Ich bin ein Privatdetektiv und verfolge die Spur eines verschwundenen Verkäufers in Innsmouth. Ich bin ein schwänzelnder Dieb, verliebt in eine Prinzessin. Ich bin ein Stratege, eine ganze Armee agiert auf meinen Befehl hin. Ich bin ein Söldner in Nordkorea und zerstöre Garnisonen im Artilleriefeuer. Ich bin 15 Personen in einem kleinen japanischen Dorf. Ich bin ein Frosch, der bunte Kugeln spuckt. Ich heisse Lara, Alice, Jill, Gordon, Edward, Luigi. Meistens hängt mein Überleben von meinem Erfolg ab, und oft noch viel mehr: Das Schicksal von Gefährten, Königreichen, Welten, des ganzen Universum liegt manchmal in meiner Hand. Ich bin der Held. Oder?
Nein. Weil ich nämlich schon im ersten Level fröhlich in den tödlichen Abgrund springe. Weil der Endgegner mich dreimal tötet, bevor ich auch nur kapiert habe, wie ich ihn besiegen soll. Weil der Wissenschaftler, den ich beschützen sollte, in mein eigenes Feuer rennt. Ich bin kein Held, ich spiele nur einen. Klar, nach diversen Speicherorgien, unzähligen Toden und Continues en masse sehe auch ich den Abspann, und sicherlich ist das ein Erfolgserlebnis. Aber der Unterschied zwischen dem fiktiven Helden und mir, der im Prinzip das Abenteuer primär schafft, weil er entsprechend Zeit dafür opfert, ist groß. Mit entsprechender Muße schafft das an sich jeder; wahre Leistungen finden sich nur noch im Multiplayer oder in Highscores.
So, und um jetzt mal zu schauen, wie heldenhaft meine von mir dann doch eigentlich als relativ gut eingeschätzten spielerischen Fähigkeiten sind, starte ich ein Experiment. Im Prinzip geht es darum: Wie weit komme ich in einem mir bis dahin unbekannten Spiel, ohne zu sterben. Und weil ich ein kleinkarierter Nerd bin, entstelle ich dafür folgende Regeln:
– Wenn das Spiel einem mehrere Leben gewährt, ist nach dem ersten Schluss. Echte Helden haben auch keine Reinkarnationsmöglichkeiten (naja, mit Ausnahmen). Beispiel: Space Invaders
– Wenn der Spieler eher eine steuernde als aktive Rolle hat, ist bei der ersten Niederlage, die zum Game Over führt, vorbei. Beispiel: Dune 2.
– Wenn im Spiel eine Möglichkeit der Wiederbelebung existiert, darf diese auch genutzt werden. Beispiel: Phoenix Down, Fee im Glas.
– Speichern ist erlaubt, da ich ja nicht alles am Stück durchspielen kann. Laden allerdings nicht. Ausser beim Weiterspielen. Also, ähm… naja, ihr wisst schon. Auf Pause drücken zum Durchatmen und Kacken ist allerdings erlaubt, soviel Freiheit nehme ich mir.
– Es gelten nur Spiele, die ich zuvor noch nie gespielt habe, was natürlich impliziert, das jedes Spiel nur einmal beheldet werden kann. Grundsätzlich gilt: Wenn ich mehr weiss als der Held, gilt das nicht.
– Bei partybasierten Spielen ist erst dann Schluss, wenn der letzte fällt. Beispiel: Wizardry 7.
– Das Experiment dauert sechs Monate. Oder drei, wenn mir das langweilig wird.
– Spiele, bei denen man nicht sterben kann, sind natürlich ausgenommen. Beispiel: We love Katamari.
So, ich glaube, das reicht aus. Was dieses Experiment dann bewirken soll, weiss ich selber nicht ganz so genau. Werde ich wesentlich vorsichtiger spielen? Werde ich aufgrund meiner dann doch schliesslich miserablen Leistungen verzweifeln? Werde ich große Triumphe feiern und die Spiele wesentlich mehr geniessen? Wird die Stimme der Vernunft aka SpielerEins recht haben mit seiner Ansicht, dass Spiele auch heute noch größtenteils so designt sind, dass es unmöglich ist, sie gleich zu schaffen? Mal gucken. Hauptsache mal ein anderer Ansatz.
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