Jörg Luibl ist an allem schuld. Der von mir hochgeschätzte 4Players-Chefredakteur war es, der seinerzeit einen ansehnlichen, selbst für seine Verhältnisse außergewöhnlich langen Text zu Demon’s Souls verfasste. Der war so dermaßen gut, dass ich mich nach der Lektüre quasi im Spiel wähnte, so szenisch, anschaulich und packend waren die Sätze, so deutlich schien die Faszination, die der Verfasser beim Spielen empfunden hatte, nicht nur zwischen den Zeilen, sondern in zahlreichen Sätzen durch. Ich wusste: das war mein Spiel! Und dabei hatte ich nicht einmal eine PS3, geschweige denn eine Ahnung, was mich da erwarten würde.
Wenig später sollte sich ersterer Umstand ändern. Die damalige Freundin war der Ansicht, wir müssten Little Big Planet 2 besitzen, es gab ein billiges Bundle und Geld war ausnahmsweise vorhanden. Kurz: gekauft. Natürlich mit finstereren Plänen, als Sackboy beim Springen zuzusehen. Wenige Tage später lag er dann endlich im Briefkasten, der Umschlag mit dem für 35 Euro erworbenen Spiel. Und es endete im Fiasko.
Jeder Meter war ein Kampf, der Digitalexitus ein permanenter Begleiter, scheiße nochmal, ich hab nicht mal den ersten Boss (Phalanx) ohne ernsthafte Probleme besiegt. Es hat mich dennoch nicht losgelassen, im Gegenteil: nächtliches Aufstehen war plötzlich wieder Teil meines Lebens. Gebracht hat’s kaum etwas, das war einfach zu schwer, zu komplex, zu undurchsichtig, zu fremd. Das wollte so dermaßen hart erobert werden in jeder denkbaren Hinsicht, dass es mir irgendwann zu blöd war. Schuld daran hatte natürlich das Spiel, sowieso, immer. Ich und unfähig? Niemals!
Der Zustand hielt sich einige Zeit und erst viel, viel später hat’s dann im dritten Anlauf endlich klappen wollen. 90 Levelaufstiege, locker genauso viele Stunden und danach das schale Gefühl, es nicht “richtig” gepackt zu haben. Warum? Nun, ich habe jede mir zur Verfügung stehende Möglichkeit genutzt, um D” zu bescheißen. Glitch vor einem Bossfight? Perfekt! Char-Builds googlen? Machbar! Taktikvideos reinziehen? Immer! Es war schlicht falsch und genau so fühlte es sich auch an. Als habe man einen körperlich überlegenen Gegner hinterrücks vergiftet. Kein echter Sieg. Lusche. Damit war auf dem digitalen Schulhof (Twitter) keine Angeberei zu gewinnen. Die Luft war trotzdem raus. Irgendwie war es das, damals, im Sommer vor über einem Jahr.
Dann kam Dark Souls, der Nachfolger. Anders, zugänglicher, dennoch auf den Kerntugenden des Vorgängers aufbauend. Die da lauten: vorsichtig voranschreiten, Schild oben halten, Gegend sorgfältig erkunden, mit Fallen rechnen, nicht zu gierig sein. Kurz: Respekt. Hier das gleiche Drama: Im Erstversuch bis zum letzten Bossfight geschafft, den nicht packen sollen, dann im Zweitversuch ein Spaziergang. Immerhin dieses Mal ohne Glitches und Co. ausnutzen. Seither habe ich es noch einige Male wieder neu begonnen und auch zu Ende gebracht, mehr zum Spaß als zur Herausforderung. Ich wusste ja nun, wie der Hase lief und wenn man mal ehrlich ist, ist es dann gar nicht so wild.
Pause. Es ist mittlerweile 2013, das Jahr neigt sich dem Ende zu. Die geschlossene Betatest-Version von Dark Souls 2 war ebenso Pflicht wie eine Runde mit dem Spiel zur Gamescom. Beides grandios, ein vertrautes Gefühl, ein Wiedersehen mit einem alten Freund, den man eigentlich nicht ausstehen kann, aber ohne den es eben auch nicht geht. Hassliebe, erneut. Ein Gefühl, dass ich in dieser Stärke noch keinem anderen Game gegenüber empfunden habe. Mittlerweile gepaart mit dem Stolz, dass man eben weiß, nach welchen Prinzipien das hier funktioniert, sich irgendwo ein wenig drauf eingestellt hat und deshalb auch minder überrascht ist, wenn plötzlich der Boden wegbricht, ein Steinschlag von oben den Helden erlegt oder sonst eine Gemeinheit den Garaus macht. Das ist hier halt so.
Interessanter – und auch der Grund für diesen Beitrag – war die Zeit danach. Noch am selben Abend kam eine seltsame Lust auf, Demon’s Souls doch noch mal zu beginnen. Aber warum? Es war durch, die Erinnerung war nicht die beste, die Gedanken an einzelne Levelabschnitte sorgten auch lange Zeit später für ein mulmiges Gefühl. Wer tut sich das freiwillig an – und wieso nur?
Beide Fragen haben mittlerweile eine Antwort gefunden. Die ist ganz kurz so formuliert: Demon’s Souls ist schlicht das bessere der beiden RPGs. Das muss nun natürlich begründet werden und ich werde versuchen, es einigermaßen knapp zu halten. Die Faszination, die von Boletaria ausgeht, der Spielwelt des ersten Souls, ist schlicht größer. Es ist das einsame Gefühl beim Durchqueren von Gegenden wie dem Schrein der Stürme, die Klaustrophobie in den Steinfang-Tunnels, das Ritter-Feeling auf den Zinnen der Burg des ersten Abschnitts und der Ekel vor dem Turm von Latria sowie dem Tal der Schändung. Es ist nicht so “offen” wie Dark Souls, sondern letztlich in Level unterteilt, was einem Spiel durchaus auch gut tun kann. Vor allem aber ist es nicht so zugänglich. Es gibt keine rettenden Lagerfeuer, gespeichert wird nur nach dem Bossfight – oder gar nicht. Es gibt keinen selbstaufladenden Estus-Flakon mit lebensrettendem Elixir, sondern Heilkräuter, die man entweder hat – oder nicht. Das Crafting-System ist nicht so komplex, Rüstungen lassen sich nicht aufbohren. Und gelevelt werden kann auch nur an einem Ort. Diese beiden Punkte (Spielelemente und Spielwelt) gepaart erzeugen eine Atmosphäre, die ich bei Dark Souls so schlicht nicht wieder fand. Der Nachfolger schien insgesamt “dreckiger”, was durchaus wörtlich gemeint ist. Der stellenweise doch arg cleane Look des Vorgängers war einer Spielwelt gewichen, die vor allem verlasen wirken wollte, eine riesige Geisterstadt voller lebender Untoter. Irgendwie mehr Fantasy als die Lego-Ritterburgen-Welt meiner Kindheit, die ich in Demon’s Souls noch häufig vorgefunden hatte.
Vor allem aber hat’s nun endlich klappen wollen mit dem mannhaften Kampf. Der erstellte Charakter ist so dermaßen gut, dass es stellenweise schon einem Spaziergang gleicht. Bosse umlegen ohne Heiltränke zu verbrauchen? Did that. Angstgegner? Wie immer nur der Flammenschleicher und der Menschenfresser – letzteren dieses Mal ohne Glitch im ehrenhaften Nahkampf besiegt. Kein Guide verwendet, nur geskillt, was wichtig erschien. Und erkundet! So viel umgesehen, so viel Neues entdeckt, das mir davor völlig verborgen geblieben war, so viele kleine Geheimnisse, deren Auffinden immer ein magischer Moment ist, verbunden mit der Hoffnung, es möge sich doch bitte um ein achsostarkes Item handeln (was so gut wie nie der Fall ist). Und Sicherheit in einer Spielwelt, die für das genaue Gegenteil bekannt ist. Paraden sitzen, Konter genauso, der Respekt ist immer noch da, die Angst nicht mehr. Es macht sogar richtiggehend Spaß und unterscheidet sich hundertachtzig Grad vom Bauchgefühl des letzten Durchspielens – das mehr ein Job war, mehr Arbeit, etwas, das um seiner selbst willen erledigt werden musste.
Siehe da, es lief. 17 Stunden lang schon. Was bleibt? Ein letzter Bosskampf. Der Schlimmste von allen, der Alte König Allant, ein grausamer Typ mit Attacken, die so scheiße fies sind, dass ein 500×300 Pixel großes Bild dieses Typen reicht, um es mir in Erinnerung an unser letztes Aufeinandertreffen kalt den Rücken runterlaufen zu lassen. Nicht dieses Mal. Ich komme vorbereitet. Und die Hölle wird mir folgen.
8 Kommentare
der Beitrag könnte auch von nem Junky sein, der einen schlechten Trip hatte…
Eine gewisse Sucht ist nicht zu verleugnen, allerdings sind außer Zigaretten keinerlei Drogen im Leben des Autoren vorhanden :)
Frage: Wie bringt man Volker nach 17h Demon’s Souls endgültig in die Klapse?
Antwort: Mit einem Demon’s Souls-Speedrun in 48 Minuten und 53 Sekunden -> http://www.youtube.com/watch?v=nZdlrnW84kM
*teuflisch grins*
Ich weiß nicht, wie oft ich den Ersteller dieses Videos gleichermaßen bewundert und gehasst habe. Vermutlich beides öfters.
GEIL! Ich dachte es ginge um das große Beyond gehype….bin sehr positiv überrascht! =)
Leider muss ich wegen deiner Anfangs genannten Probleme, immer noch in Brogue (https://sites.google.com/site/broguegame/) den Ascii-Tod sterben, leider kommt bei den zufallsgenerierten Levels dort kein Gefühl der Entspannung auf, eher Panik, wenn ein J oder ein lilanes g im Sichtfeld auftaucht.
Obwohl kann man Demon/Dark Souls eigentlich mit einem Rogue-Like vergleichen?
Erinnert mich eher an die alten NES-Games wie Ninja Crusaders, welche man halt erstmal auswendig lernen und dann fluffig durchspielen konnte.
Achja, hartgeile Schnetzelaction finde ich derzeit bei Monster Hunter (Ps2,PSP,WII,3DS). Stimmt es, dass das Kampfsystem dort genauso ist wie in Dark/Demon Souls?
Tjoa, jedenfalls hoffe ich auch irgendwann mal in den Genuss zu kommen, falls die PS360-Generation in 5-10 Jahren noch irgendeine kulturelle Relevanz hat…
Bei dem zweiten Bild da oben, in dem Tunnel wo die vielen Viehcher sind, habe ich immer diese komischen Scherben gefarmt für die Waffen. Wieder und wieder und wieder – jeil war dit! =)
Aber jetzt mal ohne Quatsch, Demon’s Souls hat mich seinerzeit auch einen Funken mehr beeindruckt, als Dark Souls es tat. Das lag vor allem an den unterteilten Welten, die, jede auf ihre Art, noch etwas geheimnisvoller waren und zum anderen, weil am Ende von jeder Welt ein dicker Bossfight wartete. Das hatte man in Darks Souls zwar auch, aber die Bosse waren ja mehr in der offenen Welt verteilt und so richtig dick waren sie bis auf einige Ausnahmen ja nicht. Sie waren schon gewaltig, aber in Demon’s Souls schon noch etwas mehr.
Und dann gibt es hier ja noch diese Welttendenzen, die das Spiel nochmal komplexer und undurchsichtiger machen. Wenn ich in Demon’s Souls durch die nebligen Türen gegangen bin, hat mir das mehr Angst gemacht, als in Dark Souls, auch wenn der Unterschied nicht sehr groß war. ;)
Ach, die D-Souls-Spiele (nicht zu verwechseln mit der Souls-Reihe von Project Soul) – definitive eines der Reihen, die wohl alle mögen, ich aber nie spielen werde. Aber gut, hautpsächlich weil ich völlig banal das Fantasy-Setting nicht mag.