Werte Leserschaft, without further ado: Unsere Momente des Monats. Diesmal mit einem vorabendlichen Portal 2, dramatischen Einzelschicksalen in Fallout: New Vegas, einem sehr braunen DiRT 3, Zitterpartien in Mass Effect 2und kindische Freude in Kirby und das magische Garn. Viel Spaß beim Lesen und wir sind gespannt auf eure Momentaufnahmen.
Manu: Portal 2 hat so viele wunderbare Momente, aber es fällt sehr schwer, einen dieser Momente explizit für diese wunderbare Kategorie auszuwählen. Warum ist das so?
Die Antwort, die ich nach 3 Tagen ohne Nahrung in einer Schwitzhütte tief in den mexikanischen Wäldern in meinem Inneren vorfand: Weil sie mir nicht persönlich genug waren. Es sind nicht „meine“ Momente. In Spielen wie diesen sind, gezwungenermaßen, die besonderen, nennenswerten Situationen für alle Spieler gleich. Sie sind nicht magisch und einzigartig, da sie nicht organisch entstehen. Sie sind gewollt und geskriptet und auf die Sekunde genau getimed. Sie entstehen auf Grund einer geschriebenen Punchline, einer überraschenden Wende in einer Cutscene oder nach einer gewollten, vorgesehenen Reaktion meinerseits in der Spielwelt. Portal 2 ist so 100% durchgestylt, das Spielerlebnis dürfte sich von Spielern egal welcher Erfahrungsstufe so gut wie nicht unterscheiden. Würde man die Lacher und Reaktionen aller Portal 2 Spieler aufnehmen und an der jeweiligen Stelle im Spiel übereinander abspielen: Portal 2 würde im Erleben schlagartig auf das Niveau einer Vorabend-Sitcom abrutschen, an denen an vorgeschriebenen Stellen auf Befehl hin gelacht werden muss und dies mit einem Laughtrack klar und deutlich gemacht wird.
Nicht, dass ihr mich falsch versteht: Ich bin mir bewusst, dass ich einem linearen Spiel die Linearität vorwerfe, aber das kreide ich Portal 2 ja in diesem Kontext gar nicht an. Das macht das Spiel in keiner Weise schlechter oder gar weniger lustig, ganz und gar nicht. Welches Spiel kann schon von sich behaupten, Spieler laut vor der Konsole zum Lachen zu bringen? Mehrmals! Diese Errungenschaft muss man Valve hoch anrechnen. Portal 2 ist Unterhaltung auf einem sehr hohen, nahezu perfekten Niveau. Schade nur, dass in diesem glattgeschliffenem Produkt ohne Kanten und Ecken kein Platz mehr übrig bleibt für meinen ganz persönlichen, kleinen unvergesslichen Moment, der mir alleine gehört und den ich hier mit euch teilen könnte. The magic moment is a lie.
Daniel: Immer wieder kehrte ich an den Ort meines Versagens zurück, denn ich wusste, wenn ich es hier schaffe, dann schaffe ich es überall. In Fallout: New Vegas gibt es einen Steinbruch, der bevölkert ist mit einer ganzen Monster-Familie von Deathclaws. Diese großen Echsenwesen stellen in der postapokalyptischen Welt von Fallout eine der gefährlichsten Gegnergattungen dar und zeichnen sich durch dicke Panzerung und scharfe Klauen aus. Immer wenn ich eine neue Waffe mit einem stärkeren Durchschlag fand, musste ich bei den Deathclaws vorbeischauen und sie testen. Vielleicht könnte ich es ja jetzt schaffen eines dieser Biester zu erledigen. Wenigstens eines, bevor mich die anderen fünfzehn mit ihren Zähnen und Krallen zerfleischen.
Nach einigen (vielen (unendlichen)) Fehlversuchen hatte ich mit dem Tri-Beam-Laser eine Waffe gefunden, die mit drei bis vier Volltreffern auf den Kopf selbst einen dickhäutigen Deathclaw zu Fall bringen konnte. Voller Euphorie und unterschwelliger Anspannung schlich ich durch den Steinbruch und erlegte ein Monster nach dem anderen. Zusammen mit meiner Partnerin Cass und meinem Hund Rex konnte ich es mit zwei bis drei der Biester gleichzeitig aufnehmen, durfte aber nicht mehr anlocken. So fielen nach und nach sogar die Mutter des Rudels und das Alpha Männchen und bald war der gesamte Steinbruch gesäubert.
Um viele Erfahrungspunkte reicher und mit geschwellter Brust verließ ich den Ort meines Triumphs und schritt frohen Mutes den Highway in Richtung Vegas hinab. Am Wegesrand erblickte ich noch einige versprengte Deathclaws und zückte lässig mein Laser-Gewehr. Euch paar Monsterchen nehme ich auch noch mit. Kaum hatte ich den ersten Schuss abgesetzt sprangen erst drei, dann fünf und schließlich sieben brüllende Ungetüme aus dem Unterholz und forderten blutige Rache für mein Vergehen an ihren Artgenossen. Mein treuer Hund wurde dahingerafft, die raubeinige aber tapfere Cass erschlagen und schließlich auch ich niedergerungen.
Natürlich hatte ich nicht gespeichert. Nach dem Ladebildschirm war die ganze Deathclaw-Familie wieder vereint und seitdem habe ich den Steinbruch auch nicht mehr betreten.
Chris: “Rallye is back!” So das Motto von Codemasters’ Dirt 3, nachdem selbst den Amerikanern Dirt 2 irgendwie zu viel Trendsportart und zu wenig Rallye war. Dumm nur, dass Dirt 3 sein Versprechen kaum einzulösen vermag. Mit Kenia, Finnland und Norwegen sind nur drei klassische Rallye-Staaten vertreten, Michigan rundet das Streckenpaket mehr schlecht als recht ab. Aber es gibt nicht nur deutlich zu wenig Auswahl, die Strecken sind auch noch zu kurz: zwei bis drei Minuten sind für eine klassische Rallyestrecke ein Witz, zumal man GRID-typisch selbst auf dem mittleren Schwierigkeitsgrad mehrfach die Zeit zurückspulen und Patzer ausgleichen darf.
Auch in der dritten Auflage hat Codemasters’ Ego-Engine einen starken Hang zu Brauntönen. Codies, geht mal vor die Tür! Die Realität ist nicht braun! Dieser auch noch die Bildschirmränder abdunkelnde Scheißfilter sieht aus, als würde man durch eine 2-Euro-Sonnenbrille vom Grabbeltisch stieren. Den Wohnwagen, den man als Menüersatz aus dem zweiten Teil kannte, hat man auf den Schrottplatz geschickt, angeblich, um die Ladezeiten zu verkürzen. Das Menü des dritten Teils ist allerdings auch in 3D gehalten, mit einem im Hintergrund herumwirbelnden Fahrzeug, die Ladebildschirme sind weiterhin in 3D, aber ohne die seit Dirt bekannten Statistikeinblendungen. Insgesamt wartet man auf Teil 3 immer noch viel zu lange – und zu häufig, weil man nach zwei bis drei Minuten Rallye schon wieder im Menü ist. Statt eines debilen Ansagers gibt es derer nun drei, die permanent mit Hinweisen auf die YouTube-Videouploadfunktion nerven und deren Erklärbärvideos sich nicht einmal abbrechen lassen. Danke, dass ihr mir noch einmal ausführlich erläutert, dass die Fahrer bei Rallyes zeitlich versetzt starten – ihr verdammten Idioten! Das war ja bisher auch noch nie so!
Dirt 3 ist mein erstes Rallyespiel auf der PS3. Die beiden ersten Teile habe ich auf dem PC gespielt und kenne den Rallyespaß deshalb nur mit flüssiger Bildwiederholrate, direkt und präzise steuerbar. Auf der Konsole ist das leider nicht so. Ob’s an den lediglich 30 Frames pro Sekunde liegt, die Dirt 3 nicht immer ganz zuverlässig auf den Bildschirm zu werfen versucht, an der Funkanbindung des Gamepads, an den Mondphasen oder woran auch immer – es fühlt sich einfach nicht flüssig an. Dass der Wagen durch die Eingabeverzögerung leicht ins Pendeln gerät, weil man ständig überkompensiert, treibt mich zur Weißglut!
Eine weitere Verschlimmbesserung ist die im mittleren Schwierigkeitsgrad standardmäßig eingeblendete Ideallinie. Vielleicht bin ich da zu altmodisch, aber erstens braucht man sowas nicht und zweitens sollte sie wenigstens die bestmögliche Fahrlinie darstellen. Blöd ist es also, wenn der Beifahrer vor einem Sprung warnt: “Sprung über Kuppe, links halten, danach sechs links”, weil offenbar direkt nach dem Sprung eine Linkskurve folgt, die Ideallinie aber rechts über den Berg und damit unweigerlich gegen den Baum führt. Die Linienanzeige kann man übrigens nicht so einfach in den Optionen abschalten. Ich habe über eine Viertelstunde nach einer Möglichkeit gesucht und sie dann erst in den direkt vor dem Rennen verfügbaren Schwierigkeitsgradeinstellungen gefunden.
Kurz gesagt: ich habe mich wirklich bemüht, Dirt 3 gut zu finden, aber dieses Spiel bei allem guten Willen nicht länger als zwei Stunden ertragen. Mein Anti-Moment des Monats. Stellt sich für mich nur die Frage, ob man bei Codemasters keine vernünftigen Rallyespiele mehr bauen will oder ob man dazu nach mehrjähriger Pause einfach nicht mehr in der Lage sind.
keats: (kleiner Spoiler ahead) Das habe ich mir verdammt nochmal verdient! Diese eine, kleine Sekunde in der mir meine Crewmitglieder in höchster Anerkennung zunicken und mir damit danken, dass ich sie alle heil nach Hause auf die gute, alte Normandy gebracht habe.
Wenn man ein Spiel wie Mass Effect 2 erst ein Jahr nach dem Release spielt und sich regelmäßig mit Gamern unterhält und deren Blogs besucht, dann ist es verdammt schwierig, nicht zu wissen, wie das Spiel ausgeht. Ich habe es zwar weitgehend geschafft, spoilerfrei durch das Spiel zu kommen, dass aber in der letzten Mission die Leute sterben wie die Fliegen wenn man nicht alles Shepardmögliche getan hat um das zu verhindern, habe ich mehrfach gehört/gelesen, ohne dass ich danach gefragt hätte. Ich musste mich also entscheiden was ich nun mit dieser Information anfange. Da mir im Verlauf des Spiels die einzelnen Charaktere ans Herz gewachsen sind fiel mir diese Entscheidung erstaunlich leicht. Ich wollte versuchen so wenig Crewmitglieder wie möglich zu verlieren. Ich habe also brav alle Loyalitätsmissionen durchgespielt und habe dabei nur die Mission von Jack, ganz am Ende beim Streit mit Miranda, vermasselt.
Ich bin also mit den besten Absichten in die letzte Mission gestartet und gleichzeitig mit einem ungewissen, mulmigen Gefühl im Bauch. Schaffe ich es Jack zu retten? Führt die fehlende Loyalität von Jack dazu, dass andere Crewmitglieder sterben? Diese Fragen haben mich gequält als ich das Kommando zum Aufbruch durch das Omega 4 Portal gegeben habe.
Die ganze Mission hindurch habe ich gezittert und gehofft. Am Ende ging alles gut aus und ich habe es wirklich geschafft, alle meine Kameraden heil nach Hause zu bringen. Dieser Moment, als ich in der Endszene durch die Normandy schreite und mein Team alles andere kurz stehen und liegen lässt um mir anerkennend zuzunicken als wollten sie sagen: “Gut gemacht du Teufelskerl!” Das war mein Moment des Monats.
SpielerZwei: SpielerinZwei wollte am Wochendende ein paar wichtige Dinge erledigen und da das anscheinend nicht geht, wenn ihre beiden Männer im Haus sind, habe ich mir den Kurzen ins Auto gepackt und bin zu meinem Onkel gefahren, mit dessen Jüngstem sich das SpielKind sehr gut versteht. Das ist für die beiden Väter eigentlich immer recht stressfrei, weil man die beiden nicht großartig bespaßen muss und in Ruhe Kaffee trinken und schnacken kann. Weil das Wetter ziemlich mies war, durften die beiden Jungs (4 und 6), Kirby und das magische Garn auf der Wii spielen.
Während wir also in der Küche saßen und uns über EHEC, die Griechenlandpleite und die kommende Hobbit-Verfilmung unterhielten, wurde das aus dem Wohnzimmer kommende Gejohle irgendwann immer hysterischer. Und da man als verantwortungsvoller Erziehungsberechtigter natürlich nicht wartet bis Rauch, Wasser oder Blut unter der Tür durchsickert, schauten wir dann doch mal nach, was unsere Sprösslinge so trieben. Der Eine sprang wie auf Speed mit der WiiMote vor dem Fernseher herum, während der Andere sich vor Lachen im Sessel kugelte. (Für die jüngeren Leser: Also ganz viel LOL und Roflcopter.) Sie hatten aber nicht etwa eine besonders witzige Stelle in einem Level gefunden oder sich beim Spielen gegenseitig die neusten Kindergartenwitze erzählt, sondern machten etwas viel profaneres: Sie fingen sich im Coop gegenseitig mit dem Lasso-Move ein und warfen sich dann abwechselnd durch die Level. Einfach nur so. Stundenlang. Und lachten Tränen. Was an diesem Moment so klasse war, können wahrscheinlich nur zockende Väter nachvollziehen, alle anderen runtzeln eher irritiert die Stirn. Der Punkt ist, dass mir die beiden mal wieder vor Augen geführt haben, was man als alter, anspruchsvoller Gamer-Sack, der schon seit den 70er Jahren Videospiele spielt, oft vergisst: Richtig, richtig großer Spaß kann so einfach sein! Da spielen die beiden schon den ohnehin leichtesten 2D-Plattformer der letzten Jahre und ignorieren dann auch noch konsequent das eigentliche Gameplay, um einfach nur irgendeinen Quatsch zu machen und sich tierisch darüber zu freuen. Das ist einfach toll! Kind sein ist toll!
5 Kommentare
Im Intro-Level von Little Big Planet piept die fette [s]Elke[/s]PlayStation 3 plötzlich drei Mal und schaltet sich ab. YLOD. Dreckshardware!
Manu ist eine Zimtzicke, Daniel verstehe ich (*fistbump*), Chris ist mir egal (Ehrlich, Rallye-Spiele?), keats verwirrt mich und SpielerZweis Sohn will ich spontan knuddeln
Mein MdM:
Ein Blick in Jade’s Augen und ich war sofort wieder verliebt in [i]BG&E[/i]. :)
Mein Beileid, Daniel. So was passiert mir auch [i]ständig[/i].
Hmmm…eigentlich schade dass von 4 “Momenten des Monats” ganze zwei gar nicht wirklich stattfinden. Haben Manu und Chris denn gaaar kein positives Erlebnis-zumindest mit einem anderen Spiel zu vermelden oder wollte man nur zwanghaft “aktuell” sein und verwechselte dabei den magischen Moment mit ner Spiele Rezension?