Nostalgie ist ein tückisches Ding. Wie sehr lieben wir den ganzen Kram von Vorgestern, der uns begleitet und geprägt hat. Wie groß ist die Enttäuschung, sobald wir feststellen, dass wenig vom Glanz vergangener Tage übrig ist, wenn wir uns die Objekte unserer Verehrung erneut beschauen. Ich liebe das SNES, aber wenn ich heute eines der Spiele von damals einlege, bin ich häufig ernüchtert und traurig darüber, dass ich die Faszination aus Kindertagen nicht wiedererwecken kann. Denn das sieht alles nicht so toll aus, wie in meiner Erinnerung und überhaupt ist das alles viel zu schwierig, wer hat denn Zeit für so einen Mist!
Owlboy tut mir den Gefallen, genau in diese SNES-Nostalgiekerbe zu hauen, ohne zu viele Fehler der Vorbilder zu wiederholen. Es sieht so aus und spielt sich so, wie ich mir 16-Bit-Spiele vor meinem geistigen Auge vorstelle. Nach zeitweiser PC-Exklusivität sollte das Metroidvania nun auch für Konsolen erscheinen, was jedoch nicht ganz funktioniert hat. Während die Switch bereits bedient wurde, müssen Freund_innen von Xbox One und PS4 noch ein wenig länger auf ihre Umsetzung warten. Für mich kein Problem, da ich einerseits Besitzer einer Switch bin und es mir andererseits folgerichtig erschien, diese 16-Bit-Hommage auf einer Nintendokonsole zu spielen.
Ob die Entwickler D-Pad 2007 bereits vorausahnten, dass Eulen fester Bestandteil der „Guck mal, wie putzig!“-Sphäre des Internets werden würden, ist nicht verbürgt. Allerdings begannen sie in jenem Jahr die Entwicklung von Owlboy und benötigten ein knappes Jahrzehnt voller Neustarts und Anpassungen, bis endlich die Veröffentlichung bekannt gegeben werden konnte. Und während vielen Spielen eine überlange Entwicklungszeit nicht gut tut (vgl. Duke Nukem Forever), scheint hier das Gegenteil der Fall zu sein. Trotz diverser Verschiebungen wurde für den Eulenjungen am Ende doch alles gut.
Warum genau die Entwicklung von Owlboy so lange gedauert hat, ist mir nicht bekannt. Dass der Großteil der Zeit nicht für die Ausarbeitung der Geschichte draufgegangen ist, darf aber als gesichert gelten. Held Otus ist eine junge Eule, die von Lehrmeister Asio gepiesackt wird. Denn er ist tollpatschig, kann nichts besonders gut und ist aufgrund seiner Unfähigkeit zu sprechen auch nicht in der Lage, sich verbal zu verteidigen. Die Eulen, die in Owlboy Wächter aus mythischer Vorzeit sind, können nur mittels eines Eulenumhangs fliegen, den Otus am Anfang des Spiels von Asio erhält. Kaum kann er sich mühsam in der Luft halten, geht der Ärger schon los. Piraten fallen ins Land ein, sie möchten eine Maschine der alten Eulen zerstören, aber nein, die Maschine ist schon defekt, was wollten sie dann, ach ein mächtiges Artefakt, und die Piraten sind eigentlich von den alten Eulen erschaffene Roboter und nun ja.
Das spielerische Vorbild der Entwickler war Super Mario Bros 3. Im Gegensatz zu Mario bewegt sich Otus aber eben nicht nur laufend und hüpfend, sondern größtenteils fliegend fort. Dementsprechend spielt die vertikale Bewegung eine große Rolle in Owlboy. Wir flattern von Plattform zu Plattform, sprechen mit NPCs, sammeln allerlei Münzen und Powerups ein und erwehren uns verschiedener Feinde. Das Besondere daran ist, dass Otus selbst bis auf eine Wirbelattacke fast wehrlos ist. Möchte er Projektile einsetzen, muss er sich erst seinen Kumpel Geddy von der Stadtwache oder den übergelaufenen Roboterpiraten Alphonse krallen, mit dessen Hilfe auf die Gegner geschossen wird.
Was erstmal umständlich klingt, erweist sich als praktisch und intuitiv. Zu den bewaffneten Unterstützern gesellt sich später noch der als Spinne verkleidete Käfer Twig, mit dessen Hilfe er sich in Spider-Man-Manier durch die Gegend hangeln kann. Wie für Metroidvanias typisch, öffnen sich so mit neuen Fähigkeiten vorher unzugängliche Bereiche. Das alles klingt bekannt, genreerschütternde Innovationen erwarten uns nicht. Aber das ist auch nicht der Anspruch des Spiels. Vielmehr handelt es sich um ein Ode an das Platformer-Gerne. Die Pixelgrafik ist bezaubernd und entspricht, wie gesagt, den Wunschvorstellungen die wir alten Nostalgiesäcke von der seligen 16-Bit-Optik haben. Nichts ist originell, aber alles ist wunderschön.
Gleiches gilt für die Spielmechanik. Man könnte unken, dass in diesem Bereich seit Symphony of the Night eh alles gesagt ist. Das ist einerseits richtig, andererseits spielt sich Owlboy aber so knackig und eingängig, dass es einfach nur eine Freude ist. Der einzige Grund, warum ich hier nicht das Polyneux-Verdienstkreuz erster Klasse am Band verleihe, ist der Umstand, dass mir das Spiel am Ende zu schwierig wurde und lästige Schleichpassagen mich letztlich zum Aufgeben zwangen. Aller nostalgischen Verklärung zum Trotz warf ich irgendwann aus Frust das Handtuch und hatte bis jetzt keinen Bock es wieder aufzuheben. Denn wenn ich bei aller Vergangenheitsgeilheit eines nicht brauche, dann sind es Spiele, die mit affigen Schwierigkeitsgraden meine Zeit verschwenden. Außer Super Meat Boy. Da ist das okay.
Doch obwohl ich das Ende von Owlboy niemals sehen werde, bereue ich meinen Ausflug ins Eulen — äh — paradies keineswegs. Wer einen charmanten Plattformer bzw. ein kompetentes Metroidvania mit Wohlfühlgrafik und putzigen Figuren sucht, der ist hier genau richtig. Und wenn ihr nur ein bisschen krasser drauf seid als ich, werdet ihr das Spiel bestimmt auch hammerhart durchziehen und dafür dann mit einer Spitzenendsequenz belohnt. Ihr könnt dann ja mal Bescheid sagen, wie die so war.
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