Mein Sohn, er ist jetzt 16 Monate alt, begeistert sich schon seit einiger Zeit für Videospiele. Er kann sie zwar nicht selbst spielen, aber ist trotzdem völlig heiß auf Papas Computer und vor allem die Wii. Die Wiimote ist für ihn die tollste aller Fernbedienungen im Wohnzimmer. Nimmt man sie ihm weg, macht er ein Theater, als wäre er Hiro Nakamura, dem man gerade wieder sein magisches Schwert gestohlen hat. Was wir anfangs wirklich putzig fanden, nervt inzwischen ungemein, da man die Konsole inzwischen nur noch benutzen kann, wenn er schon in seinem Bettchen ist. Und die Tür zu meinem Arbeitszimmer kann ich auch nicht mehr offen stehen lassen, da er sich sonst sofort wie ein Geisteskranker auf Maus und Tastatur stürzt, was jedes Mal unweigerlich zu einem Chaos auf meinem Desktop führt. Davon mal abgesehen, ist es mir persönlich auch irgendwie peinlich, dass er schon so früh auf diese Dinge abfährt, weil ich es gar nicht darauf angelegt habe, er aber für unsere Freunde und Bekannte so ziemlich jedes Zocker-Kind-Klischee erfüllt („Kein Wunder bei dem Vater!”). Mir wäre es ja lieber gewesen, wenn er diese Art des Spielzeugs erst ein paar Jährchen später entdeckt hätte…
Aber wie dem auch sei, vor einiger Zeit habe ich ein PC-Spiel gefunden, das auch er spielen kann: Audiosurf!
Diese eigenwillige Mischung aus REZ, Amplitude und Tetris, bei der man jede beliebige Audiodatei auf der Festplatte in eine Achterbahnfahrt mit bunten Klötzchen auf der Strecke verwandeln kann, hat es ihm wirklich angetan. Besonders gerne spielt er Lieder von Rolf Zuckowski, was noch den netten Nebeneffekt hat, dass er tatsächlich Online-Highscores schafft, denn offensichtlich spielt niemand sonst allseits beliebte Hits wie „Nackidei” oder „Zebrastreifen”…! Zugegeben, er bewegt eigentlich nur rhythmisch die Maus hin und her, während er auf meinem Sessel vergnügt herumwippt, ohne auch nur einen blassen Schimmer von der eigentlichen Spielmechanik zu haben. Aber er findet es trotzdem toll. Zumindest ist die Maussteuerung für ihn wesentlich einfacher zu meistern als die Wiimote, die ja eigentlich besonders für Nicht-Spieler extrem zugänglich ist. Wahrscheinlich liegt es daran, dass die Maus nur in zwei Dimensionen bewegt wird, was die Komplexität der Hand-Augen-Koordination natürlich mindert. Außerdem hat sie noch ein tolles rotes Licht an der Unterseite…
Doch zurück zu Audiosurf: Das, was man eigentlich bei dem Spiel machen muss, nämlich die bunten Klötzchen möglichst sortenrein bzw. sortiert aufzusammeln, um dafür dann Punkte zu bekommen, rafft der Kleine natürlich noch nicht. Das ist aber eigentlich auch egal, denn das wahre Vergnügen bei Audiosurf ist es, die eigenen Lieblingssongs innerhalb von Sekunden visualisiert zu bekommen und dabei noch ein wenig mit dem Gleiter („Da! Auto!”) Klötzchen aufzusammeln. Und dieses Vergnügen teilt auch das 16monatige Spielkind!
Was meint denn der Papa zu Audiosurf? – Oh, der ist auch sehr angetan! Allerdings ist es für mich eher eine nette Spielerei als ein richtiges Spiel. Ich finde die Idee klasse und bin auch ob der technischen Umsetzung sehr begeistert, aber als echtes Spiel geht Audiosurf für mich einfach nicht durch. Die ernsthaften Vergleiche zu REZ und Amplitude, die man hier und da lesen kann, sind in meinen Augen geradezu lächerlich. Sie beschreiben Audiosurf rein äußerlich zwar prinzipiell ganz gut, sind aber andererseits qualitativ völlig überzogen, denn es hat weder das spielerische Niveau eines Amplitude noch die audio-visuelle Kraft eines REZ. Ich verstehe Audiosurf eher als die längste Praline das aufwendigste WinAmp-PlugIn der Welt. Dennoch kann ich das Tool (trifft es einfach besser als „Spiel”) von Dylan Fitterer allen Musikbegeisterten nur wärmstens empfehlen, denn es ist eine wirklich tolle Spielerei für zwischendurch, die für nur $ 9,95 über Steam erhältlich ist und somit kein sonderlich großes Loch ins Portmonee brennt. Besonders für meine Zigarettenpausen im Arbeits-/Raucherzimmer ist es wie gemacht. Für ausgedehnte Spiele-Sessions halte ich es hingegen für weniger interessant.
Und bevor hier jetzt alle mit spitzen Steinen und scharfkantigen Kommentaren nach mir werfen, weil sie eher Christians Audiosurf-Begeisterung teilen: Mir ist klar, dass man Audiosurf durchaus als richtiges Spiel begreifen und praktizieren kann. Wenn es einem als Motivation reicht, immer neue Online-Rekorde zu erringen, dann steckt da sicherlich sehr viel Spielzeit und -spaß drin, die man mit dem Ausprobieren und Optimieren verschiedener Strategien und Techniken verbringen kann; von den vielen Spielmodi mal ganz zu schweigen! Nur leider will sich mir diese Motivation einfach nicht erschließen. Spätestens nach ein paar Durchläufen Audiosurf denke ich mir immer, dass man die Zeit ja viel besser mit einem richtigen Spiel verbringen könnte…
4 Kommentare
Meine kleine Nichte (37 Monate) ist auch bereits mindestens ihr halbes Leben unglaublich fasziniert von Computertastaturen und hackt ständig auf jedem Keyboard rum, das ihr bei mir, meinen Eltern, meiner Schwester oder sonstwo vor die Finger kommt. Außerdem schaltet sie eigenständig jeden Rechner an und würde glatt noch eMails verschicken und Counterstrike starten, wenn man sie denn ließe.
Scheint also ein natürlich-kindlicher Drang zu sein, keine Sorge ;)
Ich glaube, Audiosurf muss ich die Tage auch mal mir Ihr ausprobieren, das könnte Ihr Spaß machen.
Meine 16monatige Tochter haut auch wie verrückt in die Tasten, wenn sie welche unter die Finger bekommt. Das beste Mittel gegen ein Desktop-Chaos ist hier Strg+Alt+Entf -> Computer sperren ;) Videospiele interessieren sie (noch?) nicht besonders, aber die Wiimotes haben es ihr angetan, die sie immer für Schnurlos-Telefone hält und damit zu telefonieren versucht. ;)
Nach Christians feurigem Bericht habe ich mir am Wochenende nun zumindest einmal die Demo angetan.
Mein Fazit entspricht allerdings eher dem von SpielerZwei, Audiosurf will bei mir einfach nicht richtig zünden.
Meinem 6 Monate altem Neffen dürfte es aber sicherlich gefallen, Farben sind seine Sache ;)
Ich finde Audiosurf sehr(!) nett, und “nett” steht hier durchaus positiv. Klar ist es kein Frequency, und kann technisch auch gar nichtauf dessen Niveau mit der Musik interagieren, aber Spaß machts dennoch nen Haufen
:)
Und mit diesem ersten Posting auch direkt mal ein “Schön gemacht” an das neue Polyneux-Team, ist wirklich sehr fein geworden. Auch wenn euch die Kommentatoren ausgehen werden, so ohne Werbemöglichkeit ;)