Ist schon eine komische Videospielewelt da draußen. Angeblich ist Ron “Monkey Island” Gilbert mit seiner Idee für DeathSpank bei allerlei Publishern abgeblitzt und musste schließlich nach Kanada gehen, um dort mit den Entwicklern der mittelerfolgreichen Penny Arcade Games an seiner Version eines Hack’n’Slay Spiels zu arbeiten. Irgendwann erbarmte sich schließlich EA mit seinem neuen Partnerprogramm DeathSpank ein wenig unter die Arme zu greifen und heute klatschen alle Nerds in die Hände über das neue Spiel eines alten Helden aus einer Zeit, als Adventures noch der heißeste Scheiß im Gamerregal waren. Doch wie schlägt sich nun der Mix aus Diablo und Humor hineingepresst in einen 1GB XBLA/PSN Download im Alltag? Schauen wir mal.
Wir spielen DeathSpank und sind auf der Suche nach DEM Artefakt, weil … weil … weil man in Rollenspielfantasywelten nun mal nach Artefakten sucht. Mit mehr oder weniger großem Erfolg versucht das Spiel, sich über alle Klischees des Genres lustig zu machen und bezahlt dieses Vorhaben mit dem Preis, zwanghaft bestimmte Probleme der eigenen Vorbilder nachzuahmen. So reihen sich absurde Sammelaufgaben aneinander, die auf Dauer in ihrer Nervigkeit mit jedem World of Warcraft mithalten können. Von einigen Ausnahmen abgesehen wiederholen sich die meisten Quests selbst bei der Spielzeit von 10 – 15 Stunden recht schnell.
Aber beginnen wir noch einmal ganz vorne. Wir spielen also DeathSpank, einen etwas tumben Helden, der sich im ersten Viertel des Spiels auf die Suche nach dem ominösen Artefakt macht und später in ein noch viel größeres Abenteuer hineingezogen wird. Das Spielgeschehen besteht aus kurzen Dialogsequenzen mit den Einwohnern der bunten Bilderbuch-Comicwelt und dem anschließenden Erschlagen allerlei Monstern. Die Gespräche dienen größtenteils der Unterhaltung und sollten bis auf den letzten Fetzen im Dialogbaum erkundet werden. Hier ist Ron Gilberts Handschrift am deutlichsten zu spüren. Auf einem schmalen Grad zwischen lustig und zu albern haben alle Figuren einen Spruch auf den Lippen und untermalen den ironischen Charakter des gesamten Spiels. Für mich waren diese Szenen immer ein leichtes Schmunzeln wert, aber hysterisch lustig fand ich es meistens nicht. Vor allen Dingen DeathSpank selbst ist leicht zu durchschauen. Man muss nur an die dümmste und unpassendste Bemerkung, die in diesem Moment möglich ist, denken und damit ist man wahrscheinlich sehr nah an einer der Antwortmöglichkeiten.
Kommen wir also zu Spielelement zwei: dem Kampf. DeathSpank ist ein waschechtes Hack’n’Slay und so hackt und slayed man sich durch allerlei Gegnermassen. Dabei kann man gleichzeitig vier Waffen benutzen, die frei auf vier verschiedene Tasten gelegt werden können. Benutzt man für jeden Schlag eine andere Waffe erhöht sich die Kombo und der verursachte Schaden. Hat man einige erfolgreiche Treffer gelandet, füllt sich eine Spezialanzeige über die man besondere Angriffe ausführen kann, die wiederum fest mit den ausgewählten Waffen verbunden sind. Ist also euer Specialmeter voll und ihr greift als nächstes mit dem großen Kampfhandschuh an, dann gibt es einen zerschmetternden Faustschlag zu sehen. Diese Mechanik sorgt leider dafür, dass man im Eifer des Gefechts schnell mal den falschen Special-Move startet.
Überhaupt litt der Kampf bei mir unter einem unangenehmen Spielfluss. Gegnerische Angriffe können geblockt werden, was sich in der Praxis aber als äußerst feinfühlige Angelegenheit herausstellte und wirklich effektiv nur gegen große einzelne Gegner zu benutzen war, da man bei vielen Angreifern nicht mehr erkennen konnte, wer wann zuschlägt und wo die richtige Lücke für den eigenen Schlag sich befand. Das führte dann nach jedem Scharmützel zu einer halbleeren Lebensanzeige meinerseits, die es mit Lebensmitteln wie Hühnerbeinen oder Pizza wieder aufzufüllen galt. Dafür musste ich aber eine mehrsekündige Essenspause einlegen, bevor es weitergehen konnte. So zerfaserten die Kämpfe in kurze Gefechte und lange Heilungsphasen. Dieser Zustand änderte sich erst ab Level 16, als ich einen Krummsäbel erhielt, der zusammen mit meiner flammenden Axt und einer vollen Spezialanzeige für einen vernichtenden Feuersturm unter den Gegnern sorgte und schnell mal ganze Horden niederstreckte. Ich schoss also so lange aus sicherer Entfernung mit meiner Armbrust auf die Monster bis der Special-Move verfügbar war und rannte dann als lebender Feuerkreisel in die Menge. Ab hier wurde das Spiel ein Selbstläufer.
Auch der Loot-Part von DeathSpank leidet unter den selben Krankheiten wie viele andere RPGs. Geld wird schnell sinnlos und die besten Rüstungsteile lassen sich mit einem Tastendruck automatisch anlegen und müssen danach nie wieder beachtet werden. Man geht nur noch ins Inventar, wenn dieses voll ist und man allen unnützen Kram verkaufen möchte. Dies kann zum Glück direkt im Menü erfolgen, man muss also nicht zu einem Händler in der nächsten Stadt laufen. Händler sind abgesehen von Heiltränken ebenfalls sinnlos, da man alle gute Ausrüstung bei den erlegten Monstern findet.
Kommen wir aber nach all dem Negativen mal zu etwas Schönem: der Optik. Die Screenshots und Videos vermitteln nur ein ungefähres Bild von der einzigartigen Pop-Up-Buchgrafik, die auf einem großen HD-Fernseher noch einiges an Charme gewinnt. Daumen hoch dafür. Selbiges gilt für den Sound und einige Melodien, die mich als Ohrwurm auch nach dem Ausschalten der Konsole noch den Tag über begleiteten. Die Sprecher sind bemüht und es wird mit allerlei englischen Akzenten um sich geworfen. Wie gesagt, ein paar gute Schmunzler sind dabei, aber für mich war der Humor manchmal etwas zu albern.
Ron Gilbert brachte aus seiner Vergangenheit aber nicht nur Humor und Gespräche mit, sondern auch einige leichte Rätsel. Neben den drögen Sammelquests gibt es also auch immer wieder erfrischende Aufgaben, die ein wenig mehr Aufmerksamkeit vom Spieler erfordern. Mal müssen bestimmte Items kombiniert und mal die richtigen Dialogoptionen ausgewählt werden. So sollen im verzauberten Wald die Rüben mit einer schmackhaften Paste beschmiert werden, damit die Einhörner nach ihrem Rübenmahl auch ordentlichen Kot abliefern, der dann als ganz besonderer Dünger für die Kirschbäume genutzt werden kann. Oder es soll ein zerstrittenes Ehepaar wieder zusammengeführt werden, indem man die Streithähne von der Reumütigkeit des anderen überzeugt. Diese Aufgaben lockern das Spiel gut auf, fristen aber ein sehr starkes Schattendasein gegenüber den Kämpfen.
Letzter wichtiger Punkt eines RPGs: Erfahrungspunkte, Level und Charakterentwicklung. Ersteres gibt es für tote Gegner und erledigte Quests, von Zweitem gibt es 20 und Letzteres ist nur rudimentär vorhanden. Für jeden Levelaufstieg kann man eine bestimmte Verbesserung auswählen, die sich positiv auf Nah- oder Fernkampf, Geschwindigkeit, Einkommen, Gegenstände oder das Abwehren von Angriffen auswirkt. Als wirklich gravierend empfand ich diese Verbesserungen aber nicht.
Damit schließt sich auch der Kreis für diesen Artikel. DeathSpank ist ein nettes Spiel mit einem Dialogsystem light, Rätseln light, einem Kampfsystem light, einer Levelmechanik light und einem Humor light (je nach Geschmack). Für den geringen Preis gibt es solide Unterhaltung, die für einige entspannte Abende reicht, aber leider den Sprung zu etwas Größerem als einer einfachen Persiflage verpasst.
PS: Zum Co-Op kann ich nichts sagen, da ich ihn nicht getestet habe. Es kann wohl jederzeit ein zweiter Spieler lokal einsteigen und als kleiner Zauberer aushelfen.
9 Kommentare
Hey, “I wouldn’t lie to you unless it was funny” war auch mein Lieblingszitat! Sehr gelacht habe ich auch bei den zwei Orques, die über ihren verpassten World of Warcraft Gig smalltalken ;)
Ansonsten stimme ich Dir in jedem Punkt zu, mir ist es auch etwas zu repetiv, aber die Dialoge sind dafür lustig genug, um dennoch auch wirklich jede Nebenquest machen zu wollen.
Für roundabout 15 EUR sein Geld auf jeden Fall wert, wenn man mit dem Humor etwas anfangen kann.
Vielleicht bin ich dann zu albern, aber der Humor in DeathSpank lag von Anfang bis Ende voll auf meiner Linie. Nur knapp bin ich der Lüftung des Geheimnisses von Monkey Island entgangen. Nichtmal für die ersten drei Buchstaben hat es gereicht. :)
Die WoW-Anspielungen (“war nur bis zum ersten Addon interessant…”), Unicorn-Poop und der zweiäugige Zyklop waren alles so kleiner Lacher, die mich dazu veranlasst haben, wirklich jede Dialogoption in jedem Sidequest durchzuklickern.
Schade finde ich, dass das Spiel nach erstmaligem Durchspielen für mich keinerlei Wiederspielwert hat. Die Leaderboards zählen wohl auch eher unter “sich selbst nicht so ernst nehmen”.
Aber ansonsten kann ich mich Manu nur anschliessen. Die 13 EUR (im PSN) für DeathSpank lohnen sich…
Fand das Spiel leider auch nur nett, für mehr hat es nicht gereicht. Ein paar Witze haben schon gezündet, wie der hier bereits angesprochene zweiäugige Zyklop, aber wenn ich ein Genre parodieren will, kann eine Überzeichnung was die Art der Quests angeht ganz schnell nach hinten losgehen.
Was den Koop-Teil angeht: ja, der Mitspieler steuert den kleinen Zauberer Sparkles, der genau 4 unterschiedliche Aktionen drauf hat: Magischer Schuss, Heilen, Doppelgänger erschaffen und … weiss nicht.. ich glaub beamen oder so was. Ausrüsten oder gar aufstufen kann man ihn nicht. Im Prinzip also nur ne Art Placebo, damit die zuschauende Freundin meint, sie würde auch ein Spiel spielen. Na gut, die Geister waren mit Sparkles deutlich einfacher als wenn man alleine unterwegs ist, aber das wars dann auch.
Ich habe das Spiel vor wenigen Minuten beendet und bin begeistert. Der einzige wirkliche Kritikpunkt ist das Kampfsystem, da ich hier ähnlich wie im Text geschildert vorgegangen bin und Nahkampfwaffen für mich somit im Grunde vollkommen uninteressant wurden. Das war ein wenig schade aber ich muss zugeben, dass mich Deathspank auf andere Art unterhalten hat.
Zunächst der Humor. Dieser war genau nach meinem Geschmack. Ja, manchmal war es etwas ZU dumm aber auch über so etwas kann lachen. Unvergessen bleibt der Dialog “Why do the greems hate you?” “I eat their youngs” “…” “Makes them cranky” gleich zu beginn und diverse andere Szenen, die hier auch schon genannt wurden. Die Dialoge waren ein wirkliches Highlight und ich habe soetwas lange nicht mehr (in einem aktuellen Spiel) genießen dürfen.
Und auch die Grafik fand ich großartig. Wundervoll gestaltet, schön bunt und abwechslungsreich und die Farbwechsel zwischen den einzelnen Gebieten haben mich immer wieder breit grinsen lassen.
Somit kann ich Deathspank nur empfehlen. Ja, das Kampfsystem ist nicht so toll aber dennoch lohnt es sich in diese Welt einzutauchen. Es gibt so viele Kleinigkeiten zu entdecken, jeder NPC hat eine Besonderheit / Macke und selten hat mich eine Welt so zufrieden gestellt wie Deathspanks. Schönes Spiel für wenig Geld. Und wenn man wirklich jeden Nebenquest abschließt, sitzt man definitiv einige Stunden dran.
Weiß einer näheres ob eine PC Version folgen wird?
Also auf der offiziellen Seite heißt es in den FAQ:
[quote]- What platforms will DeathSpank be available on?
So far Xbox LIVE Arcade and PlayStation Network have been announced. Thing is though, we really love getting money, We can’t stress that enough. So we want to bring DeathSpank to as many people as possible. Subscribe to our RSS feed and our #HotheadGames twitter feed or visit here often to catch any new announcements.
(http://www.deathspank.com/faq)[/quote]
Das kann man jetzt natürlich nur deuten aber es klingt für mich schon so, als sei eine PC-Version nicht ausgeschlossen. Angekündigt wurde aber noch nichts.
Ach, dann bleibt es vermutlich erst noch eine Weile als DLC auf den Konsolen, denn auf dem PC hat es ja [b]nur[/b] Schwarzkopierer, die kein Geld bezahlen.
Etwas Offtopic: findet außer mir noch jemand, dass die “Deal of the Week” für Xbox Live Goldständer kontraproduktiv sind? Also als Silberling kann es mir egal sein wann ich ein Arcade-Titel kaufe, aber wenn ich jetzt Gold hätte, müsste ich doch warten, dass DeathSpank irgendwann bei so einem Deal auftaucht, damit ich etwas davon habe!?
Bin auch gerade durch. Bin gespannt wie es ohne Ron Gilbert weitergeht. Der Cliffhanger deutet es ja an, ich meine eher in Bezug auf den Humor… man darf gespannt sein.
oh, das war schnell. Am 21.9. geht’s direkt am Cliffhanger weiter. Wow. Ja, dieses Jahr!