Get Even, ey boah ey. Manchmal frage ich mich, warum ich mir gewisse Spiele überhaupt anschaue. Warum ich, wenn SpielerZwei im Polyneux-Forum fragt, ob jemand Interesse an einem Key für dieses oder jenes Spiel hat, wie blöde „Ich!“ schreie. Ist es Interesse? Ist es die reine Gier? Ist es Doofheit? Oder etwa eine Mischung aus diesen drei Dingen? Warum habe ich „Ich!“ geschrien, als da ein Key für Get Even frei durch die Gegend flottierte? Keine Ahnung. Der Trailer sah wohl irgendwie interessant aus und da die Veröffentlichung noch einige Wochen in der Zukunft lag, gab ich mich der Illusion hin, den entsprechenden Text passend zu diesem Datum fertig zu haben. Endlich mal aktuell! Als der Stichtag näher rückte und ich das Spiel noch nicht mal gestartet hatte, dünkte mir langsam, dass ich mich wohl wieder ziemlich verkalkuliert hatte. Dann wurde die Veröffentlichung nach hinten verschoben, was mir mehr Zeit verschaffte. Aber nicht genug.
Plötzlich war das Spiel da und ich hatte nicht mehr, als zehn Minuten reingerochen. Die Reviews purzelten aus dem Himmel, hier ganz gut, da weniger gut, alle waren schneller als ich. Wie immer. Dass irgendwo gesagt wurde, das Ganze sei irgendwie auch ein Puzzlespiel nahm mir alle Lust in Get Even einzusteigen. Irgendwie vergaß ich über medizinische Probleme (bei mir) und Wasserschäden (in meiner Wohnung) das Ganze und hoffte wohl unterbewusst, dass keiner mehr fragen würde. Aber SpielerZwei vergisst trotz seines fortgeschrittenen Alters und ein von ihm lässig durch mein Panoramawohnzimmerfenster geworfener Ziegel erinnerte mich daran, dass ich meine Pflicht zu tun hatte. Für Polyneux, für mein Selbstwertgefühl, für die Zukunft des Planeten.
Get Even könnte auf den ersten Blick ein gewöhnlicher Shooter sein. Jedenfalls starten wir aus der Sicht des Protagonisten und halten eine Waffe in der Hand. Unser Auftrag scheint klar: Feindliches Gebiet infiltrieren und eine Geisel befreien, Kinderspiel. Mit der Pistole im Anschlag schleichen wir uns in einem Außenareal an ebenfalls bewaffneten Wachen vorbei und begeben uns in einen Gebäudekomplex. Neben der Pistole haben wir immer unser Smartphone am Start, mit dem wir nicht nur „Beweise“ zwecks Informationsgewinnung scannen, sondern auch eine Karte abrufen, in Predatormanier auf Thermalsicht schalten und mittels der eingebauten Taschenlampe finstere Ecken ausleuchten können.
Nach kurzem Gelatsche und vereinzeltem Geschieße finden wir die Geisel, eine junge Frau, die samt einer Sprengvorrichtung an einen Stuhl gefesselt wurde. Von ihren Peinigern hat sie die Kombination zur Entschärfung der Bombe herausfinden können, die wir umgehend einzutippen versuchen. Ohne Erfolg. Ein Lichtblitz signalisiert uns, dass unser Vorhaben gewaltig in die Hose gegangen ist und dass die Geisel und wir nun vermutlich als Bröckchen auf dem Boden und an der Decke des Entführerkellers kleben. Zur Überraschung aller wachen wir jedoch nicht als Frikassee, sondern am Stück an einem uns unbekannten Ort auf. Wir stehen verwirrt in der Gartenanlage eines Sanatoriums und blicken auf unser Smartphone: „This is all your fault“, erfahren wir durch eine SMS. Na das kann ja heiter werden.
Und wer hätte es vermutet? Im Sanatorium geht es gruselig zu, irgendwas stimmt hier nicht und wir müssen herausfinden was und warum. Der Protagonist weiß nicht mehr wer er ist, vermutlich irgendein Spezialeinheiten-Spionage-Ficker, der etwas Schlimmes verbrochen hat. Ist schließlich alles sein fault. Das Sanatorium war Schauplatz wilder Menschenversuche, wie wir aus Zeitungsausschnitten erfahren. Schwermedikation und Augenfressen inklusive. Obwohl es geschlossen sein sollte, laufen hier verschollene Insassen herum, die alle, den Protagonisten eingeschlossen, ein seltsames Headset tragen, mit dem wohl irgendwie irgendwelche Erinnerungen wiedererlebt werden. Alles zum Zwecke der Genesung versteht sich.
Wie man aus meinen schlaff hingeschmierten Zeilen schon herauslesen kann, hat Get Even mich nicht gepackt. Währen ich ganz zu Anfang kurz dachte, es könnte aufgrund der Stimmung doch etwas werden, haben mich andere Aspekte nachhaltig abgeschreckt. Zum einen ist da die Mechanik. Die Shooterpassagen zeichnen sich durch eine unangenehme Eckigkeit aus. Sie sind nicht das zentrale Element des Spiels, sind aber so präsent, dass sie mir in ihrer Kackwurstigkeit auf die Nerven gehen. Dem gelegentlichen Ballern stehen andererseits häufig wiederkehrende Puzzlepassagen gegenüber, die vermutlich nicht schlecht gemacht sind, mich aber zusätzlich quälen, da mir dieses Gepuzzle gestohlen bleiben kann. Ich habe keinen Bock, Sicherungen in Reihenfolge anzuknipsen oder Ventile zuzudrehen. Es ermüdet mich einfach und bereitet mir kein Vergnügen. Dass ich zusätzlich noch mit dem Smartphone hantieren muss, setzt dem Ganzen die Krone auf. Es ist kontraintuitiv und irgendwie komme ich mir blöde vor, das Ding die ganze seit in der rechten unteren Bildschirmecke zu sehen bzw. auf die wahnwitzige Um-die-Ecke-schieß-Knarre zu montieren.
Und obwohl ich so viel Negatives vom Stapel lasse, watsche ich Get Even nicht aus voller Überzeugung ab. Schon beim Spielen mischte sich in meine Genervtheit aufrichtiges Bedauern, da die Geschichte interessant losgeht und durchaus Potenzial zu bergen scheint. Gerne würde ich mehr darüber erfahren und den Geheimnissen um den Protagonisten und seiner Vergangenheit auf den Grund gehen. Doch wie das Ganze ausgeht und was der Kniff an dem Virtual-Reality-Sanatorium ist, werde ich höchstens mittels eines unkommentierten (UNKOMMENTIERTEN!) Play-Throughs herausfinden, denn zum Weiterspielen können mich nach ca. zwei Stunden keine zehn Pferde mehr bewegen. Und warum sollten sie auch? Pferde haben schließlich nichts mit Videospielen zu tun.
Und obwohl ich es nicht lange spielen konnte, möchte ich nicht behaupten, dass Get Even nur ein Haufen Fettstuhl ist. Dafür erscheint es mir nicht schlecht genug. Es ist schlicht das falsche Spiel für mich, Mysteryfreunde und Puzzlefreaks können aber sicher ihre Freunde daran haben, wenn sie über die Mängel hinwegsehen. Ich hingegen werde mich wieder anderen Dingen widmen, wie meiner maladen Gesundheit, den feuchten Wänden in meiner Wohnung oder Spielen mit größerer Flutschigkeit und mich stärker ansprechenden Konzepten. Jedenfalls soll es mir eine Lehre sein, mich wieder wie so ein Irrer auf den nächsten herumliegenden PSN-Code zu stürzen und hinterher einen Text für ein Spiel am Bein zu haben, auf das ich ähnlich viel Lust habe, wie auf die Steuererklärung. So, da das endlich mal gesagt wurde, wie sieht es eigentlich mit dem Muster von Destiny 2 aus, hm? Das ist bestimmt voll was für mich, da werde ich zur Veröffentlichung direkt was zu machen. Hundert Prozent, auf jeden Fall, Leute! Hey, wohin geht ihr?
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