Grobi:
Falls es noch jemand nicht mitbekommen hat – in der beliebten Lightgun-Shooter-Serie namens The House of the Dead ist ein aktueller Spross für Nintendo Wii erschienen. Das gute Stück wurde mit dem Untertitel Overkill versehen und konnte so in dieser Art und Weise wohl nur im Fahrwasser der “Grindhouse”-Filme von Quentin Tarantino und Robert Rodriguez entstehen. Naja, eigentlich ist es 0% “Death Proof” und 100% “Planet Terror”. Overkill atmet diesen Film – von der Marketingkampagne bis zum Abspann. Mit einer übergroßen Liebe zum schäbigen Detail, die alleine schon Grund genug ist, Geld über den Tresen wandern zu lassen. Vorrausgesetzt, der Käufer kommt damit klar, dass alle Schundregler auf 11 gedreht worden sind. Das Blut spritzt literweise, die Zombiemutantengegner fallen sehr schnell auseinander und die Frequenz, in der das Wort “Motherfucker” benutzt wird, treibt “Scarface” heim im Muttis Arme. Weint ihr beim Anblick der ersten Frames, die die Worte “Our Feature Presentation” zeigen, vor Glück? Ein “Missing Reel”-Gag bringt euch zum sabbern? So gehet hin und importieret! The House of the Dead: Overkill ist nicht in Deutschland erschienen.
Ich bin kein dezidierter Railshooter-Experte und bei meinem Testspiel bei Holger war bereits die automatische Shotgun freigespielt. Mir kam Overkill dadurch recht leicht vor – natürlich gerade auch im Zwei-Spieler-Modus. Mit dem erwähnten Schießprügel kann man die Levels ziemlich einfach mit der guten alten “einfach nur in den Raum holzen”-Methode freiräumen, nur erreicht man so im Kombo-System nichts, lediglich durch Kombos hagelt es Punkte. Die Geduld und Konzentrationsfähigkeit aufzubringen, für die Kombopunkte einen Treffer nach dem anderen zu landen (also nicht danebenfeuern, liebe Kinder!), erhöht die Herausforderung dann auch. Dabei handelt es sich schließlich auch um den heiligen Gral der Spielmechanik. Trotzdem bleiben die Endgegner leider auch viel zu einfach. Natürlich helfen schwerere Geschütze beim Bosskampf ungemein, aber die Kämpfe sind schon im Kern unglaubliche No-Brainer. Die Trefferzonen werden deutlich markiert und dann heisst es: Draufhalten. Dazu kommen noch ein paar technische Unzulänglichkeiten in Form von mehr oder weniger derben Rucklern. Es gibt sicherlich Lightgun-Ballereien, die ihr Geschäft noch etwas gekonnter transportieren und auf den Punkt bringen. Aber ich weiss, wann ich Spass habe. Und ich kann euch sagen: Mit etwas Gerstenkaltschale serviert, ist The House of the Dead: Overkill die Definition von Spass. Erst recht mit zwei Spielern.
Daniel:
“The House of the Dead: Ovvvverrrrkilll. It’s not just good … it’s fucking delicious.”, ruft mir das Spiel schon im Menü entgegen.
Für mich lebt Overkill zu 80% von seinem Humor, seiner Atmosphäre, dem Look, der Musik, den Dialogen, dem dreckigen Charme eines dummen Mutantenfilms. (Don’t call them zombies.) Gott, wie habe ich gelacht. Ich weiß gar nicht, wann ich das letzte mal so beim Videospielen gelacht habe. Vielleicht als ich gestern Christian in Street Fighter 4 verprügelt habe, aber das war ein anderes Lachen.
Durch den Grindhouse – Hintergrund können sich die Entwickler von Headstrong Games alles erlauben. Tabus gibt es nicht und so wird geflucht und Mutantengehirn verspritzt, wo es nur geht. Dazu gibt es superb funkige Musik, die aus dem eher düsteren Szenario ein spaßige Ballerei macht. Gruselig ist hier nichts.
Der Shooter-Part selbst führt durch sieben Level, die beinah jedes Horrorklischee bedienen: Haus, Sumpf, Krankenhaus, Zug, Gefängnis, unterirdisches Labor und der großartige Freizeitpark mit Clownmutanten. Clownmutanten! Wie geil ist das denn!? Mir fehlt eigentlich nur noch ein Schloss und ein Boot-Level, aber die kommen dann im zweiten Teil.
Spielerisch schießt man Mutanten in den Kopf. Immer und immer wieder. Sounds like motherfucking fun. Apropos motherfucker. Dieses Wort nimmt im gesamten Spiel eine wichtige Rolle ein und sorgte im Finale für ungläubiges Staunen meinerseits: Ne, oder? Das ist jetzt gerade nicht wirklich passiert? Jesus… fuck… pfui. Aber schaut es euch selber an.
Bisher habe ich den Story-Modus einmal durchgespielt, was in wenigen Stunden zu erledigen ist. Für den Director’s Cut, der neue Abschnitten in jedem Level bietet, suche ich mir noch einen Mitspieler, für doppelten Spaß.
Overkill hat mir endlich wieder den einfachen Spaß eines Videospiels nahe gebracht. Es braucht keine riesige Welt, keine überbordende Story und keine super Grafik, um ein Spiel zu machen, was einfach nur pure spaßige Unterhaltung für Erwachsene ist.
Noch eine fucking funny Anekdote zum Schluss. HotD: Overkill ist ja nicht in Deutschland erschienen, was nicht heißt, dass wir nicht doch unsere Finger im Spiel hatten. Cover, Hülle und DVD haben in Deutschland zusammengefunden: “Assembled in Germany”, prangt auf der Rückseite, wie übrigens auf fast allen europäischen Wii Spielen.
Holger:
Nachdem meine Kollegen schon vorgelegt haben, erspare ich euch weitere Beschreibungen des Titels. Festhalten können wir schonmal: Überleben in den Modi “normal” und “Directors Cut”: Null fordernd / Grindhouse Flair / Gore Galore.
Was vielleicht noch nicht so deutlich rausgekommen ist, es handelt sich bei HotD-Overkill um einen Arcade-Shooter in Reinform. Arcade heisst in diesem Fall allerdings nicht Endgegner = 50 Münzen, nein wir reden hier von einem Highscore-Shooter. Durchspielen kann das Spiel jeder. Ja, auch deine Mudder. Aber hoch punkten kann nicht jeder und darauf kommt es an. Ziel ist es, sich so lange wie möglich im “Goregasm” Modus durch die Level zu schiessen.
Wirklich anspruchsvoll wird Overkill erst mit dem Abschluss des “Directors Cut”, jetzt kann man nämlich im “dual wield” Modus spielen. Anspruchsvoll wird es zumindest für mich, da mein Zielverhalten mit links eher heiter bis wolkig ist. Und dann noch die relativ unbequeme Haltung der Wiimote – spätestens jetzt liebäugelt man mit der Anschaffung eines offiziellen Accessoires. Mit denen dürfte es sich auch leichter im Gangster Mode spielen lassen. Schon mal versucht? Gibt nach 50 Kills ganze 1337 Extrapunkte.
Ach ja, spare gerade auf die Minigun. Weiss jemand, ob noch was danach kommt?
SpielerZwei:
Rail-Shooter haben es ja in den letzten Jahren nicht leicht: Sie sind irgendwie aus der Mode gekommen, werden teilweise sogar beschimpft. Dabei weiß ich wirklich nicht, was eigentlich gegen einen guten Vertreter dieses Genres einzuwenden ist. Wer sie nur als „beinamputierte Ego-Shooter“ sieht, ist, mit Verlaub, ein Depp. Man bezeichnet Rundenstrategiespiele ja auch nicht ernsthaft als „Echtzeitstrategie für geistig Langsame“ oder Adventures als „kastrierte Rollenspiele“, oder?!
Und wenn es eine Plattform gibt, die geradezu nach guten Rail-Shootern schreit, dann ist es die Wii. Keine andere Plattform bietet eine Lightgun out-of-the-box! Es ist mir ein Rätsel, warum diese Konsole nicht regelrecht mit Titeln dieser Art überschwemmt wird…Anyway, zurück zu Overkill:
Die sieben Kapitel sind in 3-4 Stunden durchgezockt und obendrein ist das Spiel auch noch recht einfach. Der Director’s Cut ist, abgesehen von ein paar zusätzlichen Szenen und der Beschränkung auf drei Continues, eigentlich auch nur das Gleiche in Grün. Warum sollte man dafür ernsthaft 40-50 Euro ausgeben?
Nun, zunächst einmal, weil das Spiel in Sachen „Trash & Fun“ seinesgleichen auf der Wii bisher vergeblich sucht. Das wäre für mich tatsächlich schon Grund genug, aber ich bin auch ein kranker Idiot. Darüber hinaus, Holger hat es schon erwähnt, ist der eigentliche Witz am Gameplay nicht, es einfach nur durch die Kapitel zu schaffen, wie es beispielsweise bei RE:UC der Fall ist, sondern lauter cooles Zeugs und neue Modi frei zu spielen sowie natürlich auf combo-lastige Highscore-Jagd zu gehen. Hinzu kommt noch ein nicht unerhebliches Mehrspieler-Potenzial, das seinerseits wiederum sehr vom schrägen Humor des Spiels profitiert. Zusammen mit ein paar Kollegen unter Alkoholeinfluss THOTD: Overkill zu spielen, ist schon echt ein Erlebnis der besonderen Art!
Alles in Allem besitzt das Spiel also einen wirklich hohen Wiederspielwert. Und das kommt von jemandem, dem freischaltbarer Extra-Content oder Highscore-Listen in Spielen sonst meist kilometerweit am Arsch vorbei gehen…!
Headstrong Games haben hier für SEGA das meiner Meinung nach absolut beste House Of The Dead der ganzen Serie geschaffen. Gleich danach kommt für mich The Typing Of The Dead, aber das gehört ja nicht einmal zum offiziellen THOTD-Kanon. Der Rest der Serie hat mich eigentlich nie so recht vom Hocker gehauen. Lediglich die Lightgun-Automaten hatten einen gewissen Charme.
Interessanterweise ist Overkill storytechnisch ein Prequel zur eigentlichen Serie, welches noch vor dem Originalautomaten von 1996 spielt. Dass es dabei gleichzeitig auch eine Parodie der Teile 1 bis 4 darstellt, die sich ja selbst recht ernst genommen haben, ist schon ein Geniestreich für sich.
Ich wünsche mir auf jeden Fall ein weiteres THOTD von den Briten, denn so gut und spaßig war noch kein Zombie-Rail-Shooter! Aber auch wenn sie ihre Drohung wahr machen und zunächst einmal eine Fortsetzung von SEGAs Virtua Cop-Reihe basteln, bin ich sehr gespannt. Auch hier handelt es sich um eine Rail-Shooter-Serie, die mich bisher wenig begeistern konnte, aber die Jungs von Headstrong haben bei mir jetzt einen Stein im Brett…
11 Kommentare
Ja, dann kann ich ja jetzt wohl gar nicht mehr anders als mir das Ding zu bestellen. Ich komme vor April zwar eh nicht mehr groß zum Zocken, aber vielleicht ist das Spiel dann ja sogar noch billiger. Oder Amazon UK liefert endgültig gar nicht mehr nach Deutschland. Ersteres wäre gut, zweiteres nicht.
Klingt nach idealem Futter für meine neu entdeckte Rail-Shooter-Ader. Nachdem ich mich mit den Umbrella-Chroniken warmgeschossen hatte, war ich schon gespannt, was aus “House of the Dead: Overkill” wird. Schade nur, dass ich momentan etwas knapp bei Kasse bin und “MadWorld” Vorrang hat.
Das Spiel kostet bei Amazon.co.uk übrigens nur noch rund 30€ inkl. Versand, keine 40-50€ mehr.
@ HotDO: Hört sich doch richtig klasse an, hat mein Kaufinteresse weiter angefacht^^.
Was mich als bisher-quasi-Wii-Abstinenzler interessieren würde:
Wie verhält sich die Wiimote in Sachen Trägheit zu Spielen wo Geschwindigkeit und Präzisions durchaus wichtig sind?
Habe bei einem Bekannten vor einer Weile mal das Tontaubenschießen von der Mario und Sonic Olympiade gespielt, und das kam mir im Vergleich zu einer handelsüblichen Lightgun sehr träge und “nachziehend” vor.
Gewöhnt man sich bei Spielen wie HotD oder RE:UC daran, oder ist das da einfach ohne Verzögerung umgesetzt?
Danke und Gruß
Frank
Schrecklich, wie sich diese Grusel-/Horror-/Schocker-Shooter verbreiten. Ähnelt nur allzu sehr dem Filmgewerbe, wo “Blutrünstigkeiten” ebenfalls mehr und mehr werden (zumindest gefühlt, wenn ich an meine letzten Videothek-Besuche zurückdenke.)
Nun kann mir das ja egal sein – nur weil es nicht nach meinem Geschmack ist…
Interessanter wäre nur: Bleibt es jetzt bei einer Phase? Täuschen mich meine Empfindungen? Oder hört es vielleicht nie wieder auf und immer mehr Film-/Game-Produkte setzen auf Horror?
@ Cartman
Der Horrorfilm entwickelt sich – wie andere Genre auch – in Wellenbewegungen. Ich denke momentan steuern wir ganz einfach wieder auf eine Amplitude zu. in den 90gern gab es so gut wie keine (großartigen) Filme dieser Richtung. Anfang des Jahrtausends bis heute hats dann wieder zugelegt, sieht man schon an den ganzen Remakes (Freitag der 13te, Dawn of the Dead, Texas Chainsaw Massacre, My Bloody Valentine, Halloween, …) die in den letzten Jahren ins Kino gekommen sind. Die Filme an sich rücken zwar für die meisten mehr ins Bewustsein, weil Sie heute viel höher budgetiert und vermarktet werden, vom Blut und Ekelfaktor her sind sie aber nicht zu vergleichen mit den “Undergroundfilmen” der 70ger und 80ger. Wenns dich interessiert, such einfach mal nach Lucio Fulci bei google…
Fazit: Die Bekanntheit und Menge der Horrorproduktionen hat zwar in den letzten Jahren zugenommen, der Blut- und Splatterfaktor von bspw. Zombiefilmen wie das erwähnte Planet Terror ist aber eher geringer als in den alten Filmen.
Verbindungen lassen sich da mit Sicherheit auch zum Spielebereich knüpfen, vom Grundprinzip sind beide Welten ja auch recht ähnlich gestrickt. Nimm bspw. die Entwicklung der Beliebtheit von RPGs, die hat sich in der Zeit seit dem man zu Hause zocken kann auch verändert. Das gleiche wird mit den ganzen Horrorspielen genreübergreifend auch passieren. Im Moment sind sie halt äußerst beliebt, was sich ändern wird sobald der Markt gesättigt ist. Dann wird eben wieder irgendwas anderes in den Vordergrund gerückt bis dann irgedwann Jahre später den Leuten wieder der Sinn nach Blut und Gedärmen steht und wieder vermehrt dahin gehend entwickelt wird….
Gruß
Frank
@ Frank:
Die Steuerung, speziell der Mote-Pointer, ist bei Wii-Spielen nicht grundsätzlich träge. Das Steuerungsverhalten hängt weniger von der grundsätzlichen Technik, sondern mehr von den Fähigkeiten der Entwickler ab. Und bei Overkill fand ich die Steuerung kein bisschen träge.
Zu den Ausführungen bezüglich der aktuellen Horror-Schwemme kann ich Dir nur Recht geben. Der Vergleich mit den RPGs ist sehr gut, denn Mitte-Ende der 90er war das Genre fast tot, wo es hingegen Anfang-Mitte der 90er ein sehr wichtiges Genre war. Das sieht heute natürlich wieder ganz anders aus…
So ist das eigentlich mit Allem. Lediglich für die klassischen Adventures sehe ich da wenig Hoffnung auf einen erneuten Boom.
Danke Euch für die interessanten Ausführen. Also wie bei in der Mode…
spiel wurde heute (inklusive magnum) angeliefert. morgen abend ist somit schonmal gesichert!
Wirklich großartiger gehirnfreier – nein gehirnbefreiender – Spaß!
What? No Brrraiiiiins?! Fido depressed now… ;D