Lara Croft, die wohl bekannteste Archäologin aller Zeiten ist zurück! Im letzten und mit 2 Gigabyte auch größten Teilnehmer der “Summer of Arcade”-Aktion auf Xbox Live dürfen wir uns erneut mit Lara Croft in der Hauptrolle in abenteuerliche Tempelanlagen und gefährliche Dschungelgebiete stürzen. Doch halt, das ist ja gar kein Tomb-Raider-Spiel? “Lara Croft and the Guardian of Light” nennt sich dieser Ableger und auch optisch unterscheidet es sich sofort von der bekannten Serie. Wichtigster Unterschied: Wir schauen Lara nicht mehr über die Schulter und erleben das Spiel auf ihrer Augenhöhe, sondern sehen die Welt und die Geschehnisse von links oben an einer fixen Kamera, die wir weder drehen noch zoomen können. Der Rest ist eigentlich dann doch wie früher, wir lassen die gute Lara auf Schalterflächen treten, um verschlossene Tore zu öffnen, durchstöbern jedes Eck des Tempels nach wertvollen Schätzen und wenn ihr wildes Getier oder verfluchtes Dämonenpack zu nah auf die Pelle rückt, zückt Lara ihre Lieblingsspielzeuge und pfeift ihnen ein paar Bleikugeln um die Ohren. Doch hier kommt der titelgebende “Guardian” ins Spiel. Sprichwörtlich, denn genau dafür habt ihr damals in weiser Voraussicht den zweiten Controller gekauft, der seitdem unbenutzt im Schrank liegt. Ja, leider kommen wir nicht umhin, jemanden “in echt™” anzurufen und einzuladen, um das Spiel zusammen mit uns auf dem Sofa zu spielen.
Warum nicht online? Nun, leider ist der Online-Koop-Modus laut Entwickler Crystal Dynamics nicht rechtzeitig fertig geworden und wurde in letzter Sekunde vor Release aus dem Spiel gekippt (wird aber zum Launch der PS3- und Steam-Versionen am 28. September als Patch nachgereicht). Wenn ihr also diese Hürde überwunden habt und dem Gast ein Kaltgetränk seiner Wahl und etwas zu Essen angeboten habt (das macht man so bei echten Menschen, glaubt mir) kann das Spiel endlich losgehen. Zwar könnte man das Spiel auch alleine spielen, aber man merkt an vielen Stellen, dass die meisten Rätsel für eine gemeinsame Vorgehensweise zweier Figuren angedacht sind, und gezwungenermaßen für den Einzelspieler-Modus eingedampft wurden. So kann Totec, der zum Leben erweckte und vom zweiten Spieler steuerbare Maya-Krieger und titelgebender Wächter der Lichts, zum Beispiel Speere in eine Wand werfen, auf denen sich Lara dann zum sonst nicht erreichbaren Vorsprung hoch hangelt, um dann von oben dank ihres Kletterseiles Totec hoch zu ziehen. Da beide Charaktere unterschiedliche Fähigkeiten besitzen, bekommt Lara im Einzelspieler-Modus einfach die Fähigkeiten des Guardian spendiert. So ist das Spiel alleine nicht nur leichter, sondern auch einen Tick langweiliger. Immer noch gut, aber kein Vergleich zum 2-Spieler-Modus.
Besonders skurril wirkt das dann bei den Zwischenanimationen, in denen der Guardian dann stets aus dem Nichts auftaucht und mit einer billigen Ausrede wieder verschwindet, nur um dann wieder pünktlich zur nächsten Zwischensequenz zu erscheinen. Aber natürlich JUST ein paar Sekunden NACH dem Moment, als wir den übermenschlich großen Zwischenboss alleine erlegt haben. Unfreiwillig komisch. Der Solomodus dient so gesehen eigentlich nur für Komplettisten, die wirklich alle versteckten Gegenstände und Aufgaben lösen wollen, nachdem sie das Spiel im Koop durchgespielt haben. Welche Aufgaben? Ja, berechtigte Frage, danke für das Stichwort. Jedes Level präsentiert beim Start eine kleine To-Do-Liste mit Sonderaufgaben, die es zu erledigen gilt. In jedem Level gibt es eine bestimmte Anzahl von Punkten zu knacken, 10 rote, versteckte Totenköpfe zu finden und ein Zeitlimit zu brechen. Die speziellen Aufgaben pro Level sind dann meist an die Umgebung gebunden, wie “sprenge alle Lastwagen in die Luft”, “zerstöre alle Säulen” oder “gelange über den Fluss, ohne das Wasser zu berühren”. Werden diese Aufgaben erfüllt, gibt es dafür Belohnungen in Form von Talismanen, die uns, sofern ausgerüstet, Boni auf unsere Waffen, die Verteidigung oder unsere Geschwindigkeit geben. Die Auswirkungen sind gering, deutlich interessanter sind die Relikte, die uns ordentlich Bonus in Form von automatischer Heilung, Munitionsregeneration, einen vergrößerten Bombenradius und mehr Wumms für unsere Feuerwaffen bringen.
Ähnlich wie bei Geometry Wars oder ähnlichen “Dual-Stick-Shootern” werden die Charaktere mit dem linken Analogstick bewegt und mit dem rechten Stick wird gezielt. Das funktioniert richtig gut und geht gut von der Hand. So navigiert man sich durch die mit mechanischer Maya-Technologie vollgepackten Tempelanlage und rollt riesige Steinkugeln durch Tunnelanlagen, läßt Totec auf einem gespannten Seil über einen Abgrund balancieren und weicht Giftpfeil-Selbstschussanlagen aus. Stets im regelmäßigen und harmonisch abgestimmten Wechsel mit Angriffswellen der dämonischen Kreaturen, die uns davon abhalten wollen. Beide Spielelemente sind genau richtig dosiert, die Rätsel sind nie zu schwer und es gibt selten Momente, an denen man all zu lange knobelt. Die häufigen Schusswechsel sind dank vieler unterschiedlicher Waffen, fernzündenden Minen und den Sonderboni durch die Relikte, die nur Wirkung zeigen, solange man eine gewisse Zeitspanne nicht getroffen wurde, sehr kurzweilig und befriedigend.
Wenn eine der Figuren abstürzt oder von Feinden getötet wird, darf sie nach einer kurzen Pause wieder zurück ins Spiel, falls sie nicht vorher vom Mitspieler wiederbelebt wird. Wenn beide das Zeitliche segnen, sind die automatischen Save-Punkte aber sehr fair gesetzt und auch gesammelte Gegenstände und erledigte Aufgaben gelten bereits als erledigt. Sogar der Energiebalken von Zwischenbossen bleibt auf dem Stand vor dem Ableben. Sehr fair.
Die Spieldauer für den ersten Durchgang beträgt je nach Gründlichkeit und Sammeltrieb ca. 5-6 Stunden. Bis man jedoch alle Talismane, Waffen und Relikte freigespielt hat, ist man sicherlich gute 15-20 Stunden beschäftigt. “Lara Croft and the Guardian of Light” ist ein richtig schönes, unterhaltsames Arcade-Spiel geworden und eine absolute Empfehlung für Koop-Freunde. Auch optisch eines der schönsten Spiele, die die XBLA Plattform derzeit aufzuweisen hat. Menschen ohne echte Freunde sollten sich noch ein wenig gedulden bis der Online-Patch nachgereicht wird, denn im Einzelspieler-Modus geht ein Großteil des Reizes verloren. Auch für die Zeit nach dem Grundspiel wurde bereits gesorgt, so sind bereits 3 weitere Level-Packs als DLC in Planung (und 2 DLCs mit neuen Charakteren), wobei das Erste aufgrund des unfertigen Online-Modus bei Release anscheinend gratis sein wird.
Bilder: Das Headerbild ist von unserem Illustrator Lomp, die restlichen Illustrationen (c) by Crystal Dynamics
2 Kommentare
Hab’ zuerst die Demo angespielt, da ich eigentlich kein Tombraider-Fan bin.
Aber die XBLA-Variante macht mir echt Spass und hab’ mir gestern die Vollversion geholt.
Zocke nun zusammen mit meiner Frau im Multiplayer.
Das sind auf jeden Fall 1200 gut investierte MS-Points. ;)
Ich werde es mir mal für den PC vormerken. Bei dem kleinen Preis scheint es ja verhältnismäßig viel Spielspaß zu beinhalten.