Die menschliche Wahrnehmung weiß uns doch immer wieder auf’s Neue zu überraschen. Als wäre es nicht schon faszinierend genug, dass wir in Büchern mit bunten Kaleidoskop-Mustern plötzlich dreidimensionale Objekte zu sehen glauben, uns durch optische Spielereien entzücken lassen oder dazu in der Lage sind, uns Ideen, Gedanken und andere Menschen schönzusaufen… Nein! Aus irgendeinem – mir nach wie vor absolut unerfindlichen und völlig unerklärlichen – Grund, sind wir darüber hinaus sogar in der Lage, dieses Ding, was uns da unter dem Namen Geometry Wars 2 verkauft wird, auch wirklich und wahrhaftig als Spiel zu begreifen und anzunehmen. Ausgerechnet dieses unheimliche Farbchaos, das auf den ersten, zweiten, dritten und vierten Blick absolut unspielbar aussieht und jeden Menschen, mit auch nur dem allergeringsten Hang zu epileptischen Anfällen, wahrscheinlich auch noch im allertiefsten Tiefschlaf als alptraumhafte Vision heimsuchen dürfte. Was jedoch das Allerfaszinierendste an Geometry Wars 2 ist: Man kann es tatsächlich nicht nur ohne weiteres spielen, sondern es macht auch noch regelrecht süchtig. Verdammt süchtig sogar.
Dabei ist das Prinzip als solches absolut simpel: Ein “einfacher” Shooter, der einem in immer kürzeren Intervallen immer größere Gegnerhorden auf den Leib schickt, oder, je nach Spielmodus, sämtlicher Waffen beraubt, ein Zeitlimit setzt, absurde Gegnerwellen in Sequenzen über uns herfallen lässt oder uns mit vermeintlichen Schutzzonen kurzzeitig in Sicherheit wiegt. Daniel hat die einzelnen Modi von GW2 dereinst bereits sehr schön zusammengefasst.
Was sich nach Auswahl eines Szenarios dann für kurze Zeit auf dem Bildschirm abspielt, ist, gelinde gesagt, reiner Irrsinn. Zuerst ist man geneigt, sich völlig verwirrt zu fragen, welche Drogen man gerade in den Drink gemischt bekommen hat, ehe man dazu übergeht, sich zu überlegen, über welche geheimenTechniken die Macher von Bizarre Creations wohl bei der Herstellung von LSD verfügen. Doch halt: wer sich darüber auch nur eine Millisekunde zu lange Gedanken macht, wird sein(e) Bildschirm-Leben in Rekordzeit aushauchen. So schnell wie sonst in kaum einem anderen Spiel. Garantiert!
Den Geist völlig leer zu bekommen, sich freizumachen, in sich zu ruhen und eins zu werden mit dem Joypad muss oberstes Ziel des Spielers sein, bevor er sich munter ins Getümmel stürzen sollte. Dann, und nur dann, gelingt der eigenen Wahrnehmung auch wirklich die absolute, unbedingte und bedingungslose Fokussierung auf das Allernötigste: Das eigene “Schiff” und seine relative Lage und Position im virtuellen Raum. Das Abschätzen der uns umgebenden Gegnerhorden. Die Einschätzung und Zuordnung von Gegnern in Bezug auf Ihre Gefährlichkeit, unter Rückbesinnung auf und Einbezug von spezifischen Bewegungs- und Angriffsmustern. Und dann ist da noch die Hand-Auge-Koordination, die unsere Finger zielsicher immer genau in die richtige Richtung sausen lässt, während ein winziger Teil unserer Aufmerksamkeit immer und immer wieder sämtliche möglichen Wege, offenen Fluchtkorridore durchgeht und stetig auf’s Neue bewertet. Natürlich nicht vergessend, dass diese Bewegungspfade möglichst über üppige Geoms-Felder, grüne Lichtkugeln, die als Punktmultiplikatoren unerlässlich für einen neuen Highscore sind, führen sollten.
Wähnte ich mich bei Audiosurf damals bereits im Farbrausch, will mir beim allerbesten Willen keinerlei Formulierung einfallen, die dieses Gefühl noch angemessen überhöht beschreiben könnte, das man beim Spielen von Geometry Wars 2 samt all seiner unerbittlich auf einen einströmenden Farb- und Formen-Stürme empfindet.
Dabei kommen die meisten Game Overs, wie bereits erwähnt, schneller als einem lieb sein kann. Manchmal sogar schneller, als man überhaupt “Gamer Over” in der Lage zu sagen ist. Doch gerade diese Schnelligkeit des Spiels, die Kürze jeder einzelnen Spielrunde, ist es, die uns immerzu aufs Neue zu nur noch dieser einen, klitzekleinen weiteren Runde treibt. Nur noch diesen einen Highscore. Nur noch ein paar Geoms mehr, um die Punktzahl in die Höhe zu treiben. Besonders tückisch wird dieses Element, wenn man über eine Xbox Live-Freundesliste verfügt, in der sich Leute befinden, die einem anfangs nahezu völlig unerreichbar scheinende Highscore-Vorgaben machen, und man nach und nach bemerkt, dass man es doch schafft sich zwar mühsam, aber dafür immer stetiger an sie heranzutasten, um sie irgendwann sogar einzuholen.
Das kann dann auch gerne mal beinahe fatale Folgen annehmen. Hat man seine Xbox angeworfen, um nur mal eben zwei oder drei Runden zu spielen und anschließend wieder anderen sozialen Beschäftigungen nachzugehen, sollte man sich mit eisernem Willen an dieses Ziel klammern und die Konsole nach Ablauf des gesteckten Rundenlimits schnellstmöglich wieder ausschalten. Im Zweifelsfall vielleicht sogar jemanden beauftragen, dies für einen zu erledigen. Denn der Button für eine neue Runde ist einfach zu schnell gedrückt. Viel zu schnell.
Bildquelle: Bizarre Creations
19 Kommentare
Weiss jemand ob die Wii-Version was taugt? Würde mich schon reizen…
Und ob die Wii-Version was taugt! Was Christian hier beschreibt, trifft dort genau so auch zu. Kann ich nur wärmstens empfehlen. Sogar die DS-Version ist klasse, trotz schwächerer Grafik und garantierten Handkrämpfen.
Die Wii-Version kann ich auch sehr empfehlen!
Okay, danke für eure Empfehlungen. Werde die Wii-Version demnächst mal bestellen, kostet ja auch nur 40 Fr.
Übrigens: Ihr seid ganz böse Kapitalisten. Ich kaufe schon wieder ein Spiel wegen euch. Was zahlen euch die Hersteller dafür? ;)
*seufz* wenn wir doch durchs Schreiben bloß auch nur einen Cent verdienden würden… ;-)
Was hast Du Dir denn noch so alles auf unsere Empfehlung hin gekauft?
Dürfen wir Dich zum Polynesier ehrenhalber ernennen? Du wärst der erste, der auf einen meiner Tipps was gibt… hehehe.
Wir sollten das Geschäftsmodell von Polyneux ändern.
Über schlechte oder maßlos überhypte und überschätzte Spiele schreiben, die Leser vor einem Kauf warnen und dann als Beratergebühr x Prozent vom eingesparten Kaufpreis verlangen ;P
Hm. Mir gefällt der Minimalismus von GW1 besser, die Existenz der Geoms als Elemente, die weder mich töten noch abgeschossen werden müssen, irritiert mich nur, und der einzige Modus zwingt mich dazu, meine Fähigkeiten auf ebendiesen zu fokussieren. Allein die Highscoreanzeige gefällt mir besser an GW2, jedes scorebasierte Spiel sollte in Zukunft diese schamlos kopieren.
Bei den Geoms muss ich Dir recht geben. Einerseits finde ich sie als Spielelement klasse, aber rein optisch machen sie die Sache nicht gerade leichter. Wie Christian schon geschrieben hat, ist der eigentliche Witz bei GW ja das Filtern der vielen optischen Reize, um sich voll auf das Gameplay konzentrieren zu können.
Eins der Spiele, die man stundenlang noch in die augen eingebrannt hat und im Schlaf weiterspielt. Musste mich disziplinieren, die Spielrationen zu verringern, um nicht völlig durchzudrehen. D:
Ich mag die Geoms in GW2.
Vielleicht seid ihr einfach schon zu alt für die vielen Farben …
… Ja, ja, SpielerDrei, ich weiß, dass du in GW mehr Punkte hast als ich.
Dank dieses Artikels habe ich doch glatt gestern nochmal GW2 angeschmissen und mich in 2 spielmido wieder an die spitze meiner freundesliste gesetzt! dankesehr dafür!
Ich finde die Geoms auch in Ordnung, so kommt irgendwie noch ein kleines taktisches Element hinzu: Hole ich sie mir jetzt, und versuche geschickt, den Gegnerscharen auszuweichen, oder lasse ich es lieber? Dadurch entsteht manchmal sogar noch mehr Chaos, und gerade das macht ja in GW am meisten Spaß^^.
Kann die Wii-Version übrigens auch nur empfehlen.
Schade ist nur, dass es durch die Geoms auch ein wenig dem Zufall überlassen bleibt, mit welcher Punktzahl man letztlich aus einer Runde kommt. Man muss ja nur aus Versehen mal 3 zuwenig einsammeln, um an einem Highscore vorbeizuschliddern. Das ist dann schon ziemlich doof.
Da gefällt mir das System von Fable 2 besser, wo mit die Punkte auf Knopfdruck zufliegen, ich mich aber entscheiden muss, wann ich sie sammele. Mitten im Kampf, um zu verhindern, dass mir wichtige Erfahrungspunkte flöten gehen, wenn ich gleich niedergeschlagen werde? Wodurch ich mich kurzzeitig aber angreifbarer für Gegner mache und eventuell knappe Heilmittel verschwende? Oder erst hinterher, in der Hoffnung, den Kampf auch wirklich unversehrt zu überstehen?
Das macht es ein wenig spannender. Trotzdem hab auch ich nichts gegen die Geoms.
So, habe mir mal die Wii Version besorgt. Da gab es allerdings nur das “Geometry Wars:Galaxies”. Stimmt das, oder habe ich das falsche gekauft?
Ich frag nur so dumm, weil (vor allem im Artikel von Daniel) von verschiedenen “Spielmodi” die Rede ist. Die gibt es aber scheinbar nur in der XBox-Version, oder?
Der Titel stimmt schon, ja^^.
Das mit den Modi bezieht sich auf “GM 2 – Retro Evolved” (XBLA), richtig, dafür gibt es ja bei der Wii-Version die vielen unterschiedlichen Galaxien/Level.
Es ist ja so, dass GW1 auf der Box eher puristisch war. GW2 beinhaltet größtenteils Neuerungen, die die Wii-Version schon vorher hatte, nur dass der Spielaufbau etwas anders ist. Die verschiedenen neuen Modi von GW2 werden auf der Wii durch die diversen Galaxien und Planeten dargeboten. (wie ness schon richtig sagte)
aha, ok, danke für die Aufklärung :-)
Btw:
An die Wii-Spieler: spielt ihr das mit der Wiimote oder dem Classic Controller?
Mit der Wiimote finde ich es brutal schwer, habe allerdings auch noch nicht viel Geometry Wars gespielt…
Ich bevorzuge die Wiimote, und komme damit auch wirklich super zurecht, was ich anfangs auch nicht glauben wollte^^.
Ich bin mit mit WiiMote und Nunchuck auch wunderbar zurechtgekommen, weshalb ich erst gar nichts anderes ausprobiert habe. Könnte mir aber vorstellen, dass es mit einem (GC-)Gamepad auch gut funktioniert…