Du bist tot. Du bist tot. Du bist tot. Du bist tot. Du bist tot. Du bist tot. Du bist tot. Du bist tot. Du bist tot. Du bist tot. Du bist tot. Du bist tot. Du bist tot. Du bist tot. Du bist tot. Du bist tot. Du bist tot. Du bist tot. Du bist tot. Du bist tot. Du bist tot. Du bist tot. Du bist tot. Du bist tot. Du bist tot. Du bist tot. Du bist tot. Du bist tot. Du bist tot. Du bist tot. Du bist tot. Du bist tot. Du bist tot. Du bist tot. Du bist tot. Du bist tot. Du bist tot. Du bist tot. Du bist tot. Du bist tot. Du bist tot. Du bist tot.
Doreen: Der Tod ist bei Super Meat Boy allgegenwärtig. Kaum ein Level vergeht, ohne das er sterben muss. Ist es ein Fehlsprung, ein unüberwindbar großes Zahnrad oder ein heisses Lavabecken, alles lädt zum sterben ein. Das Spiel bringt mich zum Fluchen und zum Feuer spucken. Ich denke an kochendes Wasser und rasselnde Ketten, erinnere ich mich an meinen Todeszähler, der in einigen Leveln bis auf 120 hochging. Der Einstieg ist seicht, einfach, fast schon belanglos. Doch dann im zweiten Kapitel wurde mir klar, dass Super Meat Boy ein Videospiel mit einem verstecken Anspruch ist, dem Spieler unendliche Geduld abverlangt und vielleicht sogar eine gewisse Sturheit voraussetzt. Es kann sonst durchaus passieren, dass man das Spiel kauft und über das dritte Kapitel niemals hinaus kommt weil man feststellen muss, dass man einfach nicht die richtige Gamertype für ein derartiges Spiel ist.
Richtig interessant finde ich Super Meat Boy in einem Aspekt: Der Umgang mit dem Tod unserer Spielfigur, der sich irgendwie so ganz von dem unterscheidet, was man sonst so spielt. Bei Super Meat Boy wird nicht getrauert, wenn wir sterben. Wir haben gar nicht erst die Möglichkeit, über unser Ableben traurig zu sein. Kaum sind wir mal wieder fröhlich in ein sich drehendes Zahnrad gesprungen, macht es kurz „Matsch“ und schon stehen wir wieder am Startpunkt des Levels, ohne Pause, ohne „Sie sind tot“-Einblendung, ohne Musikwechsel. Das Spiel zwingt einen so, es sofort wieder zu versuchen, wieder und wieder und wieder. Und man tut es tatsächlich und ich fühlte mich fast schon psychologisch manipuliert. Noch niemals bin ich so oft in einem Videospiel gestorben wie hier und ich war nicht einmal so richtig traurig deswegen. Geärgert habe ich mich häufig. Sehr häufig! Extrem häufig! Und jedes Mal gab ich mir selbst die Schuld daran, nicht dem Spiel. Ich gebe zu, Super Meat Boy hat wirklich einen merkwürdigen Umgang mit dem Tod an sich. Er kommt zwar oft vor, man soll aber nicht sehr lange über ihn nachdenken. Man soll die Level spielen, bis man sie geschafft hat. Der Todeszähler ist im Grunde nur schnödes Beiwerk, um die XBL-Friendslist an deinem Versagen teilhaben zu lassen. Spaßiges Feature!
Super Meat Boy ist faszinierend und groß. Über dreihundert Level bekommen wir vorgesetzt und es sollen noch einige dazukommen. Ihr Design ist clever durchdacht, sie sind knifflig, aber niemals so undurchsichtig, dass man beginnt zu hadern. Man scheitert meistens am richtigen Timing oder man rutscht falsch, oder springt zu früh, oder oder oder. Ja, Super Meat Boy hat einen hohen Schwierigkeitsgrad und selbst wenn man die Lichtwelt durchspielen konnte, hält das Spiel noch die Dunkelwelt für uns parat. Wir können das Ende erreichen, obwohl wir erst die Hälfte der Level bewältigt haben. Jeder kann selbst entscheiden, wie und in welchem Umfang er sich Super Meat Boy stellen möchte. Ich mag das Spiel für seine Simplizität, die einfache Steuerung, das einfache Ziel, die kurzen und knackigen Level und dafür, dass es perfekt für Zwischendurch ist. Hat man mal nur fünfzehn Minuten Zeit zwischen Essen kochen und dem Weg zum Job, kann man ja mal ein oder zwei Level versuchen und die Xbox dann wieder ausschalten. Hat man hingegen viel Zeit, schafft es Super Meat Boy aber auch, einen locker für einige Stunden zu fesseln, zu foltern und einem neue Schimpfworte beizubringen. Musikalisch hinterlegt ist das Spiel mit einem famosen Soundtrack, der nicht nur für Chiptunes-Liebhaber eine kleine Offenbarung sein dürfte.
Dennoch sollte man vorsichtig sein! Beim Spielen von Super Meat Boy neigt man eventuell zu vermehrter Schweißproduktion der Hände oder ist dem erhöhten Risiko einer Sehnenscheidenentzündung ausgesetzt. Und nun kauft es euch! Pling.
Manu: Das faszinierendste an Super Meat Boy ist in meinen Augen, dass man spätestens ab der vierten Welt beim ersten Anblick des Levels immer denkt: “WTF, wie soll ich das denn schaffen?!?“. Jedes Mal. Dennoch: bereits beim zweiten, dritten Bildschirmtod merkt man, wie man sich Stück für Stück dem Ziel nähert. Mit jedem Versuch merkt man, wie man die Architektur des Levels in den Griff bekommt, wie man mit jedem Sprung dem richtigen, unabdingbaren Timing auf die Schliche kommt.
Hat man es dann geschafft, ist es ein schier unbeschreibliches Gefühl, auf sein altes Ich zurück zu blicken, das nur im Schock “WTF” denken konnte. Jetzt fliegt man, als unerschrockener Held und Meister seines Fachs förmlich durch diesen, für Außenstehende schier unbezwingbar wirkenden Level voller tödlicher Gefahren.
Super Meat Boy ist der Inbegriff des pixelgewordenen Belohnungsprinzips. Die dafür zuständigen Rezeptoren in meinem Gehirn müssen von dem ständigen Wechsel zwischen “Uff, holy Shit, was für eine Herausforderung!” und dem kurz darauf folgendem “Yeah! Fuck! Geschafft!” gerade zu mit Glückshormonen zugeschüttet werden. Anders kann ich mir nicht erklären, wie ich selbst in der letzten Welt noch so viel Motivation für die wirklich fiesen, drecksschwierigen Zumutungen aufbringen kann, die die zwei Jungs von Team Meat mir als Level servieren.
Dass auch diese Hürde machbar ist, dass sich die Anstrengung lohnt, habe ich ja in den Leveln zuvor gelernt. Mit etwas Fleiß, Schweiß und blutigem Daumen werde ich meinen nächsten Kick in Kürze erhalten. Erhalten müssen! Mir ist egal wie schwer der Level scheint. Die Belohnung, das Gefühl des Stolzes, der Erleichterung, der Drogenrausch durch den Kick meiner Hormone sind so befriedigend, wie ich es bei (fast) keinem anderen Spiel zuvor erlebt habe.
Daniel: „Im flow-Zustand folgt Handlung auf Handlung, und zwar nach einer inneren Logik, welche kein bewusstes Eingreifen von Seiten des Handelnden zu erfordern scheint. Er erlebt den Prozess als einheitliches „Fließen“ von einem Augenblick zum nächsten, wobei er Meister seines Handelns ist und kaum eine Trennung zwischen sich und der Umwelt, zwischen Stimulus und Reaktion, oder zwischen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft spürt.“ (Mihaly Csikszentmihalyi (http://de.wikipedia.org/wiki/Mihaly_Csikszentmihalyi), 1975.)
Wer sich bei Super Meat Boy zu sehr auf seinen Kopf verlässt, der landet ganz schnell in der nächsten Kreissäge. Viel mehr sollte er sich auf die direkte Verbindung von Auge und Finger konzentrieren. Wobei bewusstes konzentrieren auch keine besonders gute Idee ist. Er muss sich einfach fallen lassen und in Seelenruhe durch das Chaos aus tödlichen Fallen wandern, immer und immer wieder scheitern, bis sich die richtigen Sprünge in das Gedächtnis der Daumenmuskeln eingebrannt haben und der oben beschriebene flow einsetzt. Dann gleitet der kleine Fleischklops ohne Mühe, beinah schwerelos vorbei an jedem Hindernis und landet sicher bei seiner geliebten Herzdame.
In der Realität sah das bei mir meist anders aus. Murmelnd steuerte ich Meat Boy durch die Level und wand mich in ekstatischen Bewegungen auf dem Sofa hin und her. Bei Versagen wurde mit den Füßen aufgestampft und bei Erfolg flogen die Arme in die Höhe. In den letzten Leveln von Welt 6 spielte ich mich schließlich in den flow-Zustand. Lange Sprungpassagen sollten gemeistert werden und natürlich waren die letzten Hindernisse die schwersten. Hunderte von Anläufen führten nur zu blutigen Flecken, jeder ein Zeugnis meiner Unfähigkeit. Doch irgendwann folgte Sprung auf Sprung. Es schien sich eine innere Logik manifestiert zu haben und ohne mein bewusstes Eingreifen sprang Meat Boy vorbei an jeder tödlichen Falle. In einem Zustand des Fließens erlebte ich die Aneinanderreihung von Augenblicken. Ich, der Controller, das Sofa, Meat Boy und jeder Pixel auf dem Monitor wurden eins und die Zeit schien stillzustehen. Ich hatte den flow erlebt.
8 Kommentare
Super Meatboy… ich liebe dieses Spiel… ich hasse dieses Spiel… ich liebe es wieder.
Toll wie ein Spiel so einen wechsel aus aus “Fuck” und “Wooohooo” in einem erzeugen kann.
Durch den Artikel angeregt habe ich mir jetzt erstmal die Demo auf XBLA reingezogen.
Mannmannmann, ist das ‘ne geile Sache! Wär ich nicht so sozial eingestellt, hätte ich meine Kollegen heute abend alleine Starcraft zocken lassen und mir lieber SMB reingezogen. 8)
Das Spiel ist so interessant wie mit abgekauten Fingernägeln versuchen Nasenhaare auszureisen. 500 mal lang ich daneben um mich beim 501. Versuch dann zu freuen das ich es doch geschafft habe.
Toller Beitrag. Ich mag euren Blog ^^ lese ihn schon länger und regelmäßig ^^
Danke für das Kompliment, Pascal! Schade, dass wir es nicht zurückgeben können… ;D :P
Ich habe mich sehr amüsiert bei dem lesen dieses Artikels. Haha. Ich lache immer noch. Weiter machen.
Werde mir die Intro-Ideee für meinen Brotherhood-Artikel klauen. Desynchronized, Desynchronized, Desynchronized,Desynchronized, Desynchronized… aargh.
Bin bei Super Meat Boy hin und her gerissen. Erstens bin ich in der Demo schon nicht sehr weit gekommen und zweitens gibt es das Spiel doch als Flashversion gratis, oder unterscheidet sich das großartig? Ich hab hier gerade 4600 Points liegen und weiß einfach nicht, wofür ich die ausgeben soll. Alles, was sich nett anhört, verliert schon in der Demo seinen Reiz. Kann Shadow Complex 2 bitte endlich mal kommen?
Soweit ich weiß, sind zwischen Flash- und XBLA-Version nur die Grundidee identisch. Level, Musik, Steuerung (Gamepad>Tastatur) sind alle anders.
Wer allerdings nicht mit ein wenig Frust umgehen kann und schon bei der Demo keine Lust mehr hat, der sollte sich SMB nicht kaufen. Dem helfen die vielen Hundert folgenden Level auch nicht und somit ist es rausgeschmissenes Geld.