Bei polyneux sind ja gerade Achievementwochen und da bietet es sich doch an, von meiner letzten Gamerscorejagd zu berichten. Ziel war das Metal God Achievement von Brütal Legend. Nachdem ich das Hauptspiel mehr oder weniger begeistert beendet hatte, scrollte ich durch die noch unerreichten Erfolge und las die kurze Beschreibung: “Achieve 100% completion on the stats screen.” Kein Problem, dachte ich, da hast du ja schon 80% erreicht, das wird ganz locker, da kommt ja jetzt nicht mehr viel, das bekommst du doch mit links gewuppt, los geht’s, rock’n’roll motherfuckers …
Da ich die Hauptstory auf dem Schwierigkeitsgrad “brütal” gespielt hatte und das Einsammeln von in der Welt verstreuten Goodies zu spürbaren Verbesserungen meiner Spielfigur führte, war ich schon zuvor mit einer aus dem Internet ausgedruckten Übersichtskarte ans Werk gegangen und musste nun nur noch die versprengten Reste einsammeln. Ein paar eingeschnürte Drachenfiguren mussten noch befreit, hier und da ein altes Relikt der Metal – Götter geborgen, ein, zwei Legendensteine gefunden, ein paar Aussichtspunkte entdeckt und der ein oder andere Monster – Jump absolviert werden.
Einige Stunden später sitze ich vor der schwarz/weißen Karte und kreuze den letzten offenen Fund durch. Bis hierhin hatte ich zumindest moderaten Spaß. Die Welt von Brütal Legend ist schön anzusehen und beinah überfrachtet mit monumentalen Bauten, die jedes Rock’n’Roll und Heavy Metal Klischee als Grundlage in sich tragen. Große Schwerter, deren Spitzen im Boden stecken und deren Griffe weit in den Himmel ragen, stehen nicht weit entfernt von riesigen Toren mit Teufelsfratzen und Tempeln in Form von Totenköpfen. Ein Vulkan spuckt im Hintergrund Feuer und ein Gewitter donnert mit grellen Blitzen über das Land. Wunderbar, denke ich, und cruise zu dröhnenden Metalklängen immer weiter durch die Landschaft, immer weiter auf die 50G am Ende des Tunnels zu. Mir geht es dabei nicht so sehr um die Punkte als um das Erreichen des Ziels. Ich bin wie ein Bergsteiger, der unbedingt auf den höchsten Berg der Welt will, obwohl es da oben nichts Wichtiges zu finden gibt.
Meine Karte war also abgegrast, aber der Statusbildschirm zeigte noch 6 fehlende Fundstücke. Mist. Die zweifarbige Karte hatte mich schon vorher geärgert, da das Original eigentlich mehrfarbig und viele Markierungen nur schwer zu erkennen waren. Was soll man machen, wenn man nur einen s/w Laserdrucker hat? Sich mit dem Laptop hinsetzen und mit Paint abhaken? Gut. Also die die Karte genommen und vor den bunten Schirm gesetzt und Korrektur gelesen. Aha, ja, hier ist noch ein grünes Kreuz, da ein blaues J, dort ein rotes R.
Nachdem das erledigt und alle Sammelobjekte gesammelt waren, fehlten aber immer noch ein paar Prozent. Eine kurze Internetsuche ergab, dass ich noch Concept Art von den freilaufenden Monstern und der Menschenfraktion freischalten musste. Für ersteres mussten die jeweiligen Monster getötet (VIRTUELL) und für zweiteres die entsprechenden Einheiten gebaut werden. Problem 1: Welche Concept Arts hatte ich schon freigeschaltet? Problem 2: Finde die richtigen Viecher und töte sie mit deinen bloßen Händen. Also zack zack ins Extras Menü navigiert, aufgeschrieben welche Zeichnungen schon vorhanden waren, gegoogelt, welche ich noch brauche, Viecher gesucht und gemeuchelt. Falls ihr diesen Erfolg auch noch freischalten wollt und ihr nicht zu viel Zeit zu verschwenden habt (HAHA), dann ein Pro-Tipp von mir an euch: die Monster müssen per Axt oder Gitarre erlegt werden, Überfahren, Rösten oder Erschießen per Auto zählt nicht.
Gefühlte zwei Stunden später war das auch erledigt, da das dickste Monster, ein Mega – Mammut mit dem Namen Hextadon, in nur sehr geringer Population vorhanden ist und es nicht reicht nur ein Tierchen zu töten, sondern schon vier oder fünf dran glauben müssen.
Bei den letzten Concept Arts half mir dann wieder das Internet. Es galt, mehrere Einheiten einer Fraktion zu bauen, unter anderem die teuerste und größte, einen riesigen Panzer. Hätte ich das in einem normalen Spiel gegen den Computer versucht, wären auch dafür wieder Stunden drauf gegangen. Ein Tipp aus dem Netz empfahl eine Map, auf der ein neutrales Monster die eigenen Einheiten angreift und ich bei richtiger Voreinstellung auch keine Gegner zu befürchten hatte. So konnte ich in Ruhe alle Ressourcen abbauen, Einheit rekrutieren und in den Tod schicken, um Platz für neues Personal zu machen.
Höhepunkt war das Freispielen des Artworks der Mainstage. Bühnen fungieren in Brütal Legend als Heimatbasen und können von der eigenen Figur bemannt und als Verteidigungsposten benutzt werden. Ziel war, fünf Minuten auf der Bühne zu stehen. Y gedrückt, Controller zur Seite gelegt, rausgegangen und eine Banane gegessen, wiedergekommen, Y gedrückt, “New Concept Art Unlocked”.
Jesus Christus, du alter Metalhead, ich hab’s geschafft, dachte ich. Zurück im Hauptspiel ging der Blick ins Statusmenü und noch immer fehlten 2%. Fick die Henne, was denn jetzt noch?
Ich hatte nicht alle Items aus dem Shop gekauft, sondern nur die, die für ein anderes Achievement nötig gewesen waren. Jetzt fehlten noch mehrere optionale Farben für mein Auto und einige Steinfiguren der Hauptcharaktere. Leider hatte ich aber nicht mehr genug Geld, um gleich alle zu kaufen und musste deswegen noch offene Nebenmissionen erledigen, damit ich an die Kohle kam. Also wieder rumgefahren, Missionen erledigt, Geld gesammelt, zum Shop gefahren, Zeug gekauft und was war? Es fehlte immer noch 1%.
Das letzte Mal rief ich die Karte auf und fand die allerletzte offene Nebenmission am anderen Ende der Welt am Strand. Das musste es jetzt sein. Der Heillige Gral, das letzte Puzzlestück, der fehlende Käse auf der Pizza. Manowar sangen: “They can’t stop us – Let ‘em try – For heavy metal – We will die!“, während ich bei der Strandparty vorfuhr. Ein Headbanger wollte mit einer Dame anbandeln und wurde immer wieder von anderen Rockern belästigt. Ich sollte das Paar jetzt so lange beschützen, bis die Dame überzeugt und der erste Kuss gefallen war. Kein Problem und 1:30min später war die Sache erledigt.
“Brütal Victory” flammte ein letztes Mal auf, kurz musste ich noch warten, bis alle 1en und 0en zusammengezählt waren und schließlich ploppte das kleine Achievement – Zeichen auf: “Achievement unlocked – 50G – Metal God“.
Diese Erfahrung hat mich zum Nachdenken gebracht. Ich mag Sammelaufgaben in offenen Welten. Es hat für mich etwas Entspanntes, ohne Druck eine Liste abzuarbeiten, den Fortschritt zu sehen und Winkel der Welt zu entdecken, die ich vorher nie beachtet habe. So habe ich auch schon die berühmten 200 Tauben in GTA IV und die Wackelköpfe in Fallout 3 gesammelt. Problematisch, frustrierend und schließlich wirkliche Arbeit wird es erst, wenn sich Aufgaben hinzugesellen, die spielerisch zu lösen sind und einer gewissen Willkür unterliegen. Töte X Gegner, die per Zufall irgendwo erscheinen, wäre so ein Beispiel. Wenn sich so eine Aufgabe dann noch zig mal wiederholt, geht der Spaß ganz schnell flöten. Selbiges gilt für Sammelaufgaben in geschlossenen Abschnitten. Sammel X Items in diesem Level, während du noch gegen Gegner kämpfen musst und dem ganz normalen Gameplay nachgehst. Da habe ich auch keinen Bock drauf, weil ich meine Aufmerksamkeit nicht aufteilen will. Wenn ich einfach nur die Story spiele, dann will ich mir keine Gedanken darüber machen, dass ich vielleicht hinter einer Ecke eine Schraube vergesse. Die Atmosphäre und Immersion kann so nicht entstehen, weil man ständig daran erinnert wird, dass man nur ein Spiel spielt.
Liebe Entwickler, gebt mir die Sammelei in offenen Welten, zeigt mir damit schöne Orte und lasst mir die Freiheit, dort zu tun, was ich möchte. Nehmt dafür den Sammelkram aus allen linearen Spielen raus und überzeugt mich hier mit einem dichten Erlebnis ohne Ablenkung.
12 Kommentare
“Was soll man machen, wenn man nur einen s/w Laserdrucker hat? Sich mit dem Laptop hinsetzen und mit Paint abhaken?”
Ähm… ja? Genau das hab ich gemacht? ;)
Die Hextadons haben mich auch aufgeregt. Die spawnen praktisch NIE. Zehn Minuten rumfahren um dann einen zu erlegen, pöh! Die Konzeptzeichnungen im Skirmish waren wenigstens nur Fleißarbeit, wo ich nebenher Comics lesen konnte. Im Nachhinein betrachtet fand ich Brütal Legend doch irgendwie scheiße.
Möchte Dir gleichzeitig gratulieren und völlige Bescheuertheit zusprechen.
[quote]Im Nachhinein betrachtet fand ich Brütal Legend doch irgendwie scheiße. [/quote]
Ja, es tut weh das zu sagen, aber ein wenig denke ich auch so. Nicht so sehr wegen der Sammelei, sondern weil das Spiel so viel größer hätte seien können. Ich gehöre in das Lager der Spieler, die mit den Stage-Battles nicht viel anfangen kann. Ein reines Action-Adventure hätte so viele schöne Möglichkeiten für Gags und Details gegeben. So habe ich mich der Welt und den Figuren sehr fern gefühlt. Das hat Psychonauts so viel besser gemacht.
Das erste Drittel von Brütal Legend ist noch gut, danach zerfasert es leider sehr.
Bin ja ganz froh, dass ich Heavy Metal nicht mag und so auch nicht von Brütal Legend enttäuscht werden konnte.
(Hey, das klingt nach einem Tweet)
Probier doch einfach mal ein paar Skirmish-Matches gegen die KI, so schlecht ist der Stagebattle auch nicht. Hat bei mir mehrere Stunden gedauert, bis ich drin war, aber dann machts wirklich Laune! Jedenfalls besser als sinnlos in der Gegend rumzucruisen. Die 100% hab ich aber trotzdem gemacht.
Du musst übrigens nicht die Konzeptzeichnungen der Viecher sammeln, es reicht alle Konzepte von Ironheade zu haben.
Ich finde in einer abgedrehten Welt rumcruisen besser, als einen Spielmodi spielen, an dem ich keinen Spaß habe.
Es geht nicht darum, dass die Stagebattle schlecht wären. Es geht darum, dass mir das erste Drittel, in dem der Action – Adventure – Anteil noch im Vordergrund steht, sehr viel besser gefällt, weil hier der Witz und Charme eines Tim Schäfer wunderbar zu spüren ist.
Traurig ist auch, dass ein Entwicklerstudio, welches einem in Psychonauts in JEDEM Level neue Spielelemente vorgesetzt hat, sich am Ende auf einen wiederholenden Missionskreislauf aus eskortieren und Stagebattle beschränkt. Warum gibt es nur zwei Bosskämpfe? Die Spinne ganz am Anfang und der Endboss. Für mich ist da einfach viel Potenzial verschenkt worden.
[quote]Du musst übrigens nicht die Konzeptzeichnungen der Viecher sammeln, es reicht alle Konzepte von Ironheade zu haben. [/quote]
Ja, anscheinend ist das verschieden. Habe eben auch noch mal danach gegoogelt und einige schreiben sie brauchten es, andere brauchten es wohl nicht. Ich kann es jetzt nicht mehr nachprüfen, bin mir aber recht sicher, dass bei mir die Prozent mit den Tier Concept Arts hochgegangen sind.
Ach wie schön immer wieder auf Menschen zu treffen, die noch ein bisschen total viel mehr bescheuert sind, als man selbst.
Ich hasse Sammelaufgaben und ich hasse Achievments mit Sammelaufgaben. Noch mehr hasse ich Sammelaufgaben die nix, aber auch GARNIX mit dem eigentlichen Spiel zu tun haben. Seien es Tauben, die man aus unerfindlichen Gründen abschiessen muss, oder Flaggen, die man einsammeln muss, ohne dass es dafür einen Grund gibt.
Das mindeste was ich von den Spieleentwicklern erwarten würde ist, dass man, wenn man das Spiel durchgespielt hat wenigstens einen Gegenstand kriegt oder kaufen kann (meinetwegen gerne auch teuer), der einem auf dem Radar/der Map/der Sternenkarte/whatever den ganzen Mist dann anzeigt – denn ganz ehrlich, selbst wenn ich es irgendwie schaffen SOLLTE von den 200 Orbs in Prototype (nur mal als Beispiel) 199 selbst zu finden, dann ist die Wahrscheinlichkeit, dass ich den einen kleinen Drecksorb in einer Stadt von der Größe New Yorks von Hand finde dermassen verschwindend gering, dass es kaum in Worte zu fassen ist.
Und ja, runterladen von Karten aussem Internet finde ich falsch, das geht mir gegen den Strich.
Das mit den Karten ist wirklich ein Problem. Bestes Beispiel, wie man es in Zukunft besser lösen könnte, sind die Riddler Karten aus Batman:AA. Für jeden Kartenabschnitt gibt es eine Schatzkarte, die die Fundorte der Sammelobjekte grob auf der Map einzeichnet. Das ist elegant gelöst und sorgt für keinen Frust.
Sammelobjekte mit Auswirkungen auf das Spiel sind natürlich immer besser. Siehe Crackdown. Da haben sich alle Spieler auf die Jagd nach den Orbs gemacht, weil sie direkte Auswirkungen auf die Spielmechanik hatten. Mehr Orbs = höher Springen.
Aber gerade in Crackdown ist es absolut abartig, alle versteckten Orbs zu finden, da die nicht auf der Karte angezeigt werden, man sie auch nicht mit schweifenden Blick vom hohen Berg/Haus sehen kann und man noch nicht mal weiß in welchem besch*** Stadtteil einen noch etwas fehlt.
Dagegen fand ich das Steigern der Sprungkraft durch die hoch gelegenen Orbs eine großartige Idee. Den Wert hatte ich als erstes auf max, aber gefunden habe ich da auch nicht alle.
Also ich bin sehr dafür in Spielen Hilfen zum Sammeln zu integrieren, auch wenn (oder besser gerade wenn) man die erst freischalten muss.
Muss dann aber besser sein als bei GTAIV, da kann man im (Spielinternen) Internet ja durchaus eine Karte mit den Stellen der Tauben finden, aber die ist dann so pixelig aufgelöst, dass man nix erkennt … und man kann sie nur am Computer ankucken, sobald man also auf der Straße ist hat man verloren, wenn man kein photographisches Gedächtnis hat.
BTW (ganz anderes Thema): eure beiden Link “zurück” und “weiter” unter den Artikeln sind genau verkehrt rum … “zurück” geht in die Zukunft und “weiter” in die Vergangenheit. Vielleicht mal bei Gelegenheit anpassen. ;)
Bei so etwas regt es mich immer auf, dass man eigentlich zwingend auf’s Internet bzw. Lösungen allgemein angewiesen ist, um ein Spiel komplett zu beenden und man fast keine Chance hat, es allein herauszubekommen >:(.