Wie bewarb sich vor Jahren ein deutscher Sportsender selbst? – „Mittendrin, statt nur dabei!“ Dieses Motto ist ja an und für sich auch immer noch der größte Unterschied zwischen Computerspiel und Kinofilm. Allerdings hat mir gerade HL2 kürzlich auch gezeigt, dass „mittendrin“ alleine in Bezug auf eine Geschichte auch einen etwas schalen Nachgeschmack hinterlassen kann…
Zum Glück gibt es wenigstens von Zeit zu Zeit auch Spiele, die beides perfekt hinbekommen – „mittendrin“, also fesselndes interaktives Spielerlebnis, und „dabei“, womit ich natürlich die große Erzählkunst eines gutes Kinofilms meine.
The Chronicles Of Riddick – Escape From Butcher Bay ist so ein Spiel!
Und das obwohl es doch zur unsäglichen Gattung der Filmversoftungen zählt, die, wie wir Junkies nur zu gut wissen, zu ca. 90 Prozent aus totalem Kernschrott besteht. Allerdings gibt es auch wohltuende Ausnahmen, wie z.B. meinen absoluten „Spiel zum Film“-Liebling The Thing. Ebenso wie das Spiel zu John Carpenters SF-Horror-Klassiker ist auch EFBB keine bloße Umsetzung des Films, sondern eine Erweiterung des entsprechenden Universums.
The Thing brachte uns die langersehnte Fortsetzung eines Klassikers; zwar nicht auf der großen Leinwand, aber immerhin mit dem Kino sehr ähnlichen Erzählstrukturen, die mit gutem Gameplay und fantastischer Präsentation gepaart eine interaktive „Spiel-Film-Erfahrung“ ergaben.
Die Ansiedelung von EFBB im Riddick-Universum ist allerdings etwas komplizierter, zumindest für Menschen, die der Begeisterung für diesen Anti-Helden bisher nicht wirklich erlegen waren, denn EFBB ist ein Prequel, welches die Timeline des Riddick-Universums mediumübergreifend derzeit so aussehen lässt:
Escape From Butcher Bay (Game) – Pitch Black (Film) – Dark Fury (Anime) – Chronicles Of Riddick (Film)…
…und mindestens zwei weitere Filme sind noch geplant.

Aber mit der Figur des Riddick hat Vin Diesel in meinen Augen die Rolle seines Lebens gefunden! Ich kaufe ihm diesen Charakter voll ab. Ich finde Riddick extrem cool. Und kein Held seit Duke Nukem hatte so perfekte One-Liner, welche zusätzlich noch durch die sonore Originalstimme von Mr. Diesel einiges an Gänsehautfaktor gewinnen!
Selbstverständlich wird Riddick auch im Spiel von Vin Diesel gesprochen und die Entscheidung des Publishers, der deutschen Version lediglich Untertitel zu verpassen, verdient ein besonderes Lob. Nebenbei gibt es noch weitere hochkarätige Stimmen anderer bekannter Schauspieler zu genießen: Ron Perlman, Rapper Xzibit und Dwight Schulz, um nur einige zu nennen.
Bevor ich endlich ein paar Worte zum eigentlichen Spiel verliere, möchte ich noch etwas beim coolen Hauptcharakter des Spiels verweilen.

Was ist EFBB eigentlich für ein Spiel? – „Ego-Shooter“ konnte man überall lesen. Aber das trifft es nicht mal annähernd! Das Spiel ist eine Melange aus vielen Genres. Es ist auf jeden Fall auch ein 1st-Person-Shooter, aber enthält zusätzlich eine große Portion Splinter Cell-Schleicherei, mehre Entscheidungsmöglichkeiten im Handlungsverlauf und freiwillige Sidequests, wie es Deus Ex seinerzeit zur Ehre gereichte, und eine immens große Portion Kinofilm. Als Hasser von Schleichspielen sowie konsequenter Thief– und Splinter Cell-Verweigerer möchte ich besonders hervorheben, dass mich die Schleicheinlagen zu keinem Zeitpunkt genervt haben! Alles passt und macht Sinn.

Apropos Entwickler: Bisher war mir klar, dass die Schweden klasse Autos bauen, aber dank der Starbreeze Studios muss ich meine „Software-Europa-Karte“ im Kopf nun wohl gründlich überdenken…
Die Grafik-Engine ist nicht gerade hardwarefreundlich, aber so man den richtigen Rechner sein Eigen nennt, bekommt man einen ähnlichen Hingucker wie DOOM 3 geboten. Wenn man es nicht besser wüsste, könnte man auf den ersten Blick sogar darauf wetten, dass man es hier mit der gleichen Engine zu tun hat. Es handelt sich aber tatsächlich um eine Eigenentwicklung der Schweden!
Wer Riddick kennt, weiß um seine besonderen Augen. Diese wurden sowohl spielerisch (Schieße alle Lichtquellen aus und nimm die Schweißerbrille ab – Du wirst zum Raubtier, deine Gegner zur hilflosen Beute!), als auch grafisch wunderbar in das Spiel integriert. Nebenbei erfährt man im Spiel endlich, wie Riddick überhaupt an diese Augen gekommen ist…
Die Steuerung ist sehr gut gelöst worden und überfordert auch Gelegenheitsspieler nicht, da die vielen möglichen Aktionen unseres Helden mit wenigen Tasten ausgelöst werden, die je nach Situation angepasst werden. Maus und Tastatur sind Standard und machen keinerlei Probleme (wichtig zu erwähnen, denn das Spiel gab es ja zuerst auf der X-Box!).

Warum erzähle ich so gut wie gar nichts zur Story, wenn ich sie doch so toll finde? Weil ich bereits jetzt schon zu viele Andeutungen gemacht habe. Ebenso wie ein guter Film gewinnt auch EFBB dadurch, dass man die Story eben nicht schon vorher kennt! Wer, genau wie ich vorher, seine Zweifel hat, ob ein Gefängnis als Szenario wirklich die beste Wahl ist, um ein abwechslungsreiches Spiel zu beherbergen, kann diese getrost über Bord werfen. Es funktioniert!
Also, wer auf allzu viele Spoiler hoffte, wird von mir gnadenlos enttäuscht. Spielt es einfach selber!
Man kann EFBB übrigens auch ohne weiteres mehrfach durchspielen, denn aufgrund seiner Konsolenherkunft besitzt das Spiel einige lustige Extras, die man freischalten kann, indem man überall im Spiel versteckte Zigarettenschachteln findet. Außerdem habe ich auch mehrere der Sidequests beim ersten mal nicht erfüllt und war trotzdem von der hohen Spielzeit überrascht. Mit ca. 15 Spielstunden plus Wiederspielwert ist EFBB gut dabei. Ich werde mir den „Developer´s Cut“ mit einer Art „DVD-Regisseur-Kommentar“, den man nach dem ersten Durchspielen freischaltet, auf jeden Fall auch noch einmal bis zum Ende antun!

Zum einen bin ich von dem Spiel wirklich und ganz ehrlich begeistert! Und ich mag Riddick. Die Figur, die Filme, das Universum und den ganzen Rest…
Zum anderen gibt es aber auch ein paar Punkte, die mich glauben lassen, dass ich Euch EFBB besonders ans Herz legen muss: Ich muss wohl keinem von Euch einen Vortrag über Film-Versoftungen halten.
„Die Geschichte des Spiels zum Film ist eine Geschichte voller Missverständnisse!“ – Und dieses Missverständnis ist im Wesentlichen dergestalt, dass eine teure Lizenz noch lange kein gutes Spiel macht..
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…eigentlich sieht die Regel sogar genau entgegengesetzt aus: Dicke Lizenz = Grottiges Spiel.
Klar, keiner von uns Junkies fällt wirklich darauf herein. Das tun nur, wenn überhaupt, die dummen Gelegenheitsspieler! Aber leider finden die wenigen Perlen, wie z.B. das bereits erwähnte The Thing, dann auch viel zu wenig Beachtung, denn die Ausnahme von der Regel hat es meistens eher schwer.
Ein ähnliches Schicksal droht The Chronicles Of Riddick – Escape From Butcher Bay, und das nicht nur, weil der Titel zu lang ist, um ihn sich den ganzen Weg bis zum Software-Dealer zu merken…

Ach, und ehe ich es vergesse: Den Abspann des Spiels unbedingt durchlaufen lassen! Da geht noch was…

1 Kommentar
Du hast absolut Recht. Es ist schön zu lesen, dass es noch einen tapferen Recken gibt, so dass ich nicht alleine für die Ehre dieses mittlerweile etwas betagteren Spieles kämpfen muss.