Christian: Eigentlich war ich geneigt zu schreiben: “Was für eine Eröffnung! Was für ein Start in ein Spiel! Ich weiß nicht, wann es ein Titel zuletzt geschafft hat, mich so schnell so atmosphärisch ganz tief in seine Welt hineinzuziehen”. Aber dann fiel mir wieder Horizon: Zero Dawn ein. Und Prey. Doch während letzteres eher durch seine What-the-Fuck-Attitüde glänzt, schafft es God of War — ausgerechnet GOD OF FUCKING WAR! — mich mit seiner feinen wie feinfühligen Erzählweise von Beginn an zu umgarnen und mir eine einfühlsam präsentierte Geschichte zu erzählen, bei der man sich eher nebenbei mit brachialer Axtgewalt auf fieseste Weise durch Gegner holzt. Vom Opening her erinnert God of War insofern schon eher an Horizon: Zero Dawn — und erscheint dabei paradoxerweise zugleich noch stringenter in der Feinfühligkeit seiner Erzählung, als auch um ein vielfaches rabiater, härter, brutaler im Umgang mit der uns feindlich gesonnenen Fauna seiner Spielwelt. Zumindest hier bleibt sich God of War treu und macht keinerlei Kompromisse bei der Gewaltdarstellung. Die USK winkt entsprechend freundlich mit dem 18er-Siegel.
Wer die Vorgänger-Teile kennt, dürfte sich über den Story-Modus wundern, der einem — ganz ähnlich wie in Naughty Dogs Uncharted-Spielen — im Auswahlmenü zum Schwierigkeitsgrad feilgeboten wird. Wer jedoch erstmal eine Stunde — oder vielleicht auch nur eine halbe — an der Seite Kratos’ und seines Sohnes Atreus verbracht hat, wundert sich hingegen über gar nichts mehr. So stimmig, so fesselnd, so mitreißend — ja, ich bin geneigt “bombastisch” zu schreiben — ist die Präsentation, dass man sich nach kurzer Zeit sehr gut vorstellen könnte, den Controller zur Seite zu legen, sich zurückzulehnen und einfach nur der Interaktion der beiden Protagonisten miteinander und mit ihrer Umwelt zuzusehen.
“Das ist nicht mehr mein God of War!!!”, wird jetzt sicherlich so mancher rufen. Ich sage: Beruhigt Euch, hört mal auf Eure Analplugs als Lollies zu benutzen und atmet mal ganz locker durch die Hose! Denn das hier ist God of War in absoluter Top-Form!
Molo: Bin ganz bei Dir, Christian. Die Eröffnung bis zur ersten Begegnung mit Jörmungandr ist der absolute Wahn. Kann den Hype und die Mega-Entzückung die das neue God of War umfloren ganz gut nachvollziehen. Midgardschlange! Gutes Stichwort ein Detail der exzellenten Präsentation zu loben, nämlich: allein schon das Sound-, insbesondere das Bass-Design massiert einen durchwegs wuschig. Alles was irgendwie mit Kraft verbunden ist — von Weltenschlangen-Sprech, die Drescherei eh, aber auch Türen, Fahrstühle, Einschlagen von Kisten, ja selbst Zupacken beim Klettern — klingt irgendwie satt, wuchtig, derb.
Und der Anfang liefert am laufenden Band. Das Ineinander von Tutorial (gut für God of War-Neulinge wie mich), räumlicher Erkundung, Erzählung, Abwechslung und Steigerung der Gegner ist während der ca. ersten 4-6 Stunden makellos. Es kommt dann die Phase, wo sich die Weltkarte weit öffnet und das Spiel einen mit planlosem Erkunden sowie Nebenmissionen lockt. Hab ich viel gemacht und meine Rosette krampfte bei der Beobachtung, dass God of War aus ‘ner guten Portion Backtracking besteht (halt für Leuz die auf so Krabbelkram Wert legen wie “alle 51 Raben Odins abballern”). Von Souls-Spielen (Bloodborne, Dark Souls 3) geprägt, nehm ich’s gern mit Gegnern auf, die mir’n paar Level über sind, wozu frei Schnauze Herumstromern bei GoW reichlich Gelegenheit bietet.
Die Story selbst hat einige wunderbare Stellen. Mindestens der erste große Story-Bosskampf mit einem schier unkaputtbaren tätowierten Kerl ist ein Meisterstück der Gattung “drücke Knöpfe, damit der Film weiter geht”. Die filmische Seite, Äktschn und Bühnen-Spektakel haben ‘se voll druff, strukturell allerdings ist die Erzählung arg episodisch, wer will, darf klassisch sagen. Die dolle Prämisse “Bring Asche von jüngst verstorbener Gattin zusammen mit Sohn auf höchsten Gipfel” rennt immer wieder plötzlich gegen eine Wand, die überwindbar wird mit Stöckchenbringen (fetch quest) von magischen Gadget.
Ganz allgemein zum anfänglichen Ersteindruck: positiv überwältigt.
Urs: Wann genau God of War mich gepackt hat, kann ich nicht mehr sagen. War es, als der Riesenlörres von Midgardschlange sich aus dem See der Neun erhob, um mich vollzubassen? Oder war es etwas später, als sich langsam offenbarte, dass der See kein reines Hub-Gebiet ist, sondern sich stetig verändert und Zugang zu neuen Gefilden ermöglicht? Ich weiß es nicht genau. Klar ist aber, dass ich ziemlich begeistert bin, obwohl ich anfangs noch skeptisch war. Für Hypes bin ich in der Regel ohnehin nicht empfänglich, aber sogar meine Vorfreude auf das Spiel war kurz vor Veröffentlichung praktisch verschwunden. Dabei liebe ich die Reihe sehr! God of War I & II kaufte ich mir damals im Doppelpack bei Galeria Kaufhof. Ich hatte Jahre nicht mehr an der Konsole gespielt, war aber irgendwie auf diese Spiele aufmerksam geworden und dachte mir nur: “Das musst du haben!” Ich war absolut begeistert und war auf einen Schlag wieder zurück in der Welt der Konsolen. Als ich mir einige Jahre später eine PS3 kaufte, war God of War III mein erstes Spiel für die neue Kiste. Dass ausgerechnet mein Held Kratos, dieser sympathische Zyniker und Vollcholeriker, jetzt plötzlich eine Weichflöte mit einem Balg am Hacken werden sollte … Ich war entsetzt! Was ich in Trailern sah, begeisterte mich nicht. Zwar bin ich immer scharf auf Veränderung, aber das ging etwas zu weit. Oder?
Ganz bei euch bin ich bezüglich des Anfangs übrigens nicht. Der Kampf mit Balder war zwar famos, aber des Geseier mit der toten Mutti und das zärtliche Abschlachten des Bocks gaben mir nichts, besonders da letzteres schon aus einem Trailer bekannt war. Vielleicht liegt es auch daran, dass ich lediglich ein, zwei Stunden reinspielte und dann (urlaubsbedingt) fast zwei Wochen Pause einlegen musste, bevor ich richtig ins Spiel einstieg. Zum Glück konnte ich mich in dieser Zeit vor Spoilern schützen, bekam aber viel von der allgemeinen Begeisterung — und natürlich auch von der raren, aber wohl begründeten Kritik — gegenüber dem Spiel mit. Also spielte ich weiter und weiter, versank tiefer und tiefer in der Welt dieses neuen, generalüberholten God of War. Und was soll ich sagen? Inzwischen bin ich ganz bei euch, es ist wunderbar! Klar, es gibt kaum neue Ideen, alles ist aus anderen Spielen bekannt, es ist fast wie ein Remix aus dem besten (?) der letzten zehn Jahre.
• Halboffene Welt zum freien Erkunden? Check!
• Rollenspielartiges Progressionssystem? Check!
• Pseudotaktische Kämpfe, die eine größere Herausforderung suggerieren? Check!
• Craftingsystem? Doppelcheck my ass!
Dass man nicht unbedingt das Rad neu erfinden muss, um etwas Geiles aus dem Boden zu stampfen, hat Horizon: Zero Dawn vor gut einem Jahr eindrucksvoll bewiesen. Ähnlich wie das Steinzeit-Robodino-Abenteuer vermag God of War mich zu fesseln, obwohl keines seiner Elemente mich überrascht. Denn jedes Element ist meisterhaft implementiert und auch die Inszenierung ist grandios. In (Pseudo)4k auf der PS4 pro sieht das Spiel einfach fabelhaft aus, und dass es keine Schnitte zwischen Spiel- und Filmsequenzen gibt, lässt das Ganze wunderbar fließen. Aber ich will den Tag nicht vor dem Abend loben. Ich weiß, dass ihr beiden schon durch seid, davon bin ich noch weit entfernt, fürchte ich. Und damit sind wir schon bei einem Problem, das auf mich zukommen könnte. Da ich etwas obsessiv bin, muss ich gerade anfangs in jedem Spiel jede Ecke schauen und jede Nebenaufgabe erfüllen, was die Spielzeit deutlich streckt. Obwohl ich noch sehr motiviert bin, fürchte ich schon jetzt, dass mir das Spiel zum Ende hin langweilig wird und ich mich durch die letzten Stunden durchquälen muss. Wie erging es euch damit? Wie lange habt ihr ungefähr gebraucht und habt ihr auch versucht alles mitzunehmen oder seid ihr straight durchgegangen? Plant ihr einen zweiten Durchgang oder seid ihr gar schon dabei?
Molo: Wirklich langweilig wurde das Spiel für mich nie, Urs, aber es gab erstaunlich viele Details, die ich “Hrnch!” fand. Freilich ist es fein wählen zu können, ob man mit der “Die Reise”-Haupterzählung, oder einer “Gefallen”-Nebengeschichte, oder einer “Aufträge”-Herausforderung weitermacht, oder planlos herumspaziert, um zu gucken, was es noch zu entdecken gibt, alles schön und gut … ABER: so ab dem letzten Drittel, nachdem ich der Hauptstory bis zum Ende gefolgt bin und mich auf die Reste der schwierigeren Sachen (Walküren! Weltenrisse!), sowie das Komplettieren von Sammelkram (Schatzkarten, Artefakte und Raben Odins) konzentrierte, nervten mich mancherlei Eigenheiten der Fortbewegung, vor allem beim Klettern, sowie die verborgenen Ladebildschirme — z.B. beim mystischen Portal, der Weltenbrücke, den Fahrstühlen — die anfangs ja für ach so dolle Immersion sorgen. Da zieht das Spiel dann im Gemüt Gatschefäden wie bei einer hochsommerlichen Wanderung durch Weichkäseterrain. Zudem gibt’s Sachen, die das Spiel schlecht bis gar nicht erklärt, was zu Beginn ätzend ist, wenn man nur ahnt, wie viel Backtracking einem bevorsteht und man z.B. noch nicht geblickt hat, welche Truhen-Rätsel man knacken kann und welche nicht (Hint: ist die Truhe blank, ist die Knobelaufgabe, wie man an die rankommt von Beginn an zu schaffen; ist die Truhe mit irgendwas überwuchert, braucht man Ausrüstung, die man erst im späteren Spielverlauf erhält). Nen zweiten Durchgang werd ich erst anpacken, falls in einem Update mal ein New-Game-Plus-Modus angeboten wird. Bis auf zwei “Aufträge”-Herausforderungen (Gegner mit der Axt an die Wand nageln, bzw. mit schwerem Axthieb-Finisher zu zerteilen) bin ich nämlich durch, so richtig mit allem, also Platin (begonnen am 20. April, platiniert am 4. Mai).
SpielerZwei: So, bin auch schon seit einiger Zeit mit der Story durch und kann nur jedem empfehlen, beim ersten Durchgang straight dem Kompassmarker zu folgen und nicht den Verlockungen der offenen Welt zu erliegen. Sonst zerfasert man sich nämlich die außerordentlich gute Narration und empfindet sie als “nicht durchgängig fesselnd” oder hat das Gefühl, dass sie im späteren Verlauf zu viele Längen besitzt. Hat sie aber gar nicht! Diese Längen werden nur vom Spieler erzeugt, wenn er auf Entdeckungstour geht. Ich kenne bis heute nur ein Beispiel, das dieses Grundproblem eines jeden Open-World-Spiels fast gar nicht hatte, weil sich auch die Nebenquests erzählerisch perfekt ins große Ganze einfügen, nämlich Horizon: Zero Dawn. Den ganzen Zusatzkrempel kann man in GoW auch nach Abschluss der Geschichte noch machen, wenn man will. Und durch die Castlevania-Mechanik, wegen der man aus Mangel des richtigen Werkzeugs bzw. der entsprechenden Fähigkeiten anfangs viele Dinge ohnehin nicht machen kann, erspart man sich so viel Lauferei und vergeudete Zeit.
Mir persönlich hat es sehr gefallen, dass sich Sonys Santa Monica Studio viel bei Naughty Dog abgeschaut hat. Ich stehe ja total auf Spiele, die auf cineastische Präsentation setzen, wenn es denn auch entsprechend gut gemacht wird. Aber es ist ja nicht so, dass sich der Fokus der Reihe nun grundsätzlich verschoben hätte: Einerseits hatten die Vorgänger ja auch viel Storytelling, nur war das sowohl inhaltlich, als auch von der Inszenierung her deutlich simpler. Auf der anderen Seite hat der neue Teil nicht weniger, sondern deutlich mehr Mechaniken und gerade der Kern der Reihe, das schnelle Gekloppe, wurde im Vergleich zu früher kräftig aufgebohrt. Die Kämpfe sind immer noch schnell, haben aber in ihrer Komplexität klar zugelegt. Die vielen Vergleiche mit Dark Souls, gerade in Bezug auf die härteren Walküren-Kämpfe, lassen mir übrigens die Nackenhaare hochstehen, weil sie schlicht totaler Quatsch sind. Wenn man es überhaupt mit einem Spiel der letzten Jahre vergleichen will, dann bitte mit Nioh. Im Vergleich zu Nioh sind die Kampfmechaniken der Souls-Spiele sehr überschaubar und deutlich langsamer im Ablauf. Also: Noch so ein blöder GoW–Souls-Vergleich und ich ertränke dieses Hundebaby, das eigens dafür neben meinem Schreibtisch kauert!
Kann mir eigentlich irgendjemand erklären, warum beim neuen God of War die Nummer (4) im Namen fehlt? Es ist doch eindeutig eine Fortsetzung der Hauptreihe und kein Reboot, Spin-Off oder sonstwas. Zum vollständigen Verständnis ist es meiner Meinung nach sogar zwingend erforderlich, die ersten drei Teile zu kennen, weil Kratos’ Vergangenheit eine große Rolle für die Geschichte spielt, aber diesbezüglich im vierten Teil eigentlich alles nur angedeutet, aber nichts richtig erklärt wird. Wie kamen diese Story-Aspekte denn bei dir an, Molo? Das war ja jetzt dein erstes GoW…
Molo: Dein Tipp, SpielerZwei, zunächst nur der “Reise” zu folgen und dann erst die “Gefallen” zu erledigen ist sicher doll, birgt aber den Nachteil, dass man dann für viele “Gefallen”-Erzählungen später überlevelt ist. Ich glaub, dass es wurscht ist, wie man sich das einteilt, spätestens, wenn man sich im letzten Drittel des Gesamtpaketes auf die schweren Sachen und den Sammelkram konzentriert, zerfasert die Präsentation und nimmt elendiges Backtracking überhand.
Ich war ja einer von denen, die auf Twitter den GoW–Souls-Vergleich gerissen haben, also lass mich den verteidigen: ich meinte vor allem das FEEEELING, eigentlich nur bei den schweren Walküren- und Weltenriss-Klopperein. Da war GoW für mich wie Dark Souls auf Koks. Und auch sonst gibts genug Ähnlichkeiten, dass der Vergleich nicht sooo abwegig ist wie z.B. zwischen einem Bügelbrett und einem Zitronensorbet.
Zu Deiner Frage wegen der Story, und wie ich die als GoW-Frischling fand: größtenteils gut, manche Szenen sogar exzellent (musste z.B. laut lachen, bei meinem allerletzten schweren Kampf mit Nifelheims Weltenriss No. 3. Mimir: »Congrats, you sealed the last Realm Tear. How do you feel?« — Atreus: »Like my fingers are about to fall off.« Für mich Beatles-Helter-Skelter-Liebhaber eine Gemme!), aber die Fantasy-Magie-Klischees, wenn der Weg zum Ziel wieder mal versperrt ist fand ich sehr schwach. Hat mich auch gar nicht gestört, dass ich von Kratos’ Vorgeschichte nur das mitbekommen habe, was im aktuellen Spiel angedeutet wird. Kratos als Figur glänzt durch seine Inszenierung, vor allem bei den wenigen, aber sehr effektvoll gemachten, ruhigen Szenen. Kratos-Höhepunkt für mich: seine Nacherzählung der Äsop-Fabel vom Rennen zwischen Hase und Schildkröte. Außer bei den Stellen, wo Kratos derart gegen den Strich inszeniert wird, ist der Zorn-Meister für mich als Protag bestenfalls so “meh”. 08/15-Männchentragik halt. Mimir, die Zwerge, Freya, Atreus (in der Reihenfolge) sind für mich alle viel interessanter.
Doreen: Ich möchte auch mitmachen, haha! Erstmal zum interessanten Aspekt von SpielerZwei, warum die 4 irgendwie verschluckt wurde: Ich weiß es nicht. Aber irgendwie muss ich mir das sowieso alles etwas zurechtbiegen und mir ein paar Fragen diesbezüglich selbst beantworten. In der Geschichte von God of War so scheint es mir, ist so gut wie nichts in Stein gemeißelt. Soweit ich mich erinnere, ersticht sich Kratos im dritten Teil ja selbst, um die Welt zu retten, theoretisch müsste er also eigentlich tot sein. Er müsste schon 2 Mal tot sein, nämlich schon als Zeus ihn erstach, aber Kratos schaffte es ja wieder, der Götterhölle zu entfliehen. Es wirkt, als sei Kratos im Grunde genommen unsterblich. Andere Götter, wie Poseidon, Ares und Co., die er in die Hölle schickte, schafften die Flucht aus jener ja nicht so wirklich – wahrscheinlich haben die einfach ‘ne schlechte Orientierung oder sind einfach nur vollkommen blöde, haha. Jetzt erkläre ich es mir so, dass Kratos es erneut schaffte, der Hölle zu entkommen, was meinen Verdacht noch mehr füttert, dass er unsterblich ist – zumindest im Kampf. Die Flüche, die schon über ihn hinein brachen, tun wahrscheinlich ihr übriges. Ist aber nur meine Vermutung. Ich könnte mir aber vorstellen, dass Kratos nur im Krieg/Kampf unsterblich ist. Dem größten Fluch oder Schicksal (der Menschheit) und vielleicht ebenso der Götter, wird auch er irgendwann erliegen: Das Alter oder vielmehr, dem Altern. Ich glaube, Kratos wird niemals im Kampf oder im Krieg sterben, sondern eines natürlichen Todes im hohen Alter, einsam in seiner Berghütte (*schwelg*).
Das erklärt zwar noch immer nicht, warum die 4 fehlt, aber ich glaube, man wollte die alten Geschichten “mental abschneiden”, was aber nicht heißt, dass sie ungeschehen sind. Kratos’ Figur ist ja, mal so ganz poetisch betrachtet, eine Figur des Verlustes und des Mordens. Teil 4 beginnt damit, dass seine Frau beerdigt wird und sein Sohn zugegen ist. Wenn man sich jetzt mal überlegt, dass Faye bereits seine zweite Ehefrau ist und Atreus sein zweites Kind, welche NICHT durch seine Hand sterben (zumindest ist Faye wohl nicht von Kratos getötet worden), dann ist das wie ein Neubeginn, vor allem, wenn man die Vorgänger nicht kennt. Ich glaube ja nach wie vor, dass die ganzen Remastered-Geschichten — mal abgesehen von der Geldmacherei — vor allem für die neue Generation von Vorteil sind, weil sie dann die Geschichte (Spiele) nachholen können, was ihr mangels Hardware verwehrt bleiben würde, es sei denn, man steht drauf, sich den Schmarrn auf YouTube anzusehen. Also lange Rede kurzer Unsinn: Kratos brachte seine erste Frau samt Tochter im Wahn um und jetzt, mit neuer Familie, soll seine Figur bzw. sein Charakter eine neue Wendung erfahren, was man dann ganz plakativ damit zum Ausdruck bringt, dass man einfach den Zähler zurücksetzt, ohne dabei aber die Vergangenheit von Kratos komplett unter den Teppich zu kehren. Jetzt geht sozusagen sein (zweites) Leben los. Alles aber wie gesagt nur meine Erklärung, nichts offizielles. (Ich sehe es schon kommen, dass in Teil 8, 9 oder 10, Atreus Kratos töten wird, einfach, weil das ja immer so in der Familie war, aber er dann auch wieder ganz frech die “stairway to heaven straight out of the motherfucking hell” erklimmen wird, haha.)
Ja, ansonsten fand ich das Spiel in den meisten Belangen sehr schön, aber bissel habe ich auch zu nörgeln. Ich weiß nicht genau, wo der Vergleich mit Dark Souls genau herkommt, Molo ist ja nicht der einzige, der ihn äußerte. Wenn überhaupt, sehe ich viel mehr Gemeinsamkeiten in Richtung Tomb Raider, vor allem was Architektur und Sammelkrams angeht. God of War ist für mich nach wie vor, wie seine Vorgänger auch, ein Hack’n Slay in Hinblick auf das Kampfsystem, dass ist soweit entfernt von Dark Souls, wie die Erde zum Mars. Gegner studieren braucht man in God of War, außer bei den größeren Viehchern kaum, zumindest nicht in der Intensität, wie in DS. Überhaupt ist das Studieren der Bosse Teil eines jeden Spiels, welches dem Spieler Bosse vorsetzt. Wenn ich da noch an das wunderschöne Furi denke, was imho ein Paradebeispiel der letzten Jahre ist, wie man schnelle Boss-Kämpfe bis auf die Millisekunde taktieren muss (schwärm). In God of War geht nach wie vor vieles (nicht alles), aber das meiste, mit ordentlichem Button Mashing auf normalen Schwierigkeitsgrad. Ausnahme sind hier die Walküren, insbesondere die späteren Trullas. Aber selbst die kriegt man auf dem richtigen Level und den richtigen Runen schon halb tot, wenn man sie direkt anfangs mit Runenangriffen zuhämmert. Sowas würde es in Dark Souls niemals geben, zumindest nicht mit meiner Spielweise (ohne Seelenfarmen und schon überlevelt in den Bossfight rein). Da bin ich meistens eher defensiv zu Beginn und in God of War gehe ich eher schnell offensiv in den Kampf. Und auch das “Feeling” ist in Dark Souls auch nochmal ganz anders für mich als in God of War. Die gesamte Kulisse ist hier quietschbunt, der Sound ist bassig und fleischig, will ich es mal nennen. Dark Souls ist ja eher blasser in den Farben, die Burgen und Klippen einfach finsterer und ich erkunde etwas langsamer und bin generell einfach vorsichtiger. So hübsch God of War auch ist, aber in Sachen Leveldesign/Architektur legen From Software nochmal ganz andere Maßstäbe vor. Im Prinzip will ich die beiden Dinger gar nicht gegenüberstellen, weil ich da auch keinen richtigen Grund für habe und sehe. Ich kann aber sagen, dass ich im neuen God of War eher Parallelen zu Last of Us und Tomb Raider sehe. Das eine wegen dem Storytelling mit Sidekick (auch etwas Bioshock Infinite-like) und das andere, weil die Welt ähnlich aufgebaut ist, inkl. Reiseportale und Leveldesign.
Achja, ich wollte ja noch kurz nörgeln: Zu wenig große und dicke Bosse, ich konnte irgendwann die ganzen Oger und diese scheiß Magiehexen nicht mehr sehen. Vielleicht bin ich auch zu verwöhnt gewesen von den Vorgängern, die haben mir in der Hinsicht irgendwie mehr gegeben. Und zum Anderen war es mir auch einfach ein bißchen viel von allem. Tausend mal den gleichen Zauber finden ödet einfach irgendwann an. Wieso finde ich noch etliche Anker in Nifleheim, obwohl ich die Risse schon alle dicht habe? Neun Walküren, die vom Design her fast alle gleich waren? Grmpf. Sigrún am Ende war Hassliebe, weil man die tatsächlich wirklich erstmal knacken musste. Aber genug, viele Aspekte waren auch sehr cool, wie die Weltenschlange beispielsweise, einfach brachial groß und Freya mochte ich auch sehr. Und ich fands auch schön mit Kratos sowohl die Klingen als auch die Axt zu nutzen, da konnte man schön mit rumspielen. Da hätte ich gerne noch mehr große Bosse mit erlegt, die individueller und kreativer gestaltet gewesen wären. Ansonsten hatte ich mit dem neuen God of War aber meinen Spaß und ich habe es wirklich gerne gespielt und freue mich auch auf eine Fortsetzung. Ach ja und die Drachen waren auch cool! Und Kratos natürlich. <3
SpielerZwei: Ich habe speziell dich nach der Story-Rezeption gefragt, molo, weil sie zwar auch ohne Vorkenntnisse nachvollziehbar ist (Kratos ist ein Gott, gehört eigentlich ins antike Griechenland und war vor seiner “Rente” offenbar ein krasses Arschloch, das den Olymp so richtig aufgemischt hat, um sich für irgendwas zu rächen. You get it.), aber bezüglich dessen, was nicht klar erzählt wird und der doch erheblichen Charakterwandlung irgendwie mehr “Kopfkino” bietet, wenn man die Vorgänger kennt. Doreen sprach es ja schon an: Wie und warum kam er überhaupt in den Norden? Schließlich hat er sich am Ende der Rache-Trilogie selbst geopfert, um den Menschen die Hoffnung (Athenes Geheimwaffe) wiederzugeben…
Darüber hinaus stellt sich natürlich auch die Frage, wie es weitergehen wird (woran nach dem Erfolg des vierten Teils kaum Zweifel bestehen dürften)? Noch ein weiterer Teil unter den Nordischen Göttern? Immerhin kamen bisher nur Nebenfiguren vor. Odin, Thor und all die anderen wichtigen Honks dürften jetzt sicherlich auf Kratos aufmerksam geworden sein. Außerdem konnte man mit dem Bifröst bisher nur einen Teil der Welten besuchen, die meisten waren nicht zugänglich. Allerdings würde sich das mit den gesperrten Welten auch für ein oder mehrere umfangreiche Add-Ons anbieten und muss nicht unbedingt ein eigenes Stand-Alone-Spiel werden. Denkbar wäre als nächster richtiger Teil nun auch der Besuch weiterer Mythologien, wie z.B. der Ägyptens, Chinas oder der Azteken. Die Römischen Götter wären da noch die ödeste Option, weil sie im Grunde größtenteils nur “Import-Versionen” der Griechischen Götter sind.
Anyways, ich wollte noch mal auf die vereinzelte Kritik zu sprechen kommen, GoW fehle es an jedweder Innovation: Ja, das stimmt. Das aktuelle God of War enthält absolut nichts, was man nicht schon anderswo gesehen hätte. Aber was ist denn das für ein Kriterium? An einem rundum gelungenem Stück Unterhaltungssoftware zu bemängeln, dass es nichts neu erfindet, ist lame und der letzte Strohhalm derer, die einfach immer nörgeln müssen. Videospiele gibt es schon seit den 1970ern und mit jedem Jahr wird es schwieriger und unwahrscheinlicher, dass jemand noch mit einer echten Innovation um die Ecke kommt. Und selbst wenn, erweisen sich diese dann oft als wenig hilfreich, was das Medium an sich angeht. VR anyone? Oder Kinect? Ihr versteht wohl, was ich meine: Mir ist ein sehr kompetent und unterhaltsam umgesetztes Spiel ohne echte Innovationen immer noch lieber als beispielsweise die meisten aktuellen VR-Titel, die außer dem “Boah ey!”-Effekt als Spiel überhaupt nichts Ssubstanzielles zu bieten haben.
Wie steht ihr denn dazu?
Molo: Hab erst jüngst ein Erklär-Video geguckt, wo einem so Rocketbeans-Leuz die ganzen vorherigen God of War-Teile uff Hessisch erklären (BTW: am Ende bringt sich Kratos um, aber eine Blutspur führt zum Meer!!!) Ich bleib dabei: der übliche tragische Fantasy-Männchen-Schmu. Mein Eindruck: der aktuelle Teil ist merklich bodenständiger und damit sympathischer inszeniert. Mir ist zudem positiv aufgefallen, dass es im Gegensatz zu den Vorgängern keine aufdringlich reingeklatschten Titten-und-Ärsche-Glotzmagneten für die notgeilen Spieler gibt.
Urs: Die Blutspur ist es, Molo. An die musste ich auch denken, als weiter oben die Rede vom Tode Kratos war. Klar hat er sich das Schwert reingerammt, aber am Ende war da dann eben keine Leiche, womit das Ende offen blieb. Sony (und alle anderen Publisher) werden ja auch den Teufel tun, eine so erfolgreiche Figur sterben zu lassen, solange sie noch ordentlich Geld bringt. Die Vier im Titel hat man sich meines Erachtens gespart, da diese neue Käuferschichten unter Umständen abschrecken würde. Die alten Rochen kennen die Reihe und wissen, dass es eine Fortsetzung ist, die Jungspunde sehen ein fettes neues Spiel und interessieren sich nicht für eventuell existierende alte Teile. Und mechanisch sowie inszenatorisch ist es ja tatsächlich ein Neustart, das geht meines Erachtens klar. Und für alte Hasen sind die Anspielungen auf die ersten Teile eine schöne Sache, wer sie nicht rafft, verpasst aber nichts. Die Erzählung funktioniert auch so.
Überhaupt bin ich ziemlich zufrieden mit der Geschichte (ich bin noch nicht ganz am Ende). Klar reißt die keine Bäume aus, aber deine Kritik kann ich nicht ganz nachvollziehen, Molo. Welches Spiel ist denn erzählerisch so viel stärker? Im ganzen “AAA”-Bereich gibt es doch eh bestenfalls Schattierungen von Mittelmaß und God of War spielt da schon recht weit vorne mit. Der einzige größere Kritikpunkt ist für mich dieses gottverdammte Kind, dass zwar der Geschichte durchaus gut tut, aber teilweise einfach schrecklich nervt. Schon das Geschrei im Kampf ist nach einer Weile kaum noch zu ertragen, doch richtig schlimm wird es dann später im Spiel, wenn der kleine plötzlich anfängt zu bocken. Da wünschte ich mir manches Mal, Kratos hätte den Balg einfach von einem Berggipfel geworfen. Aber man kann nicht alles haben. Überhaupt gefällt mir der neue, bärbeißige Griechenfürst sehr gut. Dass er seinen Zorn jetzt im Griff hat, aber trotzdem ein fieser Zyniker bleibt, ist eine schöne Wendung für den alten Haudegen. Erinnerte mich ein bisschen an Sylvester Stallone im zu unrecht häufig abgekanzelten John Rambo, der da ja auch den gebrochenen Krieger gibt. Besonders hervorheben muss ich noch das voice acting hervorheben, Christopher Judge ist ein mehr als würdiger Nachfolger für TC Carson und bringt den älteren, verbitterten Kratos gut rüber.
Spielerisch bin ich auch nach locker 20 Stunden oder mehr noch recht gut zufrieden. Wie ihr schon gesagt habt, wird das Rad nicht neu erfunden, was aber nicht zwingend sein muss, wie du schon richtig sagst, SpielerZwei. Allerdings wirkt dieser spielerische Remix aus den Hits der letzten zehn Jahre zum Teil schon recht unoriginell, zum Eerklimmen des Spieleolymp (pun intended!) bedarf es schon ein bisschen mehr, wenn ihr mich fragt. Gelangweilt bin ich noch nicht, obwohl ich viele Nebenaufgaben absolviert und schon sehr viel von der Welt gesehen habe. Mir ist es irgendwie gelungen, Main- und Side Quests ganz okay zu dieseren, sodass ich eine schöne Progression hatte, ohne allzu schnell durchzupeitschen. Auch die Übergänge und verdeckten Ladezeiten stören mich null. Die gibt es in jedem Spiel und in God of War ist das so geschickt gelöst wie selten. Aber mal wieder erscheint mir das ganze ein wenig zu lang. Obwohl ich noch meinen Spaß habe, weiß ich nicht, ob ich das Spiel überhaupt beenden werde. Ich habe es jetzt schon ein paar Tage nicht angefasst, da ich besseres zu tun hatte und mit jedem weiteren Tag sinkt die Chance, dass ich es nochmal starte. Selbst wenn ich God of War niemals durchspielen sollte, hatte ich aber auf jeden Fall eine sehr gute Zeit damit und würde es momentan sogar noch in meiner Top drei für 2018 platzieren. Wobei ich gerade überhaupt nicht mehr weiß, was dieses Jahr sonst so rausgekommen ist. Hm, damit ist diese Aussage plötzlich nicht mehr allzu viel wert, was?
Molo: Also Atreus war mir sehr zu Nutze beim Gekloppe mit seinem “Achtung, von hinten!”- oder “Bin noch nicht bereit!”-Geschrei. Seine Trotz-, Agro- und Größenwahn-Phasen fand ich überzeugend, was den dramatischen Bogen (zwar etwas gewollt, aber hey, bei Spielen literarisches oder autorenfilmisches Maß anzuwenden, führt nur zu niedrigen Waschmaschinenwertungen) veredelt, und seine Besserwisserei, wenn man wie Ochs vorm Berg steht und nicht weiß, wo und wie weiter, fand ich geradezu entzückend.
SpielerZwei: Ich fand den Jungen auch ganz unterhaltsam und überhaupt nicht nervig. Überhaupt waren die Figuren eigentlich alle ganz gut geschrieben. Man ist ja deutlich schwächeres gewohnt…
Urs: Okay, ich habe es getan. Ich habe die Story tatsächlich in einem Rutsch zu Ende gebracht und was soll ich sagen? War doch alles ganz prima! Schade nur, dass so vieles offen bleibt, was ja ziemlich sicher als Hinleitung zur unvermeidlichen Fortsetzung oder zu einem Story-DLC zu interpretieren ist. Überhaupt bin ich auch der Ansicht, dass definitiv DLC ins Haus steht, da ja ein paar “Realms” noch nicht verfügbar sind, wie schon an anderer Stelle erwähnt. Da kommt also mit hoher Wahrscheinlichkeit noch etwas nach. Was genau und ob ich dann auch mit dabei bin, ist eine andere Frage. Das Ende ist ja, um jetzt nicht voll zu spoilern, relativ sanft und man hat nicht das Gefühl, dass es jetzt wirklich vorbei ist. Wenn ich wollte, könnte ich noch wild durch die Gegend rennen und Schatztruhen öffnen, Kackwalküren schlachten usw. Aber möchte ich das? Keine Ahnung. Platinambitionen habe ich keine, da Trophies mich insgesamt nicht interessieren. Und spielmechanisch gefällt mir God of War jetzt auch nicht sooo gut, dass ich unbedingt noch weiter kloppen muss, wenn es keine größeren Storyschnipsel mehr gibt. Also schauen wir mal, ob es für mich in dem Spiel noch weitergeht. Ein saftiger Story-DLC, der die Geschichte noch etwas anreichert und fortspinnt, hätte auf jeden Fall gute Karten, auf meiner Festplatte zu landen. Anders als es z.B. beim Add-On zu Horizon der Fall war, welches ich aufgrund von Übersättigung durch das Hauptspiel nicht angefasst habe.
Zwar habe ich meine Gedanken größtenteils schon oben niedergeschrieben, aber jetzt trotzdem ein kleines Fazit: Insgesamt bin ich sehr zufrieden mit God of War. Optisch und akustisch ist es wirklich wunderbar gelungen und war von vorne bis hinten ein Genuss. Die Verlagerung in die nordische Mythologie ist m.E. auch sehr gut gelungen, obwohl ich aufgrund meiner Aversion gegen das Neuheidentum und dieses ganzen Gerümpels nicht so viel Lust darauf hatte. Die Verknüpfung zwischen dem Spartaner Kratos und der Welt der Asen und Riesen hat prima funktioniert und wirkt, im Rahmen dessen, was man aus der Göttermörderprämisse rausholen kann, nicht aufgesetzt. Spielerisch ist auch alles im Lack, außer dass das Gekloppe mit der Zeit repetitiv wird, besonders da man schon recht früh im Spiel alle Gegner gesehen hat. Insgesamt fehlte mir doch ein bisschen das völlig übertriebene Bossdesign der Vorgänger, da hätte ein bisschen mehr der alten Tugenden nicht geschadet. Sehr angenehm ist allerdings, dass diese oberpeinlichen Sexgeschichtchen aus den alten Teilen nicht mehr dabei sind. Die einzig vernünftige Entscheidung. Eine Menge Boden wieder gut macht God of War mit dem Erkunden der Landschaft, bei dem die künstlichen Grenzen nicht nerven, wenn man es ein wenig als Knobelspiel betrachtet, in dem man seinen Weg suchen muss. Überhaupt hat mir die offen zu erkundende, aber trotzdem klar abgesteckte Welt gut gefallen. Ich muss nicht immer überall hinkommen, denn in der Regel tun gewisse Grenzen dem Spielfluss gut. So, das dürfte alles von meiner Seite sein. Es hat mich sehr gefreut, dass mein alter Freund Kratos es mit einem feinen Spiel auf die PS4 geschafft hat. Bleibt nun abzuwarten, ob God of War nun erstmal für sich steht oder die Initialzündung für eine Trilogie darstellt. Vor dem Hintergrund der vielen losen Fäden der Geschichte und den Regeln des Marktes tippe ich ganz eindeutig auf letzteres. Und das käme mir auch ganz gelegen, denn ein einzigartiges Meisterwerk oder ähnliches liegt hier nicht vor, sondern einfach ein toll gemachtes Unterhaltungsprodukt. Und von denen kann man relativ gefahrlos auch ein paar am Stück produzieren.
Christian: So langsam muss ich dann doch nochmal reingrätschen und Euch in Teilen widersprechen. Ganz so toll wie Ihr finde ich offenbar doch nicht alles. Und ja: ich muss hier sowohl das Kampfsystem, als auch eine gewisse Einfallslosigkeit durchaus kritisch betrachten. Meine ungebremste Hingerissenheit zu Beginn des Artikels jedenfalls ist gewichen und hat Ernüchterung Platz gemacht. Meine spielerische Reise wurde nach einigen Stunden dann doch immer wieder ziemlich unwirsch vom Spiel mit den Schicksalsklingen gepackt und mit der Axt so lange zwiegespalten, bis ich nicht mehr so ganz genau sagen konnte, warum ich dieses Spiel eigentlich so sehr mag. Dass ich es mag, steht aber seltsamerweise außer Frage. Bloß das Meisterwerk, das offenbar alle Welt darin sehen will, kann ich beim besten Willen nicht erkennen. Denn nein: God of War ist kein weiteres Dark Souls oder Bloodborne. Auch wenn uns die Santa Monica Studios das gerne vorgaukeln würden. Aber wo ich bei Dark Souls zu keiner Zeit das Gefühl hatte, den Überblick zu verlieren, nicht angemessen auf Gegner reagieren zu können oder völlig planlos mit Gegnern zugespammt zu werden — genau da serviert mir God of War das absolute Gegenteil. Wo Gegner bei Dark Souls planvoll angelockt, einzeln aus der Gruppe herausgepickt und taktisch lauernd abgefrühstückt werden können, da sehen sich Kratos und Sohn grundsätzlich mit einem Pulk immer gleicher Standardgegener konfrontiert, die gerne auch mal von allen Seiten auf die beiden einstürmen. Da hilft es auch nichts, wenn größere Gegner gerne schonmal (versehentlich) die kleineren mitplätten oder als Keule benutzen, wenn man permanent Feuerbällen aus dem Off ausweichen muss, während man krampfhaft versucht, die Schwachstelle eines anderen Viechs zu penetrieren (gerne übrigens auch mal versehentlich mit bloßen Fäusten, weil man in der Hektik mal wieder vergessen hat, die Axt herbeizurufen — die übrigens besser als Fern- denn als Nahkampfwaffe taugt und mit der es ratsam ist, einfach alles aus möglichst großer Distanz aus der Luft zu pflücken oder hinterrücks umzumähen).
Rein optisch ist God of War eine absolute Wucht — und wenn man bedenkt, dass es keinerlei klassische Ladepausen oder -screens gibt und man wirklich nahtlos von einem Gebiet ins andere, von Innenraum in große Außenareale stolpert, dann ist das schon mehr als ein anerkennendes Kopfnicken wert. Absolutes optisches Highlight für mich ja: der Garten der “Hexe” Freya, der von einer riesigen Schildkröte samt Baum obendrauf bewohnt wird. Der Terry-Pratchett-Fan in mir jauchzt vergnügt, während er diese wunderschöne Pracht bewundert. Leider überkommt mich im weiteren Spielverlauf immer häufiger das Gefühl, dass den Entwicklern vor lauter Grafikpracht und Abkupfern bei anderen Spielen das Script unter den Schreibtisch gerutscht und niemals wieder aufgetaucht ist. Erzählerisch dünnt sich das Spiel nach hinten raus entsprechend immer stärker aus, die “Story” beschränkt sich immer stärker darauf, uns buchstäblich Steine in den Weg zu legen und von Pontius zu Pilatus zu schicken, nur um die Spielzeit noch ein wenig zu strecken — und das auch ganz ohne (immerhin launige) Nebenquests und -aufgaben. Story? Welche Story?!
Schlimmer noch: das Spiel schafft es, den eigentlich stets verletzlich und zartbesaiteten Atreus innerhalb kürzester Zeit in ein unsympathisches Arschlochkind zu verwandeln, dass man permanent verprügeln möchte, aber leider nicht darf. Das mag in Hinblick auf einen möglichen nächsten Teil und die Wendung zum Finale nur allzu logisch sein, vom reinen Spielerlebnis her nervt es allerdings nur. Apropos Spielerlebnis: auch hier bietet God of War unterm Strich wenig bis gar nichts neues. Eigene Ideen muss man mit der Lupe suchen. Stattdessen beschränkt man sich lieber darauf, uns ein Potpourri aus altbekannten Mechaniken zu bieten, die zwar alle gut ineinandergreifen, aber immer als das erkennbar bleiben, was sie sind: ein müder Abklatsch. Schade.
Für mich bleibt God of War zwar weiterhin ein gutes, vielleicht sogar fantastisches Spiel. Aber sicher keines, das mir — abgesehen von seiner Technik — als Meilenstein der Videospielgeschichte in Erinnerung bleiben wird.
SpielerZwei: Okay, das war’s. Das geht jetzt komplett auf Dein Konto, Christian… **Aus dem Hintergrund hört man das herzzerreissende Jaulen eines ertrinkenden Hundewelpen**
Doreen: Nach all dem Gelaber über Nioh fällt mir ein, dass das schon seit mindestens 8 Monaten auf meiner Festplatte schmort. Ich muss das demnächst endlich mal angehen…
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