Die schöne neue Welt der Konsolen mit Onlineanschlüssen fördert das Schlechteste in mir zu Tage: die Habgier, den Neid und ab und zu sogar die Wut. Wenn ich es genau betrachte, also einige Todsünden.
Kaum ein Spiel kommt heutzutage noch ohne Ranglisten aus. Wie viele Punkte ich im letzten Level erzielt habe, wird minutiös addiert und mir schließlich zusammen mit den Ergebnissen aller anderen Spielern aus der ganzen Welt präsentiert. 16352 Punkte macht in der Weltrangliste Platz 12892. Gleich hinter XxBurnerxX und gerade noch vor Killerboy13. Gut, denke ich mir, zucke erstmal mit den Schultern und wechsle die Ansicht. Jetzt werde ich mit all meinen “Freunden” verglichen und lande knapp auf Platz drei von sechs. Ich setze Freunde in Anführungszeichen, weil ich niemanden von ihnen je persönlich gesehen, noch mit ihnen gesprochen habe. Aber so ist das eben heute mit den Freunden 2.0.
Spätestens jetzt spüre ich den ersten Anflug von Neid. Gerne stände ich ein paar Plätze höher in dieser schier endlosen Liste. Vielleicht nicht gleich ganz Vorne, aber zumindest vor XxBurnerxX. Der kann eh nix und seine Punktzahl ist bestimmt nur das Resultat von Glück. Also starte ich ein neues Spiel und damit die Highscorejagd.
Alles läuft soweit gut, die Punkte steigen und steigen, ich lasse XxBurnerxX hinter mir und lande hinter ZortBlorb. Immer wieder renne ich gegen seinen Höchststand an, murmle üble Verwünschungen und schwinge die Fäuste in der Luft. Doch es hilft nichts und ich schleudere den Controller wütend aufs Sofa. Andere würden ihn gegen die Wand schmettern, aber dafür ist er mir dann doch zu teuer. Ich beschränke mich darauf, im Zimmer auf und ab zu gehen und zu zetern. So wie der alte Mann auf der anderen Straßenseite, der uns immer aus dem Fenster mit bösen Wörtern und Eiern bewarf, wenn wir nur etwas Fußball spielten, aber ich schweife ab.
Doch nicht nur in einigen Spielen wird dem Punktevergleich gefrönt, sondern auch in allen gemeinsam. Achievements und Trophies werden in jedem Spiel gesammelt, in meinem Profil gespeichert und der ganzen Welt preisgegeben. Die Habgier übernimmt Kontrolle über mich. Bevor ein Spiel überhaupt erschienen ist, gibt es die möglichen Erfolge schon im Internet zu lesen und ich kann mir ausmalen, was es alles zu erreichen und einzuheimsen gibt.
Bestehe ich das erste Level gibt es schon mal 10 Punkte gutgeschrieben. Untermalt vom immer gleichen Plop erscheint der Lohn in einem kleinen Fenster. Breites Grinsen erhellt mein Gesicht, wenn ich alle 50 Sprungschanzen gefunden habe und verwandelt sich schnell zu einem ungläubigen Stöhnen, wenn es danach auf die Jagd nach 200 Tauben geht. Nachts um halb zwei schaue ich meine Ergebnisse durch und vergleiche sie mit HeartofStone93: er hat die Sprungschanzen, die Tauben, fünf Überschläge mit dem Auto geschafft und alle Rundflüge absolviert. Bei mir stehen 595 von 1000 Punkten auf dem Konto, bei ihm 780. Arsch.
Der virtuelle Schwanzvergleich ist Fluch und Segen. Kleine simple Spiele mit einer guten Grundidee können einen für lange Zeit fesseln, nur um ein paar Zähler mehr zu ernten, Achievements erhöhen meine Verweildauer in schönen Spielwelten und gleichzeitig vergleiche ich mich mit zwölfjährigen Amerikanern, die mir ihren schlechten Musikgeschmack und phantasievolle Wortwahl per Audio-Chat beweisen.
Apropos kleine Amerikaner. Warum scheint es so, als wenn jeder Gnom ein komplettes Rock Band und/oder Guitar Hero: World Tour Set sein Eigen nennen darf und mich mit unsäglichen Reviews, Overviews und Quick – Looks auf Youtube in den Wahnsinn treibt.
Schöne neue Onlinewelt.
8 Kommentare
Die Youtube-Reviews sind mal hart an der Grenze zur Unerträglichkeit. Da kann man EA ja schon fast Zucker für die hohen Preise der Hardware hierzulande in den Arsch blasen. Fremdschämen galore!
Das ist etwas, das ich noch nie verstanden habe… und wahrscheinlich auch nie verstehen werde.
Und Gnom-Kinder sollten verboten werden.
ich bin nicht erst seit city of heroes und battlefield eine klassische [url=“http://www.badge-whore.com/view_player.php?id=34882″]badge-whore[/url], daher mag ich achievements natürlich… so sind all diese superwahnwitzig sinnfreien „erfolge“ nicht ganz umsonst gewesen.
Besonders bei Geometry Wars 2 sorgt die Online-Highscore Anbindung bei mir immer wieder dafür, das ich doch noch eine Runde mehr spiele. Vielleicht schaffe ich es ja beim nächsten Versuch endlich wieder an die Spitze meiner Freundesliste zu klettern…
Tia, da schau ich mir lieber noch einmal Total Commander an und schau wie 4 Leute im BBC Fernsehn Rome Total War zusammen historische Schlachten zocken:
http://www.youtube.com/watch?v=J-erNZFvWTw
Hallo Leute
Ich stehe heute hier und muß angesichts dieses Artikels zugeben : Ich bin Trackmania süchtig. – Ich habe unzählige Stunden / Tage / Wochen damit zugebracht in der Weltrangliste mit sage und schreibe mehr als einer Million angemeldeten „Mitspielern“ bis auf Platz 3500 ( oder so ) zu steigen. Das schlimme daran ist, daß man immer weiter spielen muß, um gut zu bleiben, sonst sackt man so unglaublich schnell wieder ab— was schrecklich ist, weil man doch so unglaublich gut in dem Spiel ist !!!!
Als ich dann aber mal in die Spielzeitstatistik gesehen habe und bei einer Rennlänge von 5 Minuten glatte 7380 Rennen absolviert hatte, ( = 36900 Minuten = 615 Stunden = 25.625 Stunden = knapp über 3 Wochen ) habe ich mich dazu entschlossen auf Entzug zu gehen… ich bin jetzt schon 4 Monate trocken…. aber es juckt immer noch ;)
Aber auf Platz 12892 stehe doch gewöhnlich immer ich?!?!
Also ich finde Online-Ranglisten toll, sind immer wieder eine Motivation ein Spiel immer besser zu spielen.
Bei Geometry Wars für Wii bin ich z.B. sogar schon auf den 64. Platz, wobei ich mir endlich auch mal die DS-Version irgendwie zulegen sollte, damit ich eine weitere Galaxie freischalten kann, um noch mehr Punkte zu bekommen^^.