Ninja Gaiden II Black war im Januar der Shadow Drop der Xbox Developer Direct – wie es sich für einen vernünftigen Ninja gehört. Bis dahin hatte ich von der Serie noch keinen Teil gespielt, abgeschreckt von Interneterzählungen über den hohen Schwierigkeitsgrad. Doch Zeiten ändern sich und als knallharter Souls-Veteran halten mich Mythen über Schwierigkeitsgrade nicht mehr ab – vor allem bei Spielen im Game Pass. Doch die Parallelen zwischen Soulslikes und Ninja Gaiden II Black sind auch nicht besonders zahlreich: Es gibt limitierte Heilungstränke, begrenzte Möglichkeiten, Waffen zu verbessern und schwierige, mitunter hochhausgroße Endbosse, die im Laufe des Spiels gern mal recycelt werden. Dazu noch eine Kamera, die in ihrer Trägheit oft vom Geschehen überfordert ist und mich immer wieder ohne Übersicht hinterließ. Perfekt!
Ninja Gaiden ist ein High-Speed-Hack’n’Slash und komplett frei von Charakterklassen oder Skill Trees. Vorteile hat, wer sich Tastenkombinationen merken und blitzschnell in den Controller tippen kann. Aber auch Buttonmasher:innen kommen ziemlich gut durchs Spiel. Wie so oft, wenn es um Schwierigkeitsgrade geht, sind Online-Communities und deren Interpretationen dazu eher das Problem. Schon bei einer kurzen Recherche stieß ich immer wieder auf Kommentare, die das einmalige Durchspielen nur als Warm-up herunterredeten. Das Spiel sei dafür gemacht, mehrfach durchgespielt zu werden und selbstverständlich verstünde man den wirklichen Reiz erst nach Abschluss des schwersten Schwierigkeitsgrades.
Das ist natürlich toxischer Blödsinn. Ich habe Ninja Gaiden II Black auf normaler Schwierigkeit durchgespielt und das hat schon etwa 12 Stunden gedauert. Es war hin und wieder herausfordernd, aber niemals frustrierend schwer. Und das war auch gut so, denn so blieb’s immerhin spaßig. Am Ende war ich nicht besonders scharf darauf, beim erneuten Durchspielen noch effizienter Knöpfchen auf meinem Controller drücken zu lernen. Als Remaster eines Titels aus 2008 ist Ninja Gaiden II Black dafür auch zu altbacken. Es gibt immer nur einen Weg durch die Levelschläuche und der Fortschritt wird dabei lediglich von steten Gegnerwellen verzögert. Zum Ende werden auch die Level zusehends hässlicher. In bester Super-Mario-Manier gibt’s ein obligatorisches Bösewicht-Lava-Level, dass an Beliebigkeit wohl schon vor 17 Jahren kaum zu übertreffen war.
Der beste Aspekt von Ninja Gaiden ist der Kampf. Selbst ohne langes Studieren der Kombolisten bekommt man Hauptfigur Ryu schnell dazu, atemberaubende Schlagabfolgen zu absolvieren. Die unterschiedlichen Waffen beeinflussen dabei die Schwierigkeit des Spiels stark. Ich habe recht schnell einen Kampfstab für mich entdeckt. Dieser hat vollkommen hochgelevelt jeweils einen Morgenstern an seinen Enden. Das sieht nicht nur cool aus, es brachte mehr Distanz zwischen mich und meine Angreifer und mit einer im Grunde unaufhaltsamen Wirbelattacke war er das letzte, was Ninjas, Werwölfe und anderes Viehzeug sahen. Dann flogen Köpfe, Arme, Beine und Blutfontänen über den Bildschirm und Ryus Waffen fühlen sich auch auf der anderen Seite des Controllers messerscharf an. Gegnerische Ninjas bleiben auch ohne Beine brandgefährlich – sobald sie Gliedmaßen verlieren, robben sie mit gruseliger Geschwindigkeit auf Ryu zu und zünden als letzte Verzweiflungstat Granaten.
Der schlimmste Gegner ist aber die Kamera. Sie verdeckt das Kampfgeschehen, spackt entweder wild herum oder ist wahnsinnig träge, wenn man schießende Gegner in der Ferne priorisieren muss. Bei den wenigen Platforming-Abschnitten im Spiel hätte ich vor Frust beinahe die Analogsticks meines Controllers abgebissen. Es macht zudem schnelle Bossgegner zur besonderen Herausforderung, gerade im letzten Drittel. Die Bosse selbst sind abwechslungsreich, in ihrem Design aber auch komplett beliebig: Es gibt riesige Drachen und andere Fabelwesen, Gottheiten, vierarmige Werwölfe, Höllendämonen und stinknormale Ninjas. Wie die alle in eine Erzählung passen? Tja, dazu hätte ich wohl die beknackte Story des Spiels verstehen müssen.
Die wird erzählt, als wäre Ninja Gaiden II Black einer dieser unsäglichen Netflix-Spionage-Thriller. Ryu jettet von Tokio über New York nach Venedig oder Moskau, um eine Invasion von Dämonen zu vereiteln. Es gibt zwar Zwischensequenzen, doch die Handlung selbst wird durch kurze Introtexte vor dem jeweiligen Spielabschnitt erzählt. Grob zusammengefasst: große Monster = große Gefahr für die Welt. Wer ernsthaft verstehen will, warum in Venedig am helllichten Tage Werwölfe in einem Kolosseum kämpfen oder warum man einen riesigen Knochendinosaurier und einen gehörnten Typen mit blauen Flügeln besiegen muss, der kann sicher ein Wiki lesen. Es ist alles ziemlich blöd, aber durchaus unterhaltsam: An einem Punkt kämpft Ryu gegen einen Ninja Overlord in einem abstürzenden Flugzeug. Der Kampf endet kurz vor dem Crash und Ryu überlebt, weil er rechtzeitig mit einem Motorrad aus dem Flugzeug springt. Er landet in einer schneebedeckten Gebirgslandschaft, verliert direkt die Kontrolle über sein Motorrad, das explodierend einen Abgrund hinabrauscht. Ryu selbst bleibt erneut unverletzt und muss sofort gegen ein Lava-Gürteltier kämpfen, das aus dem explodierenden Flugzeug angerollt kommt. All das passierte in ca. drei Minuten Spielzeit und als Fast-and-Furios-Apologet akzeptierte ich das einfach.
Handfest genervt haben mich dagegen die zusätzlichen Spielfiguren. Denn Ryu bekommt an bestimmten Stellen Unterstützung von den weiblichen Kämpferinnen Rachel, Ayane und Momiji. Die drei dürfen jeweils ein Level, das man mit Ryu schon beendet hat, nochmals durchlaufen. Mit ihren eigenen Waffen und Movesets unterscheiden sie sich mitunter stark von Ryu, aber vermisst hätte ich diese Ausflüge keinesfalls. Vor allem, weil mir dann die Outfits erspart geblieben wären, die schon 2008 ekelhafter Dreck waren. Ist es wirklich eine Frau, wenn ihr nicht fast die Brüste aus dem Dekolleté fallen oder wenn nicht mindestens eine Figur im knappen Lederaufzug mit Overknees durch die Spielwelt wackelt? Team Ninja sagt: nein.
Trotz dieser Ausfälle war ich am Ende überrascht, wie gut mir Ninja Gaiden II Black gefiel. Das lag vor allem daran, dass ich selbst beim wilden Controller-Gehämmere mächtige Kombos entfesselte und das Zerlegen der Gegnerhorden bis zum Spielende wahnsinnig spaßig blieb. Ninja Gaiden 4 kann kommen!
Neueste Kommentare