Ihr kennt mich: Was Multiplayer-Shooter angeht, bin ich eher der Quake 2– und Unreal Tournament-Typ. Ich mag meine Online-Shooter gut abgehangen skill-basiert. Das flachgebügelte Fastfood-Gameplay der Modern Warfare– und Battlefield-Shooter-Generation, bei der die Langzeitmotivation weniger durch Können und echten Wettkampf, sondern häppchenweises Freischalten von Waffen, Klassen und Medaillen erzeugt wird, belächele ich nur mitleidig.
Und dennoch mag ich die PvZ: Garden Warfare-Spiele von EA/PopCap Games, deren Gameplay auf genau den Mechaniken basiert, die ich im Absatz zuvor noch verächtlich abgetan habe. Ja, sie verwenden mit der Frostbite Engine sogar den gleichen technischen Unterbau wie Battlefield. Tja, wie komme ich jetzt aus diesem Widerspruch heraus? – Nun, ich vermute, es liegt einfach daran, dass die Garden Warfare-Spiele so unheimlich niedlich, witzig und bekloppt sind. Ihnen fehlt einfach diese eklige Portion Testosteron und der lächerlich-verbissene Pseudo-Realismus, der die ganzen AAA-Kriegsshooter der letzten Jahre für mich so uninteressant macht, aber offensichtlich große Teile der 12 bis 25jährigen Videospieler genau da abholt, wo sie stehen. Wo auch immer das sein mag…
Das erste Plants vs Zombies: Garden Warfare war für mich eine echte Überraschung, die ich eigentlich nur aus Langeweile als Sonderangebot gekauft habe. Komplett ohne Erwartungen. Naja, außer vielleicht, dass ich das erste PvZ-Tower-Defense-Spiel damals ziemlich klasse fand, aber damit hat GW spielerisch nahezu nichts zu tun. Trotzdem habe ich es recht häufig gespielt. Immer mal wieder, für ein paar Ründchen zwischendurch, just for fun. Denn so funktioniert es für mich am besten. GW ist kein Online-Spiel, in das ich mich groß reinknie. Sicherlich mag es auch Spieler geben, die das anders sehen, aber ich hatte immer den Eindruck, dass der Großteil der GW-Spieler ebenfalls ein sehr entspanntes Verhältnis zum Spiel hat. Verbissenes Herumgeflame und überergeizig auftretende Spieler sind mir so gut wie nie begegnet. Und ich schiebe das einfach mal auf die positive Grundstimmung, die das ganze Spiel aus jeder Pore ausschwitzt. Wer kann sich denn ernsthaft aufregen, auch wenn er einen wirklich schlechten Run im Spiel hat, wenn der Todesschütze in Form einer süß lächelnden Sonnenblume im 70erjahre-Disco-Outfit unterwegs ist, nech?! Garden Warfare ist komplett auf gute Laune ausgelegt, so dass man schon eine ziemlich verkorkste Type sein muss, um seinen Mitspielern die in anderen Spielen üblichen Todesdrohungen und Beleidigungen an den Kopf zu werfen. Ich für meinen Teil mag diesen Knuddelfaktor jedenfalls so sehr, dass ich sogar über die ansonsten nicht besonders geschätzte Spielmechanik hinwegsehen kann.
Nur eine Sache stört mich an PvZ: GW wirklich und die kann ich mir beim besten Willen auch nicht schön reden: Microtransactions in einem Vollpreisspiel! In F2P spielen finde ich die Sache als Geschäftsmodell akzeptabel, zumindest solange nicht versucht wird, die Spieler damit zu verarschen (Candy Crush, anyone?). Ich finde es einfach frech, wenn ich mir eine Waschmaschine kaufe und die dann trotzdem noch für jeden Waschgang 50 Cent extra verlangt, wenn die Wäsche in der halben Zeit fertig werden soll…
Leider sind diese Microtransactions auch im neuen Plants vs Zombies: Garden Warfare 2 wieder mit von der Partie. – Ach? Habe ich eigentlich schon erwähnt, dass es in diesem Text eigentlich um Garden Warfare 2 gehen soll? Sorry, habe ich bei der ganzen Schwafelei glatt vergessen… – Zwar sind die zusätzlich investierbaren Kleckerbeträge jetzt etwas weniger aufdringlich und selbstverständlich immer noch komplett optionale “Spielzeitsparer”, aber trotzdem stellen sie für mich einen unnötigen Schandfleck in einem ansonsten tollen Spiel dar. Besonders bedenklich ist das Ganze, weil sich das Spiel nicht zuletzt auch an jüngere Spieler richtet, die nicht groß darüber nachdenken. Wenn Papa und Mama dann auch noch doof genug waren, ihre Kreditkarteninformationen in Origin (bzw. PSN oder Marketplace) zu hinterlegen, dann prost Mahlzeit…! – Aber genug davon, ihr seid ja groß genug, um selbst zu entscheiden, was ihr davon haltet und wie ihr damit umgeht. Widmen wir uns lieber wieder dem großartigen Rest des Spiels…
Natürlich bietet GW2 im Vergleich zum Vorgänger in erster Linie mehr, mehr, mehr: Mehr und größere Maps (14 Multiplayer-Maps und die neue Menu-Hub-Welt, die eine Mischung aus Singleplayer-Missionen und gleichzeitigem Tutorial darstellt), mehr Spielmodi (im Grunde ist jetzt so ziemlich jede Spielart vertreten, den man jemals in irgendeinem Multiplayer-Shooter gesehen hat, weshalb ich mir eine Aufzählung lieber schenke) und mehr Klassen (auf jeder Seite wurden die bisherigen vier Klassen um jeweils drei weitere ergänzt). Darüber hinaus hat das Gameplay gegenüber dem recht gemächlichen ersten Teil aber auch etwas an Tempo zugelegt. GW2 ist immer noch kein chaotisches “Spawn-Death-Spawn-Death”-Desaster wie viele Genre-Kollegen, aber fühlt sich dennoch deutlich flotter an als noch GW1.
Der wohl gravierendste Unterschied zum ersten Garden Warfare ist aber die völlige Gleichstellung der beiden Parteien: In GW1 orientierten sich PopCap noch stark an ihrem PvZ-Tower-Defense-Hit von 2009, wodurch die Pflanzen grundsätzlich die Verteidiger und die Zombies die Angreifer waren. Diese Defensiv-Offensiv-Ausrichtung der beiden Seiten wurde in GW2 komplett aus dem Spiel genommen. Alle Spielmodi sind nun gleichermaßen für Pflanzen und Zombies verfügbar, ohne dass eine Seite immer zwingend erobern und die andere verteidigen muss. Aus diesem Grund können die Pflanzen nun auch mobile Offensiv-KI-Einheiten einsetzen, statt nur Verteidiger in Blumentöpfe zu pflanzen. Gleiches gilt natürlich auch für die Zombies, die nun ebenfalls defensive Verteidigungsstellungen errichten können, statt wie bisher nur angreifende KI-Zombies auf die Pflanzen zu hetzen.
Sehr gefreut habe ich mich über die Möglichkeit, all den erspielten Krempel (Figuren, Kostüme und Fähigkeiten) aus dem Vorgänger importieren zu können! Sogar für den in GW1 erreichten Spieler-Rang bekommt man beim Import noch ein paar Bonus-Goodies. Auf diese Weise wird auch mein Microtransactions-Hass etwas abgemildert, denn so landen eventuell vorher getätigte Ingame-Käufe beim Umstieg auf den Nachfolger nicht automatisch in der Tonne. Ebenfalls sehr löblich ist die Tatsache, dass EA und PopCap aus dem ersten Balance-Patch (vor allem die neue Pflanzen-Klasse “Rose” war zu Beginn viel zu übermächtig und wurde nun abgemildert) gleich ein kostenloses DLC-Paket namens “Graveyard Variety Pack” gemacht haben. Neben einer neuen Karte enthält es auch diverse Ergänzungen für den “Backyard Battleground” (die bereits erwähnte Hub-Welt). Man soll den Tag ja nicht vor dem Abend loben, aber anscheinend hat man sich hier etwas Positives bei Nintendo und ihrem vorbildlichen Splatoon-Support abgeschaut.
Wenn ich jetzt noch ein paar Zeilen über die audio-visuelle Präsentation schreibe, dann nicht, um euch auf die Nase zu binden, dass die von mir gespielte PC-Version selbstverständlich die beste ist (Haha!), sondern weil es mir wichtig erscheint, dass der super-knuffige Cartoon-Look des Spiels, der unbestreitbar viel mit dessen Charme zu tun hat, in GW2 noch einmal deutlich verfeinert wurde. Die Level sind dermaßen mit liebevollen und witzigen Details vollgestopft, dass es eine Freude ist, sich bei all der Ballerei auch mal ein wenig genauer in den Maps umzusehen. Und auch der Soundtrack hält das hohe Niveau, dass man schon aus dem ersten Teil gewohnt ist. Ich muss zum Beispiel auch nach unzähligen Partien immer noch jedes Mal grinsen, wenn ich in der Multiplayer-Lobby von genial-ironischer Sixties-Fahrstuhlmusik berieselt werde…
Plants vs Zombies: Garden Warfare 2 ist die Insel purer Liebe in einem Genre, das ansonsten von dummen, pseudo-realistischen Kriegsszenarios und dem testosterongeschwängerten Hass seiner schlechterzogenen Teenie-Spielerschaft dominiert wird. Da drücke ich auch gern mal ein Auge zu, was die integrierten Microtransactions angeht…
4 Kommentare
Schöner Eindruck.
Habe den Vorgänger nicht gespielt (nur das Original TD) aber interessiert hat mich die Reihe schon immer.
Bin jetzt nur am überlegen, ob ich es mir jetzt hole oder doch erstmal zu Battlefront greife…
Ich würde mir übrigens mal wünschen, wenn du mal in Dirty Bomb reinschaust und mal einen Eindruck dazu schreibst. Die Lernkurve ist zwar nicht so ganz einfach und man muss sich erst den ein oder anderen Charakter frei spielen aber das Spiel gönnte dir sicherlich auch sehr gut gefallen, da es die alten Tugenden der Team Shooter aufgreift aber sich dabei nicht zu ernst nimmt. :)
Danke für den Tipp. Werde ich mir bei Gelegenheit mal anschauen.
Ich hab den Vorgänger gespielt und fands eigentlich ganz witzig. Allerdings für mich keine Langzeitmotivation. Da greif ich doch lieber auf Cod oder Battlefield zurück. Kann mir aber vorstellen, dass einige eine Menge Spaß mit dem zweiten Teil haben werden.