Die Spieleindustrie hat sich, wie so manch anderes, inzwischen auch den Trend zum Remake in Hollywood abgeschaut. So wie ich die Überschrift dieses Beitrags. Die unspannendste, aber für den Käufer auch risikoärmste Spielart ist das “HD-Remake”. Da werden Klassiker inhaltlich und spielerisch weitestgehend unverändert grafisch aufgehübscht. Und weil Videospiele in der Regel deutlich schlechter altern als Filme, ist dies eine durchaus legitime und zudem relativ kostengünstige Möglichkeit, jüngeren Spielern alte Spiele nochmal zu verkaufen. Doch selbst in diesem relativ sicheren Segment bekommt man teilweise trotzdem richtigen Schrott untergejubelt, wie die Silent Hill HD Collection kürzlich wieder zeigte.
Für mich persönlich deutlich spannender sind da die “richtigen” Remakes, die sich auch nicht scheuen, neben der Grafik auch weitere Aspekte des Originals einer Generalüberholung zu unterziehen. Zwei Vertreter dieser Kategorie, auf die ich mich dieses Jahr persönlich sehr gefreut habe, waren die Remakes der beiden Strategie-Klassiker XCOM: Enemy Unknown und Carrier Command: Gaea Mission. Aber solcherlei Vorfreude kann auch ganz übel enttäuscht werden, wie beispielsweise das diesjährige Syndicate-Remake bewies…
Carrier Command: Gaea Mission
Fangen wir mal mit dem älteren der beiden Spiel an: Das Original Carrier Command erschien bereits 1988 und ist damit auch eines der ganz frühen Echtzeitstrategiespiele überhaupt, das neben seiner ungewöhnlich hohen Komplexität zudem bahnbrechende 3D-Vectorgrafik besaß. Es erschien für alle damals gängigen (Home-)Computersysteme, wobei ich persönlich nur die Versionen für den AMIGA und den PC kenne. Im Spiel geht es um einen automatisierten High-Tech-Flugzeugträger, der kurz nach seiner Fertigstellung dummerweise Terroristen in die Hände fällt. Der Spieler hat nun natürlich den Auftrag, den entführten Carrier unschädlich zu machen. Zu diesem Zweck übernimmt man das Kommando über das schwächere Vorgängermodel. Ausgestattet mit diversen Bordwaffen und Vehikeln gilt es, entweder die Vorherrschaft über ein Insel-Archipel zu gewinnen oder den gegnerischen Carrier direkt zu vernichten. Da sich Letzteres aufgrund der Überlegenheit des anderen Carriers und der Problematik des Auffindens auf der gigantischen Karte (man weiß nämlich nie genau, wo der Gegner gerade ist) sehr schwierig gestaltet, besteht das Spiel in erster Linie daraus, dass man nach und nach alle Inseln erobert. Selbstverständlich versucht der böse Träger unterdessen das Gleiche. Da das eroberte Insel-Netzwerk auch gleichzeitig die Versorgungslinien für Treibstoff-, Waffen- und Vehikelnachschub des jeweiligen Carriers darstellt, ist die strategische Tiefe des Spiels für die damalige Zeit schon sehr beachtlich.
Was hat nun der tschechische Entwickler Bohemia Interactive (Operation Flashpoint, ARMA-Serie) aus diesem Klassiker gemacht? – Nun, eigentlich ist Carrier Command: Gaea Mission ein sehr gelungenes Update des Originals, das am Spielprinzip nur ganz wenige Kleinigkeiten ändert, die allesamt als Komfortfunktionen zu verbuchen sind. Leider geht die Originaltreue so weit, dass auch Gaea Mission komplett auf einen Multiplayermodus verzichtet, obwohl das Spielprinzip mit den beiden Carriern geradezu danach schreit. Auf dem AMIGA, als Netzwerken noch keine echte Option war, leuchtete jedem ein, warum das Spiel keinen PvP oder Coop hatte, auch wenn man ihn sich schon damals wünschte. Heutzutage wäre es allerdings eigentlich ein Leichtes gewesen, diesen zu implementieren. Aber sei’s drum. Man kann wohl nicht alles haben. Die einzige, wirklich gravierende Änderung erschüttert die Kenner des Originals allerdings gleich zu Beginn des Spiels bis ins Mark: Der Egoshooter-Teil. Ja, richtig gehört. Neben der eigentlichen Spielmechanik, die nach wie vor ein Mix aus Ressourcenmanagement-Bildschirmen, strategischen Übersichtskarten und den 1st-Person-Vehikelperspektiven (so man die Steuerung von Carrier-Geschützen, Manta oder Walrus manuell übernimmt) ist, gibt es während der Kampagne des Remake tatsächlich eingestreute FPS-Passagen. Und die sind nicht mal richtig gut.
Ihr müsst Euch das mal plastisch vorstellen: Ich sitze da also vor meinem Rechner, starte das erste Mal das Spiel und gleich nach der Introsequenz kommt anstelle des Erwarteten eine längere, ziemlich mittelprächtige Egoshooter-Einlage. Und SpielerZwei sitzt fassungslos vor dem Monitor. Mit einer gigantischen Gedankenblase über dem Kopf, in der in großen Lettern “WTF?!?” steht…
Nach diesem ersten Schock ob des unerwarteten Einstiegs dachte ich aber gleich im Anschluss “Aaaah! I see what you did there!”. Die Sequenz beinhaltet nämlich die Inbesitznahme des eigenen Carriers und ist eigentlich ganz clever, weil sich das Remake deutlich mehr Mühe gibt, eine Rahmenhandlung zu erzählen als das Original. Und die FPS-Eroberung des Carriers, inklusive 1st-Person-3D-Rundgang durch’s Schiffsinnere, ist ein netter Kniff, der dafür sorgt, dass man das Gefühl hat “Ha! Das ist jetzt mein eigener Superduper-Carrier!”. Nicht schlecht, liebe Entwickler!
Was allerdings grottenschlecht ist, liebe Leute bei Bohemia Interactive, das ist die Vehikel-KI, die vermutlich Euer Firmenpraktikant in rudimentärem Basic programmiert hat. Die ist sogar so schlecht, dass das Spiel im späteren Verlauf, wenn die feindlichen Inseln immer besser verteidigt sind, praktisch nahezu unspielbar wird.
Die Eroberung von Inseln erfordert den Einsatz der an Bord befindlichen Vehikel. Da haben wir einmal die Mantas, kleine Jagdflieger, die man bequem auf der Übersichtskarte umher schicken kann. Bei denen äußert sich das KI-Problem eigentlich kaum, weil sie halt über die Landschaft hinweg fliegen. Viel wichtiger sind aber die Walrus-Einheiten, eine Art Amphibienfahrzeug, die maßgeblich für das Übernehmen einer Insel notwendig sind. Und die fahren nun mal über die Inseln. Das kann man entweder manuell machen oder man schickt sie per Mausklick über die Karte. Aber da die KI (auch nach dem ersten Patch auf Version 1.2, der angeblich gerade die Walrus-KI reparieren sollte) absolut kaputt ist, kann man den Bodeneinheiten stundenlang dabei zuschauen, wie sie an einem Baum oder Gebäude festhängen und nicht weiterkommen: Walrus fährt gegen Baum, setzt zurück und fährt wieder mit Karacho dagegen. Wenn man nicht manuell die Steuerung übernimmt, machen sie das bis zum jüngsten Tag. Anfangs kann man dieses Fehlverhalten der KI durchaus noch manuell korrigieren, aber spätestens wenn man unbedingt immer alle 4 verfügbaren Walrus-Einheiten im Verband braucht, um die gegnerische Verteidigung zu knacken, ist leider kein Blumentopf mehr zu gewinnen. Man schickt sie gemeinsam auf der Karte zum Angriffsziel und kann seine Oma darauf verwetten, dass sie alle einzeln und mit großem Abstand zueinander dort ankommen (wenn überhaupt…), wo sie natürlich einer nach dem anderen im Feuer der Abwehrgeschütze zerlegt werden. Das ist, pardon my french, totaler, unverzeihlicher Bullshit, der das Spiel gegen Ende zu einer absoluten Frustorgie macht, die nur durch kleinschrittiges Save-Load-Verhalten mehr schlecht als recht kompensiert werden kann.
Daher kann ich derzeit leider nur jedem dringendst davon abraten, sich das Spiel zu kaufen. Was um so ärgerlicher ist, weil es ansonsten eigentlich ein richtig guter Echtzeitstrategietitel geworden ist, der dem AMIGA-Klassiker durchaus gerecht wird. Wer also grundsätzlich Interesse an Carrier Command: Gaea Mission hat, sollte in nächster Zeit den aktuellen Patch-Status und die offiziellen Foren im Auge behalten, denn wenn diese einzige, aber absolut gravierende KI-Macke endlich behoben ist, kann ich das Spiel tatsächlich empfehlen. Bis dahin gilt allerdings: Finger wech!
XCOM: Enemy Unknown
Als 1994 das Original UFO: Enemy Unknown (in Amiland als X-COM: UFO Defense vermarktet) von MicroProse heraus kam, kostete es mich viele, viele durchspielte Nächte und mindestens ebenso viele geschwänzte Vorlesungen. Die coole Mischung aus Echtzeit-Simulation, Managementspiel und Rundentaktik hatte einen unglaublich hohen Suchtfaktor: “Noch einen letzten Einsatz, dann gehe ich endlich schlafen. Oh, die Sonne geht ja schon auf…” – Und ein Jahr später sollte sich das Drama aus durchspielten Nächten und ausgefallenen Univeranstaltungen sogar ein weiteres Mal wiederholen. X-COM: Terror From The Deep war zwar eigentlich ein “Lazy Sequel”, also nahezu das gleiche Spiel mit anderer Grafik und stark angezogenem Schwierigkeitsgrad, aber der perfide Suchtfaktor war auch in der Fortsetzung wieder zu 100 % vorhanden. Alle weiteren offiziellen X-COM-Titel, die danach noch kamen, waren übrigens leider nicht mehr so der Hit, aber das ist eine andere Geschichte, die ein anderes Mal erzählt werden soll…
Aliens greifen die Erde an! Der Spieler übernimmt das Kommando über die neugegründete X-COM-Organisation, die den Eindringlingen Einhalt gebieten soll. Im Folgenden baut man nun X-COM-Stützpunkte auf und aus, stellt Eingreiftruppen zusammen und trainiert diese, erforscht und baut neue Technologien, überwacht und sichert den internationalen Luftraum und bekämpft die Aliens in rundenbasierten Bodeneinsätzen, wo auch immer sie sich gerade blicken lassen.
Das Witzige an diesem Remake ist zunächst mal, dass es sich mehr oder weniger heimlich von hinten angeschlichen hat. Schon vor über zwei Jahren kündigte der Publisher 2K Games an, dass 2K Marin an einem X-COM-Remake arbeite. Allerdings handelt es sich bei diesem Projekt, schlicht XCOM betitelt, um eine Neuinterpretation als taktischen Egoshooter, also ein ähnlich gelagertes Not-So-True-Remake, wie der diesjährige Syndicate-Shooter. Der inzwischen mehrfach verschobene Erscheinungstermin lautet derzeit “irgendwann 2013”. Das gerade kürzlich erschienene XCOM: Enemy Unknown von Firaxis (gegründet von Sid Meier und anderen ehemaligen MicroProse-Leuten) hingegen wurde erst Anfang 2012 erstmals angekündigt. Während die X-COM-Fans also immer noch auf das lange angekündigte FPS-Remake warten, steht das deutlich originalgetreuere X-COM-Remake, welches ohne großen PR-Hype auskam, schon lange im Laden. Dieses Detail ist jetzt nicht wirklich von großem Belang, was die Qualität beider Spiele angeht, macht mir das Firaxis-Spiel aber persönlich schon mal von vornherein sehr sympathisch.
Okay, Butter bei die Fische! Was hat Firaxis aus dem Spiel gemacht? – Ganz einfach: Ein fantastisches Remake, das dem Original in rein gar nichts nachsteht und in einigen Jahren vermutlich einen ähnlichen Kultstatus haben dürfte wie das MicroProse-Spiel von 1994!
Interessanterweise ist XCOM: Enemy Unknown gar nicht soooo originalgetreu, wie es auf den ersten Blick wirkt. Wer das Original kennt, kann eine recht lange Liste von Veränderungen aufzählen: Neben dem komplett veränderten Stützpunktmanagement, welches nun u.a. auch viel weniger Technologien zur Erforschung bereit hält, fällt vor allem die deutliche Reduzierung des ehemals recht komplexen Taktikteils auf. Das Inventarmanagement der Soldaten, welches das Tragen mehrere Waffen, Gegenstände und sogar verwundeter Kameraden beinhaltete sowie das direkte Benutzen erbeuteter Alien-Technologie ermöglichte, wurde aus den eigentlichen Missionen ins Missionsbriefing verschoben und zudem noch stark vereinfacht. Das System der Zeiteinheiten, die für verschiedenste Aktionen der Soldaten pro Zug flexibel verteilt werden konnten, musste einem deutlich einfacheren 2-Züge-System weichen. Das Psi-Training, welches im Original von sehr großer Bedeutung war, wird im Remake zur Randnotiz degradiert und kommt nur ganz am Ende des Spiels kurz vor. Eigene Stützpunkte werden auch nicht mehr von den Aliens überfallen und müssen dementsprechend nicht mehr verteidigt bzw. zurückerobert werden. Ebenso wurde der Ablauf der Story stark geändert, was u.a. bedeutet, dass man die legendäre Cydonia-Mission auf dem Mars nicht mehr zu Gesicht bekommt. Aber dafür hat XCOM: EU nun einen Mehrspielermodus, den ich allerdings bei diesem Spiel, im Gegensatz zu Carrier Command: Gaea Mission, eigentlich auch nie wirklich vermisst habe.
Die meisten dieser Veränderungen gegenüber dem Original nehmen dem Spiel einiges von seiner damaligen Komplexität und machen es zugänglicher, komfortabler und leichter; auf normalem Schwierigkeitsgrad schon fast zu leicht. Eben die typische Casualisierung, die man seit einigen Jahren in fast allen Genres beobachten kann. Vieles davon ist natürlich auch der Konsolen-Dominanz dieser Hardwaregeneration geschuldet. Ob es nun die viel zu große Schriftart in den Menüs oder das Fehlen einer frei drehbaren Kamera ist, man merkt dem Spiel auf dem PC schon sehr stark seine “konsoligkeit” an. Eigentlich sind das ja genau die Dinge, über die ich mich als PC-Spieler seit Jahren immer wieder aufrege. Interessanterweise fällt mir all dies im Falle von XCOM: EU zwar auf, stört mich aber nicht besonders, weil trotz aller Veränderungen dennoch der Geist des Originals wunderbar eingefangen wurde. Zudem sind auch einige der Dinge, die Firaxis verändert hat, durchaus ziemlich cool und hätten schon dem Original gut gestanden. So z.B. das neue Klassensystem bei der Soldatenausbildung oder die besser ausgearbeitete Storypräsentation, die den 50er-SciFi-Trash-Charme noch besser einfängt als seinerzeit die spartanisch bebilderten Textfenster. Allerdings sollte man das Spiel hierzu unbedingt auf Englisch spielen, um dies wirklich genießen zu können, da die deutsche Lokalisation eher mittelprächtig ausgefallen ist.
Im Grunde ist es schon sehr mutig von 2K, heutzutage ein rundenbasiertes Strategiespiel auf den Markt zu werfen. Auch wenn klassische Echtzeitstrategie momentan beim Publikum ebenfalls nicht mehr so hoch im Kurs steht wie noch vor 10 Jahren, so ist sie immer noch deutlich leichter zu vermarkten. Der Rundenstrategie haftet heute eindeutig das Image des Antiquierten an: “Rundenstrategie spielte man früher, als Echtzeitstrategie noch nicht erfunden war!” – Das ist selbstverständlich allein schon spielhistorisch völliger Unsinn, sitzt aber so oder so ähnlich in den Köpfen der meisten jüngeren Spieler. Natürlich gab es sie all die Jahre hindurch trotzdem, aber selbst große Titel, wie beispielsweise die Civilization-Reihe, stellen inzwischen nur noch eine recht kleine Nische auf dem Gesamtmarkt dar. Umso erfreulicher ist es, dass XCOM: Enemy Unknown sich gegen den allgemeinen Trend verkauft wie geschnitten Brot. Und das völlig zu Recht, denn es ist ein großartiger Titel, den man wirklich gespielt haben sollte!
7 Kommentare
Sehr schön geschrieben.
Ich bekomme heute noch Anfälle, wenn ich das Tapsen von Alienfüßen auf Metall höre oder das charakteristische Zischen der Türen aus TFTD.
Und ich gebe dir vollkommen Recht, dass das neue XCOM ein sehr gute Spiel geworden ist aber um vieles einfacher als das Orginal. Selbst auf Normal. Zumindest ist das Spiel mit dem Spieler sehr geduldig und das fehlen der Angriffe auf die eigene Basis nimmt ein bisschen den Druck aus der Geschichte, den ich noch aus TFTD kenne.
Umso befremdlicher war es für mich, dass die Macher mit dem zweiten Patch angekündigt haben, dass die Stufe “Einfach” noch einfacher wird. Vor meinem geistigen Auge fallen die Aliens da schon alleine um, sobald man mit seinem Squad die Karte betritt.
Und die Psi-Kräfte kommen erst gegen Ende? Ich bin schon GEGEN ENDE??? Da kommt nicht mehr viel?
@Hazamel:
Sobald Du den ersten Psi-Soldaten ausgebildet hast, kannst Du die letzte Mission (Mutterschiff) angehen. Das war’s dann.
Da bot das Original etwas mehr Endgame, weil man zwar irgendwann wußte, dass man zur Cydonia-Basis muss, aber dafür vorher noch einige Technologien brauchte (u.a. das Raumschiff).
Prinzipiell hängt der zeitliche Ablauf aber natürlich auch von Deinen Forschungsfortschritten bzw. der Reihenfolge ab. So habe ich z.B. den Angriff auf die Erdbasis im Remake relativ lange hinausgezögert, weil ich vorher noch mehr Technologien haben wollte.
Ich verstehe dieses “gut/schlecht altern” nicht. Heißt “schlecht altern” dass etwas schlecht geworden ist oder dass es nicht gealtert ist?
[url]https://twitter.com/btrinczek/status/266114033608957954[/url]
@SpielerZwei Gnarf! Na toll… dann muss ich wirklich nur noch ein Gebäude bauen. Ich hatte wirklich gehofft, dass da noch mehr kommt und das nur eine Forschungsflaute ist.
Hatte mich schon gewundert, dass man die Erdbasis relativ schnell als Option angeboten bekommt. Dachte das wäre nur so ne lockere Vorstufe.
Jetzt hab ich ja fast keine Lust mehr weiterzuspielen, wo das Ende absehbar ist ;)
@Benjamin: Mit “schlecht altern” ist gemeint, dass es das Medium an sich allein durch den technischen Fortschritt schwer macht, heute alte Spiele zu konsumieren. Unabhängig vom eigentlichen Inhalt.
Bei anderen Unterhaltungsmedien ist dieses Problem nicht so extrem. Bei Büchern muss man beispielsweise schon sehr, sehr weit zurückgehen, bis allein der Schreibstil bzw. die Sprache dafür sorgt, dass der Konsum des Inhalts besondere Mühe erfordert (Beispiel: Unüberarbeitete Shakespeare-Texte sind z.B. für viele Leute heute aufgrund der veränderten Sprache kaum zu genießen. Aber ein Ian Flemming Roman ist auch heute noch problemlos für jedermann zu lesen.)
Filme altern schon etwas schlechter. Bis in die späten 60er kann man noch problemlos zurückgehen, ohne große abstriche beim Medium an sich machen zu müssen. Klar, irgendwann gibt’s keinen Surroundsound mehr und noch weiter zurück gibt’s dann Ton in Mono, aber das ist noch nicht gravierend. Irgendwann kommt man aber beim Schwarz-Weiß-Film an, was für viele Leute schon ein Grund ist, da schon keinen Bock mehr drauf zu haben. Noch weiter zurück, und bist beim Stummfilm. Spätestens hier verzichten die meisten Leute auf das Nachholen von Klassikern.
Bei Videospielen ist es aber so, dass Du nur 20-25 Jahre zurückgehen brauchst, um einen Großteil der Leute unterwegs zu verlieren. Welcher 18jährige Gamer hat denn wirklich Lust, sich ein Spiel aus den 80ern mit all seinen technischen Unzulänglichkeiten anzutun? Von der Abspielgeräte-Problematik mal ganz abgesehen, denn abgesehen von Softwareemulationen (und hier macht man ja schon Kompromisse; Beispiel: SID-Emulation vs. SID-Hardware – das klingt einfach nicht gleich), ist es oft gar nicht so einfach, an entsprechende, funktionstüchtige Hardware ranzukommen. Man kann sie zwar teilweise noch auf dem Gebrauchtmarkt beschaffen, aber wer kauft sich denn wirklich extra einen C64 oder ein NES, nur um 1 oder 2 Klassiker auf der entsprechenden Hardware nachzuholen? Der Aufwand ist ungleich größer als bei einem 60 Jahre alten Film.
Durch die vergleichsweise rasante Entwicklung des Videospiels, altern die Spiele im Vergleich zu anderen Medien einfach sehr schlecht.