Yesses. Manchmal frage ich mich dann doch, wieso ich mir eigentlich ausgerechnet DIESES Hobby ausgesucht habe. Warum sind mir Mannschaftssportarten eigentlich so fremd, so zuwider? Warum kann ich nicht Beach-Volleyballer, Golfer oder Kanute sein und die Gunst des güldenen Sonnenscheins auskosten, anstatt mich in dunkel-dröhnenden Messehallen mit zwielichten Killerspielern und solchen, die es werden wollen durch die Gänge zu schieben, immer auf der Suche nach dem einen Messestand, bei dem ich mich bei Einreihung in die Warteschlange nicht mit dem Gedanken anfreunden muss, dass bei Betreten des Gaming-Areals wahrscheinlich schon die nächste Rasur fällig wird?
Gamescom 2009 – oder anders ausgedrückt: wäre ich nicht sowieso schon mit Schmerzen im Arsch hingegangen, so wäre ich doch so oder so definitiv mit eben solchen zurück gekommen.
Das war sie also, meine allererste Games-Messe. Von mir eigentlich im Voraus als reines Socialising-Event mit der Möglichkeit, zwischendurch vielleicht eventuell mal ein paar Games auszuprobieren geplant, kam doch mal wieder alles anders als man dachte und statt dass ich mich mit meinen Polyneux-Kollegen und dem ein oder anderen Blog-Leser bzw. Twitterianer traf, schlenzte ich allein durch die weiten Flure, immer auf der Flucht vor Bumm Bumm und Balla Balla – eben der allgegenwärtigen Gaga-Beschallung, die sich aus jeder nur erdenklichen Himmelsrichtung mit unerbittlicher Penetranz in mein Trommelfell schraubte und mich so manches mal vermuten lies, mein Rektum sei ab morgen nicht das einzige, das mit einer großen Naht versehen werden muss.
So macht das alles keinen Spaß und deshab war das Aufregendste des Tages eigentlich die Möglichkeit, all den Schwachsinn, der sich da vor mir erbrach, via Twitter-Schrei in die Welt zu kompensieren. Einen echten Schrei hätte ja sowieso niemand gehört. Aua.
Lassen wir also mal kurz Revue passieren, was sich mir so an fragwürdiger Freude über den Tag geboten wurde:
Die folgenden Ereignisse finden am Sonntag, den 23. August 2009 zwischen 8:59 und 14:57h Ortszeit statt.
8:59h: Auf dem Weg zur Gamescom. – Jaja, da war die Welt noch in Ordnung und man könnte fast meinen, durch diese nüchterne Statusmeldung scheine so etwas wie Vorfreude durch.
10:54h: Auf der Gamescom. Was für ein Trubel. Habe eigentlich gar keine Lust hier für irgendwas anzustehen. – Die große Enttäuschung nach dem ersten Rundgang macht sich breit. Der erste Messerundgang ist bereits absolviert, ich habe ausser großen Kisten, die sowas wie Messestände darstellen sollen, aber praktisch alle ihre Exponate im Inneren und hinter langen Warteschlangen verbergen, nichts gesehen. Den immer wieder vom den Hostessen mit beinahe flehendem Blick angegangenen Versuch, mich mit Flyern zuzumüllen, konnte ich bis hierhin erfolgreich abwehren.
11:32h: Daniel von Areagames fragt mich, ob ich denn wenigstens abends auf ein Bierchen mit in die Stadt komme. Meine Antwort spiegelt meine Laune hervorragend wieder: “Ich glaube so lange halte ich es hier nicht mehr aus. Hab eigentlich jetzt schon die Schnauze Voll von der Messe.” – Sitze zu diesem Zeitpunkt vor einem überteuerten Stück Kuchen und einer Tasse Kaffee, die pelzigen Zahnbelag verursacht und überlege ernsthaft, meinen im Rucksack mitgebrachten Krimi rauszukramen. Ist bestimmt spannender. Nein: Ist MIT SICHERHEIT spannender. Aus irgendeinem mir unerfindlichen Grund bleibe ich jedoch trotzdem noch für ein paar Stunden und raffe mich zu einer weiteren Runde auf. Ich muss verrückt sein. Was war bloß in dem Kaffee? Flaniere zum Sony-Stand und kann selbst kaum fassen, was ich hier tue: ich reihe mich tatsächlich in die Reihe ein und warte mit den anderen Wartenden darauf, in Bälde eingelassen zu werden. Und das gelingt sogar in Rekordzeit. Erstaunlich aber wahr: obwohl sich hier auf engstem Raum mindestens 3 der heißesten Hit-Kandidaten für die nächsten Monate ballen (Heavy Rain, Uncharted 2 und God of War 3), ist die Schlange vor dem Stand so kurz, dass man meinen könnte, hier gäbe es bloß überteuerte schimmelige Leberwurst.
11:50h: Gerade Heavy Rain angespielt. scheint wirklich so eine dumme Quick-Time-Event-Scheiße zu werden wie erwartet. Langweilig. – Heavy Rain wird stante pede von der Liste an Gründen, sich eine PS3 zu kaufen (Heavy Rain, God of War 3, Uncharted 2) gestrichen. Bei der Gelegenheit streiche ich auch God of War 3 direkt wieder. Es gibt praktisch nicht, aber auch wirklich gar nichts Neues zu sehen, was man als Besitzer der ersten beiden Teile nicht bereits 2mal gesehen hätte. Und das Schlimmste ist: Irgendwie hatte ich den Eindruck, dass God of War 2 auf der PS2 deutlich besser aussah als das, was da in HD von der Bluray waberte. Meinen die das wirklich ernst?
11:52h: Uncharted 2 hingegen wäre wirklich endlich mal ein guter Grund sich eine PS3 zuzulegen. – Uncharted 2 wird auf der Liste mit Gründen, sich eine PS3 zuzulegen (Uncharted 2) dreimal fett unterstrichen.
Interlude (hier Fahrstuhlmusik dazudenken): An dieser Stelle sei übrigens einmal kurz eingeworfen, dass Sony den mit Abstand schönsten Messestand hatte, auch wenn er nicht unbedingt als zusammenhängendes Areal zu erkennen war. Warum hatte Sony den schönsten Messestand? Weil er so toll aussah? Nein. Weil die Messebauer es hier tatsächlich geschafft haben, selbst die ab-18-Games in einem völlig offenen, nach außen hin gut sichtbaren Bereich unterzubringen – ohne dabei dem Jugendschutz zuwider zu laufen. Man hatte einen guten Überbblick über den gesamten Stand, gleichzeitig waren die Sichtlinien so geschickt konstruiert, dass man von außen keinerlei Möglichkeit hatte, auch nur einen einzigen Blick auf die präsentierten Spiele zu erhaschen. Mein Lob an meine Kollegen bei Uniplan, die, so vermute ich mal, auch in diesem Jahr wieder für die Standkonstruktion verantwortlich waren. Als jemand, der sich hauptberuflich mit der Konzeption von Events auseinander setzen muss/darf, bin ich immer wieder froh zu sehen, wenn einfach mal völlig andere Wege gegangen werden als bei der Konkurrenz. Das spielerische Gesamtthema wurde übrigens auch nochmal schön in Form des Spielplatzes aufgegriffen, inmitten dessen man gemütlich mit der PSPgo und diversen anderen Stationen hantieren durfte. Doch ich schweife ab…
11:53h: Hätte ja nicht gedacht, dass Sony die PS3 Slim auch direkt als Vorführgeräte auf der Messe nutzt. – Hätte ich wirklich nicht. Dachte, die bräuchten noch bis zwei Tage vor der Auslieferung, ehe sie die mal in funktionstüchtig präsentieren können. Sony eben…
12:05h: Die Gamescom hat einen erstaunlich hohen Mädels-Anteil, auch abseits der kaum vorhandenen Babes. Und verblüffend viele Familien… – Ja, wo waren eigentlich die Babes, bitte? Keine öffentlich ausgestellten Killerspiele und keine Babes? Sind wir hier beim Kirchentag, oder was?
ca. 12:20h: Ein Bekannter erzählte mir gerade, dass er gestern 4,5 Stunden (VIEREINHALB STUNDEN!!!!) für den neuen WOW-Trailer angestanden hat. – Bin mittlerweile im Familienbereich eingetrudelt (natürlich auch ohne Babes) und bekomme diese Geschichte präsentiert. Mit einem Ausdruck säuerlicher Verbitterung im Blick, weil der Trailer mittlerweile auch bei Gametrailers online ist – keine 24 Stunden nach der Warteschlangen-Orgie. Tja, Gamescom ist, wenn man trotzdem lacht, hm?
ungefähr eine Stunde später: Uh, Singstar jetzt auch als unsägliche Michael Wendler Schlagerparty? *schauder* – Bloß schnell weitergehen!
gegen 13:30h: Deutscher Jugendschutz und ordentliche Messestände passen einfach nicht zusammen. – Womit wir wieder beim Thema von oben wären. Die meisten Messestände waren eben hässliche Boxen. Weil an ihnen Titel präsentiert wurden, die für die Kleinen nicht gut sind. Was dazu führt, dass gut die Hälfte aller Spiele überhaupt nicht zu sehen ist, außer man stellt sich an. Stundenlang. Und wartet. Und wartet. Und wartet. Sorry, aber wer so seine Lebenszeit verplempert, nur um eine Demo zu spielen, die in Kürze eh überall zum Download bereit steht oder einen Blick auf einen Trailer zu erhaschen, der morgen sowieso überall online zu sehen ist… Moment mal, wieso hab ich noch gleich das Eintrittsgeld bezahlt?!?!? Ach ja, wo ich gerade dabei bin zu meckern: die überall verstreuten allgemeinen Gaming-Areas, die nicht von den Publishern, sondern von der Messe Köln aus dem Boden gestampft worden sind, waren wirklich etwas lieblos hingerotzt und versprühten den Charme einer dunklen Bahnhofsvorhalle in Kiew. Aber das kann auch mein rein subjektiver Eindruck gewesen sein.
gegen 13:33h: Ausgerechnet der Stand vom Doofen Dofus ist erschreckend groß und hübsch geraten. Verkehrte Welt. – Ohne Kommentar. Echt mal. OK, wenigstens war er schön leer. Harrrr.
Irgendwann zwischen 13:30h und 14:00h: Dreieinhalb Stunden hier und noch kein einziges Goodie abgegriffen. Nichtmal einen von den allgegenwärtigen Rockstar-Stickern……irgendwas mache ich wohl doch falsch. – Ernsthaft: Ich habe bis zum Schluss KEIN EINZIGES Goodie bekommen. Nichtmal so eine blöde NCSoft-Tüte (die waren übrigens immer leer. Wer bitteschön freut sich über sowas??). Und auch keines von den blöden Aufpuste-Schwertern (Gott sei Dank!). Und von den drölfmilliausend Rockstar-Stickern habe ich genau 0,0 abbekommen. Gut, oder?
Ungefähr zur gleichen Zeit: Aber das EA-Trailerkino ist wirklich schön.
Immer noch zur gleichen Zeit: Na los, zeigt mir Brütal Legend. Och bittööööö. – Aber die Schlange ist bestimmt sowieso zu lang. Mal eben nachschauen… ja, ist sie…
Schon wieder zur gleichen Zeit: Würde ja gerne noch Splinter Cell: Conviction anspielen, aber ich weigere mich nun standhaft, mich noch irgendwo anzustellen. – Stelle ich mich vielleicht ein wenig zu sehr an, nur weil ich mich anstellen muss?
Kurze Zeit später: Cool, Jupiter Jones Konzert im EA-Kino. Endlich ordentliches Messeprogramm. – Mein Messe-Highlight! Wirklich! Jupiter Jones waren cool. Aber leider:
Während des Konzertes: Jupiter Jones rocken, bekommen aber leider viel zu wenig Aufmerksamkeit. – Gamescom-Publikum. Nur Spacken. Ich gehöre nicht dazu. Ich will nicht dazu gehören. Mühen sich lieber mit ihnen unbekannten Beatles-Songs ab (ehrlich, ich habe die ganze Zeit über keinen einzigen gesehen, der auch nur eine der Beatles-Gesangslinien am entsprechenden Activision-Stand auch nur ANNÄHERND getroffen hätte. Klang immer eher so als versuchten die zwanghaft, ihnen bekannte Rihanna-Melodien in das Beatles-Korsett zu zwängen), statt mal eine halbe Stunde lang ehrliche, handgemachte Mucke zu hören. Schade.
Direkt im Anschluss an das Konzert, bei der nun folgenden Trailershow: Ich glaube NFS: SHIFT ist der verzweifelte Versuch GRID etwas Boden abzugraben. Ob das gut geht? – Überschlagende Autos sehen ja schön aus, aber bitte EA: es gibt GRID schon. Und es sieht besser aus. Und es ist mittlerweile viel billiger zu haben. Und, ach ja: es gibt GRID schon, Ihr müsst das nicht nochmal neu basteln!
Gegen 14:30h: Oh Gott, bitte nicht die Guano Apes. Mieser und peinlicher geht’s doch nun wirklich nicht mehr. Wo war noch gleich Singstar Michael Wendler? – Vergesst das mit der ehrlichen, handgemachten Musik schnell wieder und geht lieber weiter Rihanna-Melodien zu den Beatles singen, bevor Euch die Ohren bluten. Brrr. (Ich weiß übrigens nicht, ob das wirklich die unsäglichen Scheißehaufenaffen waren, die da von der Bühne gejault haben, so nah habe ich mich Aufgrund der Furcht vor eben bereits beschriebener Möglichkeit akuten Ohrenblutens nämlich nicht rangetraut).
Tja, das war so im Großen und ganzen mein Messetag. Andere Polynesen, Blogger oder Twitterianer habe ich nicht gesehen, also bin ich nach dem zweiten Durchgang ganz schnell nach Hause gefahren, bevor sich noch ernsthafte Schäden psychischer oder physischer Natur bei mir einstellen konnten (ich sage nur: Lärm, schlechter Kaffee und Haltungsschäden durch Schlangestehen).
Gamescom im nächsten Jahr? Eher nicht.
Verdammt, ich glaube ich werde zu alt für diesen Scheiß…
10 Kommentare
Kann dich richtig gut verstehen, war letzes Jahr und 2 jahre davor in leipzig und hab genau die gleichen erfahrungen gemacht, schon beim ersten mal hab ich mich gefragt warum die sachen ab 16/18 nicht in einer komplett anderen halle sind und dafür dann offen…
Und weil ich mir gedacht hab das die Messe so und nicht anders abläuft bin ich gar nicht erst hingefahren.
uah, klingt ja schlimm. gottseidank habe ich die lange anreise etc. nicht auf mich genommen. wenn es nicht mal goodies gab…
Ich hör jetzt erstmal eine gepflegte Runde Sgt. Pepper.
Ich habe lediglich einen Vergleich von vor zwei Jahren in Leipzig: Irgendwie hatte ich das Gefühl, dass es in Köln noch deutlich lauter war – in der Halle 6 hat EA ja alles übertönt, so dass man kaum das eigene Wort verstand. Das mit dem Anstehen ist mir auch ein Rätsel, einzig für Spinter Cell Conviction hatte ich Nerven (war übrigens nur eine Präsentation). Alles in allem viel zu laut und viel zu voll, um wirklich etwas mitnehmen zu können. Dann vielleicht doch eine Ü18-Halle?
jo ich war auch da, war quasi so wie du es beschrieben hast. es war viel zu unorganisiert. wieso haben die nicht einfach die hallen nach alter sortiert? musste immer alles so blöd abgesperrt werden
Dem Einfall, eine ganze Halle ausschließlich Erwachsenen zugänglich zu machen, bin ich zwar auch nicht ganz abgeneigt, aber praktikabel ist das wahrscheinlich nicht.
Jeder Aussteller, der Titel für Jugendliche und Erwachsene im Programm hat, bräuchte dann quasi zwei Stände, das wird kaum jemand mitmachen wollen. Außerdem waren in Köln hauptsächlich (füllige männliche) Erwachsene unterwegs, der Andrang wäre also nicht plötzlich verschwunden..
nein verschwunden nicht aber man müsste nicht für jeden trailer stundenlang anstehen ;) ob es wirklich nur daran liegt dass 2 stände zu aufwändig/teuer sind weiß ich nicht, aber bei getrennten hallen würde ich vll. mal wieder hinfahren
Glaub mir, ich muss sowas zwischendurch auch mal budgetieren: messebauliche Maßnahmen SIND schweineteuer. Von daher wäre die 18-Plus-Halle zwar eine schöne Idee, aber leider wirklich sehr kostenintensiv. Wenn man dann noch das 16er-Volk vom Rest trennen muss, wie es der Jugendschutz ja eigentlich ebenfalls vorsieht, wird es schnell unbezahlbar bzw. wirtschaftlich alles andere als lohnenswert. Zumal, wenn so wenig Neues präsentiert wird, wie auf der Gamescom.
Eine mögliche Lösung wäre vielleicht, die U-12-Titel weitestgehend in die Gaming-Areas auszulagern und nur für die wirklich wichtigen Titel (denn seien wir mal ehrlich: zumindest bei den großen Publishern liegt der Fokus ja meist auf den 16+-Titeln) einen eigenen Messsestand zu bauen….
Aber wirklich praktikabel ist das in Zeiten von Killerspiel-Verbotsforder-Opis im Bundestag leider alles nicht.
Zumal die Leute ja trotzdem hingehen – 245.000 waren es in Köln. Wieso sollten die Aussteller jetzt irgendwas ändern, für Sie war die Messe sicherlich ein Erfolg. Zudem macht sich eine lange Schlange vor einem Stand ja auch gut für den Publisher.