Only, in light…
Dark Souls 3 ist da, und es scheint alles zu sein, was ich mir als Souls-Fan erträumt habe. Die Atmosphäre ist einzigartig, in jedem Gebiete erneut; Meine Stimmung jedes Mal schlägt um, sobald ich die wunderschönen Lichtverhältnisse des nächsten neuen Gebiets betrete. Und falls diese dann auch noch mit den seltenen, leisen Klängen bestimmter Hintergrundmusikstücke begleitet werden, komme ich ins Träumen, je nach Atmosphäre düster oder hoffnungsvoll. Erst recht an die Psyche geht die Musik, wenn ich mich zu einem Boss vorgekämpft habe: Hier hat Komponistin Yuka Kitamura vielleicht ihr bisheriges Meisterstück geschaffen. Die Musikstücke von Dark Souls 3 sind treibender als je zuvor, allein der Soundtrack hievt den Adrenalinspiegel nach oben. Dass die Bosse gewohnt üble Brocken sind, die dank der verbesserten Technik so fantastisch aussehen wie manch ein Bloodborne-Koloss und sich flüssig bewegen, wie man es den Monstrositäten in der echten Welt zutrauen würde, macht all das nur erinnerungswürdiger.
Die Technik der neuen Konsolengeneration und der Bloodborne-Engine tut dem Spiel sichtlich gut: Nicht nur die Gegner sind besser animiert und oft widerlicher unterwegs (Ja, das ist ein Kompliment), auch die Umgebungsdetails erinnern an die engen, aber entsprechend liebevoll dekorierten Gebiete Bloodbornes, selbst in offenen Arealen. Abzweigungen, Geheimgänge und Verbindungstüren gibt es so viele wie in keinem Souls zuvor; ein besonderer Verdienst, wenn man bedenkt, dass sich Dark Souls 3 nicht an der Weltstruktur von Dark Souls bedient, sondern wie alle anderen bisherigen Teile einen Hub bietet. Von dem teleportiere ich mich dann an die bereits freigeschalteten Bonfires. Hat sich bisher der erste Teil als Meister des Weltendesigns an der Spitze festgesetzt: Ich fürchte, diesen Titel muss der Klassiker nun an seinen jungen Sprössling abtreten. Fünfzig Stunden bin ich durch wurzelverhangene Gänge, schleimtriefende Gräber und majestätisch zugefrorene Metropolen gewandert, und meine Trophäenliste bescheinigt mir, dass ich noch längst nicht alles gesehen habe. Wie üblich gibt es auch das eine oder andere komplett optionale und entsprechend gut versteckte Gebiet zu finden – samt obszön starkem Boss, selbstverständlich.
Und dann gibt es da noch das Feature, dass Dark Souls 3 vermutlich am längsten am Leben erhalten wird, weil es die Player versus Player-Community mit unendlich viel Experimentierfutter, Spielzeit und Möglichkeiten ausstattet: Das neue Waffengefühl. Viel Fortschritt habe ich nicht erwartet; schon Demon’s Souls spielt sich so gut, viel Luft nach oben war ja nie. Dennoch hat es Dark Souls 3 geschafft: Mit den neu hingefügten Skills, über die jede Waffe und jedes Schild verfügt. Die Skills, das ist je eine Fähigkeit, die jede Waffe zusätzlich zu ihrem gewöhnlichen Moveset hat. Manchmal ist das Altbekanntes: Viele Schilde besitzen schlichtweg die Fähigkeit zu parieren. Andere Fähigkeiten sind Bewegungen, die sich vollkommen sinnvoll anfühlen: Eine Quick Draw-Haltung a la Vergil aus Devil May Cry für Katanas, aus der sich fließend eine Riposte oder ein schneller Schlag ausführen lässt. Oder ein vertikaler Schlag von unten mit Lang- und Bastardschwertern, der ein Schild zur Seite schlagen kann. Andere Skills sind schräger, aber geben gerade deswegen viel Spaß her: Träger einer Axt können einen Kriegsschrei ausstoßen, der Gegner niederwirft, und mit wunderwirkenden Talismanen lassen sich gleichzeitig Lichter erzeugen oder Rüstungsverstärkungen anlegen.
Was den spielerischen Aspekt, die Atmosphäre und den Erkundungsdrang angeht, muss sich Dark Souls 3 nur mit Bloodborne messen lassen. Wem die geistesgestörten Labore Yharnams nicht zusagen, der wird in Dark Souls 3 zwar auch ein bisschen schlucken müssen, aber umso mehr Freude an den unglaublichen Panoramen haben. Für die Serie heißt das vor allem eines: Der Sprung in die neue Generation hat ihr unglaublich gut getan. Ich bin auf jeden weiteren DLC gespannt, der neue Gebiete hinzufügt, und auf alle Projekte, die jetzt noch kommen, wenn From Software tatsächlich eine Pause von der Souls-Reihe nehmen will.
…there must be shadows.
Erschöpft lege ich den Controller aus der Hand. Mein Herz rast, meine Gedanken ebenso. Ich habe mich soeben durch ein sich fantastisch spielendes Gebiet gekämpft und danach einen hervorragend inszenierten Boss erledigt, dessen Hintergrundmusik mir immer noch im Ohr hängt. Ich bin hellauf begeistert, wie sich die letzten zwei Stunden gespielt haben. Und dann gucke ich vom Bonfire aus zurück auf das Gebiet unter mir, und mein Hirn schaltet sich ein. Ich erkenne ein Gebäude aus Bloodborne, eine Ganganordnung direkt aus Demon’s Souls, einen Hinterhalt aus Dark Souls, der einen Haufen Waffen bewacht, die mir ein Händler in Dark Souls 2 schon einmal feilgeboten hat. Wenn ich mich in den Hub, den Firelink Shrine zurückteleportiere, erwartet mich dort ein Fire Keeper, die nicht nur aussieht wie die Maiden in Black aus Demon’s Souls, sondern auch so redet, und hinten links sitzt Andre, der Schmied aus Dark Souls, der die letzten tausendfünfhundert Jahre in seiner Schmiedekunst nicht sonderlich weit gekommen zu sein scheint. Die Erklärung im Spiel:
In Lordran, the flow of time is distorted. – White Sign Soapstone, DS
The nature of Lothric is murky, unclear. – White Sign Soapstone, DS3
Bildquelle: Wikidot
Die Erklärung in der echten Welt: Fanservice. Offensichtlicher, unpassend aufgesetzter Fanservice. Es spricht nichts gegen wiederkehrende Elemente in einer Serie, zumal einer, die nicht nur technisch so sehr aufeinander aufbaut und die selben Systeme bestenfalls raffiniert, sondern auch geschichtlich einen Bezug auf Wiederholungen nimmt. Und aus Inspiration an früheren Werken kann großartiges wachsen. Bloodbornes zweite Spielhälfte basiert laut Hidetaka Miyazakis eigener Aussage zum Großteil auf der speziellen Atmoshäre, die der Tower of Latria, ein Wahnsinn-induzierendes Gebiet in Demon’s Souls verbreitet hat.
Doch Dark Souls 3 treibt es auf eine Spitze, bei deren Erklimmung selbst ich als hartgesottener Fanboy nur noch die Augen verdrehen konnte. Erstens sieht die Welt, obwohl Teil 3 eine unbestimmte Zeit nach Dark Souls 2 spielt, der Welt des ersten Teils sehr viel ähnlicher. Länder, die in Dark Souls 2 schon gar nicht mehr erwähnt werden, weil sie vermutlich untergegangen sind und neue Königreiche hervorgebracht haben, tauchen plötzlich wieder auf. Charaktere, die zwar leicht anders heißen, aber ansonsten genau die gleichen Persönlichkeiten wie in Dark Souls sind, tun die gleichen Dinge wie in Dark Souls. Wie muss ich das nennen, Rückbau? Oder Renaissance?
Darüber lässt sich schon hinwegsehen, vor allem wenn man sich lange genug einredet, dass man die Story von Dark Souls ja sowieso nicht verstehen muss, oder komplett kann. Vielleicht spielt all das ja in einem fernen Land, das nur zufällig in jeder Hinsicht so aussieht, als wäre es aus Lordran hervorgegangen (Mittelgroßer Spoiler: Nope). Clever designt, mit intelligenten Hinterhalten, Gegenstandsfundorten und toll designten Gegnern ist es ja trotzdem.
Und dann stolpert man nichtsahnend in einen Dungeon und findet sich in Demon’s Souls wieder. Mittendrin. Die Entwickler geben sich nicht einmal Mühe, es zu verbergen. Ein in zwei Gängen verlaufendes Verlies voller Folterinstrumente und gescheiterter Experimente, Gefängniswärter aus Lovecrafts schmierigem Hinterzimmer, eine Schlüsselsuche und mildes grünes Licht. Ich stehe mitten im Tower of Latria, und mein manisches Lachen hätte H.P. garantiert gefreut.
Fun Fact hinterher: Das darauffolgende Gebiet sieht haargenau aus wie die Spielwelt des für Dark Souls 2-Verhältnisse hervorragenden Addons Crown of the Sunken King. Worauf ich hinaus möchte: Hier habe ich das einzige Mal Dark Souls 3 entnervt geschlossen. Nicht aus Sterbefrust, oder weil ich mich verirrt hatte, sondern weil mich die Designphilosophie hinter Dark Souls 3 enttäuscht und verscheucht.
Für Erstlinge macht all das natürlich überhaupt keinen Unterschied. Diese Gebiete sind hervorragend, weil sie es auch drei Iterationen vorher schon waren, und machen einen Heidenspaß. Aber das hätte das Dark Souls 2-Team auch geschafft. Hier geht es um die Rückkehr Miyazakis zu seiner Reihe, des Mannes, der Bloodborne zu dem verstörenden Meisterwerk gemacht hat, das es ist, und dennoch muss ich mich mit Gedanken befassen, die denen beim Anblick des dreist kopierten Dragonslayer-Bosses oder des zweifach verwursteten Smelter Demon nicht unähnlich sind. Und dabei wollte ich doch einfach nur ein letztes Mal in eine mysteriöse, kranke Welt eintauchen, deren Zustand in einem ewigen Kreislauf der Verzweiflung – und nicht der Zwischenablage – steckt.
8 Kommentare
Du hast völlig recht!
Uneingeschränkter Hammer. <- Punkt!
https://www.youtube.com/watch?v=X6dGD8ep-x4
wie macht man nochmal aus youtube ein mp3?
http://lmgtfy.com/?q=youtube+mp3
Yepp, danke.
Eigentlich war diese Frage eher eine (zu) stark verklausulierte Aufforderung diesen Track in MP3 umzuwandeln, aufs Handy zu jagen und den ganzen Tag im Dauerschleifen Repeat zu hören. Und abends, Nachts auch. Beim Essen, beim Sex, beim Arbeiten, beim Laufen, beim Schlafen. Einfach immer.
Ehrlich gesagt weiß ich im Prinzip eigentlich schon wie das mit dem Konvertieren so geht, aber wie gesagt:
Trotzdem Danke :-)
G.
mal was ganz anderes: Warum sieht mein Avatar eigentlich wie ein Pixel-Pimmel aus?
:-)
Das Auf und Ab der Emotionen in dem Soundtrack wäre wahrscheinlich tatsächlich ein ganz interessanter Hintergrund für eine heiße Nacht :P
Ist doch klar, weil du Dark Souls magst. Wer Dark Souls mag und durchspielt, hat einen großen Penis und das drückt dann dein Avatar aus.
Oder es soll ein Gesicht sein. Das wär möglich.
Nur mit Pixelpimmel ist ein Mannsmann ein Mann! (Okay, das war jetzt Greulich.)
Für alle, die sich intensiver mit den From-Spielen beschäftigen wollen, ein bisschen Eigenwerbung:
https://indieflock.net/2016/04/25/mapping-souls/
Kudos an @Tettix, der Karten der Gebiete aller Spiele recherchiert und simplistisch kartografiert hat. Definitiv folgen :)