Von allen meinen in Spore entworfenen Kreaturen trat ausgerechnet das pinke Plüschhuhn seinen Siegeszug um die Welt an. Ständig kamen neue Meldungen darüber, dass sich das Huhn mit weiteren Spielern verkumpelt hat. Wenn sie es nicht gleich epifiziert haben, das heißt mittels eines Überdimensionalisierungsstrahls auf Wolkenkratzerhöhe aufgeplustert, damit es godzillalike über ihre Welten stapft. Peter Jackson hätte seine Freude daran gehabt.
Jedenfalls mehr Freude, als ich langfristig an Spore hatte. Will Wrights SimEverything, das gleich fünf Spiele in einem war und sich bei vieren davon nicht entscheiden konnte, ob es eher Spiel oder Kreativbaukasten sein wollte, war mir auf Dauer zu eintönig und gerade in der Zivilisations- und Weltraumphase auch zu unausgereift.
Weiter in Erinnerung bleiben wird Spore auch wegen seines SecuROM-Kopierschutzes, der erstmalig die Anzahl an möglichen Installationen eines Spiels auf drei (später fünf) beschränkte. Spore war hier Testballon für EA, und das ging gründlich schief. Noch immer hat deshalb es bei Amazon.com eine Kundenwertung unter aller Kanone.
Als ich das Spiel letztes Wochenende neu installieren wollte, musste ich feststellen, dass ich es vor fünf Jahren noch auf einem anderen EA-Konto als meinem derzeitigen Origin-Konto aktiviert hatte. Mit der Spore-Lizenz auf meinen aktuellen Account umzuziehen, war dank des freundlichen EA-Supports am Telefon eine Sache von zehn Minuten. Nun lässt sich das Spiel problemlos über Origin herunterladen und installieren. Keine meiner bisherigen Support-Anfragen bei Steam verlief derart reibungslos. Ich denke nur an mein ungeschnittenes Left 2 Dead 2, dass nach der Installation plötzlich doch deutsch und geschnitten war. Valve hat damals über eine Woche gebraucht, um das zu beheben. Aber das ist ein anderes Thema.
Spore zog während seiner Entwicklungsphase so viele Talente an wie kaum ein anderes Spiel. Beispielsweise Soren Johnson, den Lead Designer von Sid Meier‘s Civilization 4, der 2007 zu Maxis wechselte. Johnson veröffentlichte nun zu Spores fünftem Geburtstag einen ausführlichen und lesenswerten Rückblick auf die Entstehung des Spiels.
Spore… hach, das war eine schöne Zeit! Mir ist bewusst, dass damals viel über das Spiel gemeckert wurde, aber ich habe über 60 Stunden lang großen Spaß damit gehabt. Und ist das nicht beachtlich? Nein, es war sicher nicht die hochkomplexe Strategierevolution, und auch nicht der Beginn einer großen Reihe, so wie EA es vollmundig angekündigt hatte. Damals wurde allgemein viel zu viel geschwätzt, so dass es eigentlich zwangsweise in einer Enttäuschung enden musste. Dann noch die Sache mit dem Kopierschutz… rebelrebel…. schade drum. Ich hätte Spore gegönnt, dass es massentauglicher geraten wäre oder wenigstens für das in Erinnerung geblieben wäre, was es gut gemacht hat.
Was ich daran mochte? Ich erinnere mich davor an kein Spiel, bei dem man so einfach kreativ sein konnte. Man muss wohl wirklich Freude daran haben, eigene Kreaturen und Gebäude zu entwerfen und diese mit Freunden auzutauschen, denn darin lag Spores große Stärke. Ein bisschen ziehen, ein bisschen färben, ein weiterer Klick und schwupps – die Sachen waren online. Das war damals noch nicht selbstverständlich. Ich hatte außerdem das Glück, dass sich mehrere Freunde das Spiel ebenfalls zum Launch geholt haben. Wochenlang haben wir uns gegenseitig unsere Schöpfungen geschickt oder sie zufällig beim Erkunden neuer Planeten entdeckt. Wir haben versucht, realistische Katzen nachzubauen, alberne Penismonster, lebende Bäume oder Raumschiffe aus drittklassigen Sci-Fi-Filmen. Spore war eines dieser Spiele, die erst langweilig wurden, sobald man selber keine eigenen Ideen mehr hatte. Und das war mir daran unheimlich sympathisch.
Deshalb kann ich aber andererseits auch verstehen, warum diejenigen enttäuscht waren, die sich auf einen bahnbrechenden Strategiepart gefreut hatten. Der war für mich zwar okay, aber eben nichts weltbewegendes. Vor allem beim mehrmaligen Durchspielen verliefen die ersten Phasen immer gleich und erst die Weltraumphase war komplex genug, um länger zu fesseln. Nachdem ich dann irgendwann mit meiner ersten Rasse das Zentrum der Galaxis erreicht hatte, war die Luft raus. Die Add Ons habe ich nicht mehr gespielt, und es wundert mich nicht, dass der Plan aufgegeben wurde, die Reihe noch weiter auszubauen. Mal abgesehen vom mangelnden Interesse der Spieler – was hätte man daraus groß machen sollen? Anders als bei den Sims lag der Reiz ja eben im Selberbauen, nicht im Kaufen. Ich erinnere mich an die Pläne John Riccitiellos, Einzelteile für den Editor in einem Onlineshop zu verscherbeln. Zum Glück ist es gar nicht erst so weit gekommen, sondern EA beschränkte sich auf das “Süß & Schrecklich” Paket.
Ich könnte nun ein enttäuschtes Fazit ziehen, dass Spore viel Lärm um nichts war… aber ich würde mich schlecht dabei fühlen, denn diese 60 Stunden haben mich wie gesagt damals bestens unterhalten. Ein Spiel, das nicht so mies war wie sein Ruf.
Fünf Jahre Spore. Hm… Meine Meinung bezüglich des PC-Spiels hat sich seit 2008 nicht großartig geändert. Was aber auch kein Wunder ist, weil ich es seit damals nicht mehr angefasst habe. Ich habe in den Folgejahren allerdings mit einer gewissen Befriedigung zur Kenntnis genommen, dass EA seine großen Franchise-Pläne – man wollte ja ganz offensichtlich ein zweites $ims-Ding daraus machen – nach und nach begraben musste, weil die ganzen AddOns und SpinOffs wie Blei in den Regalen liegen blieben. Das PC-Spore mag sich für EA vielleicht noch einigermaßen gerechnet haben, der Franchise als Ganzes war aber definitiv ein Flop für den Publisher.
Eigentlich hätte ich hier jetzt auch nichts weiter beizutragen, wenn mein Sohn (6) sich nicht witzigerweise vor einigen Wochen von einem seiner Kumpel den Wii-Ableger Spore Hero (2009) ausgeliehen hätte. Das Teil ist ein komplett anderes Spiel als das Spore, das ich bisher vom PC kannte: EA Montreal hat um den Kreaturen-Editor als Kern ein ganz nettes Action-Adventure für Kinder drumherum gebaut. Die Story ist simpel, das Kampfsystem eher chaotisch und die Quests nach kurzer Zeit ziemlich repetitiv. Kein Spiel also, mit dem ich mich ernsthaft länger als eine Stunde beschäftigen könnte, aber für Kinder bis 12 Jahren ist es ein ganz knuffiger Spaß. Was ich an Spore Hero wirklich bemerkenswert finde, ist, dass es den Kreaturen-Editor für meine Begriffe sinnvoller ins eigentliche Gameplay einbindet, als es Maxis beim großen Hauptspiel gelungen ist.
Ich will hier auf keinen Fall miesmachen, dass Chris und ZiB ihren Spaß mit dem Bauen und Tauschen der Kreaturen hatten, aber ich hatte ihn nicht. Das lag in erster Linie daran, dass das Gros der Optionen nicht spielrelevant ist, sondern nur kosmetischer Natur. Und das ist einfach nicht meins. Spore Hero macht das Ganze besser: Durch das Erledigen von Quests schaltet man nach und nach neue Körperteile für seine Kreatur frei, die man dann im Nest – so heißt der Editor hier – jederzeit umgestalten kann. Der Clou ist jetzt, dass man z.B. eine Schlucht erst dann überwinden kann, wenn man seiner Kreatur Flügel verpasst, oder dass man einen besonders starken Gegner erst dann besiegen kann, wenn man seine Kreatur mit entsprechenden Klauen, Hörnern oder Reißzähnen ausgestattet hat. Natürlich gibt es hier auch Körperteile ohne Ende und in allen möglichen Farben und Variationen, so dass der Kreativfaktor immer noch eine große Rolle beim Erstellen/Umbauen der Kreaturen spielt. Aber die Art und Weise, wie man hier den Spielfortschritt mit dem Editor verbunden hat, finde ich wirklich gelungen. Beim PC-Spiel wusste ich nie so genau, inwiefern sich diese oder jene Sache wirklich auf Gedeih oder Verderb meiner Kreatur/Spezies auswirkt. Es gibt einige klar ersichtliche Grundsatzentscheidungen, z.B. Fleisch- oder Pflanzenfresser, aber ob ich nun ein, zwei, drei, vier oder fünf Beine an meine Kreatur klebe, schien mir gefühlt immer komplett egal zu sein.
Anyway, der große Wurf war Spore Hero natürlich auch nicht, aber da mich die Bastelei im Editor aus reinem Spaß an der Freud beim PC-Spiel persönlich immer relativ kalt gelassen (und damit letztlich auch sehr enttäuscht) hat, finde ich es schon erstaunlich, dass eines dieser Spore-SpinOff-Spiele das in meinen Augen tatsächlich besser gelöst hat…
1 Kommentar
hi!
5 jahre ist das her? habs installiert, rumgespielt, vergessen…
passiert. daher mag sich kein gefühl von verlust oder so einstellen – vergangenheit hat ein gnädiges tuch darüber gebreitet und ich hab nicht das verlangen, es von den verstaubten teil herunterzuziehen.
greets
h.