Ich habe kürzlich meinen alten, fetten Nintendo DS entstauben dürfen, um das einzige neue Spiel, das ich seit einem Jahr dafür besitze, damit spielen zu können. Lustigerweise handelt es sich dabei um die Fortsetzung des Spiels, das ich vor nun mehr als 365 Tagen bekommen habe. Die Rede ist von Super Scribblenauts.
Und im Grunde könnte ich alles, was ich jemals über Scribblenauts geschrieben habe, zu Super Scribblenauts wiederholen. In verschärfter Form. Ich hatte es damals aber nur mal sehr kurz für einen Jahresrückblick verwurstet, daher hole ich das jetzt alles nach. Erstmal das komplett Positive: hinter den Namen nicht einfach nur ‘ne “2” zu schreiben, sondern wie in der “guten alten Zeit” ein “super” davorzukleben, ist Erstens ein prima Fliegenfänger für Nerdherzen und Zweitens auch ziemlich ehrlich. Denn eigentlich handelt es sich hier weniger um eine Fortsetzung, sondern um eine aufgebohrte Variante des Originals. “Super” bringt neben noch mehr Begriffen auch Adjektive mit und die Steuerung der Spielfigur namens “Maxwell” wurde verbessert.
Grundsätzlich basiert Scribblenauts auf einer umwerfenden Idee: die Levels stellen mich vor diverse Aufgaben und Rätsel und durch die simple Eingabe von Wörtern erschaffe ich beinahe beliebige Objekte mit einer Vielzahl von Eigenschaften, die durch besagte Adjektive aufgerufen werden. Finde ich die richtigen Dinge, kann ich diese Rätsel lösen und das Level meistern. Alleine die Hingabe, mit der die Objektdatenbank erstellt worden sein muss, nötigt mir Respekt ab. Das Spiel gibt sich auch bemerkenswert flexibel im Umgang mit diesem Reichtum an Gegenständen. Um einen jungen Mann aus einem Eisblock zu befreien, kann ich entweder einen Fön erschaffen – oder eine lilafarbene Leiter, die ich neben dem Eisblock platziere und dann in Brand setze. Soweit, so logisch. Und so überaus unterfordernd. Dieser Typ da will von der Klippe springen, aber lebend unten ankommen? Na gut, dann bekommt er einen Fallschirm. Gähn. Dazu kommt, dass nicht alle Lösungen derart logisch oder simpel nachvollziehbar sind. Viele sind durch und durch frustrierend. So verzweifle ich nach dem tausendsten Versuch immer noch an dem Level, in dem ich einen Mann durch die Gabe von mit Adjektiven manipulierten Zaubertränken die Eigenschaften des Drachens im Käfig nebenan verpassen soll. Fliegender Trank? Schuppiger Trank? Grüner Trank? Das klappt alles nicht. Erschaffe ich die falschen Tränke oder bin ich zu blöd, diese zu verabreichen? Oder dieser überall präsente Unsinn, in der wörtlichen Bedeutung – also “ohne Sinn”. Der Level zeigt drei Boxen. In der linken Box steht ein Zombie. In der rechten Box ein Roboter. Die mittlere Box ist leer und die Aufgabe besteht darin, in dieser Box ein Wesen zu erschaffen, dass die Eigenschaften der beiden anderen Wesen auf sich vereint. Alles klar… dann erschaffe ich einen Roboter-Zombie. Ääh, bitte? Das ist doch eher ein mathematisches Rätsel, statt eines, dass sich durch Sprache lösen lässt. Dementsprechend fordert das Spiel von mir auch in einigen Leveln das Lösen von Gleichungen nach dem Motto “Meerjungfrau + Flügel = ?”. Äh, “fliegende Meerjungfrau”? Bingo! Das ist aber irgendwie nicht das, was ich erwarten würde von einem Spiel, das damit wirbt, dass ich aus dem Nichts Dinge erschaffen und benutzen kann. Das macht mich fertig, das möchte ich nicht spielen. Es gibt dann auch noch den Expertenmodus (auch bekannt aus dem ersten Teil), in dem einzelne Levels nochmal gespielt werden – aber dieses Mal müssen jeweils andere, unbenutzte Begriffe gefunden werden. Dreimal. Okay, dann bekommt der Soldat halt erst eine Flinte, dann ein Gewehr und zum Schluss eine Pistole. Aber dafür brauche ich doch keine Phantasie, sondern einen Thesaurus.
Das ist die eine Seite der Scribblenauts-Medaille. Die andere ist das “Adventureproblem”: es gibt nur eine Lösung. Und wenn ich die nicht finde, stecke ich fest. Beim klassischen Point and Click-Adventure war es ja so, dass es pro Spielstadium eine extrem große, aber doch begrenzte Menge an Kombinationsmöglichkeiten gab. Ein paar Räume, ein paar Charaktere, ein paar Items. Im Zweifel, wenn einem nun gar nichts einfiel, konnte man einfach durchprobieren. Aufwändig, frustrierend, aber zumindest halbwegs zielgerichtet. Wenn man die Rätsel dann noch ein bißchen geschickt und offensichtlich logisch entwirft, kann man den Frustfaktor ein bißchen eindämmen. Natürlich nicht vollständig, früher oder später knallt man als Spieler sowieso immer wieder gegen eine Betonwand – bis einem die eine rettende Kombination einfällt, die dem Entwickler damals vorschwebte. Natürlich ist das zum Beispiel bei älteren, weniger komplexen Adventures wie “Maniac Mansion” schneller erledigt, als bei den moderneren Titeln. So sehr ich Adventures geliebt habe, seien wir doch ehrlich: kaum ein Spielkonzept ist weiter vom Flow-Erlebnis entfernt, als dieses. Naja, bis auf Scribblenauts. Denn hier gibt es nun eine praktisch unbegrenzte Menge an Gegenständen, die dem Spieler einfallen könnte. Klar, die Objektdatenbank hat auch nur eine endliche Größe, aber ich kenne und beschränke mich ja nicht auf alle Worte, die dort enthalten sind. Also irre ich so lange Löcher in die Luft starrend durch mein Hirn, bis mir der richtige Begriff vor die Füße fällt. Und der muss – siehe Roboterzombie – noch nichtmal irgendwie korrekt oder nachvollziehbar sein. Das ist doch frustrierend. So. Und bei Super Scribblenauts ist die Situation nicht nur identisch, sondern stark verschärft durch den Gebrauch von Adjektiven, die ich auch noch miteinander kombinieren kann. Ich kann einen “grünen, fliegenden, brennenden Clown” erschaffen – ohne Sinn und Verstand. Das ist für mich Frust zum Quadrat. Ich möchte Super Scribblenauts ja unbedingt mögen, weil es recht mutig etwas Anderes ausprobiert, aber die kaputte Spielmechanik lässt mich einfach nicht. Denn selbst in buntes Geschenkpapier verpackt, ist ein Fußball ohne Luft einfach nur ein Fußball ohne Luft…
Gespielt wurde ein von Warner Bros. zur Verfügung gestelltes Exemplar von Super Scribblenaut” auf dem Nintendo DS. Das Headerbild ist von unseren Illustrator Mexer.
3 Kommentare
Ich habe zwar nur das nicht-super Scribblenauts angespielt, aber schon damals war mein Eindruck ähnlich. Da werden einem quasi unendliche Möglichkeiten gegeben und dann kommt man nicht weiter, weil man nicht auf die Lösung kommt, die das Spiel gerne hätte. Zwar gibt es durchaus mehrere Varianten, die funktioneren, aber auch sehr viele, die es nicht tun, obwohl sie es sollten.
Die Stelle mit dem Drachen und dem Trank. Ich bin auch durchgedreht. Habe es immer noch nicht kapiert, was ich da hätte machen sollen. Hat das jemand geschafft?
Ich habe ja ein sehr ambivalentes Verhältnis zu Scribblenauts:
Von der Idee her finde ich es prinzipiell ziemlich klasse, trotzdem war es mir schon nach 10 Minuten Herumprobieren im Elektromarkt zu doof.
Ich kann nicht genau sagen, warum, aber irgendwie glaube ich, dass das Spiel eigentlich eher was für Kinder ab der 4. Klasse ist…