Nein, in diesem Text geht es nicht um Models. Auch nicht um Vorurteile. Es geht um Robinson: The Journey für PlayStation VR. Ein Spiel, auf das ich mich sehr gefreut habe. Zum einen, weil ich VR wirklich mag und zum anderen, weil man Crytek als Entwickler einiges vorwerfen kann, aber nicht, dass sie technisch nicht auf der Höhe ihrer Zeit wären. Und The Climb war ja schon ein vielversprechender Start in das VR-Zeitalter und zumindest in meiner Fantasie (und auch nur dort, wie sich herausstellen sollte) ließ der erste “richtige” VR-Vollpreistitel von Crytek sogar mehr als nur wegweisenden Optik-Bombast erwarten. Denn: Ich lasse ich mich nicht von der Vorstellung (dem Unsinn) abbringen, dass beim nächsten Crytek-Videospiel die bekannten Makel (wo ist die Story?) zugunsten totaler Perfektion abgestellt werden. Es fehlt den Frankfurtern eigentlich gar nicht so viel, um wieder auf den Olymp zu steigen. Das Handwerk beherrschen sie, nur bei der B-Note müssen sie was tun. Um den künstlerischen Ausdruck ist es in den letzten Jahren bei Crytek-Spielen nicht gut bestellt gewesen.
Schuld an meiner Erwartungshaltung sind Far Cry und auch Crysis. Immer noch. Als Shooter verkörpern sie bis heute in jeder erdenklichen Teildisziplin absolute Spitzenklasse und es war für mich seitdem schwer einzusehen, dass vom alten Glanz nicht mehr viel übrig ist. Außer dem hübsch polierten Lack. Irgendwie musste es sich um Missverständnisse handeln, dachte ich und besonders bei Robinson: The Journey bestand nun die ganz große Chance, an alte Erfolge anzuknüpfen. PS VR als Plattform ist noch recht neu, es gibt nicht das eine große Spiel, das weit über dem (qualitativ ordentlichen) Durchschnitt hinausragt und eine experimentierfreudige Basis, die neue Spiele herzlich empfängt. Beste Voraussetzungen also für das ganz große Comeback. Eigentlich.
Herausgekommen ist eine Schönheit, nach heutigem VR-Standard zumindest, das mich erst begeistert, dann aber rasend schnell frustriert, ärgert und abschließend ratlos zurücklässt. Es ist mir schleierhaft, warum Crytek ein Videospiel nahe des Launches einer innovativen Plattform veröffentlicht, dass derart hakelig zu spielen ist und dabei fernab eines Roten Fadens konzipiert und umgesetzt wurde. Robinson: The Journey stürzte zwar nicht ab, dass muss man Crytek lassen, aber ansonsten funktioniert nicht viel. Zwei, drei Monate mehr hätte das Spiel an Entwicklungszeit vertragen und es wäre wahrscheinlich um Längen besser und angenehmer zu spielen gewesen. Und es müsste mit dem Teufel zugehen, wenn sich Robinson: The Journey in seinem momentan unschönen Zustand besser verkaufen sollte, als wenn es poliert einige Monate später erschienen wäre. Die Mund-Propaganda dürfte sich aktuell jedenfalls in positivem Sinne in Grenzen halten.
Worum es geht: Schwer zu sagen. Nach einem Absturz mit seinem Raumschiff müssen wir versuchen, auf einem von Dinos bewohnten Planeten klar zu kommen und könnten unterstützt werden von HIGS, der nervigen kleinen Gadget-Kugel und Laika, dem Schoßhund ähnelnden Mini-Dino. Beide gingen mir ganz fix auf den Zeiger. HIGS macht mich direkt nervös und Laika war mir zu schlecht von den Entwicklern dressiert. Das ist schon mal nicht gut, wenn die Buddys weder sympathisch sind noch zufriedenstellend funktionieren. Und so laufen wir auf dem Planeten umher und lösen (bzw. versuchen es) unnötig komplizierte Möchtegern-Rätsel und bewundern immerhin dabei den schönen Ausblick. Wer mag, kann Laika füttern und mit dem ollen Viech “Verstecken” spielen. Yeah, darum sollte es bei VR gehen, nicht wahr?
Der Planet wirkt zwar auf den ersten Blick frei begehbar, aber so ist es nicht, denn mit einem klassischen Open World-Titel hat Robinson: The Journey nichts zu tun. Es sind eher viele frei begehbare Areale, die wir eins nach dem anderen abhaken. HIGS erinnert dabei stets an noch zu erledigende Aufgaben, so halbwegs zumindest. Warum ich A aus dem Dino-Nest nach B bringen muss, leuchtet mir beispielsweise weder inhaltlich noch aufgabentechnisch wirklich ein. Man macht es halt, gibt ja vielleicht eine Trophäe. Kartoffeln ernten, die man nicht isst, Stromkreise in Form bringen, damit irgendwo in einem Automaten eine Klappe aufgeht (mit Kartoffeln drin). Alten Raumschiff-Müll durch die Gegend tragen, der sich dann in Luft auflöst. Irgendwas macht man immer, aber wofür, steht in den Sternen. Ach ja, Tiere scannt man ein, von der kleinen Libelle bis zum ausgewachsenen Dino und das ist eine nette Aufgabe – aber auch hier ist mir schleierhaft, wofür ich das mache. Am Anfang, weil es mir Freude machte, denn die Fauna und Tierwelt ist durchaus beeindruckend. Aber irgendwann, eigentlich recht schnell, fehlt auch hierbei jeder Reiz, darin Zeit zu versenken. Man zeigt halt mit dem Scanner auf grüne Punkte und wenn man diese alle “eingesammelt” hat, kennt man das Tier. Erwischt man dabei einen roten Punkt, muss man von Neuem beginnen. Gähn.
Das größte Problem liegt indes woanders: Es ist das Gameplay. Robinson: The Journey ist hakelig, nicht annähernd selbst erklärend konstruiert und oft genug funktioniert genau die Tätigkeit nicht, zu der man explizit aufgefordert wird, was total frustrierend ist. Meistens liegt es daran, dass für das Öffnen oder Rumhantieren mit Gegenständen eine exakte (unsichtbare) Position eingenommen werden muss, und das auf den Millimeter genau, bitte schön. Macht keinen Sinn, ist aber so. Die kleinsten Mini-Aufgaben erhalten daher den Flair von unliebsamer und unnötiger Arbeit und wer macht die schon, wenn man nicht dafür bezahlt wird.
Robinson: The Journey entpuppte sich daher für mich als lästige Quälerei. Das ist bedauerlich. Denn das technische Gerüst passt – abgesehen vom Gameplay. Die ersten zehn Minuten waren ganz großes Kino. Optisch bietet der Dino-Planet eine immersive VR-Erfahrung, an die kein anderes PSVR-Spiel auch nur annähernd herankommt. Als Walking Simulator beginnt es herausragend, aber dann kommt die große Ernüchterung. Danach der Frust. Und abschließend die Entscheidung, Robinson: The Journey ganz schnell zu vergessen. Und was Crytek betrifft, ist die Zeit der Illusionen auch vorbei.
4 Kommentare
Die Probleme mit der Steuerung erinnern mich irgendwie an Steel Battalion: Heavy Armor und dessen eher unglückliche Implementierung von Kinect. Hatte Crytek eigentlich bei FarCry und Crysis andere Kreativleute im Team oder haben die es einfach mit der Zeit verlernt, weil nur noch die Technik im Fokus stand?
Hallo Herr Polygonien! :-)
Mittlerweile glaube ich, es ist ganz banal so, dass Crytek keine Lust (oder Ressourcen) auf Qualitätsprodukte mehr hat. Ein bisschen schöner Schein, wenig Sein, wahrscheinlich recht kurze Entwicklungszeiten…und dann kommt halt sowas dabei raus wie in der jüngeren Vergangenheit.
So, wie du das beschreibst, hätte man da aber sicher mehr als 3 Monate reinstecken müssen. Das hört sich ja wirklich grausam an. Bezüglich Steel Battalion muss ich immer an das Video von Gameone denken, in denen die Spieler halb ausrasten, weil die Steuerung so katastrophal ist, dass der Charakter immer genau das tut, was er nicht tun soll :)