Letztes Jahr habe ich beim Weihnachtsurlaub zuhause, bedingt durch mangelhafte Hardware, eine Übersicht über drei kleine Spiele geschrieben, die auch auf einem Netbook laufen, und habe den Beitrag Toasterkompatibel genannt. Da ich eigentlich vorhatte, daraus eine kleine Serie zu machen, das aber nie etwas wurde, kam mir der Gedanke jetzt wieder. Gerade sitze ich nämlich erneut in den Weihnachtstagen bei meinen Eltern, gebunden an mein Netbook. Zeit also für Toasterkompatibel #2 mit einem neuen Schwung guter, winziger Spiele.
Kathy Rain
Kathy Rain reiht sich in die Riege der Wadjet Eye-Pixeladventures ein – eine Detektivgeschichte mit übernatürlichen Anklängen und erinnernswerten Hauptcharakteren. Der einzige Unterschied ist, dass Kathy Rain überhaupt nicht von Wadjet Eye Games ist, sondern von Clifftop Games. Die Geschichte spielt in den Achtzigern und nutzt vor allem die damaligen technischen Möglichkeiten clever im Rätseldesign (dabei verleumdet es auch seine historischen Wurzeln nicht – wer Gabriel Knight 2 kennt, der weiß, was man alles Furchtbares mit einem Kassettenrekorder anstellen kann). Getragen wird das Spiel vor allem von Protagonistin Kathy, die im Laufe der Erzählung nicht nur ihrer verkorksten Kindheit auf die Schliche kommt, sondern auch dem Psychohorror-Hintergrund ihres verschlafenen Heimatdorfes verfällt. Gerade – aber nicht nur – die Hauptcharakterin erscheinen zu Anfang leider sehr klischeebehaftet, aber Kathy Rain macht aus den einzelnen Personen viel mehr als nur hohle Stereotypen.
Dreaming Sarah
Wenn Kathy Rain eine Frau in den Wahnsinn begleitet, dann macht Dreaming Sarah das Gegenteil. Sarah liegt im Koma und stirbt, doch ihr Bewusstsein existiert noch in eigens gebauten Schutzkonstrukten: Einer surrealen, verstörenden Version der Welt, wie ein Kind sie wahrnehmen würde. Dreaming Sarah ist spielerisch ein eher durchschnittliches Jump & Run, hat mich aber vor allem durch das stetige Unbehagen am Ball gehalten, das Kindheitsängsten auch als Erwachsener noch anhaftet. Jeder versteht die beklemmende Horrorvision einer Arztpraxis, die personifizierten Tiere und Objekte und Träume vom Flug in der Mondrakete. Jede Menge Geheimnisse lassen sich in der wirren Gedankenwelt finden, für einige Stunden Entdeckerdrang ist also gesorgt. Letztendlich bleibt das Spiel ergebnis- und erkenntnislos, wacht Sarah am Ende doch einfach auf und gut ist. Aber die Reise bis dahin ist die ungefähr drei Stunden Unterhaltung und Wundern doch wert.
Dreaming Sarah auf Steam und itch.io
Evoland 2
Streng genommen ist Evoland 2 hier nicht ganz richtig. Das Spiel läuft zwar die meiste Zeit flüssig wie Butter auf auch dem schwächsten Rechner, da die Pixeloptik weder viel Speicher noch viel Leistung zu fordern scheint. Hin und wieder jedoch wechselt Evoland 2 in eine Polygonfigur-Optik, und da röhrt die Kiste dann ordentlich. Das ist aber zu verschmerzen, denn im Gegensatz zum ersten Teil ist das hier nämlich ein wirklich schönes Spiel. Mit der Prämisse, die Videospiel-Geschichte möglichst umfassend nicht nur grafisch, sondern auch durch Spielmechaniken zu erfassen, haut Evoland 2 zwar einige Male auch daneben, trifft aber meistens gut ins Schwarze. Die 8bit, 16bit und Polygonära haben alle ihre eigenen Kniffe, und das Kampfsystem wechselt in schön regelmäßigen Abständen weg von Zelda-Action zu Active Time Battle, Rhythmusspiel oder Beat ’em Up. Die Geschichte um Zeitreisen ist ebenfalls schön verworren und macht mir als Doctor Who-Narr einfach nur Spaß.
1 Kommentar
Auch wenn ich nicht auf Toaster-kompatible Spiele angewiesen bin (und wenn würde ich auf “Klassiker” wie Diablo, Doom und Co. zurückgreifen, auch wenn diese nicht sehr weihnachtlich sind), finde ich die Reihe toll.
Damit wünsche ich allen Polyleuten einen Guten Rutsch! Wir lesen uns 2017.