ich schreibe Dir, damit Du nicht mehr so traurig bist! Alle hacken auf Dir herum. Aber dafür gibt es leider auch ein paar berechtigte Gründe:
Du hast Deine fantastische Original-Star-Wars-Trilogie im Nachhinein mit einer Prequel-Trilogie für kleine Kinder vermurkst. Das hat den Braten allerdings auch nicht mehr fett gemacht, weil Du schon vorher diese zwei bekloppten Ewok-Deppen-Filme gemacht hast und zu allem Überfluss auch noch die Original-Filme mit digitalem Schnick-Schnack verhunzen musstest.
Viele nehmen es Dir auch sehr übel, dass Du ganz unglaublich viel Geld mit Yoda-Püppchen, Han-Solo-Eierwärmern und Skywalker-Bettwäsche verdienst und auch sonst keine Gelegenheit auslässt, mit dem Markenzeichen Star Wars Schindluder zu treiben. Besonders mit den Computerspielen hast Du in letzter Zeit kein glückliches Händchen bewiesen (siehe Star Wars – Battlefront). Dabei steckte doch früher unter Garantie immer ein tolles Spiel drin, wo Lucasfilm Games bzw. LucasArts draufstand…
Allerdings hast Du dann irgendwann den Fehler gemacht, die Spiele von anderen Leuten entwickeln zu lassen und nur noch den Markennamen zu vermieten – wie bei der Bettwäsche und den Eierwärmern… Wenn ich es mir recht überlege, bist Du wirklich selber schuld, dass Dich viele Leute nicht mehr so lieb haben wie früher!
Aber bevor Du Dich aus dem nächsten Fenster Deiner 5-Trillionen-Dollar-Ranch stürzt, will ich endlich zum eigentlichen Grund meines Briefes kommen, der Dich hoffentlich ein wenig tröstet:
Star Wars – Republic Commando ist ein wirklich sehr guter 1st-Person-Shooter geworden! Nicht großartig, aber wirklich um Lichtjahre besser als der völlig überflüssige Battlefield-Klon Battlefront oder der langweilige und unausgegorene Ausflug zur Jedi Academy. Lass Dir von der Fachpresse also nicht etwas anderes erzählen. Die meisten von denen haben eh keine Ahnung und wissen nicht, was sie eigentlich wollen. Vor kurzem bejubelten sie noch das extrem mittelmäßige Battlefront und nun geben sie Republic Commando, welches der erste gute Star-Wars-Shooter seit langem ist, nur mittelmäßige Noten.
Die Begründungen für diese Bewertungen sind ebenso fadenscheinig wie inkonsequent:
„Da ist zu wenig Strategie im Spiel!“ – Geht so. Eigentlich hat SWRC mehr Strategieelemente als Battlefront. Und dabei sollte doch letzteres ein richtiger Taktik-Shooter sein, spielte sich aber so strategisch wie eine Partie „Schere-Stein-Papier“. Nur weil die Anweisungen an die drei übrigen Klone im Team alle ganz unkompliziert mit einer Taste zu bewerkstelligen sind, heißt das noch lange nicht, dass es unstrategisch ist. Mir hat es sehr gut gefallen, dass man die Jungs mit ganz einfachen Befehlen sinnvoll einsetzen kann. Dank der wirklich guten KI leistet mein Klon-Team gute Arbeit, wobei es jedoch an vielen Stellen keinesfalls egal ist, wohin ich sie schicke und was sie tun sollen! Nur weil ich nicht 43 Tasten zur Steuerung brauche, ist das Spiel noch lange nicht flach. Es ist in der Tat flach, allerdings auf eine andere Art, die zu einem kurzweiligen Shooter einfach dazu gehört: Es ist intuitiv steuerbar – und das ist gut so! Ein anderes sehr gutes Spiel hat dies schon einmal in ähnlicher Form vorgemacht: Das weit unterschätzte Freedom Fighters.
„Im ganzen Spiel gibt es keine Jedis!“ – Und genau dafür wollte ich Dir ganz besonders danken, George! Ich kann diesen Jedi-Quatsch langsam nicht mehr sehen. Jedis haben alleine deshalb schon nichts in einem richtigen Shooter zu suchen, weil sie meistens keine Schusswaffen benutzen! Außerdem sind mir die gelungenen Sprüche und Wortgefechte der Klone wesentlich lieber, als zum x-ten Male das Gefasel über Dunkle Seite und Helle Seite von so einem kleinen grünen Knirps im Jutemantel ertragen zu müssen. Wie kommt es eigentlich, dass die richtigen Star-Wars-Fans dessen nicht müde werden? Das ist ein wirkliches einzigartiges Phänomen, denn der Star-Trek-Franchise ist aus dem gleichen Grund derzeit kurz vor dem endgültigen Aus…
„Das Spiel ist irgendwie zu wenig Star Wars!“ – Bravo, Blitzmerker! Eine messerscharfe Analyse… Und genau das ist es, was den letzten Star-Wars-Spielen abgegangen ist: Sie haben die immer gleichen, allseits bekannten Klischees abgespult und sich nicht im geringsten darum bemüht, dem Szenario eine neue Seite abzugewinnen. Dieses Einsatzkommando zu spielen, und eben nicht den 93. Jedi-Meister oder Padawan aus Eriwan, ist die absolute Stärke von SWRC. So wie man einst in den X-Wing- und Tie-Fighter-Spielen als Pilot in die Schlacht ziehen durfte, darf man hier als Spezial-Infanterieeinheit die Geschicke des Star-Wars-Universums mitbestimmen. Auf diese Weise erlebt man eine Perspektive, die einem die Filme immer nur am Rande boten. Die in den Filmen so oft zitierten, aber nie richtig gezeigten Klonkriege zu spielen, sollte doch eigentlich der feuchte Traum eines jeden Fans sein… Wer will denn schon Luke, Anakin, Obi-Wan oder Han Solo sein? Wo bleibt das „R2D2 rettet den Helden ständig den Arsch“-Spiel?! Warum kein „Sing mit der Cantina-Band in Mos Eisley“-Singstar-Addon?!
Außerdem geht es in SWRC erstaunlich derb zur Sache, was die meisten anderen Star-Wars-Spiele bisher ebenso vermieden haben wie die Kino-Episoden. Denn merke: Wer ein großes Publikum ansprechen will, um ihnen die Kohle aus der Tasche zu saugen, der muss auch auf die richtige Altersfreigabe achten! Unsere Commandos hingegen stechen auch gerne mal einen Metalldorn in eine Alienbrust, um dann über und über mit dessen Blut bespritzt zu werden. Oder sie treten noch mal gegen eine Leiche am Boden, um sicher zu gehen, dass der Gegner nicht nur ein Nickerchen macht. Da die Aliens und Roboter aber kein rotes Blut besitzen, kommt auch SWRC mit einer 16er-Freigabe davon. Aber immerhin…
„Was soll denn das? Die Story endet ja mit einem Cliffhanger!“ – Stimmt, aber bei HL2 hat das komischerweise kaum jemanden gestört. Und im Falle von Mr. Freemans zweitem Abenteuer war nicht nur das Ende, sondern die gesamte Geschichte ein reines Rätselraten – oder wie ich es gerne auf meine eloquent Art ausdrücke: „Die Story von HL2 war von A bis Z Scheiße!“
Die Story von SWRC schließt hingegen exakt die Lücke zwischen Episode 2 und 3, welche direkt auf dem Wookie-Planeten Kashyyyk beginnen wird. Nur tut sie das glücklicherweise eben nicht aus der Sicht der Kinohelden. Sie ist primär Bindeglied zwischen den beiden Kinofilmen und lässt sich dabei auch noch geschickt die Option für eine Game-Fortsetzung offen. Clever!
„SWRC ist viel zu leicht!“ – Nur wenn man es auf niedrigster Schwierigkeit spielt, was sich Game-Redakteure, sofern sie ein Spiel überhaupt länger als zwei Level spielen, wohl partout nicht abgewöhnen können. Natürlich wird hier darauf abgezielt, dass die Mission nicht zwangsläufig vorbei ist, wenn der Commando (38), also wir, abnippelt. In den meisten anderen Spielen ist das eben so, dass ein Auftrag gescheitert ist, wenn der Held stirbt. Aber warum eigentlich? Ich finde die Idee, dass die anderen Klone vom Delta Squad uns ebenso wiederbeleben können wie wir sie, sehr gut! So lange noch mindestens einer im Team lebt, ist das Gefecht nicht verloren.
Wie Du siehst, lieber George, hat mir Dein Star Wars – Republic Commando sehr gut gefallen. Vielleicht sehen das einige Deiner Fans anders, weil es kein soooo typisches Star-Wars-Spiel geworden ist, aber seien wir mal ehrlich: Entweder Du denkst Dir mal einen neuen Franchise aus (demnächst noch Indy 4 zu drehen ist da eher kontraproduktiv…), mit dem Du Kohle machen kannst, oder Du weitest den Rahmen aus und gewinnst dem alten Franchise neue Perspektiven ab, was mit SWRC recht gut gelungen ist. Ansonsten wirst Du irgendwann feststellen, dass man aus ein und derselben Zitrone nicht unbegrenzt Saft pressen kann. Und wenn man es doch versucht, muss man den Saft wenigstens mit anderen Zutaten strecken, was schmecken oder auch nicht schmecken kann… Der Klon-Cocktail hat zumindest mir gemundet.
Da hat es sich doch gelohnt, endlich mal wieder ein Spiel auf der heimischen Skywalker-Ranch zu entwickeln! Dass eine Unreal-Engine verwendet wurde, ist ja nichts, wofür man sich schämen müsste. Schlimmer ist es, wenn fremde Auftrags-Entwickler zwar eine eigene Engine basteln, aber nichts Gescheites damit anstellen. Dies sollte Dir eine Lehre sein, nicht mehr so viel von Fremden entwickeln zu lassen.
Am Ende dieses Briefes kann ich Dir dann aber doch ein paar Kritikpunkte nicht ersparen. Nimm sie einfach als Merkzettel für zukünftige Projekte…
Für 45 Euro sollte ein Spiel den Käufer länger als 8-10 Stunden beschäftigen. Ich weiß, dass Dir als Multimillionär dieser Punkt vielleicht nicht sofort einleuchtet, aber wenn man täglich für sein Geld arbeiten muss, ist das so. Aber nimm es nicht zu persönlich, denn diese Einsicht ist auch vielen Vollzeit-Spieletestern wohl mit der Zeit abhanden gekommen…
Ein Multiplayermodus sollte keine Pflicht, sondern die Kür sein. Soll heißen: Wenn es nur fürs Mittelmaß reicht, dann lass ihn doch lieber gleich ganz weg, denn Leute, die darauf wert legen, greifen dann eh lieber zu den bekannten Multiplayer-Titeln.
Wenn Du das nächste mal einen Star-Wars-Titel entwickeln lässt, sage dem Komponisten, dass er ruhig etwas freier zu Werke gehen kann. Der Titelsong von ASH war zwar schon eine gute Idee, aber ansonsten war alles 08/15. Irgendwann nervt nämlich der 687. John-Williams-Gedenk-Soundtrack. Gleiches gilt auch für die Geräuschkulisse!
Und gib den Entwicklern etwas mehr Zeit für den Feinschliff. Das Spiel ist zwar eigentlich bugfrei, aber gerade diese verbohrten Star-Wars-Nerds neigen zur Erbsenzählerei. Die fragen sich dann so Dinge wie „Warum zeigt der Mun-Counter auf dem Blaster auch die Munition an, die ich im Rucksack habe?“ oder „Warum haben Klonkrieger unterschiedliche Charaktere?“. – Allerdings reden wir hier von Leuten, die sich nicht fragen, warum ein mehrere hundert Jahre alter Yoda immer noch keinen geraden Satz sagen kann…
…also streich den letzten Punkt wieder!
So, das war es auch schon. Ich hoffe, Du fühlst Dich jetzt etwas besser und musst nicht mehr weinen, weil die Presse so böse zu Deinem Spiel ist!
In hoffnungsvoller Erwartung einer nicht-kindgerechten Episode 3,
Dein SpielerZwei.
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