Ja, ein Juggler muss natürlich kein Jongleur sein, sondern kann auch ein Gaukler sein. Als irgendsowas wird Abby wohl arbeiten, auch wenn sie mit ihren Kunststücken am seidenen Faden oft eher wie eine Akrobatin wirkt.
Aber auch wundervolle Marionetten-Akrobatinnen sind in einer kapitalistischen Welt offenbar dem Willen ihrer unterdrückerischen Chefs ausgesetzt. So dürfen Abby und ihr Bärenfreund Urs (nicht unserer) nur genau das tun, was ihr Zirkusdirektor ihnen aufträgt. Abseits ihrer Auftritte sperrt er sie in dunkle Käfige ein und erlaubt ihnen keinerlei Freiheiten. Irgendwann wird es dem Mädchen aber zu viel. Sie befreit sich und ihren Freund aus ihren Gefängnissen und wagt einen Fluchtversuch. Als der Direktor diesen bemerkt und ihnen folgt, erweist der große Urs ihr einen Bärendienst und bleibt als Ablenkung zurück.
So zieht Abby nun alleine und entschlossenen Schrittes durch die Welt, versucht den bösen Schergen des Direktors zu entkommen, die sie wieder einfangen sollen und muss sich dabei auch noch immer von einem immer herablassender klingenden Erzähler vollquatschen lassen. Er spricht nicht nur in Reimen, sondern schreibt ihr – genau wie der letzte Chef auch schon – vor, wo ihre Fäden sie seiner Meinung nach hinzutragen hätten. Und das schließt für ihn natürlich die mit leichter Platformer-Mechanik zu überwindenden Hindernisse auf ihrem Weg aus.
Abby lässt sich das aber zum Glück immer weniger gefallen und stellt fest, dass ihr vermeintlicher Helfer sie eigentlich nur zurückhalten und seinem Willen beugen will. Der beinhaltet leider kein eigenständiges Leben außerhalb seines Einflusses und ganz ehrlich wer braucht solche Leute schon um sich?
Sie entfernt sich immer weiter von allem, was der Erzähler von ihr will – und von ihm zum Glück auch. Wie man es von so einem Typen erwarten würde, kommt er mit Zurückweisung nicht gut zurecht und verzweifelt daran, dass sich seine Herrschaft dem Ende neigt. Aber was will man tun? Die Zeiten ändern sich eben, werter Herr! Lass Abby gefälligst zu sich selbst finden! Nieder mit dem Patriarchat!
*räusper* Entschuldigung, wo war ich? Achso, das Spiel, richtig.. Ich mein, ihr sehr ja selbst, was der Ludwigsburger Developer kaleidoscube aus seinem ehemaligen Studienprojekt-Adventure gezaubert hat. Für die Spielenden wird in jedem Kapitelübergang der Vorhang geöffnet, um klarzumachen, dass Abbys Geschichte im Puppentheater nur zu unserer Unterhaltung aufgeführt wird. Da ich aber die Steuerung der Protagonistin übernommen habe und der vermeintlich allwissende und allmächtige Erzähler immer unsympathischer wurde, fühlte es sich umso befriedigender an, aĺs ich mir sein Verhalten nicht mehr gefallen lassen musste und ihm auf der Nase herum tanzen konnte.
Märchenhaft sind hier nicht nur die unfassbar hübsche Grafik und die Erzählung in Reimform, sondern auch die Geschichte an sich. Ein unterdrücktes, junges Mädchen befreit sich (im wahrsten Sinne des Wortes) aus ihren Fesseln, erkundet die Welt und.. lernt zum Glück nicht ganz platt ihren Prinzen, sondern sich selbst kennen. Und das alles abseits ihrer alten Welt, diesmal ohne gläserne Decken und Leuten, die ständig an einem rumzerren.
3 Kommentare
Erzähler in Reimen erinnert erstmal unangenehm an den Gringe! Ist es synchronisiert? Der Rest klingt gut, schreib ich mir auf die Liste!
Ich muss ja gestehen, dass ich den Grinch bisher weder gelesen noch gesehen habe. Lohnt sich das noch? Das Spiel ist Deutsch vertont, ja! Das ist tatsächlich auch die Originalsprache, das Englische ist die Übersetzung, soweit ich weiß, da es einem kleineren Studienprojekt entsprungen ist. Da kommt man also wunderbar ohne nervige Sprachenschere durch!
wer “Eine schöne Bescherung” mag, wird wohl auch was mit dem Gringe (sic!) anfagnen können. Aber nein, muss man nicht gucken, keine Jim-Carrey-Glanzstunde! Mir war bis grade nicht mal klar, das dazu ein Buch existiert, und mir hat nichts gefehlt ;-)