Nachdem Activision seine Musikspiele vorerst begraben hat und Harmonix eher mit Tanzen als mit Musizieren beschäftigt ist, muss sich der hibbelige Rhythmusfreund neue Quellen für die schnelle Befriedigung suchen. Als durchaus ernstzunehmende Alternative haben sich hierbei die berührungsfreudigen iOS-Geräte hervorgetan. Ob diese neue Gattung von Musikspielen für zufriedenes Kopfnicken sorgt, wollen wir uns an zwei unterschiedlichen Beispielen anschauen. In der roten Ecke springt Groove Coaster mit erhobenen Armen auf und ab, während in der blauen Ecke Pulse: Volume One seine Kreise zieht. Ring frei!
Wer den schnellen Kick für die fünf Minuten Busfahrt braucht, der ist bei Groove Coaster genau richtig. Einzelne Songs dauern selten länger als zwei Minuten und das Spielprinzip ist schnell durchschaut. Die Spielfigur saust über eine vorgegebene Achterbahn und ihr tippt irgendwo auf den Screen, wenn sie bestimmte Symbole erreicht. Fertig. Im höheren Schwierigkeitsgrad kommen noch kleinere Wischgesten dazu, aber insgesamt bleibt die Interaktion relativ beschränkt. Und das ist toll! Ich war sehr schnell drin im Spiel, tippte fröhlich zum Rhythmus der Musik auf den Schirm und verpasste meine U-Bahn Haltestelle mehrmals. (Eigentlich nicht, ich lag faul mit dem iPad im Bett, aber theoretisch … ihr wisst schon.)
Die Musik ist zu 90% elektronisch und besteht wohl aus Remixen verschiedener älterer Soundtracks anderer Taito Games. Für meine Ohren klingt sie toll, lustig und manchmal albern, aber Geschmäcker sind da ja bekanntlich verschieden. Selbiges gilt für die Vektorgrafik, welche gerne mal so extravagant ausfällt, dass man Mühe hat, dem Spielgeschehen zu folgen.
Für eine gewisse Langzeitmotivation sorgt eine Levelmechanik, die nach erfolgreichen Achterbahnfahrten neue Songs, Backgrounds und Avatare freischaltet. So fliege ich zum Beispiel sehr gerne mit einem Fisch über den Bildschirm, während bei jedem getroffenen Rhythmuspunkt glühende Blumen sprießen. Ihr seht schon, hier haben wir es mit einem Spiel zu tun, bei dem man sich sehr gut in die glückliche Flow-Zone spielen kann und einfach nur simplen Spaß hat.
Ganz anders sieht das bei unserem zweiten Tanzpartner aus. Pulse: Volume One ist zwar auch schnell zu durchschauen und man kann ein Flow-Erlebnis haben, aber dafür müssen zunächst einige Hürden überwunden werden. Im Gegensatz zu Groove Coaster lässt sich Pulse nicht problemlos mit einer Hand spielen, da häufig mehrere Punkte gleichzeitig angetippt werden müssen, die etwas weiter voneinander entfernt sind, als dass sie entspannt mit Daumen und Zeigefinger einer Hand zu erreichen wären. Das iPad muss also irgendwo abgelegt werden, damit beide Hände daran herumfingern können und man sollte sich konzentriert und aufrecht davor aufbauen.
Jeder Song ist aus unterschiedlich vielen weißen Kreisen aufgebaut, die als Laufbahn für die „Noten“ dienen. Die Kreise werden nach außen größer, es ergibt sich also ein Zielscheibenmuster. Vom Mittelpunkt dieser Zielscheibe wird nun ein zusätzlicher bunter Kreis gleichmäßig größer und befindet sich so nach und nach über jedem der schon vorhandenen Kreise, auf denen wiederum Punkte entstehen. Befinden sich nun bunter Kreis, weißer Kreis und Punkt übereinander, so muss der Punkt angetippt werden und die Party geht ab. (Wer jetzt denkt: „Was?“, für den hier noch ein Video.)
Genauso kompliziert wie meine schriftliche Beschreibung des Spielablaufs ist zunächst auch das Spielerlebnis. Bis ich meine zwei Hände, die Musik und die Kreise in einer halbweg harmonischen Dreisamkeit zusammen hatte, vergingen einige Minuten. Der Schwierigkeitsgrad ist recht hoch und nicht skalierbar. Als es dann schließlich flutschte, entstand ein schöner Spielfluss und eine gefühlt direktere Einflussnahme auf das Klangerlebnis, als es das etwas freundlichere Groove Coaster ermöglicht.
Leider gibt es momentan nur zwölf Songs für Pulse, kostenlose Updates sind aber schon in der Pipeline. Wer mit elektronischer Musik nicht so viel anfangen kann, ist eher aufgeschmissen und mir haben höchstens vier der zwölf Lieder wirklich gut gefallen. Dafür ist die minimalistische Grafik mit verschiedenen Farbspektren für jeden Song sehr anregend für die Sehnerven.
Das bessere Gesamtpaket bietet wahrscheinlich Groove Coaster und siegt damit nach Punkten. Pulse: Volume One hat die kompliziertere Steuerung, belohnt den fleißigen Spieler aber mit dem direkteren Musikgefühl. Beide Spiele zeigen, dass Touchscreens eine sehr gute Heimat für Rhythmusspiele sind, und aus der alten Idee, bunte Noten über gerade Bahnen zu jagen, noch einige kreative Varianten rauszuholen sind.
Beide Spiele können momentan noch vergünstigt in eurem Apple Store erworben werden.
2 Kommentare
Und ich so: [i]Och neux, iApps.[/i]
Ist Groove Coaster ein [url=http://www.audio-surf.com/]AudioSurf[/url] light? Oder kann man es überhaupt nicht damit vergleichen?
Ne, kann man nicht vergleichen. Groove Coaster ist wie Rock Band, aber nur mit einer Bahn und Elektromusik.