ACE-Team sind ja bekannt für ihre Seltsamkeiten. Zeno Clash und Rock of Ages können wohl nicht jeden mit ihren Spielmechaniken begeistern, aber mit ihrem einzigartig unförmigen Stil und dem charmanten Humor einer Monty-Python-Parodie wohl doch zumindest einen Platz in jedem Gedächtnisapparat belegen. Klar also, dass sich auch ihr neuester Titel in diese Liste der Absurdität einreiht: The Eternal Cylinder ist bunt, schrill, bisweilen absichtlich hässlich und dabei doch so poliert wie vorher kein anderer Titel des chilenischen Kultstudios.
Die Parallelen von The Eternal Cylinders in die totale Gleichheit gewalzte Welt zu vergangenen und aktuellen Bemühungen totalitärer Kräfte herzustellen, ist keine schwierige Aufgabe. Schon im Splashscreen der PlayStation steht schließlich sinngemäß etwas von der Kraft der vielen Unterschiedlichen, die sich gegen einen großen Gleichmacher behaupten. Eine bunte, naturbelassene Welt, die im Einklang mit sich und seinen quirligen, optisch opulenten Bewohnern zu sein scheint, wird hier von einer gigantischen silbernen Rolle zu Staub zermahlen. Deren Lakaien bestehen zwar ebenfalls aus unterschiedlichen Wesen, im Gegensatz zu den Tieren der Welt vor dem Zylinder sind diese aus einer Mischung von Elektrogeräten und muskulösen Normkörpern zusammengesetzt, sodass ihre Verwandtschaft – ihre geteilte Ideologie – auf den ersten Blick ersichtlich wird.
Die diversen Hauptfiguren von The Eternal Cylinder gehören zum Volk der Trebhum, und zu Anfang sind sie eigentlich gar nicht so unterschiedlich. Kleine kugelige Rüsselwesen, die eigentlich nur fressen, trinken und ihre Eier ausbrüten wollen, schließen sich nach und nach zu einem Stamm zusammen. Zur Hoffnung gegen den Zylinder werden die Trebhums, weil sie genetisch so instabil sind: Mit der richtigen Nahrung beginnen die einzelnen Mitglieder des Stamms unterschiedlich zu mutieren. So bekommen manche Trebhum luftfilternde Rüssel, die Giftgase neutralisieren, andere können Wasser aus Futter extrahieren oder Schwimmflossen wachsen lassen. Die verschiedenen Körperformen der Trebhum werden zum wichtigsten Transportmittel in der Flucht vor dem ewig rollenden Zylinder und sind gleichzeitig die eigentliche Puzzle-Mechanik des Spiels. Die eher sparsam vorhandenen Survival-Elemente sind mehr Randdeko als wirkliche Herausforderung und lassen sich vor Spielbeginn sogar ausstellen.
The Eternal Zylinder besteht aus klar begrenzten Spielabschnitten: Jedes Mal, wenn die Trebhums einen mysteriösen, von der antiken Trebhum-Zivilisation gebauten Turm aktiviert, bleibt der Zylinder dort stecken, bis man den Einflussradius des Turms verlässt. Abgesehen von einigen gescripteten Sequenzen, in denen der Zylinder bestimmte herausfordernde Verhaltensweisen an den Tag legt, können sich die Trebhum beliebig lange in diesen Bereichen aufhalten, die dortigen Früchte essen, Trebhum-Ruinen besuchen und neue Eier finden und ausbrüten. Jedes dieser Gebiete ist als eigener Checkpoint angelegt und hat deswegen alles, was die Trebhum brauchen, selbst wenn der Stamm komplett lädiert und dezimiert dort ankommt; Wasser, Futter und das ein oder andere neue Mitglied findet man eigentlich immer.
Die eigentliche Herausforderung liegt also nicht im Überleben, sondern im Austricksen der seltsamen wildlebenden Fauna und der Zylinder-Lakaien. Letztere stehlen mit ihrem gelben Licht jegliche Mutationen und setzen die Trebhum zurück in ihren runden, kindlichen Anfangszustand, auf dass sie dem Zylinder nicht mehr entwischen. Erstere sind ein wahres Fest der seltsamen Körperformen, wie man sie vom chilenischen ACE-Team nicht weniger erwartet. Laufende Münder, säurespritzende Augendinos und fliegende Furzkissen bevölkern die Welt, bevor das Nudelholz des Grauens sie absorbiert, und sie alle finden die jungen, knackigen Trebhum mehr als lecker.
The Eternal Cylinder spielt sich wunderbar als kleiner Happen zwischen anderen Games. Nicht, weil das Spiel so kurz ist oder sich am Stück durchlaufen ließe – mit bis zu 20 Stunden finde ich die ganze Erfahrung tatsächlich eher um einiges zu lang als zu kurz. Doch durch die klare Abgrenzung von Turm zu Turm nehme ich mir zwischen meinen Yakuza– oder Final Fantasy XIV-Partien immer wieder sehr gerne zwei, drei der bespielbaren Gebiete vor. Tatsächlich hätte ich mir ein wenig mehr Figurenbindung gewünscht, um mich stärker zum Dranbleiben zu bewegen. Zwar hat jeder Trebhum einen eigenen Namen und eigene Fähigkeiten, die ich selbst maßgeblich mitforme, doch da sie gerne einmal gegen die Tiere der Wildnis verlieren und das zeitliche Segnen beziehungsweise in ihrer ungünstigen Wegfindung ins gelbe, gleichmachende Licht der Zylinderwesen laufen, verliere ich schnell den Überblick über meine Lieblinge. Trotzdem – so etwas wie The Eternal Cylinder habt ihr noch nie gespielt, und weil ACE-Team eben ACE-Team ist, bleibt dieses Spiel wohl lange der einzige, weirde, geile Shit seiner Art.
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