Seit “Geometry Wars: Retro Evolved” auf dem XBLA Marktplatz Ende 2005 erschienen ist, schwappt eine nicht enden wollende Flut an Minispielen über die Videospielwelt und beschert uns eine Rückkehr zur Highscorejagd. Einfache, süchtig machende Spielprinzipe sind gefragt wie nie zuvor und die unabhängige Entwicklerszene nutzt die, mit Steam, Xbox Live und Playstation Network, neu aufgekommenen Veröffentlichungswege zu immer wilderen kreativen Auswüchsen. “Geometry Wars: Galaxies” aber geht ein paar Schritte zurück. Das erprobte Konzept wurde aufgeblasen, wieder zurück auf einen Datenträger geschaufelt und über den klassischen Weg mit Hülle und Anleitungen in den Handel gebracht. “Geldmacherei!”, höre ich da schon die Massen schreien. Nein, nicht ganz. Einen gewichtigen Unterschied zum Vorgänger gibt es doch: die Steuerung. “Galaxies” ist nämlich nur für die beiden Nintendokonsolen erschienen und hat sich ihre Eigenheiten zu Nutzen gemacht.
Da ich gerne ein schnelles Spiel für Zwischendurch zum Mitnehmen haben wollte und mir “Meteos” langsam zum Hals raushing, fiel meine Wahl auf die DS-Version. Per Touchscreen wird die Schussrichtung angegeben und mit dem Steuerkreuz fliegt man sein kleines geometrisches Raumschiff durch die Gegnerhorden. Diese setzen sich ebenfalls aus allen erdenklichen Formen und Farben zusammen, haben verschiedene Fähigkeiten und erscheinen ohne Unterlass in eurer Umgebung. Dabei befindet man sich in einem meist eng begrenzten Raum und schießt so viele Feinde zurück in den Pixelhimmel wie möglich. Dafür gibt es kleine gelbe Geoms, die beim Einsammeln den Punktemultiplikator erhöhen und eure Schusskraft stärken. Sollten euch zu viele Vierecke und Kreise bedrängen, könnt ihr noch eine Bombe zünden, die alle Gegner im Umkreis zerstört.
Die Punktzahl steigt, es erscheinen immer mehr Feinde, man bekommt mehr Geoms, mehr Schusskraft, mehr Punkte, mehr Gegner, mehr Geoms, mehr Bomben, mehr Punkte, noch viel mehr Gegner, Panik, Glücksgefühle und schließlich seit ihr im Flow gefangen.
Das besondere an “Galaxies” sind, zusätzlich zum ohnehin chaotisch spaßigen Spielprinzip, die verschiedenen Level. Es gibt mehrere Galaxien mit unterschiedlichen Planeten, die als Level fungieren. Jeder Planet hat dabei seine Eigenheiten. So unterscheiden sich die Grundlinien drastisch voneinander und werden von wechselnden Gegnertypen bevölkert. Mal befindet man sich in einem engen labyrinthartigen Abschnitt, der nur an manchen Stellen belebt ist, ein anderes Mal auf einer offenen rechteckigen Fläche, wo die Gegner überall sind und einen von allen Seiten angreifen. Dementsprechend verschieden spielen sich auch die Planeten.
Um die Variation noch etwas weiter hochzutreiben kann man zwischen verschiedenen kleinen Helferdrohnen auswählen, die das eigene Schiff umschwirren und Gegner wegrammen, einfach wild in die selbe Richtung schießen wie man selbst, gezielt bestimmte Feinde aufs Korn nehmen und noch ein Paar mehr. Diese gewinnen beim Einsatz Erfahrungspunkte und damit Effizienz. Ich habe nur die Angreiffer – und die Verteidigungsdrohne wirklich benutzt, der Rest ist fast unbrauchbar.
Sind alle Planeten freigeschaltet bleibt nur noch die Jagd nach Medaillen, die für bestimmte Punktzahlen verliehen werden und eben die Highscorejagd selbst. Dabei sind mir einige Level aufgefallen, die einen leider viel zu schnell mit Extraleben und Extrabomben verwöhnen und so, bei genügend Zeit, fast unendlich lange gespielt werden können. In einem Fall habe ich nach 20 Minuten den Freitod gewählt, weil meine Finger sich schmerzhaft an den DS gekrallt hatten und nach einer Pause schrieen. Überhaupt ist die Steuerung am DS nicht für lange Sessions, in denen man das Gerät allein in der linken Hand festhält und mit der rechten schießt, geeignet. Am besten spielt es sich, wenn das Hauptgewicht irgendwo abgelegt wird. Ich empfehle den Bauch, ein angezogenes Knie, eine Tischplatte oder im Bett (auf dem Sofa) ein Kissen.
Auf optischer Ebene bringt “Galaxies” den kleinen DS an seine Grenzen. Ist viel los auf dem Bildschirm, dann schaltet das Spielgeschehen in den Zeitlupenmodus, was nicht das Schlechteste ist. Alles bewegt sich langsamer und als Spieler hat man mehr Zeit sich seinen nächsten Schritt zu überlegen. Gefährlich wird es jedoch, wenn die Gegnerzahl wieder abnimmt und die Geschwindigkeit schlagartig auf Normalniveau zurückgeht. Schnell klebt man in den nächsten Angreifern. Hat ein bisschen was von unfreiwilliger “Bullet Time”.
Ansonsten ist die Grafik, den Umständen entsprechend, als sehr gut zu bezeichnen. Die Farben sind grell, überall blitzt und blinkt es, explodierende Feinde senden einen Funkenregen in alle Richtungen und das große Chaos auf dem kleinen Bildschirm nimmt einen gefangen.
Mit zusammengekniffenen Augen scannt man die Level, zuckt mit seinem kleinen Schiff zwischen den Trillionen an Gegnern umher, immer auf der Suche nach der richtigen Lücke, immer auf der Hut vor den schnellen blauen Kugeln, oder den roten hufeisenförmigen Angreifern, die wie ferngesteuert auf einen zu rasen. “Geometry Wars: Galaxies” ist nicht für Freunde des entspannten Spiels. Die Gefahr lauert überall und wer weiß schon, was für eine geometrische Figur es als nächstes auf einen abgesehen hat. Selbst in ein und dem selben Level verändern sich die Gegnertypen mit jedem Anlauf.
Aber was schreibe ich mir hier die Finger fusselig. Schaut euch einfach eine typische Runde Geometry Wars an. Nur schneller. Und mit lustiger Musik. Achtet auch auf das Ende, wenn ich wutentbrannt den Stylo von mir werfe. Das sind Emotionen.
Angeblich können die Punktzahlen online, mit der gesamten Welt verglichen werden, aber dank doofer WEP – Verschlüsselung des DS konnte ich dieses Feature nicht austesten. Selbiges gilt für den Multiplayer und die Möglichkeit beim Kauf von Wii und DS Version eine zusätzliche Galaxie freizuschalten.
Ist das gesamte Spielpaket jetzt eine simple Idee, aufgeblasen zu einem großen Spiel? Ein wenig schon. Es sind quasi mehrere Dutzend Variationen derselben brillanten kleine Idee, zusammengeschnürt auf einer DS Cartridge, für läppische 20€. Und der Xbox Live Klassiker “Retro Evolved” ist auch noch dabei. Für mich das bisher beste Preis – Leistungsverhältnis auf dem DS, ausser natürlich ihr seid “Advance Wars”- oder “Animal Crossing”-Geschädigte. Dann ist euch eh nicht mehr zu helfen. Eure Freizeit ist verwirkt.
Autor: Daniel Alle Artikel von Daniel
Mag gesunden Eskapismus. Spielt gerne mal für die “Story”, auch wenn es meistens weh tut. Denkt, dass weniger manchmal mehr ist.Mag gesunden Eskapismus. Spielt gerne mal für die “Story”, auch wenn es meistens weh tut. Denkt, dass weniger manchmal mehr ist.
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