Blutiger Frust auf der Suche nach Hirn, eine sich ernstnehmende, romantische Geschichte über eine aufkeimende, zarte Liebe, fallengelassene post-Abspann Kinnladen, schwitzige Hände an der PS3 und ein Christian voller Stolz.
Werte Leserschaft, without further ado: Unsere erwähnenswerten Momente des Monats.
SpielerZwei: Dieses frustige Speichersystem aus der Videospielsteinzeit! Diese aberwitzige Designidee, den Spieler zunächst einmal mit voller Absicht mehrfach ins offene Sackgassenmesser laufen zu lassen! Wie sind die Designer nur auf den Einfall gekommen, den Sandboxaspekt ihres Spiels über den eigentlichen Spiel- bzw. Storyfortschritt zu stellen?
„Selber Schuld!“ werden jetzt viele Leute sagen, denn Dead Rising 2 macht ja fast nichts anders als schon der erste Teil: Man muss anfangs die Story links liegen lassen und einfach nach Herzenslust in der Gegend herumspacken („Free Roaming“ nennt man das auf Hippdeutsch), um den Protagonisten überhaupt erst in die Lage zu versetzen, die Geschichte verfolgen zu können. Und ist dabei mal wieder irgendeine Fortschritts-Deadline abgelaufen, wird die Geschichte einfach neugestartet und mit den erworbenen Charakterfortschritten noch einmal gespielt. Und noch mal. Und noch mal. Bis man es ganz bequem schafft.
Ja, ich weiß. Es ist schon ziemlich blöd, wenn man den ersten Teil kennt, sich damals schon über die oben beschriebenen Spielmechaniken aufgeregt hat und dann trotzdem den Nachfolger kauft, nur um sich wieder endlos über selbige aufzuregen. Aber ich hatte einfach die naive Hoffnung, dass die Entwickler vielleicht doch etwas aus der Sperrigkeit des Vorgängers gelernt haben. Es gibt ja andere Beispiele für solch positive Lernprozesse. So hat man beispielsweise bei Pikmin 2 das nervige Zeitlimit aus dem Vorgänger, welches ebenfalls zu Deadends führen konnte, einfach weggelassen. Und so wurde aus einem tollen Spiel mit einer dicken Macke ein grandioses Spiel ohne jeden Fehler.
Außerdem sollte man nicht vergessen, auch wenn die 360-Fanboys das nicht gerne hören, dass es da ja noch diese ungeliebte Wii-Version des Vorgängers gab, die genau diese Kritikpunkte ganz konsequent umschifft hat. Ja, schlechtere Grafik, weniger Zombies, zugänglicheres Gameplay. Ihr Hardcore-Nerds fandet die Wii-Version deshalb total doof. Für mich war sie aber spielerisch definitiv der bessere Titel.
Aber der Hauptgrund, warum ich es nicht einfach so akzeptieren kann, dass die DR-Spiele nichts für mich sind und ich mich stattdessen wieder einmal maßlos aufrege, ist folgender: Vom Setting her sind die Dead Rising-Spiele nach wie vor mein fleischgewordenen feuchter Jugendtraum. Ein Einkaufszentrum (bzw. ein Casino, welches wie ein Einkaufszentrum mit Spielautomaten aussieht) voller Zombies, endlosen Waffen und mir. Romeros „Dawn Of The Dead“ zum Selberspielen. Wie geil ist das denn?! Da verdrängt man ob der freudigen Erwartung schon mal die allseits bekannten Pferdefüsse… Dementsprechend ist Capcoms Dead Rising 2 für mich auch die Enttäuschung des Monat, wenn nicht sogar des Jahres.
Und so meckere ich weiter. Egal wie viele Nerds mir zurufen, dass ich ein Nullchecker-Weichei bin. Ich meckere so lange weiter bis ich endlich das Dead Rising bekomme, das ich mir wünsche: Die technische Umsetzung der PC-Version (die ist nämlich noch einen Tick besser als auf den Konsolen) mit dem fairen Gameplay von Dead Rising: Chop Till You Drop.
Doreen: Eine Beziehung ist ja bekanntlich ein zartes Pflänzchen, welches viel Pflege und Aufmerksamkeit braucht, um dann langsam zu wachsen und groß und stark zu werden, nur um uns dann irgendwann unendlich auf die Nerven zu gehen. Wir bereuen das Bekochen und Betuddeln und wir lassen die inzwischen in den Himmel ragende Pflanze schließlich einfach links liegen. Ich selbst bin zwar nicht betroffen, nur wenn man sich mal so umschaut, entspricht dieser Ablauf leider oft der Realität. Alles um einen herum ist am zerbrechen, darum ist es mal wieder schön, etwas neues entstehen zu sehen. Ganz romantisch, aber bitte ohne rosarote Brille, die konnte ich noch nie leiden!
DEN EINEN gewissen Moment gibt es diesen Monat gar nicht, es sind eher viele kleine Augenblicke, welche ich mit Enslaved erlebt habe, die hier Erwähnung finden sollten. Die Tatsache, dass das Spiel die richtige Richtung vorgibt, in der die Frau den Mann im Griff hat, er tun muss was sie sagt und er sich sogar nach etwa der Hälfte der Spielzeit in dieser versklavten Rolle gefällt, dürfte schon alle Momente des Monats ausfüllen. So richtig klar wurde mir das allerdings erst, als der Abspann schon längst lief.
Subtile Gefühlsbekundungen, Eifersucht, Verständnis und Trost, all diese wunderbaren kleinen Funken sprühen zwischen den beiden Protagonisten Trip und Monkey immer wieder auf, ohne schnulzig zu sein, ohne unecht zu wirken oder gar aufgesetzt. In ihrer Ausnahmesituation kommen sie sich von Kapitel zu Kapitel immer näher, der Sklave wird zum Retter und dann schließlich zum Freund.
Ja, Enslaved besitzt eine gewisse Romantik und es gibt uns auch Antworten auf bislang unbeantwortete Fragen, wobei letztere hoffentlich im zweiten Teil revidiert wird:
Sollen Männer tun, was Frauen sagen?: Ja.
Können Frauen Auto fahren?: Nein.
Manu: Yes! ████, der Endgegner in Castlevania: Lords of Shadow ist besiegt! Was für ein Kampf. Schweiß steht mir auf der Stirn, die Credits laufen. Erst mal durchatmen. Puh. Nach 20 Stunden habe ich mir das auch redlich verdient. Was für ein Epos. Während ich noch so am sinnieren und resümieren bin, taucht auf dem Bildschirm am Ende der Credits das Ladezeichen auf. Wird wohl das Menü laden, doch nein. Eine Cutscene. Woha, was ist das denn? Das sind ja ████! Dort, eine Kirche im Dunkeln, ████ tritt ein doch warum hat er ████ ████ an? Aus dem Schatten kommt eine dunkle Stimme… ████! Aber ████ ████ denn ████ ████ und mir wurde schlagartig klar: ████ ██ ████! Was für ein umwerfender Epilog!
Daniel: Die moderne Möglichkeit des Quick-Save hat uns Spielern viele spannende Momente geraubt. Fehler werden relativ unwichtig und tangieren uns wenig, da jede Szene durch das schnelle Aufrufen des Ladebildschirms wiederholt werden kann. In die gute alte und gnadenlose Zeit kann man sich aber selbstständig zurückversetzen. Zum Beispiel, indem man eine zweistündige Schlacht in Valkyria Chronicles bestreitet und einfach vergisst, zu speichern. So ging es mir letzte Nacht. Mein Ziel war es, einen riesigen Kampfpanzer zum Stillstand zu zwingen. Zuerst mussten die kleineren Maschinengewehre an seinen Seiten zerstört werden, damit meine Fußtruppen anschließend auf den Panzer klettern konnten, um dort seine drei Energiequellen in die Luft zu jagen. Damit dies alles nicht zu einfach wurde, erschienen die Schwachstellen nur alle paar Runden und verschwanden dann schnell wieder im Metallkonstrukt des Megapanzers. Valkyria Chronicles ist ein rundenbasierendes Strategiespiel mit verschiedenen Typen von Einheiten. In dieser Mission waren die schwergewichtigen Raketenwerfermänner und -frauen von essenzieller Bedeutung. Denn nur sie konnten dem Koloss etwas anhaben.
Nach über einer Stunde zähem Kampf waren alle Verteidigungsmaßnahmen des Panzers überwunden und ich wartete nur noch darauf, dass er ein letztes Mal seine Schwachstellen präsentierte und ich ihm den finalen Todesstoß versetzen konnte. In diesem Moment traf feindliche Verstärkung ein. Doch nicht irgendeine Verstärkung, sondern eine moderne Walküre mit Schild und Laserlanze. Innerhalb eines Zuges erledigte sie mein halbes Team.
Missionsziel für mich war nur das Aufhalten des Panzers. Leider hatte dieser immer noch nicht seine Energiequellen präsentiert und ich musste eine weitere Runde zuschauen, wie der Rest meiner Truppen dahingerafft wurden. Nun gab es nur noch meinen eigenen kleinen Panzer, der zum Glück durch die Walküre nicht zerstört werden konnte. Dafür hatte sich der Koloss gegenüber so in Position gebracht, dass sein Heckgeschütz meine letzte Einheit treffen konnte.
Ich hatte noch zwei Runden Zeit, die Schlacht für mich zu entscheiden. Länger hielt mein Panzer den Beschuss nicht aus. Bei einer Niederlage wären die letzten zwei Stunden Spielzeit dahin und der gesamte Kampf müsste von vorn gefochten werden, nur weil ich Trottel nicht gespeichert hatte. Selten saß ich in dieser Konsolengeneration so angespannt vor dem Bildschirm.
Feindbeschuss, meine Lebensanzeige reduziert sich auf die Hälfte und seine Schwachstelle wird sichtbar. Ich bin dran und zerstöre sie, aber das reicht noch nicht für den Sieg, denn jetzt ist der Panzer überall verwundbar und ich soll ihn endgültig besiegen. Verdammt. Er ist dran und meine Lebensanzeige sinkt auf einen winzigen kleinen Strich zusammen. Ich bin dran und alle meine Schüsse müssen diese Runde sitzen. Erster Treffer. Zweiter. Dritter. Vierter. Sieg. Alle Anspannung fällt von mir ab. Ich kann mich kaum auf die folgende Videosequenz konzentrieren, weil ich nur noch schnell speichern will. Nur schnell speichern.
Christian: Man sollte meinen, mein Moment des Monats hätte direkt mit einem der relativ vielen Titel zu tun, die ich neulich beendet habe. Aber genau genommen war es eher der Umstand des Beendens von ganzen drei Spielen an einem einzigen Wochenende, der mir am lebendigsten in Erinnerung geblieben ist. Kane & Lynch wurden während der Dog Days nach längerem pausieren endlich nach Hause geflogen, Trip und Monkey haben ihre Odyssee in den Westen mit beinahe zufriedenstellendem Ausgang abgeschlossen und die zwar nicht Namen-, aber belanglosen Zausel aus Medal of Honor haben sich mehr oder minder erfolgreich durch den Headshot-Heaven namens Afghanistan gekämpft.
Um euch kurz klar zu machen, warum ausgerechnet das nun mein Moment des Monats war, sei euch kurz das Ausmaß meines Pile of Shame geschildert: stellt euch den schiefen Turm von Pisa aus Spiele-Hüllen vor, auf die Seite gelegt und fein säuberlich in ein Regal bzw. auf einer Xbox-360-Festplatte verstaut… so ungefähr.
Games wurden in den vergangenen Jahren von mir häufig gekauft, aber selten beendet. Die vollständige Liste von mir nach wenigen Minuten bis Stunden verschmähter Triple-A-Titel hier komplett anzuführen, ist mir mittlerweile viel zu peinlich. Und: Zu viele Fanboys, zu viele potentielle Flamewars. ;)
Deswegen war der Augenblick, als der Abspann von Kane & Lynch 2 über meinen Fernseher flimmerte, einhergehend mit der unglaublich ausfüllenden, glücklich machenden Erkenntnis, wirklich vorangekommen zu sein, seinen Spielen die Aufmerksamkeit gegeben zu haben, die sie verdient haben, sich wirklich mal wieder voll und ganz auf ein spielerisches Erlebnis mit all seinen Herausforderungen eingelassen zu haben – deswegen also war dieser Augenblick ein so schöner für mich.
Und nun lasst die Comments glühen, was waren eure Momente des Monats der letzten Monate?
8 Kommentare
[quote]…seinen Spielen die Aufmerksamkeit zugekommen lassen zu haben, die sie verdient haben…[/quote]
ICH DACHTE SPIELE SEIEN NICHT WICHTIG???? ;)
Jedenfalls: Christian, ich kann deine Euphorie nachvollziehen. So ähnlich geht es mir gerade durch den Schwur, kein neues Spiel zu beginnen, wenn ich nicht wenigstens eines im Gegenzug beende. Nimm das, Arkham Asylum! So, erst Mal Prince of Persia durchspielen. Oder Resident Evil 5. Oder… argh, Mass Effect 2. Und New Vegas!
Ich bin geliefert. :o
Ich habe den oben zitierten Kauderwelsch-Satz mal etwas geglättet. ;D
Na zum Glück habe ich das für die Nachwelt festgehalten.
Definitiv als ich das letzte Rennen der Formel 1 doch noch für mich entscheiden konnte und somit meinen Vertrag mit Lotus Fix machen konnte. Nun bin ich Team Leader und auf gehts in die nächste Saison. Sicher nicht unerwähnt bleiben darf die ein oder andere Partie in PES in der ML mit dem FCSP, dieser Nerventkitzel diese Spannung. Dazwischen auch mal viel langeweile aber für die Momente lohnt es sich zu spielen. Auf ein weiteren Monat, dann hoffentlich mit CoD und NFS:HP ! :)
[i]FO:NV[/I] – nach den beiden House- und NCR-Enden, die ich beide quasi im selben Durchlauf beendet habe [hatte mich erst recht spät dazu entschieden, erst der einen, dann der anderen Storyline zu folgen], und dem Laden eines sehr viel früheren Spielstandes für das Legion-Ende: Ich habe mehrere Stunden lang [b]nichts[/b] gemacht, was ich zuvor schon gemacht. So muss ‘n RPG sein.
Und ich habe immer noch Bock darauf, mein perfektes Wild-Card-Ende zu spielen. Dafür muss ich aber def. von ganz vorn anfangen. ;)
Kann Manu nur beipflichten. Das Ende von Castlevania war wirklich unerwartet und einfach gut. War für mich spielemässig der Moment des Jahres.
Quantum Theory. Und zwar der Moment, an dem mir klar wurde, dass es sich für mich gelohnt hat das Spiel trotz der vielen schlechten Kritiken zu kaufen. Es gibt einen trägen Einstieg und auch die Steuerung war zu Beginn nicht nett zu mir, aber die ungewöhnliche, kryptische Geschichte, das surreale Art Design und das sonderbare Verhältnis zwischen den beiden Protagonisten sind mir persönlich so viel Wert, dass mich die anderen kleinen Mängel nicht wirklich stören.
Mein Anti-Moment: Kinect beim ersten ausführlichem Ausprobieren. Ich finde das Teil ja an sich sehr cool, doch Microsoft hat es wohl eher für Lagerhallen als für Wohnzimmer konzipiert. Ich habe schon ziemliche Schwierigkeiten, obwohl mein Wohnzimmer nicht umbedingt klein ist. Der halbe Mittelstand, Studenten und Bewohner japanischer Großstädte können mit Kinect aber nicht wirklich etwas anfangen, weil ihre Wohnung vermutlich nicht groß genug sein wird. Move und Wii machen hingegen vor, dass es auch auf engem Raum ausgezeichnet funktioniert.
In ein paar Tagen habe ich mehr Zeit zum Spielen, da wird erstmal endlich, endlich Castlevania gerockt :D
Mein Moment des Monats? Vault 11 in Fallout New Vegas. Etwas Politur/Details hätte der/die/das Vault noch vertragen (oder ich habe trotz langem suchen etwas übersehen), aber insgesamt: :o