Am Anfang war das Jump’n’Run. Jak & Daxter: The Precursor’s Legacy war ein farbenfroher und hübsch designter Vertreter dieses Genres. Jak, seines Zeichens grünhaariger und stets stummer Standardheld, kloppte und sprang durch Dschungel und Höhlen, an Stränden und Gletschern vorbei, um seinen besten Freund Daxter, der zu Beginn in ein oranges Ottsel verwandelt wurde und fortan von Jaks Schulter aus sein loses Mundwerk nicht halten kann, wieder in dessen ursprüngliche Gestalt zurückzuversetzen. Aufgelockert durch ein paar Minispiele und Bossfights war J&D1 ein durchweg netter Sammel-Jumper mit nebensächlicher Story. Dann kam Jak 2. Oder Tony Hawk’s Grand Theft of Persia. In die Zukunft geschleudert, wird Jak vom Despoten von Haven City mit dunklem Eco vollgepumpt (das ist nicht gut, falls das nicht offensichtlich war). Dies ließ ihn nicht nur lange Haare und einen Bart sprießen, sondern machte Jak auch zu einem onelinernden Actionmacker.
Dieser bedauernswerten Entscheidung, das Spiel düsterer, brutaler und damit vermeintlich zielgruppengerechter zu machen fiel vor kurzem auch im Hause Ubisoft – die Parallelen zu Prince of Persia – The Warrior Within sind frappierend. Ich meine, ich mag virtuelle Gewalt so sehr (nee, vermutlich weitaus mehr) wie jeder andere Spielejunkie, und ich mag generell auch düstere Szenarien. Ich bin nur der Meinung, dass andere, bunt-fluffige Szenarien auch durchaus ihre Berechtigung haben, und nicht zwingend jedes Sequel auf Teufel komm raus auf Cool & Edgy (TM) getrimmt werden muss. Fing diese Entwicklung eigentlich tatsächlich mit Wonderboy in Monsterland ein? Egal, zurück zum Thema.
Anstelle der hübschen und vor allem übersichtlichen Landschaften und putzigen Gegnern, die Teil 1 so prägten, bietet Jak 2 eine riesige, düstere Stadt, in der man die meiste Zeit damit verbringt, mit geklauten Schwebefahrzeugen von Mission zu Mission zu fahren, was meistens in einer Straßenschlacht gegen die Soldaten von Baron Praxis endet, des anfangs erwähnten Despoten. Oh ja, Jak kann natürlich nun auch Schusswaffen benutzen und mit seinem Hoverboard rumskaten – das hat sich in anderen Spielen schließlich auch toll verkauft (Sogar Metal Gear Solid 2: Substance wirbt mit Skaten auf der Packungsrückseite!).
Trotzalledem ist Jak 2 kein schlechtes Spiel. Einige der Sequenzen, in denen noch gerannt und gesprungen wird, sind exzellent designt, beispielsweise der Lawinenabschnitt oder Daxters panische Flucht vor dem rollenden Felsen bzw. der Riesenspinne. Die Sprecher sind auch in der deutschen Synchro kompetent, die Story ist ganz cool, der Umfang stimmt auch. Tjo, und dann kam Jak 3.
Die Diskussion bei Naughty Dog muss etwa so geklungen haben:
Chef: “Okay, Jak 2 hat sich prima verkauft, Jak 3 soll noch besser werden. Was sollten wir tun?”
Autor: “Nun, die Story war ja von Beginn an als Trilogie geplant, insofern ist mein Part ja bereits fertig.”
Chef: “Ach, von Beginn an? So wie bei Matrix und Star Wars?”
Autor: “Ähm… Okay, ich mach mich an die Arbeit.”
Chef: “Außerdem brauchen wir ein Gimmick. Die Waffen und das dunkle Eco, das Jak verwandelt, waren sicherlich die Kaufgründe für die meisten Spieler. Wie können wir das übertrumpfen?”
Designer 1: “Hey, wie wäre es mit… mehr Waffen?”
Designer 2: “Und, hey, passt auf, das ist ne Bombe: Helles Eco. Versteht ihr? Dunkles Eco, dunkler Jak, helles Eco…”
Alle: “Heller Jak!”
Designer 3: “Alter, der Shit ist so tight, das burnt richtig!”
Chef: “Super, Jungs. Also weiter im Text: Große begehbare Welten sind in. Wir müssen alles noch viel größer machen. Also, was ist größer als eine Stadt?”
Designer 1: “Öhm, zwei Städte?”
Chef: “Nein, noch größer.”
Designer 2: “Eine Wüste?”
Chef: “Nicht schlecht, aber noch viel größer!”
Designer 3: “Eine Wüste und zwei Städte?”
Chef: “Super! Du bist ab jetzt Chefdesigner.”
Designer 2: “Aber Chef, wie sollen wir denn soviel Fläche mit Leben füllen?”
Chef: “Ach, Leben braucht doch keiner. Nehmt einen Haufen Passanten für die Städte plus ein paar Fahrzeuge, und alles ist gut. In der Wüste können ja Banditen rumfahren oder so.”
Designer 1,2,3: “Sir, ja, Sir!”
Chef: “Nach meiner langen Studie des Marktes hab ich das Genre gefunden, das über die Jahre am meisten Kunden gezogen hat. Wenn wir diesen Markt erreichen können, stehen uns alle Türen offen.”
Designer 2: “Egoshooteransicht?”
Designer 3: “Rollenspielelemente?”
Designer 1: “Echtzeitstrategie?”
Autor: “Textadventures?”
Chef: “Nein, ihr Noobs. Buggys mit Waffen dran!”
Designer 2: “OMG”
Designer 3: “WTF?”
Designer 1: “BBQ?”
Chef: “Scheiß auf die Erwartungshaltung der Käufer. Die gefühlte Hälfte des Spiels wird mit Buggys gefahren und geschossen, basta. Sitzung beendet!”
So oder ähnlich. Doch genug Hohn: Jak 3 ist zwar bei weitem kein klassisches Jump’n’Run mehr, aber das hatte nach dem zweiten Teil wohl auch keiner mehr erwartet. In knapp über 50 Missionen wird, wie bereits erwähnt, viel Buggy gefahren, von stationären Kanonen aus Beachhead gespielt, mit Gleitern über die Karte gesegelt, gottseidank wesentlich weniger geskatet als noch im zweiten Teil, gekämpft, geschützt, gesprungen, und gerockt, dass es eine Freude ist. Grafisch wesentlich heller und freundlicher, storytechnisch interessant und natürlich enorm abwechslungsreich sorgt Jak 3 dafür, dass keine Langeweile aufkommt. Leider nicht allzu lange, und das ist einer der wenigen Kritikpunkte: Das Spiel ist kriminell kurz bzw. leicht. Mit diversen Nebenmissionen, um Bonusgalerien und bessere Buggys freizuschalten, sah ich nach grob 10 Stunden das Ende. Natürlich gibt es kürzere Spiele, Aber ich hatte halt bei weitem noch nicht genug vom Spiel, ich wollte die Welt noch mehr erforschen, noch mehr saublöde Sprüche von Daxter hören, größere Herausforderungen bestehen. Natürlich könnte man das Spiel einfach nochmal spielen, aber Story ist für mich ein wesentlicher Motivator.
Das andere Problem ist der Schwierigkeitsgrad, der einfach viele Features des Spiels unnötig macht. Einige Missionen sind zwar brutal schwer (gerade die Tempest-ähnlichen Kanalisationsfahrten), aber durch unendlich Continues und größtenteils äußerst faire Respawnpoints sind auch diese bald geschafft. Sicherlich ist es schön, 16 Waffen zur Auswahl zu haben, aber ich brauchte für den ganzen Spielverlauf gerade mal zwei verschiedene und hatte nie Probleme. Als heller Jak kann man die Zeit stoppen und ein Schutzschild um sich errichten – außer an den wenigen Stellen, wo dies für den weiteren Spielverlauf nötig war, hab ich dies nie gebraucht. Die Gegner sind zu schwach, zu häufig gibt es neue Munition und Lebensenergie. Die vielen Bonusaufgaben, die meistens aus Checkpointrennen oder Schnitzeljagd bestehen, sind zwar oftmals sehr knifflig, aber leider für das Hauptspiel fast irrelevant. Wozu weitere Buggys erspielen, wenn man mit den Standarddingern keinerlei Probleme hat? Wozu unendlich dunkles Eco freischalten, wenn die Gegner auch so umfallen?
So viel Negatives ich auch hier geschrieben haben mag, tut das dem Spiel doch Unrecht. Einige Missionen, unter anderem das wirklich atemberaubende Endgame und der unglaublich schnelle Raketenritt, sind spielerisch der Hammer, grafisch und soundtechnisch gibt es eh nichts zu meckern. Und natürlich ist es ja auch irgendwie ein Qualitätsmerkmal, wenn man von einem Spiel nicht genug kriegt. Egal, was ich eigentlich nur sagen wollte: Jak 3 rockt. Könnte aber länger rocken. Dankeschön, weitergehen.
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