An dieser Stelle nochmal kurz der Hinweis auf das diesjährige Living Games Festival in der Jahrhunderthalle zu Bochum. Hier muss ich mal ein klein wenig Abbitte den Veranstaltern gegenüber leisten und demütig im Staube kriechen, weil ich ursprünglich gemutmaßt hatte, dass das gesamte Festival in diesem Jahr durch die Vorverlegung des Programmstarts auf den Mittwoch am Publikum vorbeiproduziert würde. In der vergangenen Woche ist nun aber das finale Programm der Veranstaltung aufgetaucht und zeichnet löblicherweise ein ganz anderes Bild. Zum einen, weil der Programmbeginnn tatsächlich an keinem der Tage vor 15:30h stattfindet und sich die Vorträge und Diskussionsrunden jeweils bis ca. 21:30h hinziehen, zum anderen, weil nachträglich doch noch der kommende Samstag als Abschlusstag mit einbezogen wurde.
Ebenfalls schön zu sehen: Gab es im vergangenen Jahr noch an beiden Veranstaltungstagen weitestgehend das gleiche Programm, hat man sich in diesem Jahr für die Einführung von Thementagen entschlossen. Damit einher scheint der Verzicht auf mehrere parallele Bühnen zu gehen, was der Vortragsqualität auch akustisch zu Gute kommt und den einzelnen Referenten, Diskussionsgruppen und Präsentationsständen endlich die Aufmerksamkeit garantiert, die sie verdient haben.
Das Themenspektrum verspricht einige äußerst interessante Diskussionen. Los geht es bereits am Mittwoch mit einer Podiumsdiskussion zur gesellschaftlichen Verantwortung der Spiele-Industrie – hochaktuell und sicherlich ein gutes Zeichen. Hier könnte man lediglich mäkeln, dass sich in der Runde der Talkgäste keine einzige wirkliche Gegenposition zur Industrie findet, die Sicht auf den Stand der Dinge damit gegebenenfalls etwas einseitig ausfällt. Sehr gut gefällt mir hingegen die Idee, dem Freitag, der sich voll und ganz dem Thema Games in all seinen (kreativen) Facetten widmet, zunächst einen kompletten Thementag zum Jugendmedienschutz vorzuschieben. Das zeugt von einem gewissen Verantwortungsbewusstein und bietet vor allem unbedarften Besuchern die Möglichkeit, die Themen und Ansätze des Freitages besser einordnen zu können – sofern sie sich denn zu einem mehrtägigen Besuch entscheiden. Andernfalls entfällt dieser Aspekt zwar, aber dem Jugendschutz einen eigenen Tag einzuräumen, finde ich denoch überaus begrüßenswert.
Schön ebenfalls der neu ins Programm genommene Samstag, der sich komplett den Bereichen Games und Familie widmet und praktisch nochmal ein Best-Of der vorangegangenen drei Tage liefert. Eine ausgewogene Mischung für alle Spieler, die es geschafft haben, ihre Eltern oder Angehörigen mit nach Bochum zu schleifen, um ihnen einen kompakten Einblick in die nach wie vor vielen so fremde Branche zu gewähren. Darüber hinaus findet am Samstag ebenfalls eine kleine Eltern-LAN statt, für die der GameParents.de e.V. zuständig sein wird – mit freundlicher Unterstützung der Verantwortlichen und besonders durch Turtle Entertainment, die wieder einmal so gut sind, das gesamte Equipment zu stellen.
Alles in allem also ein überaus rundes Programm, von dem ich hoffe, möglichst viel mitnehmen zu können. Zumindest am Samstag werde ich ganztägig vor Ort sein, an den restlichen Tagen muss ich mal schauen, wie sich das mit dem Berufsleben vereinbaren lässt. Ich würde mich aber freuen, ein paar vor Euch vor Ort begrüßen zu dürfen. Das vollständige Programm findet Ihr übrigens auf diesen Seiten (diesmal auch in Alt-Rechner-freundlichem HTML). Living Games Festival 2009. Mittwoch, 27. Mai bis Samstag, 30. Mai 2009. Jahrhunderthalle Bochum.
14 Kommentare
Jugendschutz… Schutzmechanismen… Gewalt…
Bei den Themenschwerpunkten will ich schon mal brechen, etwas Unwichtigeres (im Bezug auf Spiele an sich, weniger im Bezug auf Deutschland) kann es wohl nicht geben.
Lustig dagegen, Kreativität & Spiele = insgesamt eine Stunde, davon 30 Minuten mit einem von Ascaron… die ja als kreative Masterminds in die Videospielgeschichte eingehen durch ausdruckstarke, durchdachte und vorallem neuartige Designs und Konzepte.
Zeigt IMO deutlich das Spiele(n) in Deutschland eigentlich keinen ernstzunehmenden Stellenwert als kreativer Arbeitsplatz oder überhaupt als kreatives Medium geniessen.
Stattdessen muß man sich wieder der weltweit einzigartigen Gewaltdiskussion stellen… eine Diskussion die am Thema vorbei ist, wenn man bedenkt wieviele der beliebten bzw. der letzlich verkauften / heruntergeladenen Titel aus Deutschland kommen.
Der Name “living games festival” ist angesichts der Thematiken reiner Hohn. Nichts für mich.
Tja, das Problem bei einer Publikums-Veranstaltung ist halt, dass man das Publikum auf Augenhöhe ansprechen muss. Das bedeutet in Deutschland leider, dass man sie praktisch bei Null abholen und auf aktuelle Diskussionen eingehen muss. Wie wenig Ahnung allein unsere Altergruppe der hat, ist geradezu erschreckend. Das war mir bislang gar nicht so bewusst, aber wenn ich bei mir in der Agentur mal so rumschaue, wer überhaupt was mit Spielen, Internet und Techniktrends was anfangen kann, dann stehe ich praktisch allein auf weiter Flur. Und dabei sind viele bei uns sogar noch jünger als meine zarten 31 Lenze.
Wenn man sich mit solch einem Publikum konfrontiert, machts natürlich erstmal wenig Sinn, hordenweise internationale Entwickler einzuladen – das scheitert nicht nur an der Sprach- sondern vor allem an der Verständnis-Barriere.
Also zelebriert man fröhlich die heimische Entwicklerszene… die leider wirklich nicht sonderlich viel hergibt, ja.
Man sollte aber auch nicht vergessen: wir befinden uns gerade mal im zweiten Veranstaltungsjahr. Sowas muss auch erstmal gesund wachsen – vor allem, wenn keine großen Werbe-Budgets dahinterstehen, mit denen man das Event mal eben so von Null auf Hundert im Besucher-Zustrom katapultiert.
Aber ich frage mich ernsthaft wer das Publikum sein soll? Die Gamer schließt man mit diesem ganzen Jugendschutz-Blödsinn schon mal größtenteils aus. Denen (mich eingeschlossen) hängt das sowas von zum Halse raus.
Und welche Eltern oder sonstige “Erwachsene” wollen sich denn ernsthaft mit der Thematik auseinandersetzen. Videospiele sind in Deutschland nachwievor Kinderkacke, es läuft doch nur darauf hinaus das Eltern blind aus dem Wii Regal greifen ohne beim danebengreifen “Blood Rapist – Chainsaw Fucking Part IV” zu erwischen.
Solche Veranstaltungen geschehen doch immer außerdem unter Ausschluß der Leute die letzlich Meinung machen. Warum sollte bspw. meine Mutter da hin gehen? Wo soll bei diesen Themen das Verständnis herkommen? Deutschland hat im Gegensatz zu anderen Ländern “Daddelei” nie als etwas akzeptiert was man auch im Alter noch als legitime Freizeitverschwendung praktizieren kann.
5 Minuten RTL ActionNews richten außerdem mehr Schaden an als 1000 solcher Festivals richten könnten.
Und deswegen finde ich den Fokus der Veranstaltung ja auch so schrecklich… anstatt die harte Arbeit, den gedanklichen Aufwand, den kreativen Prozess zu feiern – fällt das eben alles hinten runter. Mir kommt einfach das “spielen” zu kurz, der Spaß am Erschaffen und Gestalten, andere Leuten in welcher Form auch immer zu unterhalten.
Mir fehlt die Kultur (und damit meine ich mehr als das Rechtfertigen von Headshots als Kunst), “Spiele” zu leben, über den Tellerrand schauen.
Grundsätzlich ist so ein Festival natürlich eine feine Sache, aber zur Begrifflichkeit “Festival” wünsche ich mir eben was anderes als Ascaron und Jugendschutz, weniger bieder, weniger seriös… mehr “Spiel”.
Alles was Aulbath sagt. Sehe für mich als Spieler keinen Anreiz, die Veranstaltung zu besuchen. Was nicht heissen soll, dass das Programm an sich nicht interessant werden könnte, nur eben leider nicht für mich.
Bleib mal auf dem Teppich, Auli! ;)
Das ist nicht die GC oder E3. Die Veranstaltung ist in erster Linie für Leute aus dem Pott interessant. Dass man dafür nicht durch halb Deutschland fährt ist klar. Ein paar mehr Leute als letztes Jahr wären aber ganz nett.
Alles in Allem fand ich das Programm ganz ok und würde ein Wachsen begrüßen.
Ich mache Samstag einen Familenausflug draus. Muss mal checken, ob der Kurze überhaupt mit rein darf…
Das beantwortet meine Frage nachdem Publikum aber nicht wirklich?!
Du gehst da hin weil? Du aus dem Pott bist?
Das Zielpublikum ist nicht der Hardcore-Gamer, der das schon alles kennt. Das ist klar. Das Zielpublikum sind Leute, von denen man sich erhofft, dass sie sich für das interessieren, was ihre Kinder spielen, die sich informieren wollen und – ganz andere Richtung – die Leute, die ein wenig Einblick hinter die Kulissen erhalten wollen, die einfach mal einen kleinen Plausch mit Redakteuren, Programmierern etc. wollen. Im letzten Jahr gab es die Möglichkeit, sich ausführlich mit Leuten aus der Demoszene zu unterhalten, detaillierte Einblicke ins Motion Capturing zu bekommen und einfach mal mit Gleichgesonnenen bei einem Kaffee an der Bar nett zu plauschen. Was ist so falsch daran, wenn es ausgerechnet Ascaron oder wer auch immer ist, der da als Entwickler vor Ort sitzt, wenn ich mich einfach mal mit denen über die Abläufe vom Konzept bis zum fertig publizierten Spiel unterhalten kann? Wo sonst hat man schonmal die Gelegenheit? Bei der Games Convention oder einer anderen großen Publikumsmesse? Wohl kaum.
Von daher fühle ich mich zum Beispiel als Publikum sehr wohl angesprochen.
Und wenn ich durch die Eltern-LAN noch in Kontakt mit Menschen trete, die das bislang eigentlich gar nicht so interessierte, was außer Wii Sports noch so an Games da draußen existiert, die aber trotzdem zumindest ein Mindestmaß an Interesse zeigen… umso besser.
Klar, das Jugendschutzthema ist müßig und geht uns allen ganz gehörig auf den Sack. Aber es einfach zu ignorieren bringt jawohl ganz offenkundig auch nichts.
Es ist doch immer wieder schön zu sehen: wenn es gegen die Spiele geht, geht die gesamte Gamerwelt auf die Barrikaden. Wenn es aber mal darum geht, wirklich was für das Ansehen des eigenen Hobbies zu tun und sich proaktiv mit solchen Themen auseinanderzusetzen – dann, ja dann winkt alle Welt ab und regt sich darüber auf, dass sowas überhaupt aufs Tapet kommt.
Das kann es jawohl auch nicht sein.
Nur ganz kurz, weil ich auf dem Sprung bin:
Ascaron – afaik sind die Jungs pleite. Bzw. im Insolvenzverfahren. Finde ich irgendwie befremdlich das die über Jobs erzählen (gerade auch wo sie ja außer endlos vielen WiSims und 4 Actionspielen Hexagon Kartell, Sacred und Darkstar One nun nicht unbedingt DAS Portfolio von internationaler Wertigkeit haben).
(EA) Phenomic wäre da vielleicht interesanter gewesen und die haben mit Battle Forge ja auch gerade einen recht einfallsreichen Genre-Mix abgeliefert.
Sei’s drum.
Das man mit einem Kaffee an der Bar nett plauschen kann geht nirgends so richtig hervor… “get together” nehme ich an? Das klingt jedenfalls gut.
Kommen bzw. kamen denn Eltern die sich interessieren? Ich gehe ja davon aus hier darüber zu lesen, mich interessiert der Punkt sehr – weil ich es aus meiner Umgebung nicht kenne das für dieses Thema Interesse gezeigt wird.
Ignoriert werden soll das Thema JS nicht, aber ca. 3/4 der Veranstaltung (gefühlt) darauf auszulegen ist zuviel des Guten. Im Rest der Welt klappt es ja auch, selbst unsere deutschsprachigen Nachbarländer kommen klar. Für mich persönlich gibt es da gar nichts zu diskutieren – besonders nicht im Szene-Dunstkreis.
“Wenn es aber mal darum geht, wirklich was für das Ansehen des eigenen Hobbies zu tun” – darum ging es mir, schon oben. Lies vielleicht einfach noch mal. Ich hätte die Gewichtung genau umgedreht, 3/4 Spielentwicklung / Hinter den Kulissen – 1/4 “Zensursula”.
Ich hätte es begrüßt wenn statt der Gewaltdebatte eher kreative, neue Spiele im Fokus wären… World of Goo, Braid und ähnliches.
Statt vor den Leuten also wieder “Killer-Spiele” zu rechtfertigen, einfach ordentliche Spiele zeigen – ist ja nicht so das es nicht mehr als genug Alternativen gibt.
Aber ich seh’ schon… ich bin nicht die Zielgruppe und will etwas von dem Dingen was es nicht ist. Insofern klinke ich mich erstmal aus.
Nochmal: Das Festival steckt noch in den Kinderschuhen. Man kann doch nicht erwarten, dass sich etwas auf lokaler Ebene mit solch kleinem Etat von Null auf Hundert in 3 Sekunden bewegt.
Ich werd mir das heute mal angucken. Nicht, weil ich vielleicht in das Publikumskonzept passe, sondern weil ich solche Veranstaltungen mehr als unterstützenswert finde. Aus Prinzip.
SpielerZwei und ich werden wohl morgen auf dem Familientag rumturnen. Ich werde mich wohl viel im Eltern-LAN-Bereich der GameParents aufhalten und meinen Vereins-Kollegen etwas unterstützend zur Hand gehen.
Ihr erkennt mich am verhärmten Gesichtsausdruck.
@ MeckerHeiniVomDienst (aka Aulbath):
Die Austellung alter Spielkonsolen und Homecomputer wäre z.B. ganz sicher was für Dich gewesen… :P
Das ist die Sammlung von René Meyer, der ist praktisch immer am Start wenn irgendwo was Größeres im Bezug auf Videospiele passiert. Ich gucke mir seinen Kram aber lieber auf der Retrobörse in Bochum an ;P
Wie war es denn sonst so? Voll? Viele Eltern? Erzählt!
Es war auf jeden Fall besser besucht als letztes Jahr, aber nicht wirklich voll. Leider waren wieder einmal hauptsächlich Fachbesucher und Nerds da. Kaum “normale” Leute. Was aber bei der Terminierung auch kein Wunder ist. Da müssen sich die Veranstalter sicher noch mal überlegen, ob das ganze wirklich hauptsächlich unter der Woche stattfinden muss…
Ein wenig angepisst hat mich ja der Eintrittspreis: 9,99 € pro Person! Letztes Jahr waren es noch so 5-6 €, wenn ich mich nicht täusche. Das ist ein weiterer Punkt, der sicherlich nicht fördert, dass auch “normale” Leute einfach mal reinschauen.
Zum Programm kann ich eigentlich gar nichts sagen, da ich ja mit Frau und Kind da war und demzufolge keine Vorträge oder Podiumsdiskussionen mitnehmen konnte. Das Rahmenprogramm bestand halt aus jeder Menge Konsolen-Racks, GH-Bühne, Indie-Game-Avard, Eltern-LAN (leider ohne Eltern) und Zeugs. Der Kurze hatte auf jeden Fall seinen Spaß und abgesehen vom hohen Eintrittspreis war es ein netter Samstagsausflug für die spiel-affine Familie. Mehr habe ich eigentlich auch gar nicht erwartet. :)