Ein trauriges Büro in der Innenstadt. Draußen hörte man Sirenen. Drinnen wunderte sich eine Ente mit Hut und Trenchcoat, wo ihr Geld hinverschwunden war. Lag es an der Ex-Frau? Ich ahnte Böses. Doch nein! Nach gründlicher Untersuchung des zugemüllten Einzimmerapartments/Arbeitszimmers fanden wir im Bett einen angeknabberten Brotvorrat. “Sweet spongy loaf… You keep me safe at night!” rief die Ente sehnsüchtig hinaus. Sie war einer kostspieligen Brotsucht zum Opfer gefallen, die zuerst ihre Ehe und bald ihr ganzes Leben ruinieren würde! Aber gerade als der Detektiv sich fragte, wie lange er wohl noch ein Dach überm Kopf haben würde, klingelte das Telefon und ein hoffentlich rettender Auftrag quäkte durch die Leitung.
Wir landen bei Duck Detective: The Secret Salami in einem klassischen Noir-Szenario, nur ist.. nunja.. der Detektiv eben eine sehr süße Ente in Sticker-Optik, die man durch die Spielwelt steuert, als würde man mit einer dieser auf einen Plastikfuß gesteckten Papp-Spielfiguren über ein Spielbrett wackeln – was umso auffälliger ist, da das Spiel am gleichen Tag rauskam, wie Nintendos neuer Paper-Mario-Teil Die Legende vom Äonentor. Ein bisschen denkt man beim Spiel schon allein des Namens wegen vielleicht zuerst an den großartigen Frog Detective, der aber mit deutlich mehr Dad Jokes als Noir-Atmosphäre aufwartet. Film Noir ist eine ernste Sache! Duck Noir aber zum Glück eher weniger. So amüsiert man sich im Spiel über einen Ausschnitt aus einem sexy Alien-Roman, den ein Mitarbeiter geschrieben hat, genauso wie über Ladescreen-Perlen wie “Did you know? Ducks migrate thousands of miles in the winter to escape your whining”. Man soll ja auch nicht gerade ein tragisches Kapitalverbrechen aufklären, sondern einen… Tassendiebstahl? Zumindest ist das das erste Problem, auf das wir stoßen, als wir bei BearBus auftauchen. Leider hat sich der Superdetektiv am Telefon weder den Namen des Anrufenden geben lassen noch den Grund für den Anruf. Also fährt er auf gut Glück zu dem Busunternehmen und fragt sich erstmal durch, was er dort eigentlich soll. Mysteriöserweise will ihn aber niemand dort engagiert haben, weswegen er noch gründlicher recherchiert und neben den kleinen und großen Bürostreitigkeiten noch handfeste Verbrechen aufklärt.
Die Kolleg*innen selber sind natürlich auch alle Tiere. Wir treffen z.B auf einen nerdigen Pinguin-Hausmeister mit Starfleet-Logo auf seiner Tasche und auf eine komplett überarbeitete, personifizierte Grumpy Cat an der Hotline des Kundenservice, die den Laden fast im Alleingang schmeißt und sich für die Aufopferung – vergeblich – eine Beförderung erhofft. Genervt voneinander sind offensichtlich alle, aber nach und nach kommen auch noch einige größere Geheimnisse ans Licht.
Das Äußere der Tiere ist gut auf ihren Charakter abgestimmt, aber die Auswahl der Tierarten hat vermutlich eher optische als praktische Gründe. Warum der aufgedrehte Detective-Fan ein Krokodil sein muss? Keine Ahnung, aber natürlich sind verdächtige Pfoten- oder Krallenabdrücke auf Beweisstücken sehr verräterisch und helfen einem bei der Aufklärung der Fälle. So ähnlich funktionieren auch überall klebende Post-Its und Verbrecherbriefe, deren Handschriften wichtige Hinweise geben.
Während man sich durch alle Büroräume wütet – ja, das Umschmeißen aller Papierkörbe ist absolute Pflicht! – sammelt man aus Beobachtungen und Gesprächen verschiedene Hinweiswörter, die man ähnlich wie beim sehr beliebten The Case of the Golden Idol in immer aufwändigere Lückentexte einfügt, um alle Vorkommnisse in die Notizbuchstruktur des Ermittlers zu ordnen und die Verbrechen aufzuklären. Ganz so kompliziert wie dort wird es für den Duck Detective aber nicht, es soll ja bei allen Puzzlen auch irgendwie noch cute und zugänglich bleiben. Die zwei Stunden Spielzeit helfen dabei, aber ein bisschen Zugänglichkeit geht leider dadurch verloren, dass bisher sowohl Sprache als auch Text nur auf Englisch verfügbar sind. Aber mit ein bisschen Glück (und Erfolg) ändert sich das hoffentlich bald, damit es noch mehr und vor allem jüngere Menschen spielen können.
Wie schön sich alles in diesem Spiel zusammenfügt, ist umso erstaunlicher, wenn man sich ansieht, wie und warum es eigentlich entstanden ist. 2022 haben Happy Broccoli Games aus Berlin für ihr Spiel Kraken Academy den mit 40.000 Euro dotierten Deutschen Computerspielpreis in der Kategorie ”Bestes Game Design” bekommen. Doch bis dahin war es für das Studio ein weiter Weg, wie die Entwicklerin Annika Maar in einem Interview bei OK Cool erzählte. Sie reflektiert die Monate zwischen Release und ersten Einnahmen aus Verkäufen, Game Pass und später auch dem überraschenden Preisgeld. Um diese Zeit überbrücken zu können, hat sie Duck Detective: The Secret Salami in sechs Monaten entwickelt und ohne Publisher veröffentlicht. Über den Computerspielpreis erzählt sie nachdenklich: “Ich glaube, wir hätten es trotzdem gerade so irgendwie überlebt”, da das Team sehr motiviert war. Was aber bedeutet hätte, erst einmal anderweitig Geld zu verdienen und “nebenher” weiter an einem Spiel zu arbeiten. Sollen erfolgversprechende kleine Spielestudios wie Happy Broccoli Studios weiter in Vollzeit ihre Spieleperlen entwickeln können, sind Preise wie der DCP und Fördergelder essenziell. So kann man nur hoffen, dass Duck Detective genau so gut läuft, wie sein Vorgängerspiel und uns damit noch ein Folgespiel des Studios beschert.
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