Da in den letzten zwei Monaten tonnenweise Spiele erschienen sind und ich tatsächlich so blöde war, mir auch fast alle zu kaufen, die mich persönlich interessiert haben, blieb leider keine Zeit mehr, um noch anständige Artikel zu allen zu schreiben. Ehrlich gesagt ist es mir rückblickend sogar ein Rätsel, wie ich die überhaupt alle spielen konnte, ohne von meiner Familie vor die Tür gesetzt zu werden … Glücklicherweise gibt es ja meine kleine schnuckelige Rubrik „Im Schnelldurchlauf …“, in welcher ich dann, ganz entgegen meiner sonstigen Gewohnheit, auch mal etwas kürzere Eindrücke zu Spielen in die Welt hinausrotze. Und da ja Weihnachten direkt vor der Tür steht, dienen die folgenden Kurzrezensionen vielleicht dem einen oder anderen Junkie noch als Impuls für den Last-Minute-Kauf vor den verdienten freien Tagen…
Metroid Prime 3 (Wii)
Man kann mir wirklich nicht vorwerfen, ich hätte mir keine Mühe mit der Metroid Prime-Saga gegeben. Ich habe x-mal versucht, MP2 auf dem Cube etwas abzugewinnen. Immerhin handelt es sich ja um eine Serie, die sehr viele Leute für ganz großes Pong ohne Fernseher halten. Es wollte aber einfach nicht klappen. MP2 und ich, wir wurden einfach keine Freunde. Dabei lag es nicht einmal am ewigen Scannen von Dingen. Mir ist durchaus bewusst, dass MP2 eigentlich gar kein Ego-Shooter ist, sondern ein als Ego-Shooter getarntes Adventure. Viele vergleichen es eher mit Zelda, aber ich sage, es ist ein als Ego-Shooter verkleidetes Myst. Warum gerade Myst? Weil die Spielwelt auf mich ebenso steril und kalt wirkt wie dieses Render-Puzzle-Adventure, das sich aus mir unerklärlichen Gründen Anfang der 90er wie Geschnitten Brot verkaufte. Sogar die Welt vom großartigen Tron 2.0, das ja aufgrund des Settings logischerweise eine sterile Optik besaß, war noch wesentlich lebendiger als die MP-Spiele.
Trotzdem habe ich mir Metroid Prime 3: Corruption gekauft. Immerhin ist es einer der ganz großen Wii-Titel des diesjährigen Vorweihnachtsgeschäftes und außerdem sollte es mehr Shooter sein als seine beiden Vorgänger. Tatsächlich ist es auch um einiges actionreicher, die Steuerung funktioniert sehr gut und sogar die lose Spielführung der Vorgänger wurde erheblich gestrafft, so dass man nicht mehr stundenlang herumirrt und rätselt, was man wohl als nächstes zu tun hat. MP3 ist Alles in Allem auf jeden Fall wesentlich zugänglicher geworden als die ersten beiden Teile. Was ich weniger nachvollziehen kann, sind die vielen Leute, die behaupten, es würde ganz großartig aussehen. Sorry, aber im Wesentlichen sieht MP3 nicht soooo viel besser aus als MP2, welchem ich kürzlich eine letzte Chance gab und daher den direkten Vergleich noch recht frisch im Kopf habe.
Der größte Verdienst des Spiels ist es aber, dass es mir endlich die Augen geöffnet hat! Ich mag MP3 zwar ebenso wenig wie die anderen Teile, weiß jetzt aber endlich zweifelsfrei, woran es liegt: Es ist tatsächlich die Spielwelt! Das Charakter- und Leveldesign spricht mich einfach nicht an. Dieses Gefühl der abstrakten Künstlichkeit, welches mich abstößt, kann MP3 auch dadurch nicht abstellen, dass es wesentlich mehr Gegner und NPCs in die Level packt. Metroid Prime 3 entwickelt für mich absolut keine Immersion. Das ganze Spiel wirkt auf mich irgendwie „unecht“ und lässt mich dadurch, obwohl ich den Protagonisten aktiv steuere, in der Rolle des reinen Betrachters verharren. Keine Chance, mich irgendwie als Teil der Spielwelt zu begreifen.
Dadurch dass MP3 vieles besser (sprich: zugänglicher) macht als seine Vorgänger (Na ja, dass man teilweise immer noch stundenlang durch die Gegend latschen muss, um speichern zu können, macht MP3 ebenso familien-inkompatibel wie die anderen Teile…), kann ich diverse Punkte als Ursache für meine Antipathie ausschließen, die ich vorher noch in Betracht zog. Ob diese persönliche Erkenntnis nun unbedingt 50 Euronen wert war, ist allerdings eine andere Geschichte…
Trauma Center: Second Opinion (Wii)
Das Trauma Center für die Wii habe ich geschenkt bekommen. Das soll jetzt aber keine Ausrede sein, denn immerhin hat mir SpielerinZwei gleich gesagt, dass es kein Problem sei, das Spiel umzutauschen. Ich entschied mich aber dafür, dem Operations-Kit eine Chance zu geben.
Leider erwies sich dies als großer Fehler, denn ich konnte rein gar nichts mit dem Teil anfangen. Natürlich merkt man dem Gameplay an, warum es auf dem DS ein solcher Hit gewesen ist. Ich kann mir richtig gut vorstellen, wie man das Spiel mit dem Stylus steuert. Und auch die Wii-Steuerung ist ziemlich eingängig. Allerdings hat Second Opinion zwei ganz große Pferdefüsse, die mir den Zugang zu dem Spiel gänzlich verwehrten:
Zunächst ist da mal der unverschämte Schwierigkeitsgrad, der einen dazu zwingt das Spiel ernsthaft zu spielen. Macht man mal ein paar Tage Pause, kann man eigentlich gleich wieder von vorne anfangen, weil die Operationsgrundlagen weder in einer Datenbank im Spiel noch im Handbuch irgendwo erklärt werden. Einzig im Tutorial während der ersten Operationen erlernt man die Grundlagen. Hat man diese nach 1-2 Wochen Pause nicht mehr parat, kann man entweder per „Trial and Error“ planlos unter Zeitdruck im Patienten herumstochern oder einfach von Neuem beginnen, was im Zweifel weniger Zeit und Nerven kostet. Eine kleine Datenbank mit grundsätzlichen Infos zu bereits erlernten Techniken und Instrumenten innerhalb des Spiels hätte da Wunder gewirkt, aber so …?
Noch viel schlimmer ist die Präsentation des Spiels: Stellt Euch mal die käsigste Ärzte-Soap der Welt vor. Seid Ihr soweit? Gut. Nun multipliziert die Käsigkeit dieser imaginären Fernsehserie mal Hundert. OK? So, jetzt habt Ihr eine wage Vorstellung davon, wie schlecht die Geschichte und ihre Protagonisten herüberkommen! Und dass Ihr mich nicht etwa falsch versteht: Second Opinion ist nicht auf eine trashig-lustige Art der König der Käsegeschichten. Nein. Es nimmt sich selbst tatsächlich völlig ernst. Ich persönlich empfand dies als so unerträglich, dass ich auch keinerlei Motivation mehr aufbrachte, mich durch das arsch-schwere Gameplay zu wurschteln. Totaler Käse!
Und falls Ihr denkt, SpielerinZwei hätte das Ganze ja vielleicht besser gefallen, so von wegen „Weiber stehen doch total auf diese Weißkittel-Serien!“, dann seid Ihr leider auf dem Holzweg. Während sie mir beim Spielen zusah, saß sie mit versteinerter Mine auf dem Sofa und schüttelte gelegentlich leicht den Kopf oder runzelte die Stirn. Vielleicht hat sie sich gefragt, warum sie mir nicht ein anderes Spiel geschenkt hat…
Guitar Hero 3 (PS2)
Die Luft ist irgendwie raus aus der Gitarre. Vor Kurzem habe ich mich ja noch mächtig über die unsägliche „Tracklist des Todes“ der 80er-Ausgabe von Guitar Hero aufgeregt. In dieser Hinsicht kann man Guitar Hero 3, welches nicht mehr von HARMONIX, sondern Neversoft Entertainment entwickelt wurde, wirklich nichts vorwerfen. Die Songzusammenstellung ist mindestens so gut wie die von GH2, wenn nicht sogar etwas besser. Und nachdem man sich an die vielen kleinen Veränderungen im Detail gewöhnt hat, die Neversoft wahrscheinlich nur deshalb eingebaut haben, um dem Ganzen unnötigerweise einen eigenen Stempel aufzudrücken, ist auch sonst kaum etwas an GH3 zu bemängeln.
Aber irgendwie hat sich das Spiel im Hause SpielerZwei totgelaufen. Wir holen die Gitarren eigentlich nur noch aus dem Schrank, wenn Besuch da ist, wodurch es bei uns quasi zum Partyspiel degradiert wurde (Obwohl der Hauptgrund dafür, dass die Controller im Schrank stehen, natürlich das SpielKind ist. Der steht total auf die Dinger!).
Das Freispielen aller Songs in GH3 empfanden SpielerinZwei und ich eher als Pflichtübung, weniger als Spaß. Von daher können wir auch gut damit leben, dass die PS2-Version weder Online-Multiplay noch Song-Downloads bietet. Wahrscheinlich liegt es daran, dass bei uns so viele Systeme und Spiele im Haushalt herumfliegen, dass wir kaum etwas dauerhaft spielen. Bis auf Mario Kart DD und ein paar andere persönliche Klassiker ziehen wir es halt eher vor, neue Spiele zu spielen, anstatt die alten, egal wie gut sie sind, immer und immer wieder durchzunudeln. Und man kann es drehen und wenden wie man will: Auch GH3 ist am Ende immer noch das gleiche Spiel.
Dass diese Aussage als Wertung des Spiels natürlich keinen Wert für andere Junkies hat, ist schon klar. Daher hier noch ein nicht ganz so persönliches Fazit:
Wer immer noch viel Spaß an Guitar Hero hat und nach neuen Songs dürstet, macht mit GH3 keinen Fehler. Neversoft haben einen sauberen Job bei der Übernahme der Serie geleistet und vor allem eine recht gute Songauswahl (jetzt mit vielen Originalsongs statt nur Coverversionen) getroffen, die den Totalausfall der Encore-Ausgabe fast vergessen lässt. Sofern man noch keine andere GH-Ausgabe besitzt oder kein Problem damit hat, gleich für mehrere Systeme Plastikgitarren in allen Ecken der Wohnung stehen zu haben, sei vielleicht eher die 360-, PS3-, PC- oder Wii-Version empfohlen, denn von den Features her ist die PS2-Version von GH3 eindeutig die ärmste. Auf der anderen Seite hat die PS2-Version allerdings auch nicht mit defekten Controllern oder Mono-Soundausgabe zu kämpfen. Hmmm, schwierige Entscheidung…
Super Mario Galaxy (Wii)
„Warum schreiben die VierSpieler eigentlich keinen Artikel zu Super Mario Galaxy?“ – Diese Frage ist schnell beantwortet: SpielerEins hasst alles, was eine rote Mütze und Schnurrbart trägt. Er kann Mario überhaupt nicht leiden und boykottiert als wohl einziger Nintendo-Konsolen-Besitzer der Welt sogar seit Jahren konsequent die Mario Kart-Reihe, was ich persönlich als absoluten Frevel ansehe …
SpielerDrei und –Vier haben schlicht und einfach (noch) keine Wii.
Und ich? Tja, ich finde SMG einfach großartig. Die ersten 60 Sterne, und damit der (erste) Endkampf mit Bowser, sind für meinen Geschmack ein wenig zu leicht zu erreichen, aber Alles in Allem ist es der Kaufgrund für eine Wii schlechthin. Vor allem nach der großen Sunshine-Enttäuschung auf dem GameCube, war ich vorher nicht voll davon überzeugt, ob Super Mario Galaxy tatsächlich in die übergroßen Fußstapfen von Mario64 treten könnte.
Super Mario Sunshine war ja eigentlich auch ein schön designtes Spiel. Es krankte aber extrem an seinem überzogenen Schwierigkeitsgrad, welcher wiederum hauptsächlich aus der überfrachteten Steuerung resultierte. Das Wasserspritzenteil in Sunshine, welches an sich ja keine schlechte Idee war, führte meiner Meinung nach dazu, dass das Spiel in Punkto Zugänglichkeit völlig scheiterte. Zu viele Möglichkeiten auf zu wenig Gamepadknöpfen…
Wie Ihr seht, wird irgendwie kein Artikel draus. Einfach nur „Find ich super!“ zu sagen, langt nicht. Und auch den anfangs von mir angedachten „Mario64-Sunshine-Galaxy-Vergleich“ fand ich mitten beim Schreiben dann in etwas anderer Form auf einer anderen Website. Da es aber nicht mein Anspruch ist, Dinge zu wiederholen, die schon andere geschrieben haben, habe ich mir einen längeren Artikel zum Spiel dann lieber ganz geschenkt… Dennoch: Kauft es Euch, wenn Ihr es nicht schon lange getan habt. Es lohnt sich!
Crysis (PC)
Ich finde Crysis toll! Das sehen aber anscheinend viele Leute anders. Überall wird recht viel an dem Spiel herumgenörgelt: Zu wenig Freiheit, zu wenig Innovation, zu hohe Hardware-Anforderungen, zu klischeehafte Story, usw.
Zunächst einmal ist Crysis derzeit wohl das bestaussehendste Spiel überhaupt. Außerdem bügelt es den einzigen wirklichen Schwachpunkt aus, den FarCry damals hatte: Die Story. Natürlich ist die Geschichte von Crysis nicht nobelpreisverdächtig. Sie bewegt sich innerhalb der üblichen SF-Action-B-Film-Parameter, was wohl bei mindestens 95% der anderen Spiele auf dem Markt auch der Fall ist. Aber immerhin wird sie recht nett inszeniert und nervt nicht unnötig mit ganz derben Intelligenzausfällen. Das Ende ist deshalb etwas holprig geraten, weil die Geschichte mit einem Cliffhänger für weitere Teile endet. Man kann sicherlich geteilter Meinung sein, wie sinnvoll das ist, aber bei anderen Spielen (hust-Half-Life 2-hust) schluckt die Meute das doch auch klaglos. Und letztendlich ist das immer noch wesentlich mehr als das, was der Vorgänger von 2004 zu bieten hatte.
Die etwas geringere Freiheit gegenüber FarCry resultiert logischerweise daraus, dass Crysis wesentlich mehr Wert auf die Geschichte legt. Wir hatten das Thema doch erst kürzlich bei Bioshock wieder. Wie oft muss man denn diesen logischen Zusammenhang noch erklären? Je mehr Storytelling im literarischen bzw. cineastischen Sinne ein Spiel betreibt, desto weniger Freiheit kann es dem Spieler überlassen! Das liegt in der Natur der Sache. Natürlich resultiert daraus nicht automatisch völlige Linearität, aber die spielerische Freiheit muss zu einem gewissen Grad immer eingeschränkt werden, wenn die Geschichte aus mehr als bloßem Abarbeiten von Aufgaben bestehen soll. Und wer jetzt wieder mit GTA als Gegenbeispiel kommt, der sollte doch bedenken, dass die GTA-Spiele zwar einen Handlungsfaden besitzen, dieser qualitativ aber meilenweit von der Inszenierung eines Bioshock entfernt ist. Zudem zeigen die GTA-Spiele auch sehr gut, wie groß die Gefahr ist, dass die Handlung zur absoluten Nebensache wird, wenn ich dem Spieler die Freiheit lasse, diese zu verfolgen oder einfach nur wild mit der Kettensäge im Sandkasten herumzuschlendern.
Spielerisch bietet Crysis tatsächlich keinerlei wirkliche Innovationen. Aber wer hat das denn erwartet? Es ist einfach ein durch und durch solider 3D-Shooter. Punkt. Kann ich gut mit leben!
Einzig der KI-Rückschritt bleibt mir persönlich ein Rätsel. Aber in diesem Punkt hat FarCry die Latte damals auch ziemlich hochgelegt, so dass selbst die vergleichsweise schwächere Gegner-KI in Crysis immer noch mit der der meisten anderen Shooter locker mithalten kann.
Ich habe da ja meine ganz persönliche Theorie, was die Crysis-Nörgler betrifft: Das sind mehrheitlich schlicht die Leute, deren Rechner nicht in der Lage ist, das Spiel in hohen Auflösungen zu stemmen. So einfach ist das. Ich habe diesbezüglich sogar die eine oder andere Diskussion geführt, in deren Verlauf ich das Gefühl hatte, mich dafür entschuldigen zu müssen, dass es auf meinem Rechner brillant aussieht… Irgendwie erinnert mich das Ganze an die Schulzeit, wo die größten Deppen immer über die hübschen Mädchen abgelästert haben und ihnen Arroganz und Dummheit unterstellt haben, um irgendwie zu kompensieren, dass sie niemals einen Stich bei ihnen landen werden.
Und bei ein paar ganz speziellen Leuten habe ich darüber hinaus den Verdacht, dass es eventuell auch damit zu tun haben könnte, dass die Entwickler türkischstämmige Deutsche sind…
World In Conflict (PC)
Wenn mich eine Sache noch mehr nervt als Hurra-Patriotismus, dann ist es amerikanischer Hurra-Patriotismus. Und dabei spielt es eigentlich keine große Rolle, ob es sich bei dem Medium um Buch, Film oder Videospiel handelt. Dies ist auch einer der (vielen) Gründe, warum mir diese Schwemme von geklonten Real-Kriegs-Shootern in den letzten Jahren so tierisch auf den Sack geht. Ich will hier aber nicht über Clancy oder EA-Shooter ablästern, sondern mal ein positives Gegenbeispiel bringen, wie man ein an sich klischeebehaftetes Szenario, welches zudem noch einseitig dargestellt wird, trotzdem angemessen präsentieren kann, indem man dem Ganzen eine gewisse erzählerische Tiefe verleiht:
Das actionlastige RTS-Spiel World In Conflict des schwedischen Entwicklers Massive Entertainment besitzt ein Ausgangsszenario, wie es klischeehafter nicht sein könnte:
Glasnost und Perestroika waren nur eine Finte der Sowjets, um den Westen in falscher Sicherheit zu wiegen. Tatsächlich greift der Warschauer Pakt Ende der 80er überraschend mehrere europäische NATO-Partner an (u.a. West-Deutschland und Frankreich). Die USA entsenden große Teile ihrer Truppen nach Übersee, um Westeuropa vor der russischen Übermacht zu bewahren, was allerdings mehr schlecht als recht funktioniert.
1989 landen dann ohne Vorwarnung Sowjettruppen in den USA, wo sie auf relativ geringen Widerstand der wenigen verbliebenen US-Truppen treffen. Und als wäre das nicht schon schlimm genug, treten auch noch die bösen Chinesen in diesen 3. Weltkrieg ein und sind unterwegs, den russischen Brückenkopf in und um Seattle mit einer großen Invasionstruppe zu verstärken…
Die älteren Junkies kennen sicher noch den 80er-Jahre-Müllfilm „Red Dawn“ („Die rote Flut“, 1984) mit dem jungen Patrick Swayze. Ähnliches Szenario und vor lauter dumm-dreistem amerikanischem Hurra-Patriotismus geradezu überquellend. Erstaunlicherweise gelingt es dem Spiel trotz dieses Szenarios eine Story zu präsentieren, die das geradezu vorprogrammierte Fremdschämen weitgehend umschifft. Und das, obwohl man völlig darauf verzichtet, die gegnerische Seite erzählerisch und spielerisch mit einzubeziehen. Der Trick funktioniert über die Einbindung von pathosfreien Einzelschicksalen in die Geschichte. Es sind Szenen wie die, in der ein Frontsoldat seine Familie zwischen den Gefechten anruft und die Angehörigen zu beruhigen versucht, indem er Propagandaphrasen zum Besten gibt, die offensichtlich weder er, noch seine Familie glauben. Es gibt immer wieder diese episodenhaften Zwischensequenzen, die mit dem Spielfortschritt nur am Rande zu tun haben, aber durch die Nüchternheit der Darstellung eher Antikriegs- als Kriegsstimmung verbreiten, ohne gleich den Schmalzeimer eines „James Ryan“ über dem Publikum auszuschütten. Sehr schön gemacht, das Ganze!
Spielerisch bewegt sich World In Conflict irgendwo zwischen Act Of War und dem Domination-Modus von Unreal Tournament:
Einheiten werden nicht produziert, sondern mit Credits gekauft. Die Credits von verlorenen Einheiten werden einem langsam wieder gutgeschrieben, was sich merkwürdig anhört, aber wunderbar funktioniert. Zusätzliche Credits erhält man durch strategischen Fortschritt. Dieser Fortschritt besteht hauptsächlich aus dem Einnehmen von wichtigen Positionen, was tatsächlich sehr an UT-Domination erinnert, aber auch Querverweise zum tollen Z der Bitmap Brothers zulässt. Das ganze Spiel gestaltet sich sehr actionorientiert. Basenaufbau und Resourcenmanagement gibt es praktisch nicht. Passive Spielweise führt meist unweigerlich zur Niederlage. Besonders im Multiplayerbereich ist WIC eine kleine Revolution, weil man, völlig untypisch für das RTS-Genre, jederzeit in laufende Partien einsteigen kann. Somit ist das Spiel auch eine besondere Empfehlung für Online-Shooter-Fans mit RTS-Affinität.
Präsentationstechnisch ist WIC auch sehr gut gelungen. Abgesehen von den Story-Sequenzen, die überwiegend einen Comic-Stil á la Max Payne pflegen, begeistert das Spiel mit einer sehr schönen 3D-Engine, die auch noch in höchster Zoomstufe (also direkt am einzelnen Soldaten) sehr detailliert ist und klasse Einheitenanimationen zeigt. Und dem beeindruckenden Soundtrack kann man ohne Übertreibung Hollywood-Qualität bescheinigen.
Wer gerne Echtzeitstrategie spielt, aber langsam doch etwas von der Standardisierung der meisten Genrevertreter gelangweilt ist, findet hier vielleicht sein nächstes großes Spiel. Mir hat es jedenfalls sehr gut gefallen. Und ein Kriegsspiel, bei dem man nur die amerikanische Seite spielt, aber gänzlich auf ekelerregenden Patriotismus verzichten muss, findet man auch nicht alle Tage…!
Gears Of War (PC)
Aha. Das war also der Über-Shooter auf der XBOX360 bevor Halo 3 herauskam? Sorry, aber abgesehen von der sehr schönen audio-visuellen Präsentation kann ich wirklich kein gutes Haar an Gears Of War lassen. Das immer gleiche „Duck-Dich“-Gameplay ödet nach nur wenigen Levels dermaßen an, dass man sich sogar über die eigentlich auch völlig blöden Fahreinlagen oder die hirnverbrannte Lichtkegelhopserei auf der Flucht vor den „Pitch Black“-Fledermäusen freut; einfach weil man mal etwas anderes machen muss, als sich von Barrikade zu Barrikade vorzuarbeiten. Der Coop-Modus ist nett, ändert aber nichts am eintönigen Gameplay; er federt es lediglich ein wenig ab. In meinen Augen ist GoW der wahre Grafikblender, nicht Crysis…
Am schlimmsten ist aber die Extra-Portion Testosteron, die förmlich aus dem Spiel trieft. Mir ist schon lange kein Spiel mehr untergekommen, das so dermaßen einen auf Macho macht wie Gears Of War. Die Charaktere und deren Dialoge befinden sich in etwa auf dem Niveau von 80er-Jahre-Action-Filmen der Marke „Dudikoff“ oder „Van Damme“. Ich fand die Protagonisten des Spiels mit ihren markigen Prolo-Sprüchen dermaßen unsympathisch, dass ich beim Spielen zeitweise meine eigene sexuelle Ausrichtung hinterfragt habe. „Bin ich schwul oder warum kann ich die ganze Grundstimmung des Spiels nicht ertragen?“ Die gesamte Aufmachung des Spiels entspricht exakt dem Bild, das ich vor Augen habe, wenn ich mir vorstelle, was grenzdebile 13jährige Jungs in der Pubertät unter frenetischem Gejohle so auf ihrer Konsole spielen, wenn sie mal gerade keine Pornos aus dem Internet saugen oder sich auf dem Spielplatz mit Hustensaft betrinken…
Meine zusammenfassende Meinung zu GoW: Infantiler Macho-Schrott für kleine Jungs, der spielerisch viel simpler nicht sein könnte.
Timeshift (PC)
Timeshift fiel beim Kauf eigentlich in die Kategorie „Nehme ich mal mit, wird aber wohl nichts wirklich Tolles sein“. Dementsprechend lange lag es dann auch nur auf dem Schreibtisch herum, während ich anderen Spielen den Vorzug gab. Irgendwann konnte ich es dann aber doch nicht mehr ertragen, wie es mich immer vorwurfsvoll anstarrte und „Komm! Probier mich endlich aus!“ schrie. Und was soll ich sagen: Timeshift ist richtig cool! Es sieht besser aus als ich erwartet hatte und besticht mit dem sehr netten Feature, die Zeit zu manipulieren. Das gab es zwar schon beim persischen Prinzen, aber der durchschnittliche Ego-Shooter beschränkte sich bisher nur auf die Verlangsamung der Zeit (unter Fachleuten auch „Kugel-Zeit“ genannt). Die Zeit auf Tastendruck anhalten oder gar rückwärts laufen lassen, konnte man meines Wissens nach in noch keinem Vertreter dieser Spielegattung. Und wenn ich mir ansehe, wie cool das tatsächlich auch im Spielfluss funktioniert, frage ich mich unwillkürlich, warum das bisher noch keiner gemacht hat…
Die Geschichte mit ihren parallelen Zeitlinien, durch die man aufgrund eines Defektes im geklauten Zeitreiseanzug stolpert, ist bisher auch ganz nach meinem Geschmack. Bisher, weil ich noch mitten im Spiel stecke und daher nur meine bisherigen Eindrücke schildern kann. Ich übernehme also keine Gewähr für etwaige Spieleinbrüche zum Ende hin!
Wenn Ihr SF- und Zeitreisegeschichten mögt und die Idee mit der Zeitmanipulation in alle Richtungen ebenso witzig findet wie ich, dann bekommt Ihr mit Timeshift einen auch sonst rundum gelungenen Ego-Shooter, der unverdient im Bewertungsmittelmaß der Mainstream-Kritiker untergegangen ist.
Na ja, und wenn ich nach dem Durchspielen dann doch zu einem ganz anderen Fazit komme, dann seid Ihr halt selber Schuld, weil Ihr jemandem geglaubt habt, der das Spiel zum Zeitpunkt des Artikels noch gar nicht durchgespielt hatte. Aber hey! Das stört Euch bei den Printmags ja sonst auch nicht…!
Viva Piñata (PC)
Viva Piñata war ja eines der Spiele, die mich mit dem Kauf einer 360 liebäugeln ließen. Als ich dann noch las, dass es sich eher schlecht verkauft hat, war das für mich eher eine Bestätigung der Qualität. Management- bzw. Aufbauspiele kommen halt beim durchschnittlichen XBOX-Besitzer, also dem männlichen Teenager mit Drang zum Ballern und Rasen, nicht so gut an. Um so erfreuter war ich dann über die Veröffentlichung der PC-Version, denn die Bedienungsmängel, von denen ich auch gelesen hatte, würden hier sicherlich gar nicht erst auftreten. Schade nur, dass sich die Kritik an der Bedienung eigentlich gar nicht auf die Gamepad-Steuerung bezog. Das gesamte Handling des Spiels ist von Grund auf so sehr vermurkst, dass auch Tastatur und Maus am PC da nicht mehr viel retten können. Ich kann es nicht einmal an einzelnen Punkten festmachen. Die ganze Bedienung des Spiels fühlt sich sehr umständlich und falsch an. Und das ist um so tragischer, da mir die Idee hinter dem Spiel, das Züchten der im mittelamerikanischen Raum so beliebten Kindergeburtstagsschlachttiere aus Pappmaschee, nach wie vor gefällt. Ich habe wirklich diverse Stunden mit meinem Garten und den darin lebenden Piñatas verbracht und habe die ganze Zeit nur den Kopf geschüttelt, weil es ein wirklich gutes Spiel hätte werden können, wenn die Steuerung nur nicht so in den Sand gesetzt worden wäre. Das Handling ist wirklich der einzige Stein, über den das Spiel stolpert, aber dieser Stein hat leider die Ausmaße des Asteroiden, der in „Armageddon“ auf die Erde zurast. Aber weit und breit ist kein Bruce Willis in Sicht, der das Teil sprengen könnte…
Erstaunlich, wenn man bedenkt, dass Rare ja nun wirklich keine Anfänger in der Branche sind. Aber vielleicht liegt es ja daran, dass sie bisher eher andere Genres bedient haben. Wie dem auch sei. Ich kann Viva Piñata wirklich nur Leuten empfehlen, die das Aufbaugenre innig lieben und gleichzeitig bereit sind über extreme Bedienungsmängel hinwegzusehen. Die Zielgruppe sind somit im Wesentlichen Gothic-Fans mit einem Hang zu Tycoon-Spielen…
So. Das war’s dann auch erst einmal wieder. Bleibt mir eigentlich nur noch, allen geneigten Lesern erholsame Feiertage und einen guten Rutsch ins nächste Jahr zu wünschen! Wir lesen uns dann 2008 wieder. Und glaubt mir: 2008 wird bestimmt ein ganz tolles Jahr für Junkies…!
Neueste Kommentare