Nicht alles war früher besser, aber vieles ist heute scheiße. Diese schwer anfechtbare Weisheit propagieren einige der schon länger dem Jugendalter entsprungenen Polyneux-Kollegen ohne Unterlass. Und auch wenn ich heute, was die Spielelandschaft angeht, einiges sogar ziemlich geil finde, muss ich dem gerade zustimmen. Einiges, was früher ganz gut war, ist heute nämlich ziemlicher Müll. Fast jeder hat das wohl beim Blick ohne rosarote Nolstalgiebrille auf das Lieblingsspiel irgendeines Bekannten schon festgestellt. Versteht sich fast von selbst, dass sich das nicht nur auf ganze Spiele beschränkt, sondern auch auf Spielkonzepte, Gameplaymechaniken oder etwa Grafikstile. Und wenn ein neues Spiel als Konglomerat solcher von damals zusammengeklaubter Stückchen nur die Nostalgieschiene reitet, um beachtet zu werden, dann kann es von vorneherein kein besonders gutes Spiel gewesen sein, oder? Au weia…
Yooka-Laylee ist nicht scheiße, versteht das nicht falsch. Es ist eigentlich noch nicht einmal schlecht. Nur stinklangweilig. Aber gerade das ist die höchste Beleidigung für den ausgerufenen Erlöser eines seit langer Zeit komatösen Genres von den angeblichen Großmeistern ihrer Kunst. Was Playtonic Games damals, als sie noch bei Rare waren, mit Banjo-Kazooie geschafft haben, das wollten sie auch mit Yooka-Laylee erreichen. Haben sie auch, und zwar haargenau. Blöd nur, dass Banjo-Kazooie halt schon zwanzig Jahre alt ist. Und auch damals eigentlich nur gut war, weil vor ihm noch kein anderes Spiel zweihundert bescheuerte Sammelobjekte in jede Welt geeimert hat. Yooka-Laylee nimmt sich also dieses Konzept – beinahe nutzlose Sammelobjekte in absurd hoher Zahl innerhalb großer, leerer Welten – und kippt es in eine Zeit, die maßgeblich geprägt ist von riesigen, öden Spielwelten voller nutzlosem sammelbaren Nippes.
Dabei ist das eigentliche Hüpfen und Springen – um das es in einem solchen Spiel ja gehen sollte – super spaßig. Chamäeleon Yooka und die konstant viertewandbrechende Fledermaus Laylee bewegen sich mit einem riesigen Arsenal von Moves – ebenfalls restlos geklaut aus Bär-und-Vogel-Hausen – durch die Gegend, lassen präziseste Hoch-, Doppel- und Gleitsprünge durch den dreidimensionalen Raum zu und gucken dabei auch noch drollig. Das sollte zu loben sein. Das sollte reichen. Aber es reicht nicht, wenn die fünf verfügbaren Welten plus Hub leergebliebene Kulissen sind, in denen es kaum etwas zu entdecken oder zu finden gibt, obwohl jede Welt um die 250 Sammelsachen anbietet. Es reicht nicht, wenn die verfeinerten Sprungmechaniken kaum zum Einsatz kommen, weil die meisten der zu sammelnden Objekte hinter Minispielen und grauenhaften Quizzes versteckt sind statt hinter skillbasierten Sprungparcours. Es ist einfach nicht genug, wenn es im ganzen Spiel mehr oder weniger nur einen Gegnertyp gibt, der mit je einem Schlag besiegt ist, aber mindestens ein Drittel des Bewegungsarsenals auf Kampf aus ist. Es reicht vor allem nicht, wenn man all die Sachen von vor zwanzig Jahren klaut, die vor fünfzehn Jahren aber schon einmal jemand so viel besser gemacht hat, dass man spielerisch einfach hinterher hinkt. Manchmal, wenn ich mich durch die Sumpfwelt von Yooka-Laylee rolle, sehe ich vor meinen Augen Flashbackszenen aus Jak & Daxter, wo ich in einer ähnlichen Umgebung mit verdammt ähnlichen Sammelaufgaben sehr viel mehr Spaß hatte. Manchmal, wenn ich dank der misratenen Kamerasteuerung mit Laylees Gleitflug in einem Abgrund lande, bleibe ich durch die fehlende Qualitätssicherung in der Wand der Klippe an irgendeinem Stein hängen und muss mich daher dann auch noch selbst in den Tod stürzen. Yooka-Laylee ist einfach nicht ausreichend in allem, was es gerne wäre, zumindest, wenn man diese Art von Spiel schon einmal zuvor gespielt hat.
Und dennoch, wenn ich durch die bunten Welten springe, wenn ich von tanzender Feder zu tanzender Buchseite haste, dann schaue ich mich um und sehe ein Glänzen in den Augen meiner Freundin. Ein Glänzen, dass ich vor ach so vielen Jahren genau so wohl auch gehabt haben musste. Wenn ich Yooka-Laylee ohne all das Vorwissen, ohne Banjo-Kazooie und Jak und Crash Bandicoot gespielt zu haben sehen würde, ich wäre vermutlich ebenfalls hingerissen. Nicht mehr enttäuscht von allem, was Yooka-Laylee nicht macht, sondern unterhalten von dem was es tut. Egal ob ein Minispiel nun einmal zu oft genutzt wird oder nicht, egal ob die nicht überspringbaren Dialoge von schrecklichem Gebrabbel unterlegt sind. Hat mich doch damals auch nicht gestört. Vielleicht ist Yooka also einfach nur ein munteres Update all dieser alten Tugenden und Probleme für die heutige Zeit? Dann könnte ich meinen Frieden mit dem Spiel finden. Wenn das heißt, dass Kinder von heute mit den gleichen Gefühlen einem ganzen Genre gegenüber aufwachsen können wie ich damals, dann brauche ich kein Meisterwerk in Chamäleonform. Dann reicht ein unglaublich hübscher, solider Klon. Und auf einen besseren zweiten Teil kann ich immer noch hoffen. Den haben Banjo-Kazooie, Crash Bandicoot und Ratchet & Clank ja damals auch bekommen.
1 Kommentar
3D-Hüpfer waren zwar nie mein Genre, aber ich glaube, Playtonic hatten hier nicht nur mit den üblichen Problemen der Spieleentwicklung zu kämpfen, sondern waren auch von der Erwartungshaltung der KS-Backer etwas gelähmt. Viele Unterstützer wollten eben genau das haben, was sie von damals (vom N64) kannten, andere wiederum eine modernisierte Neuauflage der Klassiker. Am Ende wollte man wohl einfach einen Mittelweg finden und hat dadurch weder das eine noch das andere so richtig hinbekommen.