Wenn ich nach Helden meiner Kindheit gefragt werde, dann fällt mir immer auch Lara Croft ein. Mir egal, dass ich zu der Zeit nicht mehr ganz ein kleines Kind war, mir egal, dass die Gute nicht echt war, für mich war sie eine Offenbarung: Sie hat Archäologie studiert, war also mindestens ziemlich schlau, hat ja auch Eliteschulen besucht und sie war auf so stille Weise cool. Wie der namenlose Fremde aus einem Spaghetti-Western. Sie musste nie lang rumsabbeln oder gar kichern. Wo der Westernheld an seiner qualmenden Toscanelli zog, da zeigte Lara ein mildes Lächeln. Damen in dieser Rolle waren – und sind – doch eher selten.
Sie war keine Damsel in Distress, kein schmückendes Dummchen und sie war brünett. Sie war – so für mich – die weibliche Version von John McClane alias Bruce Willis aus der Die Hard-Reihe. Das noch viel mehr als Indiana Jones mit dem sie vielleicht den Job gemeinsam hatte, aber im Geiste schien sie mehr eine gebildete Version des Action Hero zu sein. Als Grundeinstellung das von absolutem Selbstvertrauen getragene Coolsein. Und sie mochte Nine Inch Nails. Und ja, sie hatte große Brüste!
Ein Glück! Endlich eine Frau, die sportlich war, schlau und großbusig. Diese Kombination schien mir selten. Die guten schlauen Damenrollen haben eher selten ausladende Oberweiten. Und umgekehrt kann ich mich nicht an eine betont sportliche Dame erinnern, die große Brüste hatte. Damen mit großen Brüsten sind in Filmen und Spielen meist Fickwerk, Bösewicht oder dämlich… oder alles auf einmal. Ausnahmen mögen die Rollenspiele sein, aber hier sind sowohl die Magierinnen, als auch die Berserkerinnen oft mit kaum mehr als einem Bikini bekleidet und mit einem Bikini in die Schlacht zu ziehen, auch wenn er mal aus Eisen oder Stahl bestehen sollte, könnte man auch durchaus als dämlich bezeichnen.
Lara hingegen trug zu Anfang eine Art Muscle-Shirt, Hotpants und wadenhohe Schnürstiefel mit verdächtig nach Fetisch aussehenden aufgerollten Socken. Ja, ich habe mir mehr Gedanken zu den Socken gemacht, als zu allem anderen, was die Kleidung von Lara Croft angeht. Aber ansonsten war Lara im Gegensatz zu vielen ihrer Game-Kolleginnen regelrecht sittsam gekleidet. Nicht mal ein Ausschnitt. Man mag sich darüber streiten, ob diese Kleiderwahl sinnig ist, wenn man in dunklen Höhlen herumkraxeln will und Fledermäuse abknallt. Aber immerhin ist dieses Outfit alltagstauglich. Im Sommer sehe ich weitaus mehr Frauen und auch junge Mädchen, die weitaus weniger tragen.
Daher verstehe ich die häufige Kritik an Laras großen Brüsten nicht. Laut Bio trägt Lara 85D. Ist nicht unrealistisch, sah nur vielleicht bisschen unschön aus, weil die Brüste zu Anfang noch eckig waren und Lara generell eher nach Comic aussah, aber unglaublich, dass meist diese großen Brüste immer im Zusammenhang mit ihrer Intelligenz kritisiert wurden. Als ob alle Frauen mit großen Brüsten dämlich wären bzw. Lara unglaubwürdig, als seriöse Akademikerin, weil sie große Brüste hat.
Da war also eine hübsche, wortkargcoole, reiche, schlaue, nicht ‘nen Kerl anschmachtende Frau mit großen Brüsten und braunen Haaren in ihrem Spiel die Hauptrolle – und sie durfte einen auf James Bond oder Indiana Jones machen und in der Weltgeschichte herumreisen und Männerkram machen. Goil! Dann kam noch Angelina Jolie und hat diese Westerncoolness noch schön auf die Leinwand übertragen und dabei sogar James Bond links liegen gelassen. Na gut, zu der Zeit war Daniel Craig noch nicht Bond, aber hey – das passte so schön.
Und jetzt ist Lara 21, ihre Brüste sind geschrumpft, aber noch deutlich vorhanden, sie hat zwei Spaghettiträger-Shirts und lange Hosen bekommen und alles ist anders. Und auch nicht. Tomb Raider ist wieder da. Als Reboot. Und die können durchaus gut für ein Franchise sein, dass sich eventuell über Jahre fest gefahren hat oder einfach durch das simple Verstreichen von Zeit nicht mehr zeitgemäß ist. Siehe Star Trek und James Bond.
Lara ist jetzt also ziemlich jung, noch recht unerfahren und bricht auf, um mit Freunden und Weggefährten die verschollene Insel der Sonnengöttin Kimiko in der Nähe von Japan zu finden. Diese Insel vermutet Lara in einer Art Bermudadreieck und sie muss erstmal ihre Gang davon überzeugen, dass es eine gute Idee ist, dort hinzufahren. Schafft sie aber erst mit der Hilfe das großen starken Captains. Aha, daher weht der Wind. Lara ist noch recht reputatinslos und mit dem Selbstvertrauen ist es teilweise auch nicht weit her. Das Schiff, auf dem Lara und ihre Truppe unterwegs sind, gerät in einem Sturm, wird zerfetzt und in Einzelteilen an eine Insel gespült. Logisch, sonst gäbe es auch keine Möglichkeit für Lara, als “A Survivor born” zu werden, wie es Tomb Raider verspricht.
Aussehen tut die neue Lara sehr schön. Also so grafikmäßig. Sie ist natürlich hübsch, aber nicht sonderlich einzigartig. War sie zwar vorher auch nicht, aber da waren die technischen Möglichkeiten auch nicht allzu prall. Ich hätte mir eine ein klein wenig zu lange Nase oder ein wenig dünnere Lippen gewünscht, die sicher ihre Schönheit nicht zerstört und ihr mehr Individualität gegeben hätten. Ihre Brüste wurden – wie gesagt – etwas kleiner, der Ausschnitt größer und der Zopf darf jetzt auch endlich aus einzelnen Haaren bestehen. Auch die Welt um Lara herum hat sich dem technischen Fortschritt nicht verweigert. Die Insel ist hübsch geworden, hier könnte man glatt urlauben. Aber wollen würde man das wohl eher nicht.
Denn die Insel, auf der Lara strandet, ist von allerhand garstigen Kerlen bewohnt und mit gruseligen Altären dekoriert, auf oder über denen Menschen geopfert wurden. Mir präsentierte sich die Insel recht ähnlich wie die Insel aus Lost. Gerade am Anfang, wenn Lara am Strand nach ihren Freunden ruft, die nicht weit von ihr entfernt zu stehen scheinen und sie von einer nicht gezeigten Person nieder geschlagen wird, drängt sich mir der Vergleich zu einer ähnlichen Szene in der ersten Staffel mit Sayid auf. Auch das Stück mit der Luke im Boden mitten im Dschungel und dann der Abschnitt, durch die mit Symbolen und Blut beschmierten Gänge, die mit seltsamen Gesängen von einem alten Grammophon beschallt werden, lösten Lost-feeling in mir aus.
Achtung, jetzt spoiler ich ein bisschen: Eine Forschungsstation, die ein mysteriöses Naturphänomen untersucht, gibt es auch auf der Lost– und der Tomb Raider-Insel. Auf der einen sind es merkwürdige Magnetfelder, auf der anderen Stürme. Von beiden Inseln kann man nicht fliehen und auf beiden Inseln gibt es Menschen, die den Gestrandeten Böses wollen. Passt also recht gut, der Vergleich. (und Spoiler aus)
Dem Feeling allerdings absolut abträglich ist die deutsche Stimme von Lara Croft. Top Beispiel für Zehennägelaufrollung ist die Textzeile: “Kaum ist eine Frau mal stark und mächtig, schon müssen übernatürliche Kräfte am Werk sein” (sinngemäßes Quote aus dem Gedächtnis), die wahnsinnig zickig daher kommt. Nicht inhaltlich, sondern wie es vorgetragen wurde. Als ich kürzlich darauf hingewiesen wurde, dass Nora Tschirner Lara ihre Stimme geliehen hat, machte diese Stelle Sinn: Noch etwas schneller und ich hätte Frau Tschirner erkannt. Habe zwar bisher nur einen Film mit ihr gesehen, aber recht viele Interviews mit ihr. Die typische Tschirner kommt an dieser Stelle deutlich durch. Ist nicht abwertend gemeint, finde nur, dass dieser bestimmte Style so überhaupt nicht zu Lara passt. Generell gibt sich Frau Tschirner auch viel Mühe nicht so zu klingen, wie sie sonst klingt, aber mitunter – wie an besagter Stelle – haut es nicht hin und reißt mich aus meiner Lara-Illusion.
Gut, Lara ist noch jung, unerfahren und völlig verstört, daher kann sie nicht klingen wie ihr badass alter Ego, aber wie aus einer Beziehungskomödie mit Till Schweiger entsprungen, sollte sie sich nicht anhören. Ich habe also nur das erste Drittel auf deutsch gespielt. Das zweite auf italienisch und das letzte Drittel des Spiels auf englisch. Die italienische und die englische Lara gefielen mir deutlich besser als die deutsche. In der italienischen Version kam noch der Pluspunkt der derberen Kraftausdrücke mit besserem Klang hinzu. In der englischen Version machten mich die unterschiedlichen Akzente ganz glücklich.
Wie schon erwähnt wird Lara als jung, unerfahren und verstört präsentiert – und das wird im Spiel noch viel öfter angemerkt, als ich es hier in meinem Text anmerke. Ein Instrument dieser Anmerkung sind wohl diverse derbe Verletzungen, die Lara gleich schon zu Beginn davon trägt. Trägerhemdchen, Blut und Schmutz lassen hier schon wieder an Die Hard denken, aber wo bei Willis das Ganze eher mit Augenzwinkern gedacht ist, meinen die hier es mit Lara ernst. Wie ernst, soll auch die viel zitierte Beinahevergewaltigung zeigen. Im Vorfeld las ich sogar was von einer abgewendeten Massenvergewaltigung, aber entweder wurde hier noch nachgebessert bzw. eventuell in früheren Versionen des Spiels vorhandene Mittäter entfernt, oder ich hab Tomaten auf den Augen. Da ist dieser eine Typ, der Lara betatscht und vermutlich an die Wäsche gehen will. Sonst ist da gerade kein anderer Schurke in Sicht. Er brabbelt wohl währenddessen was auf russisch, aber da ich diese Sprache nicht beherrsche, kann ich nichts Genaues zu seinem Vorhaben sagen – vielleicht spricht er hier von Weiterreichung Laras an seine Kumpanen – aber das Gefummel und Näherkommen lässt nichts Gutes erahnen. Lara jedenfalls rammt dem Typen ein Knie zwischen die Beine, rangelt ein wenig mit ihm und erschießt ihn dann.
Die Vergewaltigung bzw. der Versuch einer solchen empfinde ich an dieser Stelle als keineswegs unpassend, übertrieben oder sonstwie storytechnisch doof. Die Statistikerin in mir ist keinesfalls überrascht, dass es auf einer Insel voller durchgeknallter Bösewichte auch einen gibt, der ein Vergewaltiger zu sein scheint. Passt also vom Setting her. Dass der Protagonist einer Geschichte erst einmal gebrochen werden muss, d.h. durchaus ordentlich auf’s Maul bekommt, um danach als besserer Held da zu stehen, gibt es immer wieder in Film, Theater, Serie, Buch und auch Spiel. Oft gehört auch der gewaltsame und/oder frühe Tod der Eltern oder der Kinder der Protagonisten zu dieser Formung des Charakters. Die Vergewaltigung als solch ein charakerbestimmender Teil einer Geschichte ist seltener, wird aber auch verwendet, wie z.B. in The Shawshank Redemption. Hier muss Tim Robbins in der Rolle des Andy Dufresne sogar mehrfach eine Vergewaltigung durchmachen. Auch bei Laurence von Arabien wird der Held vergewaltigt. Bei Spielen fällt mir ehrlich gesagt nicht so schnell ein Beispiel ein. Interessant auch, dass meine Beispiele nur Männer betreffen.
Für Tomb Raider bedeutete diese Szene für mich letztlich nur, dass hier passend zum Setting – Insel mit vielen bösen Menschen – ein aus anderen Medien bekanntes Stilmittel der Erzähltechnik es auch in ein Spiel geschafft hat. Natürlich kann man sich darüber Streiten, ob eine solche Darstellung eines Verbrechens sein muss. Aber mich hat es nicht in meinem Spiel gestört und ich muss zugeben, dass mir das Spiel durch diese Szene sogar ein bisschen realistischer vorkommt.
Lara erfährt also alle drei Mittel zur Heldencharakterbildung: In allen Biografien stirbt mindestens die Mutter, als sie klein ist – in einer Bio ist es sogar Laras Schuld, dass sie stirbt – ordentlich verprügelt/gestürzt/gefallen/niedergeschlagen wird sie allein schon in der ersten Stunde, später von ihren Peinigern auch noch bisschen rumgeschubst und erniedrigt und dann eben noch die Beinahevergewaltigung.
Generell ist Tomb Raider insgesamt sehr gewalttätig ausgefallen. Kann sein, dass es daran liegt, dass ich gerade zuvor BioShock Infinite spielte, so viel über The Last of Us las und sonst nur in USK 12-Gefilden zu finden bin, in denen die Toten nicht wirklich tot sind – Respawn – aber erfährt die Gewalt in Games gerade so eine Renaissance als Mittel die Ernsthaftigkeit der Story zu tragen? Meist war in Games Gewalt da: Ich bin Soldat, daher muss ich gegnerische Soldaten killen. Oder weil es zum Genre des Spieles passt, wie in Fahrenheit oder Silent Hill. Jetzt aber scheint die Gewalt als etwas, das exzessiv ausgelebt werden, aber dennoch irgendwie hinterfragt werden muss. Kommt schon arg seltsam: Man hätte in BioShock Infinite und Tomb Raider sicher nicht so viel und so brutal töten müssen, damit das Spiel ein gutes geworden wäre. Dennoch wird gemetzelt, während mir die Helden vormachen wollen, dass sie mit ihren Taten hadern. Ist das jetzt vorgeschoben, damit ein Spiel erwachsener wirkt oder wird wirklich versucht, Tiefgang in die Story zu bringen? Ich tendiere zum Tiefgang, den gibts ja noch nicht so lange in Spielen, da macht man sicher noch nicht alles richtig.
Ich weiß nicht, ob es daran liegt, dass ich so viel über die Vergewaltigung Laras im Vorfeld las, aber mitunter drängte sich mir die Frage auf, ob die eigentlich sexuelle Komponente am Spiel diese ständige Extremprügelung von Frau Croft ist. Kaum hat man eine Sprungsequenz abgeschlossen, schon stürzt sie irgendwo runter. Aber nicht, um geschunden herum zu liegen, sondern um mindestens noch drei Mal weiter nach unten durch Bretter zu krachen, sich fest halten zu können und doch noch den Halt zu verlieren. Ich fand dieses ewige Gestürze schon in so manchem Spät-90er-Actionmovies nervig, aber hier verdrehte ich schon teilweise die Augen. Es drängte sich die Frage auf, ob es jemand geil findet, Lara so alle zu machen. Zumal hier in diesem Spiel dieses komische Missverhältnis zwischen Gesagtem/Cutscenes und Spielerhandlungen herrscht. Einerseits ist Lara die arme Kleine (Roth nennt sie auch oft so), aber andererseits metzelt man dann doch munter durch die Gegend und freut sich über Headshots, weil die mehr Erfahrungspunkte bringen. Weniger Gewalt und noch mehr Lost-Momente im Sinne von seltsam gruseligen Rätseln hätten Tomb Raider sicher mehr Tomb Raider sein lassen.
Wie glaubwürdig ist denn bitte dieser gequälte Mädchenblick von Lara in den Cutscenes, wenn sie gleich danach einem Bruder der Solari ihr Steigeisen mehrfach in den Schädel rammt und dabei nicht mal blinzeln muss? Wäre es zuviel verlangt, Lara mal wütend werden zu lassen? Am Ende kommt von ihr ganz kurz die Bitte, ihre Freunde mögen auf jeden dieser Bastarde schiessen, aber sonst gibts bloß feuchte Augen mit gequältem Blick. Ich wünsche mir ein mordswütendes Gesicht, gern auch mit Tränen, um die innere Zerrissenheit zu zeigen, aber hier wird doch nur versucht, Mitleid beim Spieler für die arme Lara zu wecken. Musste das sein? Während des Spiels ist das nicht Lara, das bin ich, der Spieler. Vielleicht bin ich da zu sehr RPGler, aber wäre schön, wenn man seine Charaktere nicht so aus der Distanz betrachtet. Mag daran liegen, dass viele Spieler von Tomb Raider männlich sind und sie es nicht gewohnt sind, sich eine weibliche Hülle überzustülpen, da es bei vergleichbaren Spielen nur männliche Hauptdarsteller sind und es daher für sie näher liegt, Lara als jemand Beschützenswertes zu sehen, als einfach sich selbst bzw. den eigenen Avatar. Und diese Beschützersicht wird hier im Spiel mit der Wehleidigkeit gefördert. Ich stelle mir jedenfalls vor, dass Lara in so einer Situation eher zum Berserker wird. Würde auch besser passen. Vielleicht wird sie dann im nächsten Spiel zur souveränen, coolen Sau.
Apropos “Sau”. Der RPGler in mir fühlt sich in Tomb Raider an ein paar Stellen angesprochen. Zum Beispiel beim Jagen von Tieren. Lara hat mitunter auch mal Hunger und muss jagen. Dass sie sich beim Töten eines Hirsches fast noch zimperlicher anstellt als bei ihrer ersten Tötung eines Menschen, lässt mich fast wieder mit den Augen Karussell fahren, aber na gut. Das Fleisch braucht man wohl zum reggen am Lagerfeuer. Ich weiß es nicht genau, habe das Spiel nur auf Easypeasy gespielt. So habe ich das Fleisch nur am Anfang gebraucht als Teil der Quest, die einem das Jagen beibringt.
Beibringen kann man Lara auch recht viel. So kann man in verschiedene Skilltrees Punkte vergeben und ihre Fertigkeiten z.B. bei der Jagd verbessern. Ja, Skillpunkte. Man levelt Lara heutzutage. Und man rüstet sie auch noch mit Waffen aus, wie einem wunderbaren Bogen, einer Shotgun, Sturmgewehr, Pistole und einer Axt, die man während des Spiels auf der Insel finden und verbessern kann. Das hat mir gefallen und gibt mir ein klein bisschen ein heimeliges Gefühl. Enttäuscht war ich allerdings, als ich zwar Charaktermodels freispielen konnte, die aber nur zum Angucken waren. Ich hätte erwartet, dass ich da Laras Aussehen anpassen darf. Vielleicht ‘ne Regenjacke anziehen oder so. Aber da sind stattdessen nur Modelle, die man sich in der Galerie angucken darf. Jaja, wir machen hier keine Modenschau, aber da schnaubt der Diablo-Zocker nur und wendet sich kopfschüttelnd ab. So was soll ne Belohnung sein? Pah!
An anderer Stelle wird es doch noch etwas RPGliger: So gibt es ein Portalsystem. Überall auf der Insel kann man Portale finden, die hier “Lager” heißen und mit denen man sich fix zwischen schon aufgedeckten Lagern porten kann. Hab ich jetzt nicht gemacht, da ich darüber die Nase gerümpft habe. Das ist mir für Tomb Raider doch zu magisch. Dennoch ist das wohl ein tolles Feature, dass man die Insel frei bereisen kann und Items wie Reliquien und Geocaches finden. Nachdem ich das Spiel durch, aber längst nicht alles gefunden habe, schaue ich mir die Insel auch noch mal an. So wird man zwar gegen Ende gewarnt, dass man ab einem bestimmten Lager nicht mehr wild umher reisen kann, aber ist der Abspann gelaufen, kann man sich dennoch entscheiden zu bleiben.
Ich habe – wie schon erwähnt – kein Portal benutzt. Zum Einen, weil es mir zu magisch war und zum anderen, weil ich keinen Nerv hatte, mich groß zurück zu bewegen. Für mich ist es wieder ein Stück Gewöhnung, mich auf eine feste Story einzulassen. MMORPGs haben zwar auch den roten Faden einer Rahmenhandlung, aber man ist dennoch sehr frei darin, was man wann machen will. Bei den Spielen, die ich auf der PS3 spielte, ist man auf eine Story angewiesen, der man folgen muss. Bei BioShock Infinite war das Korsett der Story z.B. doch sehr eng, aber Tomb Raider hat mir gezeigt, dass ich mich gern auf ein wenig Unfreiheit einlasse, denn ich habe nicht wild die Insel erkundet, sondern bin gern der Story gefolgt und nur ab und an vom Wege ab, um eine Reliquie einzusammeln oder ein verlassenes Grab zu erkunden. Diese beengte Freiheit war für meinen Spielfluss genau das Richtige.
Auch mit dem Schwierigkeitsgrad war ich sehr glücklich. So gibt es sogar ein bisschen autoaiming und auch die Sprungsequenzen sind für mich teilweise ein bisschen knifflig, aber machbar. Sogar diese Reaktionstests, in denen man in einem ganz bestimmten Moment ein bestimmtes Knöpfchen drücken muss, damit Lara z.B. einen Wolf abschüttelt, hab ich gebacken bekommen. Die fand ich aber dann doch recht hart, wenn sie in Massen hintereinander auftauchten. Aber jetzt, da ich Lara und den PS3-Controller schon etwas besser kenne, wage ich mich bestimmt auch bald an eine etwas höhere Schwierigkeitsstufe.
Als bisher große Lara-Verehrerin weiß ich nicht so recht, was ich vom Reboot halten soll. Sicher, es ist ein tolles Spiel mit schöner Story und hübscher Grafik, aber damit es ein Tomb Raider wird, müsste der nächste Teil wieder weniger Die Hard und mehr Indiana Jones werden. Die unheimlichen Momente haben mir sehr gut gefallen, davon bitte mehr. Dass das neue Tomb Raider auch wieder ein ziemlicher Shooter mit bisschen Schleichen, bisschen Knobeln ist, damit kann ich sogar leben, wenn etwas weniger geballert und mehr gerätselt bzw. erkundet werden würde im nächsten Teil. Die alte Lara war eher in einem Knobelspiel mit Actioneinlagen zuhause, in denen man zwar ab und zu schießen musste, aber dann meist nur auf Tiere.
Ich weiß, der Protagonist, der erst durch Leid zum Helden wurde, ist das große Ding, aber hätte man Lara nicht einfach das Leid, dass sie durchmachen musste, als reines Leid durch Umstände und nicht durch Mord erleben lassen können? Hätte nicht ein Flugzeugabsturz und das Überleben in feindlicher Umwelt gereicht und all der Mord, wenn schon nicht weg bleiben, dann wenigstens deutlich reduziert werden können? Mir gefiel eigentlich die Idee der “reinen” Heldin. Zumindest was ihr Gewissen angeht. Dann wäre auch sicher mehr Zeit zum tomb raiden gewesen.
5 Kommentare
Letztens erst die Crystal Dynamics Trilogie durchgespielt. Naja, bis auf das Remake von Teil 1…aber das war auch sauschwer.
Ich mochte TR Underworld sehr. Mehr Freiheit und Herausforderung als bei Uncharted. Ja, es war definitiv verbesserungswürdig und das Storytelling war auch noch nicht so ausgefeilt.
Daher kann ich die ersten Absätze über die alte Lara und, ja, ihre Brüste, total unterschreiben. Erinnert mich an Reaktionen zu Tara Reids Rolle im Film zu “Alone in the Dark”: Sie ist viel zu heiß, um Wissenschaftlerin zu sein! D’uh!
Denn wie wir alle wissen, können Frauen nicht schön UND klug sein. Ich empfinde “new Lara” als Rückschritt.
Uhoh… Der Text war mir schon fast zu lang, für das was gesagt wurde ;)
Ist es nicht Teil des Entstehungs-Mythos, dass Lara eigentlich ein Kerl werden sollte, aus unverständlichen Lizenz- und Plagiatsgründen mit einem anderen Archäologen der (Film-)Geschichte man aber eine Frau draus machen musste?
Abgesehen davon stellt dieses Tomb Raider den Spieler, im Gegensatz zu Spielfigur, als sehr dämlich hin. Komme ich mal an einer Stelle nicht sofort weiter, drängt mir das Spiel gleich den Super-Röntgen-Blick auf. Das mag bei Batman okay sein, bei Lara Croft, gestrandet auf einer einsamen Insel ist das eher doof.
Dazu kommt, das was Herr Kaliban mal so schön als “versinken in einer Spielewelt” beschrieben hat: Ich bin auf einer einsamen Insel gestrandet, jeder auf der Insel will mir an die Gurgel, aber ich habe noch genug Zeit in aller Ruhe die Landschaft zu erkunden und Geocaches zu sammeln. Ebenso vergessen meine Feinde, wenn sie mich gefangen nehmen und aufhängen, mir meine Waffen wegzunehmen. Letzteres hielt ich auf Grund der folgenden interaktiven Cut-Scene erstmal für einen Grafikfehler.
Und dann bleibt das da Story-Telling… Grausam für meinen Geschmack. Ich hatte sehr lange keine Ahnung was der Mist soll. Ich habe beim Absturz des Fliegers sogar fest damit gerechnet, dass es hier eine Geheimwaffe der Japaner gibt, die ein paar vom Krieg vergessene bedienen. Umso ernüchternder fand ich dann die Auflösung. Das war mehr so “WTF?!”
Jemand meinte in meinen Kommentaren, dass in den Briefen ja schon was stehen würde. Dazu kann ich nur eines sagen: Warum soll ich mir die Story aus optionalen Sammelgegenständen zusammensuchen?
Vielleicht bin ich aber auch einfach verwöhnt, weil Far Cry 3 bei annähernd gleicher Ausgangslage und gleichem Setting (Allein schon die geklaute Szene mit der Kletteraktion auf den Funkturm in Tomb Raider ließ mich laut lachen…) mich mehr gepackt hat. Auch da gab es Leveln und Waffenbau und jagen (Jagen sogar mit Sinn, weil man daraus gezielt Gegenstände herstellen konnte) aber anders als in TR.
Und letztlich hatte die Story bei FC3 drei große Vorteile gegenüber TR:
1. Einen echt fiesen (Zwischen-)Gegner. Es war von Anfang an klar, wer der durchgeknallte Gegenspieler auf der Insel ist
2. Ich wollte, wegen diesem Gegner, wissen wie es weitergeht
3. Hatte ich regelmäßig das Gefühl, dass ich für die nächste Konfrontation noch nicht bereit bin und lieber noch nen Runde leveln gehe.
Kurz: Andere Spiele sind mittlerweile das bessere Tomb Raider für mich.
Die Cutscenes mit den immer wieder kehrenden, mehrfachen “Abstürzen” fand ich schon bei bei Uncharted zum Kotzen. Das ist aber genauso wie mit dem Tiefgang, von dem du schreibst. Alles nur Bullshit und Effekthascherei. Null Logik.
Achja und wegen der Oberweite…
Ja, ich kenne sehr viele Sportlerfrauen, die fette Titten haben. Weil sie so sportlich sind, lagert sich das Fett nur in den Brüsten an und man darf das dann nicht mit Silikon verwechseln. Wegen des Stoffwechsel bei hoher körperlicher Anstrengung findet es eben nur dort Platz. Und, ich stehe auf Sexbomben mit dem IQ von Albert Einstein – natürlich ohne seine sozialen Unzulänglichkeiten. Da kenne ich auch sehr viele, vielleicht sogar noch mehr als die oben erwähnten Sportlerinnen. An meiner Uni begegne ich nur Profs, die aus der Ivy League kommen und deren Körper den wildesten Männerfantasien entsprungen sind. Oder wo hat Lara nochmal ihre Bildung genossen?
(Trotzdem mag ich deinen Text)
Nicht Laura, sondern Lawrence von Arabien!
(Muss ich mir wieder mal ansehen, den Film… das Spiel hat mir ganz gut – eigentlich sehr gut – gefallen)
Ja, ist wirklich lang geworden das Ding. Aber wenn es um Helden aus der “Kindheit” geht, wird es wohl mitunter bisschen länger :D
Zur Story: Ähnelt leider beim Ende dann doch zu sehr Lost…da fand’ ich das Ende auch mystisch-dämlich.
Dass andere Spiele das bessere Tomb Raider sind, kann ich auch gut verstehen. Lara hat wohl ihr Alleinstellungsmerkmal (und nicht nur ihre großen Ömmel) über die Jahre verloren.
Was die Brüste angeht sehe ich es daher wie Svente Fox und das mit den Einstein’schen Superbrüsten zeigt, warum ich finde, dass Laras (mit großen Brüsten) noch gebraucht werden :D