Diskussionen vermeide ich schon seit den “Commodore vs. Atari”-Kindereien in den Achzigern.
Mir macht World Tour Spaß, die neue Sliderbar und vor allem der Download-Content sind definitiv Verbesserungen, und gerade die enorme Spannbreite der Musikrichtungen (ja, auch Beat it zum Beispiel) ist für mich ein Plus.
Das Activision hier seit Jahren versucht, das Franchise zu melken so gut es geht, ist klar. Aber auch darüber kann ich mich nur bedingt aufregen: Niemand wird gezwungen, sich Guitar Hero:Tokyo Hotel – oder was auch immer die sich als nächstes einfallen lassen – zu kaufen. Die Aerosmith-Folge habe ich auch ausgelassen. Mit World Tour ist aber zumindest wieder ein Sequel herausgekommen, das sein Geld für mich wert war. Your mileage may vary.
Was den Schwierigkeitsgrad angeht, muss ich MK zustimmen. Er macht mir sogar innerhalb einer Stufe zu grosse Sprünge.
Mit der Songauswahl bin ich ebenfalls nicht zufrieden, aber das ist Geschmackssache. Warum die da so Countrygenudel draufpacken, entzieht sich meinem Verständnis. Wer zum Teufel (aus der Zielgruppe) steht auf so nen Müll?
Naja, ein paar sind ja ganz brauchbar und ich baue auf die bereits angesprochene Community. Hat irgendwer Tipps?
Generell muss ich leider nach wie vor feststellen, dass Neversoft einfach keine Ahnung von Musik und schon gar nicht von Instrumentenbeherrschung hat. Also von richtigen. Das wirkt sich dann äußerst negativ auf den Schwierigkeitsgrad aus, weil sie stellenweise plötzlich anfangen, die Noten mehrerer Instrumente auf nur eine einzige Plastikgitarre zu verlegen, was absolut lächerlich ist. War leider bei Legends of Rock schon so und treibt mich dort mit jedem Einschalten aufs Neue in den Wahnsinnn.
Hab erst gestern abend wieder mehrermals angepisst den Stinkefinger gen Fernseher gerichtet, angesichts solch einer vermurksten Scheiße.
ich hab mich an die community-songs noch nicht rangetraut, meine erfahrungen mit “mods” bei anderen spielen waren im grunde immer so, das es 99% schrott (=zeitverschwendung) gibt… zum game selbst: ich finds ganz okay, die playlist ist zwar nicht sooo mein ding aber erfreulich umfangreich (ich mag im grunde – ausser indie-krams – keine “klassische” rock/metalmusik – und ja, das tool-set finde ich extrems auf-die-eier-gehend, aber das geht mit bei jazz auch so)
andere frage: ich hab aus geiz nur das simple kit gekauft (game, mic, gitarre auf xbox360) weil ich nicht sicher war ob ich das drumkit überhaut brauche… gibt es die drums denn eigentlich irgendwo einzeln zu erwerben?
linkin park und beatsteaks indierock? ähem.^^
@Enk:
“Lass mich raten: Ein Harmonix-Fan?”
Mitnichten. Ich hab RB bis heute nicht gespielt, muss aber sagen, dass die ersten beiden Teile die besten GH-Spiele waren. Legends of Rock fand ich aber auch noch ok. WT hingegen faß ich nur selten an und dann ist es eher ein “man hat’s halt, muss mal wieder ein paar Songs freispielen.” Die Unterschiede hab ich schon genannt: Es ist potthäßlich (häßlicher als der Vorgänger – wie geht sowas?) und es spielt sich einfach stellenweise miserabel (wurde hier auch schon von anderen aufgeführt). Zu den ganzen anderen Instrumenten kann ich leider wenig sagen, hab nur Gitarre. Aber für mich bislang ganz klar der schwächste Teil und ein Synonym für den zukünftigen Weg von GH: eine reine Verkaufsplattform für Chart-Krempel, denn man nicht mehr an die Kids als Singles verkaufen kann. Von wegen Rock-Klassiker, hier gibt es bald nur noch an den vergessenen Gestanden der Charts angespülter Schrott und das ist für mich das schlimmste an WT. War GH 1 & 2 noch sowas wie eine Rebellion im Game-meets-Rock-Sektor, so ist GH nun wie ein Sex Pistols-Button von H&M: Eine leere Geste, welcher den Duktus der Revolution tragen will aber keinen Inhalt, keine Substanz oder Botschaft bietet.
BTW: Like the avatar.
Für mich ist die GH-Serie schon seit Rock-The-80s gestorben. Teil 1 und 2 waren klasse, aber was danach kam war musikalisch und spielerisch schlechter. Ich habe nach der 80er-Hair-Metal-Scheisse sogar noch LoR gespielt, aber dann war endgültig schluss. Wenn ich überhaupt mal wieder Bock auf Plastikgitarren haben sollte (die ist mir nämlich inzwischen vergangen), dann werde ich wohl eher Rock Band mal eine Chance geben. Wobei ich auch nicht unbedingt glaube, dass es unbedingt nur an Neversoft liegt, denn der 80s-Bullshit war ja noch von Harmonix…!
Igitt Guitar Hero….schnell weg hier! :'(
Ich warte ja immer noch darauf, dass Harmonix/MTV/EA es mal schaffen die Rock Band 2 Instrumente in Europa zu veröffentlichen. Das Spiel gibt es jetzt schon 2 Monate und es wird noch immer versucht uns die alten Instrumente unterzujubeln.
Wenn das so weiter geht, sehe ich mich fast genötigt wieder auf den Guitar Hero Zug aufzuspringen, den ich mit dem Verkauf von GH3 verlassen hatte. Teil 1 und 2 liegen mit einer Gitarre schön verstaut auf dem Schrank. Für alle Fälle.
Aber jetzt möchte ich doch gerne ein paar Drums haben.
Was sagt ihr zu [b]GH:Metallica[/b]? Trifft meinen Geschmack ja mehr als Aerosmith. Außerdem sind Kyuss mit dabei. Kyuss!!!
Kyuss hin oder her: das Spiel ist von Neversoft und damit unbrauchbar.
(Uh, ich muss dringend mal wieder die …And the Circus leaves Town hervorkramen)
Ideologiekriege sind immer wieder herrlich. Die Argumente beider Seiten sind gleichermaßen lächerlich und gerade hier sollte doch wohl jedem klar sein, dass er die Zeit, die er in GH oder RB investiert hat, auch locker dafür hätte nutzen können, selber Gitarre spielen zu lernen. Nur dass das halt eben weniger Spaß macht und die große Bühne damit immer noch unerreichbar bleibt. Davon abgesehen: GH 4 THE WIN!!!!
Also zu behaupten, eine echte Gitarre spielen zu lernen, würde weniger Spaß machen, halte ich aber auch für gewagt bis überzogen. Klar benötigt es mehr Einarbeitung, aber einen richtigen Song zu spielen ist schon ein sehr erhebendes Gefühl.
Btw: GH 1&2 (Harmonix) sind geil, Teil 3 krankt am mangelnden Musikverständ
Apropos “Ideologiekrieg”:
Ich habe ja seinerzeit auch Beiträge zu GH1, GH2 und dem 80s-Müll verfasst (sind noch nicht im Archiv; suchen zwecklos) und habe anhand der Kommentare auch feststellen müssen, dass es am Ende immer auf Streitereien bezüglich des jeweiligen Musikgeschmacks hinaus läuft. Scheint der Fluch von Musikspielen zu sein…
@ Christian: Es kommt halt immer darauf an, wie sehr mal wirklich Gitarre spielen können möchte. Für jemanden, der eigentlich nur cool rumposen möchte dürfte Guitar Hero locker reichen, alle anderen greifen halt zu echten Instrumenten. Ich selbst kann mich noch gut daran erinnern, wie gut es sich angefühlt hat die einfachsten Nirvana-Songs endlich auf der Akkustikgitarre schrammeln zu können.
@Spieler Zwei: Deswegen halte ich Zusatzcontent ala SingStar oder Rock Band ja für extrem wichtig für solche Spiele. Schade, dass Acitivision das bei Guitar Hero 3 für den PC gar nicht berücksichtigt.
“Ein Musikinstrument ohne eigene CPU ist kein Musikinstrument.”
tse