Mo will doch einfach nur ihre Ruhe haben! Und das Richtige tun. In dem Fall versucht sie das eben damit, dass sie mit vier uralten Riesen in Höhlen lebt und sich darum kümmert, dass die Welt über ihr nicht in einer riesigen Sporenwolke untergeht.
Irgendwann geschah es nämlich, dass diese Sporen sich in den Menschen festsetzten und sie umbrachten. Die Riesen bauten eine komplizierte Luftfiltermaschine unter der Erde, die nur mit übermenschlicher körperlicher Kraft angetrieben werden konnte und opferten ihre gesamte Energie und Zeit dafür, den Inselbewohnern über ihnen ein angenehmes Leben zu ermöglichen. Seitdem sitzen sie dort und kurbeln und kurbeln und kurbeln, bis… ja offenbar, bis sie nicht mehr können.
Denn plötzlich fällt das gesamte System einfach aus! Mo will dem Ganzen auf den Grund gehen und findet die angsteinflößend aussehenden, aber freundlichen Riesen bewusstlos vor. Mit ihrem Superwerkzeug – dem Omni-Switch – in der Hand segelt sie zu allen namensgebenden Inseln und tut dort ihr Bestes, um sie wiederzubeleben. Dabei hat sie aber nicht nur mit den vielen Sporen, die in ihre Lunge eindringen, zu kämpfen, sondern vor allem mit sich selbst.
Auf ihrer Reise durch ihre Vergangenheit legen ihre Selbstzweifel und Selbstgeißelung mit ihren viel zu hohen Erwartungen an sich selbst ihr immer mehr Steine in den Weg. Sie fühlt sich und die Mission, für die sie sich aufopfert, unverstanden und ist dabei, alle ihre Beziehungen zur Außenwelt und ihrer Familie zu zerstören. Immer genau zwischen „Andere halten mich Auserwählte nur auf!“ und „Wozu bin ich überhaupt gut?“ zwischen Non plus Ultra und Nie genug wandelt und stolpert sie umher und versucht, einen Sinn zu finden, der ihr Halt gibt.
Obwohl sie meint, als Einzige diese Aufgabe erfüllen zu können, die so schwer auf ihren Schultern lastet, kümmert sie sich doch erschreckend schlecht um sich selbst. Wenn Andere Dinge selbst in die Hand nehmen, verurteilt sie sie und wirft ihnen vor, den Helden zu spielen. Für sie selbst scheinen komplett andere Maßstäbe zu gelten.
Auch wenn der Pilz ihren Körper, ihre Gedanken befällt und sie immer wieder in Situationen stürzt, die sie von „der richtigen Welt“ trennen, lässt sie sich nicht von ihrem Vorhaben abbringen. Sie setzt alles auf die speziellen Techniken, die sie hoffentlich wieder aus den dunklen Löchern herausholen, muss aber mit der Zeit lernen, dass sie selbst ihre kleine Welt nicht ganz alleine retten kann und einige Brücken intakt lassen sollte.
Als Spieler*in erlebt man die Welt als Adventure, in dem man herumläuft, mit Leuten spricht und kleinere Probleme löst. Der Weg zu diesen und zu den ausgefallenen Luftfiltern ist wegen der kleinen felsigen Inseln oft aber schwer zu erreichen, was geschickt durch einfachere Platformer-Elemente gelöst wird. Die unzugänglichen Landschaften sind mit verfallenden Überbleibseln der vergangenen Welt übersät. Manchmal sind es Dinge, die bei Mo Erinnerungen an ihr Leben vor den Sporen auslösen, viel häufiger aber sind es makaber verteilte Reste von Leben, das mal existiert haben muss. Die Katastrophe und die extreme Veränderung, die zum Tod von fast allem und jedem führte, der nicht rechtzeitig geflohen ist, ist offensichtlich.
Die doch ziemlich schwere Thematik und auch die unheimliche Szenerie werden sicher die Leute überraschen, die aufgrund des Grafikstils ein süßes kleines Indiegame mit Urlaubsinseln erwartet haben. Es ist nämlich so viel mehr als das! Die Krankheit frisst sich durch Mo und damit auch durch ihre Inseln hindurch, die Morbidität spiegelt auch wieder, wie sie die Welt sieht. Allerdings sind beide auch noch nicht verloren und der Zauber der wundervoll bunten Zeichnungen überträgt sich auch auf mich als Spielerin. Vielleicht ist ja doch alles gar nicht so schlimm? Wie die Grafik weiß auch der stimmungsvolle Soundtrack immer genau, wo er einen gerade haben will. Die Namen Thomas Hoehl und Christian Wittmoser sollte man sich definitiv merken (und ihre Musik anhören).
Es wird kaum jemanden wundern, dass das deutsche Studio Fizbin mit Game Director Anjin Anhut hier wieder einmal ein großartiges Spiel geschaffen hat. Aber wie sehr es mich emotional mitnehmen würde, hab ich nicht vorhergesehen. Es ist eines dieser Spiele, das mich ratlos darüber zurücklässt, was ich denn nun als nächstes anfangen soll, weil es noch eine Weile Platz in meinen Gedanken und meinem Herzen braucht.
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