27.03.08 – Gegen Mittag
Noch ahne ich nichts böses.
Leicht gelangweilt surfe ich durch die Netzwelt und stoße auf ein Interview eines kleinen Entwicklers, der sich herrlich direkt über “Xbox Live Arcade” und die dortigen Veröffentlichungsmethoden echauffiert. Grund dafür ist das erscheinen von “n+” auf eben dieser Plattform. Es gäbe zu viele Spiele und die wären auch noch größtenteils Müll. “Tja, was hast du denn zu bieten“ ist mein erster Gedanke. Ein kleines frustrierendes Spiel, in dem ein Pixelninja durch verschiedenen Level hüpfen muss, während ihm ein Haufen Tötungsmechanismen das Leben schwer machen. Mir ist der quasi Vorgänger “n” bekannt.Dieses Freeware Spielchen geistert schon seit einiger Zeit im Internet umher und ich habe es angespielt, die schreckliche Steuerung, allein mit der Tastatur, verflucht und meinen Blick mit Abscheu auf andere Dinge gewandt.
Nun ist mir aber langweilig und eine Testversion von “n+” in wenigen Sekunden auf die Festplatte der “Xbox 360” geladen.
Hui, die Tutorial Missionen sind nicht schlecht. Die Steuerung geht einem mit dem Controller auch sehr locker von der Hand. Eine Taste zum Springen und ein Analog – Stick zum präzisen Landen. Es gilt in jedem Level einen Knopf zu drücken, damit die Tür zum Ausgang geöffnet wird. Für fünf solcher Level hat man zu Anfang 90 Sekunden Zeit, die man durch das einsammeln von Goldstücken erhöhen kann und muss. Gleichzeitig jagen einen Sicherheitsdrohnen mit Elektroschocks, Gewehrfeuer, Raketenbeschuss und allen nur erdenklichen weiteren Projektilen. Das ist das Grundszenario. Viel Spaß.
Keine zehn Minuten später sind die Level der Testversion durchgespielt.
Kurze Phase der Entspannung und Meditation.
Die Kreditkarte landet, wie von selbst, in meinen Händen, 1000 komische Points werden gekauft und 800 davon direkt verbraten.
Die Vollversion von “n+” ist freigeschaltet und es ist kurz vor 13 Uhr.
Die Einzelspielerkampagne besteht aus 50 Episoden mit je 5 Level. Für die nächsten drei Stunden renne, hüpfe und sterbe ich mich durch die ersten 13 Episoden.
Episode 14.4
Eigentlich möchte ich den Xbox 360 Controller in meinem LCD Fernseher schmettern. Möchte sehen, wie die Mattscheibe kurz unter dem Einschlag erzittert und schließlich schwarz wird. Möchte sehen, wie “n+” und dieses unsägliche Level verschwinden.
Bis hierhin war alles noch recht locker. Jetzt aber jagen mich drei ferngesteuerte Raketen und die drei zu drückenden Schalter sind kreuz und quer verteilt. Nur eine Serie von perfekt getimeten Sprüngen kann mich zu rettenden Tür bringen.
An diesem Punkt schalte ich den Erfolg “Übung macht den Meister” frei. Ich bin im Einzelspieler – Modus 1000 mal gestorben.
Jetzt hilft nur noch abgucken. Über die Rangliste der besten Spieler weltweit lade ich deren Läufe für dieses Level herunter und studiere ihre Sprungmanöver ganz genau. Interessanterweise gibt es keinen perfekten Weg. Die drei Erstplatzierten wählen alle eine leicht andere Route.
Irgendwann habe auch ich meinen Weg gefunden, schreie laut auf, recke die Faust in die Luft und schalte die Konsole für heute aus.
28.03.08 – Später Nachmittag
Ich lasse mich erneut mit diesem Teufelsspiel ein.
Episode 23.4
Ich erwäge ernsthaft, die Analog – Sticks des Gamepads abzubeissen und herunter zu schlucken. Beide. Ohne zu kauen.
Mir schießt ein Zitat aus Yamamotos “Hagakure – Der Weg des Samurai” durch den Kopf. Samurais sind keine Ninjas, aber vielleicht hilft es ja doch.
Fürchte den Regen nicht
Man muss “die Lektion des Platzregens” verstehen. Ein Mann, der unterwegs von plötzlichem Regen überrascht wird, rennt die Straße hinunter, um nicht nass und durchtränkt zu werden. Wenn man es aber einmal als natürlich hinnimmt, im Regen nass zu werden, kann man mit unbewegtem Geist bis auf die Haut durchnässt werden. Diese Lektion gilt für alles.
Geschafft. Gerade so. 17.88 Sekunden Restzeit. Platz 5442 in der Rangliste.
Episode 24.4
Erneuter Durchhänger. Überall Minen. Fucking Bastards.
Ich gehe erst einmal duschen und mache mir etwas zu essen. Während ich auf dem Brot herum kaue, schaue ich mir die Läufe der Erstplatzierten in der Weltrangliste an. Die Wege sind die gleichen wie bei mir, aber sie springen einfach präziser. Gefühlte dreitausend Tode später habe ich endlich den perfekten Run. Meine Hände zittern und das Gamepad rutscht herunter. Ein kleiner aber heftiger Adrenalinstoß hat mir den letzten Sprung versüßt. Vor meinen Augen baut sich schon das nächste Level auf.
Es fehlen nur noch 26 Episoden mit 130 Leveln.
6 Kommentare
Mir ist immer wieder schleierhaft, was uns bloß immer wieder zu solchen Selbstkasteiungen treibt. Warum tut man sich sowas freiwillig an?
schön geschrieben, warte auf Teil 2 :)
Off: Gibs die Captchas auch in bisschen größer?
Adrenalin kann süchtig machen, pass blos bei der Dosierung auf.
Bei Risiken und Nebenwirkungen fragen sie ihren Gameshop Verkäufer oder Blog Buddy.
@alki: Mensch Thomas, Du bist noch jung, Du MUSST das lesen können. Das schaff ich ja sogar ohne Brille.
(außerdem hättest Du die Dinger mal sehen müssen, bevor ich mich das erste Mal darüber beschwert habe ;))
Soll auch für DS und PSP kommen:
[url]http://www.gametrailers.com/game/5916.html[/url]
Ich prophezeie also haufenweise fliegende Handhelds. Meidet ÖPNV, Leute!
Aaaah, ich habe N für den PC geliebt. Hatte dort etwa die Hälfte aller Levels geschafft. Dann kam ich nicht mehr weiter und das Spiel liegt immer noch irgendwo auf der Festplatte.
Schade, dass ich keine XBox habe..