Irgendwo im Indischen Ozean, auf einer ziemlich, ziemlich geheimen Vulkaninsel…
Maximilian: Guten Abend, Mr. Bond! Endlich lernen wir uns persönlich kennen. Ich habe schon lange auf diesen Moment gewartet.
Bond: Maximilian, das böse Genie, das unablässig nach Weltherrschaft strebt. Das Vergnügen ist ganz meinerseits.
Maximilian: Endlich ist es meinen treuen Untergebenen gelungen, meinen gefährlichsten Widersacher gefangen zu nehmen. Und da sind Sie nun, einzig meinem überragenden, bösen Intellekt ausgeliefert. Mhuahahahahahaaaaa!
Bond: Also, eigentlich habe ich mich selbst hineingelassen. Das war erstaunlich einfach, wenn man Ihre aufwendigen Sicherheitsmaßnahmen bedenkt. Unmengen an Fallen, die aber alle kein Problem für mich waren, unzählige Wachmänner, von denen aber kein einziger auf seinem Posten war, weil sie entweder schlafen oder in der Cafeteria herumlungern, und alles lückenlos kameraüberwacht, nur dass anscheinend niemand vor den Monitoren sitzt. Ich muss mich schon wundern, Maximilian…
Maximilian: Was? Naja, Sie wissen schon, gutes Personal ist schwer zu bekommen. Da ist es wohl höchste Zeit, mal wieder ein Exempel zu statuieren und einen dieser Versager hinzurichten! Immerhin wurden Sie ja dann doch von meiner rechten Hand erwischt.
Bond: Nun, aber nur weil sie gerade zufällig aus der Toilette kam als ich ihre Festplatte kopierte. Ich würde das eher einen unglücklichen Zufall nennen.
Maximilian: HAHAHAHAAA! Das Böse, Mr. Bond, gewinnt immer! Nun wäre wohl der richtige Zeitpunkt, um Ihnen vor ihrer Exekution noch meine Pläne zu erklären, oder? Ach, warum nicht vorher eine Führung durch meinen großartigen Geheimunterschlupf?! Immerhin bekomme ich nicht oft die Gelegenheit, jemandem meinen ganzen Stolz zu präsentieren. Alles, was Sie hier sehen, Mr. Bond, wurde von mir eigenhändig erdacht, geplant und von unzähligen Untergebenen in diesem erloschenen Vulkan erbaut. Sie können sich gar nicht…
Bond: Sie meinen nicht zufällig Ihren Plan, eine Weltuntergangsmaschine zu bauen und dann die Regierungen dieser Welt zu erpressen, Ihnen die Weltherrschaft zu übergeben? Davon haben wir schon seit Monaten Kenntnis, Maximilian. Wer so viele Untergebene anheuert, hat auch viele Plaudertaschen in seinen Reihen. Und Ihre Basis habe ich mir heute schon ausgiebig genug angeschaut. Die Trainingsräume, das Kraftwerk, die Zentrale, ja, sogar in Ihrem Tresorraum war ich. Ihr Personal ist so unfassbar unfähig, dass ich mich stundenlang frei in der Anlage bewegen konnte. Sie sollten da wirklich mal…
Maximilian: GENUG! Wenn Sie so überaus gut informiert sind, Mr. Bond, dann verraten Sie mir noch eines: Wie haben Sie diese Insel überhaupt gefunden? Hat das auch einer meiner Untergebenen ausgeplaudert?
Bond: Nein, das mussten wir selbst herausfinden. Aber wie unauffällig ist ihrer Meinung nach ein Casino auf einer entlegenen Vulkaninsel mitten im Nirgendwo? Zudem arbeiten sie sogar mit einigen Reisebüros zusammen, um Touristen hierher zu bekommen. Wie leichtsinnig kann man eigentlich sein, Maximilian? Es war im Übrigen eine sehr angenehme Reise auf dem Kreuzfahrtschiff. Sehr freundliche und attraktive Hostessen haben Sie da. M wird sich über die Spesenabrechnung wieder schwarzärgern…
Maximilian: Wie auch immer, Mr. Bond, wie auch immer… WACHEN!?! Bringt unseren Gast in seine Zelle. Wir werden sehen, wie lange Sie meinen Verhörexperten Widerstand leisten können. Wer weiß, vielleicht arbeiten Sie am Ende noch für mich, Mr. Bond. Muahahahaaa!
Wache: Verstanden! Haben Sie noch weitere Befehle?
Maximilian: Da Mr. Bond mein Angebot nicht angenommen hat, kidnappt mir noch ein paar der Touristen im Casino. Das übliche: Erst führe ich sie durch meine Geheimbasis und dann entsorgt sie unauffällig. Ich liebe es einfach, Leute durch meine Basis zu führen! Sie ist mein ganzer Stolz… UND SCHAFFT ENDLICH DIESE WEISSE KATZE VON MEINEM KONFERENZTISCH! DAS IST DOCH LÄCHERLICH! LÄ-CHER-LICH!
Warum hat es fast 17 Jahre gedauert, bis Evil Genius eine Fortsetzung bekommen hat? Schließlich sitzen Rebellion Development schon seit 2006 auf den Rechten, die sie kurz nach der Schließung der Elixir Studios erworben haben… – Hmm, es liegt vermutlich daran, dass es gar nicht so leicht war, einen zweiten Teil finanziert zu bekommen. Immerhin erinnert sich heute kaum noch jemand an Evil Genius, weil es zwar sehr viel Charme hatte, aber auch einige spielerische Macken, wegen denen es nie wirklich in den Olymp der Management-Spiele aufstieg. Ich persönlich mochte das Ding damals sehr, weil mich dieser Mix aus Theme Hospital, Dungeon Keeper und Austin Powers ganz gut abgeholt hat, aber auch ich kann mich noch gut daran erinnern, dass es spielmechanisch eher durchwachsen war. Mal schauen, ob Rebellion es hinbekommen haben, Evil Genius im zweiten Anlauf zu einem besseren Spiel zu machen…
Auch wenn da ‘ne Zahl hinten dran hängt, ist Evil Genius 2: World Domination eher ein Remake als eine echte Fortsetzung, denn an keiner Stelle wird richtig Bezug auf die Handlung von 2004 genommen. Das ist aber auch nicht weiter schlimm, weil die Handlung wieder dieselbe ist wie damals: Der Spieler muss als böses Genie seine Schurken-Geheimbasis managen und nebenbei ein Doomsday Device konstruieren, das ihm am Ende die Weltherrschaft bringen soll.
Den besonderen Charme des Originals haben Rebellion wirklich sehr gut eingefangen: Das cartoonige 60er-Jahre-Bond-Bösewicht-Setting zündet auch noch 17 Jahre später. Wer den Humor der Austin Powers-Filme mag, wird sich auf seiner Vulkaninsel besonders wohl fühlen. Neben den ganzen Spionage-Film-Klischees ist auch von den Klamotten bis zur Inneneinrichtung der Basis wieder jedes Detail schön im 60er/70er-Jahre-Stil gehalten. Alles ist sehr knuffig und liebevoll animiert und der Soundtrack von James Hannigan liefert ein weiteres Mal 007-Feeling pur. Alles in Allem hat das Spiel dadurch schon einmal die halbe Miete im Sack.
Zu Beginn bietet einem das Spiel die Auswahl zwischen vier Bösewichten und drei verschiedenen Inseln. Ersteres beeinflusst durch unterschiedliche Fähigkeiten der Genies, ob man den Schwerpunkt beispielweise eher auf Einkommen, Forschung oder Kampfstärke legt. Letzteres bestimmt die Art und Weise des Basenausbaus. Das Spiel besteht, wie schon im ersten Teil, aus zwei unterschiedlichen Bereichen: Da ist einmal das Management der Geheimbasis, welcher typisch für das Genre ist. Gänge und Räume wollen gebaut und ausgestattet werden. Neben grundsätzlichen Dingen, wie z.B. der Energieversorgung, dem Forschungszentrum, dem Kontrollzentrum oder der Schatzkammer, wollen auch all die Minions versorgt und ausgebildet werden, ohne die kein Superschurke auskommt. Dieser Teil des Spiels geht wirklich gut von der Hand und jeder, der Spaß am Aufbau- bzw. Management-Genre hat, wird sich hier schnell zurechtfinden. Zumindest so lange, bis die ersten Superagenten der „Forces of Justice“ beginnen, unserer Basis Besuche abzustatten, aber dazu später mehr…
Der andere Bereich ist die World-Domination-Map. Im ersten Teil eigentlich nur dazu da, um unser Einkommen und unsere Bekanntheit zu steigern, haben Rebellion diese Komponente des Spiels ordentlich aufgebohrt. Und das nicht unbedingt zum Guten, denn die durchführbaren Aktionen auf der Weltkarte wiederholen sich schnell und nerven irgendwann, weil sie selbst keinen wirklichen Spaß machen, aber gleichzeitig sehr großen Einfluss auf das Basenmanagement und das Pacing des Spiel haben. Neben der Beschaffung von Geld, haben die Einsätze meist etwas mit den Haupt- und Nebenmissionen zu tun. Man schickt ein paar Minions los, die übrigens dabei immer verloren gehen und die Minions selbst zu einer Art Währung im Spiel machen, und klaut irgendwo Geld oder Pläne oder entführt Leute. Dadurch steigt allerdings der Argwohn in dem jeweiligen Gebiet. Damit dieser nicht einen bestimmten Wert übersteigt, was zum Anrücken der „Forces of Justice“ in unserer Basis führt, muss man wiederum andere Maßnahmen auf der Karte durchführen, um den Argwohn wieder zu senken. Das hört sich vielleicht gar nicht so schlimm an, wie es ist, aber wenn man nicht will, dass ständig Superagenten stehlend, mordend und sabotierend durch unser Geheimversteck marodieren, dann ziehen die weniger spaßigen Spielmechaniken der Weltkarte das Spiel extrem in die Länge und halten einen davon ab, das viel spaßigere Basenmanagement gebührend zu genießen. Außerdem ist der Fortschritt innerhalb der Basis stark an den Storyverlauf gekoppelt, was bedeutet, dass man erst neue Forschungsprojekte und damit neue Räume, Spezial-Minions und Einrichtungsgegenstände bekommt, wenn man die entsprechenden Weltkarten-Missionen erledigt hat.
Diese Interdependenz zwischen den beiden Spielbereichen ist auch deshalb so kritisch, weil man ob des Story-Pacings ganz schnell die Geduld verlieren kann, immerhin will man ja immer weiter forschen und ausbauen. Startet man aber zu viele Geheimoperationen gleichzeitig auf der Weltkarte, legen einem die Superagenten später im Spiel ratz fatz die ganze Basis in Schutt und Asche. Die kann man zwar wieder aufbauen, aber wenn es ganz blöde läuft, wird auch das böse Genie selbst von den Agenten gekillt, was ein Game Over bedeutet. Ich war ein paar Mal an dem Punkt, wo ich dachte, ich hätte meinen Kampagnendurchlauf komplett gegen die Wand gefahren, dabei war mein Fehler eigentlich nur, zu viel zu schnell zu wollen. Also Autosave geladen, weniger Aktionen auf der Weltkarte unternommen, alles wieder gut… …aber dafür alles auch deutlich langsamer. Obwohl man zu Beginn einen von drei Schwierigkeitsgraden wählt, wird die eigentliche Schwierigkeit durch das Spieltempo des Spielers bestimmt. Das ist gut und schlecht zugleich…
Jetzt werdet ihr denken, dass es ja vielleicht auch an meinem Basenaufbau oder anderen Dingen liegen könnte. – Jein, wie bei solchen Spielen üblich, merkt man beim ersten Durchlauf erst später, wie man die Basis besser, optimierter hätte anlegen können. Aber das hat nur einen relativ untergeordneten Einfluss auf die Angriffe der Gegner, zumal man die Basis auch im Nachhinein noch ganz gut umbauen kann, um beispielweise Fallen besser zu positionieren und wichtige Einrichtungen wie die Generatoren besser zu schützen. Der eigentliche Knackpunkt ist aber eine Sache, die schon das erste Spiel hatte: Man kann nur das böse Genie und einige wenige Henchmen, die man später noch anheuern kann, direkt befehligen. Das Heer aus Minions agiert in der Basis hingegen komplett autonom. Man kann ihnen nicht einmal Raum-Prioritäten oder dergleichen geben. Was die meiste Zeit im Spiel einen gewissen Ameisenfarm-Charme besitzt, führt beim gleichzeitigen Angriff mehrerer Superagenten zum absoluten Chaos und zum kompletten Versagen jedweder Abwehrmechanismen innerhalb der Basis. Was nützen mir all die Überwachungskameras in der Basis, wenn die Minions im Sicherheitsraum gerade anderen Bedürfnissen, wie z.B. Essen oder Schlafen oder Kaffeetrinken nachgehen? Warum habe ich eigentlich überall Wachposten an strategisch wichtigen Punkten positioniert, wenn meine Wachleute gerade alle irgendwo anders herumrennen? Außerdem desertieren die Minions auch gerne mal, wenn man sich längere Zeit nicht um ihre Motivation gekümmert hat. Da geht es übrigens weniger darum, ihnen mehr Freizeitmöglichkeiten zu bauen, sondern mehr um das regelmäßige Exekutieren vor möglichst vielen Zeugen. Einfach ab und an einen Techniker oder Wachmann vor seinen Kollegen zu erschießen, steigert den Arbeitseifer der anderen ungemein…
Uff, das liest sich alles wieder negativer als es insgesamt ist, weil ich hier alles Gute am Spiel mit wenigen Sätzen abfrühstücke und dafür ganz lange auf den Macken herumreite. Daher auch die kleine Bond-Geschichte am Anfang, um zu verdeutlichen, wie cool das Setting des Spiels ist. Aber im Grunde ist Evil Genius 2: World Domination trotz der Unterschiede genauso geworden, wie sein Vorgänger: Tolles Setting, witzige Präsentation und klasse Basenbau, aber spielmechanisch nicht ohne Probleme. Und damit wird die Marke auch mit dem zweiten Spiel vermutlich nicht der große Abräumer im Aufbauspiel-Genre werden. Ich hatte, wie schon mit dem Vorgänger, trotzdem meinen Spaß. Wer auf das Genre steht und immer schon mal Le Chiffre, Goldfinger, Blofeld, Scaramanga oder Dr. No sein wollte, wird ganz sicher auf seine Kosten kommen. Vorausgesetzt, ihr habt etwas Geduld und stört euch nicht daran, dass ein Durchlauf locker 40 bis 50 Stunden dauern kann. Einen Genre-Meilenstein, wie beispielweise Theme Park/Hospital oder Dungeon Keeper sollte man aber nicht erwarten…
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