Bei manchem Hype um ein unveröffentliches Spiel, denkt man sich nur “Aber warum?!”, weil man daran absolut nichts Besonderes finden kann.
Es gibt aber auch kleine Spiele, die ohne große Aufmerksamkeit entwickelt werden, dann plötzlich da sind und einen total überraschen. Guard Duty gehört eindeutig zur letzten Kategorie.
Das unterhaltsame Adventure hat ganz offensichtlich Vorbilder unter Point & Clicks aus den 90er Jahren im Stil von LucasArts. Der Dorfladen stellt ganz selbstverständlich Gegenstände einiger LucasArts-Spiele und anderer Klassiker aus. Man bekommt hier zum Beispiel den Zaubererhut von Simon the Sorcerer, Indiana Jones Steinscheiben aus Atlantis oder auch den Schwan aus dem Tunnel der Liebe von Sam & Max. Überhaupt ist das gesamte Spiel gespickt mit Andeutungen zu anderen Spielen (“Ich verkaufe diese tollen Cyberpunk-Jacken!”) oder aktueller Popkultur (“WINTER IS COMING!!”). Man könnte meinen, das sei einfach als Fanservice reingepackt, aber wenn man sehr viel Nerdkultur konsumiert, müsste man sich schon sehr anstrengen, um in einem eigenen Werk die ständigen Referenzen zu unterdrücken.
Unser Charakter Tondbert – ein Zwerg, der als Palastwache arbeitet – lässt zuerst nachts sturzbetrunken einen verrückten Zauberer aus der Zukunft in die mittelalterlich angehauchte Stadt, der natürlich prompt die Prinzessin entführt. Dann verliert er total verkatert noch seine Kleidung und wird komplett von Bienen zerstochen, deren Stock er ausversehen mit seinem Kopf zerstört. Sein Tag hätte echt besser laufen können. Natürlich versucht er seine Lage und die allseits beliebte Prinzessin zu retten, was auch nur mäßig funktioniert. Auftritt Agent Starborn im Jahre 2074: Irgendwas scheint in seiner Zeit schiefgelaufen zu sein, weswegen er sich nun durch das Hauptquartier der Roboterherrscher durchkämpfen muss, um seine Zeitreise vorbereiten zu können. Ihr könnt vermutlich ahnen, bei wem er ankommen wird.
Das Kickstarter-Projekt hat mit 4400 GBP zwar mehr als doppelt so viel eingenommen, wie erhofft, jedoch stellt sich mir bei so einem niedrigen Betrag schon die Frage, wie die Entwickler es geschafft haben, damit ein ordentliches Projekt umzusetzen. Denn das haben sie. Das Spiel wurde komplett mit sehr angenehmen britischen Stimmen vertont. Dazu wurden als Stretch Goal noch flauschige tierische Begleiter finanziert – und ganz ehrlich, wenn das nicht das beste ist, was man in ein Spiel einbauen kann, dann weiß ich auch nicht!
Die Puzzle sind alle ziemlich nachvollziehbar und trotz Anlehnung an alte Adventures muss man glücklicherweise nicht sinnlos Pixel jagen. Dank der To Do-Liste im Inventar kann man durchaus mal eine Spielpause einlegen, ohne den Überblick über die aktuellen Aufgaben zu verlieren.
Bei dem Anspruch der Developer das Spiel mit “dem Humor aus Discworld und dem Charme von Monkey Island” geschrieben zu haben, wäre meine Vermutung gewesen, dass das so richtig in die Hose geht. Aber auch wenn Guard Duty wohl nicht an Terry Pratchett rankommt, ist das auch gar nicht tragisch, denn es ist wirklich gut gelungen und unterhält bis zum Schluss.
3 Kommentare
Winter is taking FOREVER!
Na das sieht ja mal nett nach Discworld (1) / Simon the sorcerer aus.
Sollte ich auf jeden Fall mal im Hinterkopf behalten.
Leider gibt’s das zur Zeit wies aussieht nur auf Steam; ich warte dann mal auf einen GoG release.
Aber ansonsten Hut ab, sehr sehr schick.
Seltsam – das mit dem “bis zum Schluss” kann ich so ausnahmsweise gar nicht nachvollziehen. Ich finde, dem Spiel geht mit dem Jahr 2074 komplett die Puste aus, so dass man sich wirklich zwingen muss, sich an die erste tolle Hälfte zu erinnern.
Keine Fehlinvestition, aber ich würd es nicht nochmal machen (geht das überhaupt? Ist wie: klare rote Karte, ich hätte sie aber nicht gegeben).
Grüße