Wahrscheinlich ist F1 2017 das beste Spiel der letzten Jahre, das mir kaum Freude bereitete. Was gar nicht so sehr am neuen Formel 1-Spiel selbst liegt. Das ist gelungen. Wie immer ist der Karrieremodus lahm, aber das Fahrerlebnis dagegen tipptopp. Grundsätzlich gibt es natürlich keinen sachlich-relevanten Anlass, sich jedes Jahr Codemaster´s neuestes F1-Videospiel zuzulegen, denn echte Innovationen sucht man vergeblich. Klar kann man den nigelnagelneuen Quasi-Fähigkeitenbaum tagelang feiern, mit dem die Karre im Karrieremodus optimiert wird – aber wer jemals ein Rollenspiel anspielte, lacht nicht einmal über diesen niedlichen Versuch der Individualisierung, sondern wendet sich direkt entsetzt ab. Auch der Bremsentest und die Benzin-Strategie-Dingens-Übungen in den Trainingsläufen hauen zumindest mich nicht vom Hocker. Ebenso wie die Einladungsrennen, zu denen man von diesem peinlichen Selfmademillionär eingeladen wird. Trotzdem: Mit dem feingliedrig anpassbaren Schwierigkeitslevel ist es ein Leichtes, sich die Rennen schön zu regulieren und im Karrieremodus führt das zu hochspannenden und dramatischen Rennwochenenden.
Der größte Vorteil des Karrieremodus ist die Abwesenheit menschlicher Gegner. Wobei ich hier direkt hinzufügen möchte, dass ich F1 2017 auf der PlayStation 4 spiele und nicht auf dem PC. Das macht einen Unterschied. Dazu aber gleich noch mehr. Wobei dieser Text eigentlich von diesen sonderbaren Konsolen-Menschen handelt, die so tun, also würden sie F1 2017 mögen, aber eigentlich ehrlose Würstchen sind. Aber der Reihe nach: Der Karrieremodus. Seit Ewigkeiten ist Gran Turismo für mich eine Art Benchmark in Rennspielen und wenn irgendetwas an Gran Turismo zu kritisieren ist, dann das dämliche Verhalten der KI-Fahrer, die wie Perlen an der Schnur ihre Runden drehen. F1 2017 dagegen schafft es – ganz genauso wie die Vorgänger in den letzten Jahren, übrigens – ein quasi-reales Renngefühl zu erschaffen. Wobei ich selbstverständlich keinen blassen Schimmer habe, wie sich „in echt“ ein Formel 1-Rennen anfühlen könnte. Vor ungefähr eintausend Jahren bin ich mal Kart gefahren und saß noch früher als pickeliger Jugendlicher auf dem Beifahrersitz, als mein Vater eine wahrscheinlich recht gemächliche Runde um den alten Nürburgring inklusive Nordschleife drehte. Mehr professionelle Rennfahrerkarriere kann ich leider nicht bieten. Jedenfalls: Das Verhalten der KI-Boliden wirkt halbwegs individuell und da es auch keinen verdammten Gummibandeffekt gibt – was mir jedes Need for Speed der letzten Jahre vermieste – sind die Rennen im Karrieremodus ebenso eine runde Sache wie natürlich auch die Einzelrennen.
Interessanter Weise wirken die KI-Autos eher nach menschlicher Kompetenz als das, was die „Gamer“ auf der Piste verbrechen (zumindest stelle ich mir vor, dass genau solche Leute sich selbst als „Gamer“ bezeichnen, was einerseits passt, weil ich „Gamer“, die sich selbst inbrünstig als „Gamer“ bezeichnen, ein wenig lächerlich finde und im strengen Sinne dann andererseits wiederum nicht, denn eigentlich erwarte ich von „Gamern“, dass sie ihre „Games“ aufrichtig lieben und keine mickrigen Scheusale sind). Mit der Jagd auf die perfekte Runde – oder gar nur eine perfekte Kurve – halten sich 5/6 des Fahrerfelds gar nicht erst auf. Warum auch versuchen, die Kurse auswendig zu lernen und sich dabei das Ziel setzen so schnell wie nur möglich zu fahren, sich also weiterzuentwickeln und über Lernerfolge zu freuen…wenn man assig den Gegnern die Kiste kaputt fahren kann? Dass das recht schnell zu einer Disqualifikation führt, ist dabei nebensächlich, weil, ey, ist ja voll geil die anderen platt zu machen, ey. Wie bei Call of Duty.
Auf dem PC – zumindest bei F1 2016 – war ich ein ganz anderes Niveau gewöhnt. Da kam es vor, dass von 15 Fahrern sogar 13 ins Ziel kamen, obwohl ein langes Rennwochenende gerne eine Stunde am Stück höchste Konzentration erforderte. Über 10 Runden am Stück wurden heiße Duelle um Platz 11 gefahren – wobei natürlich der Kampf wichtiger war als die olle Platzierung. Auf der PlayStation 4 ist das undenkbar. Wer nach Kurve Nummer 3 nicht wenigstens auf Platz 5 ist, fängt bitterlich an zu heulen und verlässt das Rennen. Um sich anschließend minutenlang in irgendeiner Lobby zu langweilen, denn wenn eines weiterhin nach einer Verbesserung schreit, dann ist es das Matchmaking im Mehrspieler. Zehn Minuten bis zu einer Viertelstunde kann es dauern bis ein Rennen startet. Sinnvoll ist es also nicht ein Rennen noch in der ersten Runde zu verlassen, nur weil man nicht mindestens Dritter ist.
Zum Fremdschämen wird es übrigens, wenn die Leute zu blöde sind zu erkennen, ob gerammt werden kann oder nicht. Am Anfang fand ich das noch witzig. Also: Besonders in der ersten Kurve nach dem Start, wenn Chaos vorprogrammiert ist, sind die Fahrer quasi Ghosts, durch die man hindurchfahren kann. Das ist nicht neu im F1 2017, das sollte mittlerweile bekannt sein und wenn es bekannt ist, kann man es auch wissen. Muss man aber nicht. Wie viele der Volldeppen trotzdem versuchen, die Kisten der Gegner aus der Kurve zu schießen, ist angesichts der Masse an Idioten nicht zu zählen. Die logische Konsequenz aus den Rammversuche ist in der Regel die, dass die Doofköppe selber im Kiesbett landen. Schande, dem Schande gebührt.
Dieses unselige Verhalten meiner mir zwangsweise aufgezwungenen Spochtskameraden führt übrigens dazu, dass ich vergleichsweise oft auf dem Podest lande. Nicht, weil ich konstant gut fahre, sondern weil Hinz und Kunz vor mir das Rennen verlassen haben. Oder entweder disqualifiziert oder von der Piste geschossen wurden. Da startet man mit 20 Fahrern und nach 15 Runden bin ich als Zweiter gleichzeitig auch Vorletzter. Erfolge oder gute Leistungen verlieren bei solchen Rennverläufen an Wert und das ist unter dem Strich der Grund, warum ich nicht mehr oft F1 2017 spielen werde. Sofern es das Spiel nicht bald im Sale für den PC gibt.
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