Es gibt wahrscheinlich ungefähr drei Gründe, warum man Videospiele spielt. Möglicherweise will man seine Zeit totschlagen und hat keine Lust auf Passiveres oder Aktiveres . Vielleicht wird man dafür in China schlecht bezahlt. Aber eventuell, und ich hoffe eingehend, dass das auf die meisten hier drin und da draußen zutrifft, geht es auch um das Erlebnis, das Abenteuer, die Höhen und die Tiefen, die die Höhen erst ermöglichen, um knapp verpasste Siege und irgendwie noch verhinderte Niederlagen, um Risiken, Strategien und Glücksgefühle, um Pwning und Uberskill, wahnhaftes Erzschurkenlachen und Maidentränen. Kurz, wir spielen Spiele für die großen Momente, die in allen guten und vielen schlechten Spielen vorkommen, seien es vom Spieldesigner gewollte, wie dramatische Storywendungen oder wahnsinnig gutes Panoramadesign, oder die, die der Spieler selber zwischen sich und dem Spiel herstellt, die Geschichten, die zwischen den Icons entstehen, zwischen Physikengine und KI-Aussetzer. Wie auch immer ihr auf diese Momente reagiert – Beckerfaust, Tränchen, lautstarkes Gefeier via Voicechat – wir fühlen sie alle. Und wir wollen sie teilen. Und ich hoffe, ihr auch. Hier. Heute. Und ab jetzt jeden Monat. Scheiße, irgendwie kling ich jetzt wie das Editorial der GEE.
SpielerDrei: Yay, ich darf anfangen! Mein Moment: Rock Band 2. Expert Drums. Everlong. Dieses schöne Stück Musik. Meine Nemesis seit Beginn. Ich bin furchtbar im Zweiundreißigsteln. Falsche Technik, keine Kondition, doch kein Rhythmusgefühl – irgendwas dazwischen. Immer wieder versucht. Immer wieder gescheitert. Selbst nach dem Sieg über das ähnlich gelagerte Run to the Hills keine Sonne gesehen. Aber dann heute. 79% getroffen. Aber durch. Irgendwie, keine Ahnung. Klappt wahrscheinlich kein zweites Mal. Impulsiv mehrmals „Ja!“ ausgerufen, wie manche Menschen beim Sex oder Sanchez beim Einlauf gegen Penn. Begriffen, wieso Menschen seit Jahrtausenden trommeln. Dieses geile Gefühl der Leistung, das ich nie in Spielen mit Storymode habe, wo ich weiß, dass die Entwickler erwarten, dass ich diese Stelle meistere. Everlong auf Expert Drums muss man für nix und nie in keinem Modus schaffen. Aber ich habs.
Daniel: Eigentlich ist Call of Juarez: Bound in Blood ein linearer Schlauchshooter. Zwei Mal allerdings reißen die Entwickler die unsichtbaren Wände nieder und lassen den Spieler raus in den echten Wilden Westen. Weite Steppen laden zum Ausritt ein und die wenigen Missionen werden zur Nebensache. Allein mit meinem Pferd reite ich durch karge Canyons und vorbei an krummen Kakteen, bestaune die staubige Landschaft und fühle mich wie ein echter Cowboy. Im Spiel brennt die Sonne vom Himmel und Geier kreisen als dunkle Schatten über mir, während ich auf dem Sofa unter einer Decke sitze und vor dem Fenster große Schneeflocken vorbeisegeln.
Holger: Mein Moment des Monats ist leider tendenziell negativ belegt. Ich habe nicht impulsiv „Ja!“ gerufen. Obwohl es das Spiel wahrscheinlich von mir erwartet hat. Nachdem ich nämlich den Spielendgegner von Darksiders erfolgreich in seine Schranken gewiesen hatte, dachte ich mir „Was zum Geier?! Das soll es jetzt gewesen sein?!“ Die Lusche hat es nicht mal geschafft, mich unter 80% meiner Leben zu bringen. Lächerlich. Nahezu jeder EndofLevelBoss war stärker als diese Nulpe. Sehr sehr unbefriedigend.
SpielerZwei: Mein Moment des Monats ist ein SPOILER zu Mass Effect 2, also Vorsicht beim weiterlesen: Gleich in der spektakulären Intro-Sequenz verliere ich bei einem lächerlichen Routineauftrag mein liebgewonnenes Schiff, die ganze Crew und, so scheint es zunächst, sogar mein eigenes Leben. Und das, nachdem ich der ganzen Galaxie im ersten Teil erfolgreich den Arsch gerettet habe…! Direkt im Anschluß erfahre ich dann, dass ich nach dieser Katastrophe zwei Jahre im Koma gelegen habe, während man mich im Cerberus-Klonlabor wieder zusammengeflickt hat… WTF?! Von allen Spielen, die sich das Geschichtenerzählen beim Kino abschauen, spickt Mass Effekt am besten ab. Genau so und nicht anders eröffnet man den Mittelteil einer Trilogie. Großartig!
Christian: Mein schönstes Ferienerlebnis auf dem Ponyhof ist… Dieses dumme Drecksvieh da oben am Himmel. Dieses flatterhafte Ungetüm mit der ledrigen Haut und dem seidigen Fell, auf das ich mit meiner spärlichen Haarpracht schon ein wenig neidisch bin. Diese eklige Bestie in übergroßer Fledermausform, die um mich herum kreist und mich verhöhnt. Ja, verhöhnt. Die Schlampe macht sich lustig über mich. Tiamat – The Bat Queen, der/die erste von mehreren großen EndgegnernInnen, die im Laufe von Darksiders auf mich warten. Doch die anderen sind jetzt erstmal egal. Ebenso der Umstand, dass sie im Vergleich zu Tiamat der reinste Spaziergang werden. Jetzt zählt nur eins: Tiamat bezwingen. Sie vom Himmel zu holen um ihr ihre garstigen Schwingen zu rupfen, ihr gottverdammtes schwarzes Herz herauszureißen. Sie sträubt sich natürlich. Und wie sie sich sträubt! Was für eine harte Nuss. Zigmal beiße ich mir die Zähne an ihr aus. Zigmal sterbe ich den Heldentod, während ich immer weiter in die Verzweiflung getrieben werde. Wer zum Henker packt eigentlich ausgerechnet den härtesten aller Endgegner direkt an den Anfang?!? Doch dann: der Augenblick der Erleuchtung. Der Augenblick totalen Eins-Werdens mit dem Controller, der dem plötzlichen Tod durch Zerbeißen noch einmal knapp entkommt. Sämtliche Bewegungen gehen in Fleisch und Blut über, jeder Knopfdruck geschieht aus dem perfekten Moment heraus, mit tödlich-präzisem Timing. Jeder Move sitzt. Und dann, ENDLICH!, liegt Tiamat am Boden und ihr riesiges pochendes Herz schlägt in meiner Faust. Geschafft! Und das fast ohne Energieverlust! Nimm das, Drecksvieh!
Und ihr so?
24 Kommentare
Aaaaaaaaahhhh! SpielerDrei, du Arsch! Wie kannst du mir das nur antun!
.oO(Zählt das jetzt schon als Moment des Monats?)
Die schlechte Boss-Balance bei Darksiders ist mir auch sauer aufgestoßen. Selbst nachdem der Abspann vorbei war, konnte ich noch nicht glauben, dass da wirklich nichts mehr kommt.
Fragt mich Ende des Monats noch mal. Bisher ist noch nicht bemerkenswertes passiert.
[quote]Bisher ist noch nichts Bemerkenswertes passiert.[/quote]
Dies ist die Ausgabe für den Monat Januar. Es zeigte sich ja schon bei den Jahresrückblicken, wir neigen zur Trödelei.
Bei Beyond Good&Evil ein verdammt cooles Bild von einem springenden Wal geschossen.
Bei Burnout Paradise mit so einem mistigen Rennwagen, der beim kleinsten Ditscher auseinanderbröselt, die Burning Route geschafft.
Nach mehreren Versuchen (und vielen Flüchen) endlich den Endgegner von Scurge: Hive (ds) geschafft. Und zwar nicht mit der billigen „Einsaugen-lassen-und-wegspringen-Methode“, sondern ganz regulär durch Abschießen der Klone. Dagegen war der Endgegner von Metroid Prime 3 (am selben Tag geschafft) reinster Kindergeburtstag.
Bei Demon’s Souls jede verdammte Minute in der man einen Level durchquert den man noch nicht kennt und trotzdem nicht stirbt. JEDE VERDAMMTE MINUTE!!!
Irgendwie klingt ihr alle ziemlich nach GEE (teils mehr, teils minder allerdings).
Hmmm, ist das jetzt gut oder schlecht? ;)
Ist (oder war) die GEE nicht der letzte schimmernde Stern am deutschen Magazinfirmament?
[b]Ist[/b] es immer noch 8).
[b]WAR[/b] er die längste Zeit. 8)
Und warum?
Vergleich mal die ersten 2-3 Jahrgänge mit den neueren Ausgaben. Love for Games und originell geschriebene Reviews, Features etc. vs. langweilige Uniformität und öde, uninspirierte Features. *gähn*
Auch wenn es jetzt vielleicht ketzerisch klingt:
Ich fand an der GEE immer nur die Idee und das Konzept geil. Das eigentliche Magazin, hat mich jedoch nie so richtig vom Hocker gehauen. Zu viel Lifestyle-Bullshit, zu viel oberflächliches Blabla, zu wenig echte Information und Wissen. Bin aber auch kein Experte, da ich pro Jahr nur vielleicht 2-3 Ausgaben gelesen habe. Von daher kann ich gar nicht beurteilen, ob die tatsächlich mit der Zeit abgebaut haben.
Die coolste Sau ist aber SpielerDrei, weil er ein Volontariatsangebot der GEE stumpf abgelehnt hat… :D
Kann die geäußerten Meinungen nicht wirklich teilen. Klar, so cool und frisch wie früher schreiben sie nicht mehr bzw. kommt das Heft auch nicht mehr rüber, dennoch sind sie (für mich) gesamt gesehen selbst „schlechter“ als früher immer noch besser als der ganze Rest der deutschen Videospielpresse.
(Beim ‚oberflächlichen Blabla‘ kann ich btw. erst recht nicht zustimmen.)
„[i]… dennoch sind sie (für mich) gesamt gesehen selbst „schlechter“ als früher immer noch besser als der ganze Rest der deutschen Videospielpresse.[/i]“
Das auf jeden Fall.
Was aber auch darn liegt, dass in der sonstigen deutschen Videospielpresse seit meiner ersten PCGames ’94 (oder wars die PowerPlay?) immer noch die gleichen Gestalten rumirren. Eine Branche, die sich selbst überlebt hat.
Daher haben die Printmedien in dem Bereich auch so n schweren Stand gegen die Online-Magazine und Blogs.
Braucht der deutsche Spieler überhaupt (noch) einen Meinungsführer aus der Mitte der Zeitschriften? Der Auflagenhöhe von Computer Bild Spiele nach zu urteilen, ist die Antwort sicherlich ja. Das Zeitschriftenregal in meinem Supermarkt kann immer noch eine stattliche Zahl an Titeln vorweisen. Die alten Grenzlinien des Marktes, die im letzten Jahrzehnt zwischen Konsolen und Computern verliefen, sind augenscheinlich versetzt worden und umschliessen jetzt neue Spezialgebiete wie mobile oder MMO-Spiele.
Ich habe mein bisher letztes Spielemagazin übrigens im vorigen Sommer gekauft. Genau gesagt waren es drei: GEE(meine sechste oder siebte), Gamestar(vermutlich die hundertste, in grauer Vorzeit jeden Monat gekauft) und Computer Bild Spiele(meine erste und einzige). Entweder waren mir die Beiträge nicht speziell oder nicht abgehoben genug. Meist wird der sichere Mittelweg gegangen, um das Stammpublikum nicht zu verschrecken.
Auf der anderen Seite sollten wir nicht vergessen, wie unbedeutend wir sind. Wie gross ist die Zahl der deutschen Spieleblogleser? Zweitausend, Zwanzigtausend? Verglichen mit unserer Reichweite, dürfte die GEE immer noch gut abschneiden, von den anderen Publikationen (CBS-Reichweite: 2,15 Millionen, GameStar-Reichweite: 0,64 Millionen) ganz zu schweigen.
Da das Thema etwas zu Zeitschriften abschweift:
Was ich von einer guten Zeitschrift erwarten würde, ist, dass sie mich über Titel informiert, die ich gar nicht „im Blick“ hatte, mich aber durchaus interessieren könnten. Leider berichte(te)n die Zeitschriften, die ich bisher in der Hand hatte, meistens vielseitig eintönig über den nächsten „Blockbuster“ (von dem gerade mal ein Arbeitstitel und drei Screenshots bekannt sind) und haken dann noch ein paar andere Größen ab. Dann dürfen sie noch nicht mal schlecht berichten, weil sie sonst keine Testmuster mehr bekommen. Da kann ich auch gleich verzichten.
Ja, das ist leider durchweg ein „großes“ Problem des (deutschen) Spielejournalismuses.
„Die coolste Sau ist aber SpielerDrei, weil er ein Volontariatsangebot der GEE stumpf abgelehnt hat…“
Ähm, ja. Da wurde wohl etwas falsch kommuniziert. Nichts davon stimmt.
Wenn ich SpielerEins damals richtig verstanden habe, wolltest Du da jobben, hast stattdessen aber ein Volontariat angeboten bekommen, welches Du aber dankend abgelehnt hast. So wurde es mir jedenfalls berichtet. Wenn dabei Stille Post gespielt wurde, dann nicht von mir. :P
Jetzt sag bloß, das stimmt alles gar nicht. Die Geschichte ist nämlich die Grundlage, auf der Du hier überhaupt schreiben darfst… :D
Achso, es geht um den Januar. Da war mein WTF-Moment eindeutig aus „Dragon Age: Origins“. – ich habe in einer Szene so gehandelt, wie ich es für richtig hielt und normal weiter gespielt. Als ich dann ins Basislager zurückkam, rannte einer meiner Gefährten auf mich zu und BRÜLLTE mich regelrecht an, was für ein Vollhonk ich doch sei und WIE falsch meine Entscheidung gewesen wäre. Damit hatte ich nicht, aber so GAR NICHT, gerechnet.
Aktion Reaktion, super gemacht von BioWare.
PS: Er hat sich danach sogar dafür entschuldigt, mich so angefahren zu haben, aber es habe ihn eben persönlich berüht. Großartig.