Christian schwelgt in Ambivalenz:
Monkey Island! Neu aufgelegt! Auf der Xbox! Und auf dem PC! Ohne Emulator! Einfach so! Sowohl in alt, als auch in neu! Und gar nicht mal so teuer! Ist das nicht der Hammer?! Nuuun, wer weiß? Aus mehr oder minder aktuellem Anlass unterbrechen wir unser Programm aktueller Spielebetrachtungen und verfallen (vielleicht! eventuell! möglicherweise! Ich verspreche rein gar nichts!) einmal mehr dem Retrowahn, um unsere gesammelten verklärten Erinnerungen an eine Spielereihe zusammenzutragen, die sich als DIE Adventure-Serie schlechthin an unser Stammhirn geklebt hat, im Rückblick aber vielleicht gar nicht sooo prall war? Wir werden sehen…
Als Mitglied genau der Generation, die Monkey Island noch in seinem natürlichen Umfeld kurz nach Erscheinen erleben durfte, war ich damals, als Jungspross, natürlich sehr geflasht von dem, was uns Ron Gilbert und seine Mannen da auf den Monitor zauberten. Wenn auch mehr vom zweiten als vom ersten Teil… Tjaja, es war die Blütezeit der Adventures, aber auch der obskuren Kopierschutzmechanismen. Damals, als Spiele noch in ungenormten Riesenschachteln zu einem ins Haus trudelten und mit hunderte Seiten starken Handbüchern daherkamen, die man nach Einschub der Spiele-Diskette auf Seite X aufschlagen musste, ehe man einen roten Plastikfilter über den Text hielt, um das 9te Wort der 23. Textzeile in die Kopierschutzabfrage zu hacken. Das allein war schon ein Adventure für sich!
Monkey Island ging hier, wie bei so einigem anderen, seine ganz eigenen Wege… Und so überrascht es mich heute nicht mehr, dass vom eigentlichen Spiel nicht sonderlich viel bei mir hängengeblieben ist und ich bei der Erwähnung des Titels geradezu reflexartig zuerst an die großartigen drehbaren Codescheiben denken muss, die wir uns alle in mühevoller Heimarbeit kopiert, ausgeschnitten und zusammengefrickelt haben, die den Begriff Kopierschutz auf einen ganz neuen Level hoben und zu einem Vergnügen der ganz eigenen Art beförderten. Mit Humor und einem Augenzwinkern. Ein Spiel vor dem Spiel, auf das man sich jedesmal aufs Neue freute, so sehr man diese lästigen Abfragen ansonsten doch eigentlich hasste. Kerl, wat war dat schön.
Genauso unvergessen mein Versuch, Monkey Island 2: LeChuck’s Revenge auf einem handelsüblichen Amiga 600 durchzuspielen, der nach geschätzen 5 Minuten Spielzeit und 23 Diskettenwechseln darin resultierte, dass ich von Beginn an die Komplettlösung zur Hand nahm, den leichten Weg wählte und ständig bemüht war, keinen Schritt und keinen Klick zuviel zu machen, um bloß jeden unnötigen Diskettenwechsel zu vermeiden. Auf wie vielen der kleinen Plastikscheibchen kam das Game damals noch daher? 13? 14? Wie sehr habe ich damals, in einer Zeit, da sich Amiga- und PC-User noch als erbitterte Gegner im Streit um die Frage nach dem besseren Sound und die meisten gleichzeitig dargestellten Farben am Bildschirm sahen, meinen Freund Christoph beneidet, der Monkey Island 2 ganz lässig auf seinem 386 ATX mit 25Mhz lässig via Norton Commander von seiner 40 Megabyte-Festplatte startete und kein einziges Mal auch nur eine einzige Diskette wechseln musste.
Komisch, daran erinnere ich mich, aber an das Spiel selbst… kaum. Ein paar lustige Szenen sind hängengeblieben, aber sonst? Umso gespannter war ich dann neulich, als die Monkey Island Special Edition für Microsofts Xbox Live Arcade Marktplatz erschien. Trotz momentan eigentlich im Überfluss vorhandener Spiele-Unlust konnte ich es mir nicht verkneifen, die gut 10 Euro in das Remake zu versenken, um wieder in seliger Retro-Verklärung zu versinken. Doch, oh Graus, es wollte sich nicht einstellen, das sehnlichst herbeigewünschte Früher-war-alles-besser-Gefühl. Was war da los? An der aufpolierten Grafik oder der überarbeiteten Vertonung kann es nicht liegen. Die sind, bedenkt man, dass es lediglich eine Arcade-Version für einen knappen Zehner ist, über jeden Zweifel erhaben. Nein, Monkey Island offenbarte plötzlich spielerische “Mängel”, die wir damals, seinerzeit, anno Tobak als völlig normal und üblich wahrgenommen haben, die für uns heute aber einfach nur noch eine Qual sind. Ich sage nur: Lange Laufwege. Urgs. Neeeeeeeeeervig.
So liegt Monkey Island SE seit Abschluss der Gouverneurs-Insel wieder in heimeligem Tiefschlaf in seinem Festplatten-Körbchen und wartet darauf, vielleicht irgendwann bei sehr viel Langeweile doch nochmal von mir geweckt zu werden. Hoffentlich bringt Lucasarts zum gar nicht so unwahrscheinlichen Remake des zweiten Teils wenigstens eine Codescheibe zum Selberbasteln raus. Da fällt mir ein: Ich muss mir unbedingt noch The Whispered World besorgen, der Würfel wegen…
Puschel sucht neuen Antrieb:
Ich kann dem Gesagten nur wenig hinzufügen. Gespielt, ja. Sogar den zweiten Teil mit der “Matrix”-Offenbarung am Ende. Im Gegensatz zu all den anderen Fans habe ich das Spiel aber nie wieder angefasst. Bei Puzzle-Adventures der alten Schule, mit stets nur einer Lösung für das aktuelle Problem, war für mich nach einmaligem Durchspielen die Luft einfach raus. Den Charakteren hatte man ohnehin alle möglichen Gesprächsfetzen entlockt, da man ja nur durch Versuch und Irrtum voran kam und jeden Spruch dann schon einige Mal gehört hatte. An Root-Beer kann ich mich noch erinnern und an Stan, den Gebrauchtschiffsverkäufer.
Ich sollte wirklich die aktuelle Version kaufen, aber mein Stapel der Schande (gekaufte, ausgepackte, aber ungespielte Spiele, halbfertiges wie Fallout 3 gar nicht mit eingerechnet) ist schon hoch genug. Das hätte Guybrush einfach nicht verdient.
grobi hatte beinahe tiefenpsychologisch wirkende Erlebnisse:
Wo ist der Unterschied z.B. zu 3d-Shootern, bei denen die Gegner jedes einzelne Mal an den selben Stellen spawnen? Da ist das Leveldesign ja auch sekundengenau auf die Dramaturgie zugeschnitten. Wenn dir das bei Adventures zu blöd ist, probier`s doch mal mit einem Speedrun. Zugegeben, ich spalte Haare, denn ich verstehe schon, was du meinst, Puschel. Aber für mich waren die Lucasfilm-Adventures im Allgemeinen und Monkey Island im Speziellen immer sowas wie ein verdammt guter Film, den man sich immer wieder gerne ansieht. Bruce Willis erschiesst die zwölf Terroristen im Hochhaus ja auch immer in derselben Reihenfolge.
Hm… Wenn ich darüber nachdenke, war Monkey Island einem Buch ähnlicher als einem Film. Heutzutage erscheint es doch eher mühsam, sich durch die Textwüsten zu kämpfen. Und ich lese eigentlich gerne. Die Spieleevolution hat mich wohl zu einem Multimedia-Faultier gemacht. Damit bin ich an genau dem einen persönlichen Motivator für die Anschaffung der Affeninselneuauflage angekommen: so wenig ich das Spiel eigentlich noch brauche – Guybrush mit ordentlicher Sprachausgabe… das hätte echt was.
Aber was gibt es ausser Platitüden noch zu Monkey Island zu sagen? Es ist vermutlich DER Klassiker der (PC)-Spielegeschichte und bildet zusammen mit seinen Lucasfilm-Brüdern aus dieser Ära zweifellos die Definition eines ganzen Genres. Guybrush und seine merkwürdigen Arbeitskollegen aus dem Hause Lucas haben mein Gehirn nachhaltig gepolt und mit Erinnerungen vollgestopft. Diese Titel sind daran schuld, dass ich nie wieder Pömpel betrachten kann, ohne an ein deutsches U-Boot denken zu müssen. Ich wurde durch Dschungellabyrinthe auf mindestens zwei verschiedenen Kontinenten gescheucht. Ich habe einen Kondor (?) mit Gedanken ferngesteuert. Ich habe mich an Bord eines deutschen Zeppelins geprügelt. Ich habe fossilen Brennstoff auf dem roten Planeten gefunden. Ich habe mich mit Spucke aus einer Gefangenschaft befreit. Ich habe mitgeholfen, die amerikanische Fahne zu entwerfen. Ich habe fleischfressende Pflanzen mit Limonade gefüttert. Niemand hat mir diese tollen Lederjacken abgekauft. Ich habe in Nepal Brandstiftung begangen und geduldig gewartet, bis mein Karma wieder in Ordnung war. Durch mich ist die Weltraumpolizei auf die Spur des bösen schleimigen Meteors gebracht worden. Ich steuerte einen Paradegeek mit dicker Brille und spießigem Hemd zum Heldentum – zweimal. Ich habe eine Karte der venezianischen Kanalisation angefertigt und Atlantis gefunden. Ich habe Pudel betäubt, mit ätzendem Grog jongliert und mich aus einer Kanone schiessen lassen. Ich bin ein mächiger Pirat geworden, weil das X wiederholt die Stelle markiert hat und obwohl ich Elaine gegenüber kein Wort geradeaus sprechen konnte.
Episode I bis III sind trotzdem scheisse. So!
Ach, Christian: MEIN Amiga verfügte über eine Festplatte!
SpielerZwei spielt den grumpy gamer:
Tut mir echt leid, dass ich hier dieses Mal den Christian geben muss, aber der ganze Monkey Island-Kult verursacht bei mir lediglich Stirnrunzeln und hochgezogene Augenbrauen. Ein paar gute Gags, an die man sich auch heute noch erinnert, das war’s. Und “Hey, hinter Dir! Ein dreiköpfiger Affe!” finde ich eigentlich nur lustig, wenn ich es meinem zweieinhalbjährigen Sohn zurufe, weil der sich tatsächlich jedes Mal wieder fragend umblickt. Den MI-Humor, der ja von den Leuten immer wieder als Argument angeführt wird, fand ich schon damals teilweise etwas infantil. Das mag vielleicht auch daran liegen, dass ich bei Erscheinen des ersten Teil schon kein Koten mehr war, sondern bereits für’s Abitur gebüffelt habe.
Stilprägend waren die Affeninsel-Spiele auch nicht wirklich. Maniac Mansion und Zak McKracken: Das waren großartige, witzige und für die damalige Zeit auch sehr innovative Spiele. Inhaltlich war der Höhepunkt der klassischen LucasArts/Lucasfilm Games Adventures für mich ohnehin Indiana Jones and the Fate of Atlantis (der wahre Indy 4, nicht dieser blöde Film). Hier kann ich mich sogar heute noch an sehr viele Details und Rätsel erinnern! Aber Monkey Island…? Hmmm. Mal ehrlich, was war denn soooo toll an den Spielen? Ich fand alle vier Monkey-Island-Teile wirklich sehr unterhaltsam (dieser Tales-Episoden-Neuauflagen-Mist zählt für mich nicht zum Kanon), aber dieses kollektive Leuchten in den Augen eines jeden Videospielers bei bloßer Erwähnung des Namens ist doch geradezu lächerlich. Daher geht mir der aktuelle Hype um das Remake und die Quasi-Fortsetzung derzeit auch ziemlich auf die Nüsse.
Mir fallen beim besten Willen keine Gründe ein, die diesen Kultstatus wirklich rechtfertigen würden. Gut, Adventures waren eigentlich nie mein präferiertes Genre und ich habe außer den Sachen von LucasArts/Lucasfilm Games kein anderes Adventure mit so viel Freude durchgespielt. Nur spielt das in diesem Kontext eh keine Rolle, weil niemand sonst so gute Adventures gemacht hat. Man kann sich bei den Vergleichen also problemlos auf die Spiele dieser Firma beschränken. Und eben hier fallen mir diverse andere Vertreter ein, die mich wesentlich mehr beeindruckt haben als die Geschichten um den (Möchtegern-) Piraten Guybrush Threepwood. Egal ob Maniac Mansion, Zak McKracken, Indy 3, Indy 4, Day Of The Tentacle, Labyrinth, Sam & Max, The Dig, Grim Fandango, Full Throttle oder Loom: In dieser Reihe ragen die MI-Spiele einfach nicht besonders heraus. Durch gar nichts.
Ich habe eine Theorie, wie es zu diesem Kultstatus gekommen ist: Monkey Island ist so etwas wie der kleinste gemeinsame Nenner unter den Videospielen. Es ist geradezu unglaublich, wer das alles gespielt hat. Sogar Leute, die eher wenig bis gar nichts mit Computerspielen am Hut haben, kennen die MI-Spiele. Ich kenne tatsächlich fünfundvierzigjährige Hausfrauen ohne jede Gamesaffinität, die das damals durchgespielt haben! Monkey Island ist im Spielebereich die Konversationsbrücke zwischen Nerds und Normalos. Das ist so ähnlich wie bei Star Wars: Wenn man sich als Filmnerd mit Normalos über SciFi-Filme unterhalten will, findet man hier die geeignete Basis. Das heißt aber noch lange nicht, dass der Kultstatus auch in jedem Fall gerechtfertigt ist…
SpielerDrei ist das ideale Forschungs-Subjekt für Peer-Group-Studien:
“Mein Name ist Guybrush Threepwood, ich möchte ein großer Pirat werden.” Außer, dass er 15 Minuten lang die Luft anhalten kann, erfahren wir nicht viel mehr über einen der profiliertesten Adventurehelden der Geschichte. Ohne Frage ist The Secret of Monkey Island einer der Meilensteine in meiner Spielevita, was sicherlich auch durch die Begleitumstände so kam. Denn wie auch die kongenialen Zak McKrackens und Maniac Mansions war ich als Spieler bei der Lösung der Rätsel nicht allein: Meine besten Freunde spielten zeitgleich mit mir, und damals zog sich ein Adventure gerne auch über mehrere Wochen, teils, weil man aufgrund des Alters noch nicht völlig frei über die eigene Freizeit verfügen konnte, größtenteils aber, weil Komplettlösungen verpönt und darüber hinaus nur schwer zu bekommen waren, was im Jahre 14 nach Gamefaqs nur noch schwer nachzuvollziehen ist. Zumindest sind dies die beiden Gründe, die ich öffentlich preisgeben mag: In Wahrheit ist es sehr wahrscheinlich, dass wir einfach ziemlich dümmlich waren. Aber so sehr es uns auch an Schläue gemangelt haben mag, kompensierten wir es doch durch tumbe Sturheit, und mit dieser, gepaart mit ein wenig überraschender Hilfe von außen (den Tip zum Überkleben des Wanted-Posters kam vom Tanzpartner meiner Schwester) hat man es dann irgendwie doch geschafft (Großartig und für uns neu damals: Schwierigkeitsgrade in Adventures. Verdoppelte locker die Spielzeit).
Für mich als C64-Nutzer waren Spiele, die man (bzw. ich) durchspielen konnte noch die Ausnahme, vielleicht ist auch deshalb das Beenden der beiden Spiele so eine schöne Erinnerung geblieben. Ja, zwei: Anscheinend war ich, ohne es damals zu ahnen, schon sehr früh ein Gilbert-Fanboy (DEATHSPANK!), denn der dritte Teil konnte mich an keiner Front überzeugen, den vierten habe ich nicht einmal mehr angefasst. Aber da war auch schon eine andere Zeit: Meine Freunde spielten andere Spiele, meine Selbstbeherrschung bezüglich Komplettlösungen war ohne diesen fairen Vergleich erheblich gesunken, und der direkte Vergleich ruinierte zusätzlich ein ansonsten sicherlich immer noch die meisten anderen Adventures überragendes Spiel.
Viele Jahre später, Adventures sind für mich nur noch ein Stückchen Vergangenheit, nur ab und zu durch Indiegames und einen deutlich in die Hose gehenden Versuch, das Genre wieder liebzugewinnen, unterbrochen. Als Teilzeitnostalgiker musste ich mir dann das Remake dennoch holen, tja, was soll ich sagen? Immer noch gut. Immer noch witzig. Und durch unpraktische Erinnerungsfähigkeiten (Warum weiß ich nicht mehr, was ich vorgestern gegessen habe, aber erinnere mich, wie man die Pudel vergiftet?) war auch der erste Teil des Spiels angenehm leicht. Aber irgendwie schien ich den Teil ab des Lossegelns nicht so oft gespielt gehabt zu haben, weil ich prompt nicht weiter wusste, was mir noch ein paar Mal auf Monkey Island passieren sollte. Aber ich blieb stark. Und es war gut.
Irgendwann fällt der Groschen, oder man klickt richtig, und dann spürt man wieder dieses angenehme Gefühl der Zufriedenheit, was ich ansonsten heute nur noch selten ingame habe – weils halt meist zu offensichtlich ist. Das Schönste am ersten Teil ist aber immer noch, wie ich abschließend feststellen möchte, dass das eigene Tun komplett sinnlos ist: Alles, was Guybrush macht, ist entweder für die Katz, unnötig oder zu einem ganz beschissenen Zeitpunkt, im Idealfall kann er den Status Quo wieder herstellen. Und wenn ich es mir recht überlege, hat die Rolle des Losers Tradition im Adventure. Aber so Panne war glaub ich keiner.
grobi ist sich mit SpielerZwei über Einzigartigkeit der Lucasarts-Adventures einig:
Da muss ich zustimmen, auch die Sierra-Spiele standen – sich verzweifelt um Größe bemühend – im Schatten ihrer übermächtigen Konkurrenz. Aber da ist eine Ausnahme, wohl weil es sich um ein recht liebevolles Lucasfilm-Imitat handelt: Baphomets Fluch.
Zustimmen muss ich auch, dass man Monkey Island immer im Reigen mit seinen Brüdern nennen sollte, das hatte ich ja auch bereits in meinem Beitrag angedeutet. Alle zusammen haben die goldene Ära der Adventures gebildet, in der solche Spiele von Lucasfilm / Lucasarts sowas wie eine eingebaute Qualitätsgarantie mitbrachten. Monkey Island sticht aber doch insofern deutlich hervor, als dass es die erfolgreichste und längste Spieleserie aus diesem Hause ist. Mag sein, dass das an den Hausfrauen liegt…
Da fällt mir ein: der Gamergott bewahre uns vor einem Film!
Christian schweift ab:
Ich möchte bei der Gelegenheit auch mal an drei zu Unrecht eher vergessene Adventure-Perlen erinnern, die seinerzeit wohlige Schauer der Verzückung in mir ausgelöst haben und mich eigentlich viel mehr gefesselt haben, als die Monkey Island Reihe: nämlich Legend of Kyrandia, Curse of Enchantia und KGB, wobei letzteres im Vergleich zu allen anderen Adventures durch seine Ego-Perspektive mit den detaillierten Einzelszenen schon einen gänzlich anderen Weg eingeschlagen hat, als jedes andere “klassische” Adventure. Habe ich alle drei sehr gemocht… jedenfalls immer bis zu den Stellen, an denen sie grundlos abgeschmiert sind – und war es nur beim ersten Versuch, einen Spielstand zu speichern. Originalspiele kamen auch damals schon nicht unverbuggt in den Handel, wird mir gerade erst so richtig bewusst. Auch wenn wir heute gerne über so manche Patchorgie fluchen: Damals hätte ich sie mir sehnlichst gewünscht.
Enk zeigt sich immun gegen die Adventure-Nostalgie:
Sorry, aber diesen ganzen Lucasfilm-Point&Click-Adventures konnte ich nie so richtig was abgewinnen. Jaja, Maniac Mansion oder Zak McKracken hatte ein paar lustige Pointen, aber ehrlich gesagt war mir schon damals meine Zeit zu schade (und damals hatte ich noch sehr viel davon), stundenlang rumzuraten und zu -probieren, ob man eine fleischfressenden Pflanze jetzt mit radioaktivem Wassser oder mit Pepsi-Cola begießen muss (Lösung: beides, nacheinander), damit man sie als Leiter benutzen kann, um in den nächsten Raum zu gelangen. Die vermeintlichen Freiheitsgrade, die man beim Rumlaufen durch die Adventure-Welt hatte, stellten sich ziemlich schnell als sehr eindimensionaler Try&Error-Klickpfad heraus. Das mag heute bei manchem gradlinigen Ego-Shooter tatsächlich auch nicht anders sein, aber auch da geht es mir ja oft genug auf den Zeiger (oder lässt mich zum Walkthrough greifen, wenns allzu nervig wird).
Einzige Ausnahme, und da muss ich ausnahmsweise SpielerZwei mal recht geben, war Indiana Jones & the Fate of Atlantis. Das hab ich tatsächlich mit Vergnügen durchgespielt und im meiner Erinnerung war das ein fast filmisches Erlebnis. Allerdings hatte ich vermutlich den Walkthrough aus der ASM neben dem Amiga liegen…
SpielerZwei tritt nach:
Nochmal zur Logik der Rätsel: Gerade hier finde ich, dass Monkey Island sogar zu den schwächeren LucasArts-Titeln gehört. Enk hat schon Recht, wenn er das Ganze als Try&Error empfunden hat, denn genauso lief es ja auch die meiste Zeit. Das war bei Maniac Mansion beispielsweise auch so, nur mit dem Unterschied, dass man hier oft dachte: “Ah! Total schräg gedacht, aber innerhalb des kranken Gesamtszenarios irgendwie doch logisch. Und witzig.” Bei MI hingegen dachte ich immer: “Ähm… Okay. Total schräg und überhaupt nicht logisch. Aber dafür total albern.” Außerdem gab es unter den LucasArts-Adventures auch einige Beispiele für gänzlich anders gestrickte Rätsel. So waren die Rätsel in The Dig, das ja auch inhaltlich vergleichsweise ernsthaft und erwachsen daher kam, durch die Reihe komplett logisch. Und zwar logisch logisch, nicht pubertär-schräg logisch. Und der Soundtrack war auch grandios. Zu schade, dass es im direkten Vergleich mit der Verwandtschaft relativ erfolglos war. Das war wirklich ein sehr geiles Spiel! Wenn ich so darüber nachdenke: Wollen wir den Monkey Island-Quatsch nicht einfach löschen und lieber einen Polyvieux zu The Dig machen…?!
Daniel ist MI-Spätzünder:
Nur alte Miesepeter hier… Meine Piratenabenteuer begannen mit dem dritten Teil The Curse of Monkey Island und endeten relativ abrupt, weil ich nicht verstand, wie die Gegenstände aus dem Inventar im Spiel benutzt wurden. Mit Adventures hatte ich bis dato nichts am Hut, warum also die Objekte aus der Truhe nach oben geführt werden mussten, war mir schleierhaft. Nachdem diese Hürde genommen war konnte ich mich der wunderschönen Comic-Grafik hingeben und an den wirren Rätseln verzweifeln. Ich glaube damals gab ich auch schon lange vor dem Abspann auf und sah das Ende erst Jahre später bei einem weiteren Anlauf mit Komplettlösung.
Vor drei Jahren schloss ich dann die große Lücke in meinem Gamer-Nerd-Zeugnis und spielte die ersten beiden Teile The Secret of Monkey Island und Monkey Island 2: LeChuck’s Revenge an einem Wochenende hintereinander durch. Ganz bewusst nahm ich dabei die Komplettlösungen zur Hand, denn Monkey Island ist für mich weniger ein Rätselspaß, als eine fantastische Abenteuergeschichte in einem Setting, welches seinesgleichen sucht und durch eine wunderbare Atmosphäre überzeugt. Piratengeschichten sind schon selten und solch verquere Figuren, Orte und Szenen wie in Monkey Island nahezu einmalig. Der große Kult um die Spiele ist aus meiner Sicht nicht wegen den zugegebenermaßen unlogischen Rätseln entstanden, sondern wegen den Charakteren, den Schauplätzen und dem allgemeinen Monkey-Island-Flair, das den Spieler in sich aufsaugt. Wenn ich auf den vielen Inseln umhergewandert bin, dachte ich immer darüber nach, wie schön es wäre, eine eigene Hütte auf einem dieser Eilande zu haben, unter diesen ulkigen Piraten und Vodoofrauen zu hausen und abends in der Hafenkneipe einen Grog zu trinken. Meine Phantasie wurde durch die Musik und die mystischen Orte stark beflügelt und in meinem Kopf entstand eine noch größere Seewelt voller Inseln und prächtiger Piratenschätze. Dafür liebe ich Monkey Island und nicht wegen dem dummen Gummiehuhn, das mir mit dem Seil über den Abgrund hilft.
Warum ich Teil Vier, Escape from Monkey Island, bisher nicht gespielt habe, ist mir selbst gerade nicht ganz klar. Mit meiner “Vergiss die Rätsel und erfreu dich am wunderbaren Rest”-Taktik sollte ich auch hier viel Spaß haben.
Die von SpielerZwei liebevoll als “Mist” bezeichnete neueste Geschichte Tales of Monkey Island in Episodenform habe ich dagegen gespielt, musste aber auch hier nach 2 Stunden das erste Mal schummeln und werde jetzt erstmal auf die nächsten Episoden warten und dann alles in einem Rutsch spielen. Diese Zerstückelung der Geschichte gefällt mir persönlich nicht so gut. Ansonsten ist aber die Monkey Island Atmosphäre vollkommen intakt, wenn auch die etwas detailarme 3D-Grafik nicht ganz so charmant ist. Die Neuauflage des ersten Teils ist ein feiner Zug von LucasArts und wenn mein Microsoft-Punkte-Konto wieder praller gefüllt ist, werde ich mit Freuden wieder nach Monkey Island aufbrechen.
7 Kommentare
Hmmm, ich könnte mir diese “Gespräche” als Kurzpodcast etwas lebendiger vorstellen…
Darüber haben wir auch schon einige Male nachgedacht. Das Problem ist aber, dass Du Dir dann etwa 5000 mal “Äh”, “Öh” und andere Füllworte dazudenken darfst.
Aber in Anbetracht der vielen unglaublich schlechten und langweiligen Podcasts, die in letzter Zeit durchs Netz irren, behalten wir die Idee natürlich weiterhin in der Pipeline. Vielleicht gibt es hier auch irgendwann mal (Video-)Podcasts, allerdings erst, wenn wir sicherstellen können, dass sie nicht so schrottig sind wie das, was man auf vielen anderen Seiten so geboten bekommt. Wir möchten definitiv keinen zweiten Veteranen-Podcast abliefern. Und etwas gutes, wie beispielsweise Zero Punctuation, macht man nicht eben mal zwischen Frühstücks- und Mittagspause… ;)
[quote]Das Problem ist aber, dass Du Dir dann etwa 5000 mal “Äh”, “Öh” und andere Füllworte dazudenken darfst.[/quote]
Behold the Wonderful World of Editing!
Bin mit dem dritten Teil eingestiegen, fand ihn klasse und konnte vom Humor her durchaus auch Teil 4 noch etwas abgewinnen. Von Teil 1 und 2 kannte ich bisher nur Einzelszenen (mal bei Freunden aufgeschnappt oder so), aber das Remake von Teil 1 spiele ich jetzt auch gerade und nein: ich bin nicht restlos begeistert. Fand mich zu Beginn gut zurecht, aber den red herring kriegte ich nur nach Konsultieren der Komplettlösung. Wieso um alles in der Welt wird mir die Planke nicht als benutzbarer Gegenstand angezeigt? Herrje, es ist ein Adventure. Da laufe ich doch nicht einfach so irgendwo lang, wenn da scheinbar nichts ist, mit dem ich interagieren könnte.
Abseits davon möchte ich mal eine Lanze für das Telltale-Remake brechen. Nein, das ist ganz bestimmt nicht der Olymp der Adventurekunst, aber: es ist weit mehr als nur solide, der Humor funktioniert wunderbar, es sind ein paar richtig gute Ideen dabei (Affenrätsel DeSinghe Episode 1, Le-Chuck-Rätsel Episode 2) und den eher niedrigen Schwierigkeitsgrad finde ich hochgradig angenehm, genau wie auch die “kleinen Happen”. Ich habe derzeit eh kaum Zeit zum Spielen, da kommt mir so etwas doch sehr gelegen.
Knurrunkulus: Ketzer!
Tim Schaefer hat in Monkey Island tolle Arbeit geleistet, den Anspruch kann mir keiner ausreden, egal wie abstrus blöd ihr alle Monkey Island findet!
Übrigends der Witz mit dem 3 köpfigen Affen ist doch gerade desshalb so witzig weil der 3 köpfige Affe später wirklich auftaucht!
Zur Erinnerung: Im Schwertduell kann man beliebig oft abhauen mit “Hinter dir, ein 3 köpfiger Affe!”
Bei den Kannibalen kann man dann einmal abhauen und dann beim 2. mal bei den Kanibalen steht er am Ende wirklich dort.
Ich kann mich noch an das halbe Spiel erinnern. Das zusammensetzen des Zaubertranks auf dem Schiff mit Ersatzstoffen, der Navigator, der Bananenpflücker, die Möve aus Loom(tm), die 3 ziehenden Piraten, die Tanz-Schatzkarte (und alles was ich bekommen habe ist dieses lausige T-Shirt), die Groggurgelnden Piraten HAR HAR HAR HAR, die Fechtsprüche die man gegen die Piraten auf Melee-Island einsetzen kann. “Meine Gegner liegen mir zu Füßen! – Auch nachdem sie deinen Mundgeruch gerochen haben?” oder das anwenden der Sprüche vom Schwertmeister bei normalen Piraten, die saulustige Anspielung auf Sierra-Adventures nicht zu vergessen! Ich hab es damals wirklich geglaubt! Meathook und sein Monster etc. etc. etc.
Und das war nur Teil 1!
Wenn es um Adventures geht, und welches zu den besten (von LucasArts) gehört, sag ich immer Folgendes:
Mein Herz sagt Monkey Island, mein Verstand Day of the Tentacle.^^
Ich stimme mit Euch überein das MI einige unlogische Rätsel hat. Und trotzdem mag ich das Flair, den Charme den die wunderschönen Hintergrundgrafiken, das Insel- und Karibikfeeling und der chaotische Protagonist und die durchgeknallten Insulaner ausstrahlen.
Es ist einfach liebenswert wie sich das Spiel immer wieder selbst (und alles andere auch) auf die Schippe nimmt und einen trotzdem dazu veranlasst motiviert und voller Neugier bei der Sache zu bleiben.
MI hat für mich einfach die wohligste Mixtur, in der sich eine Brise Wahnsinn, viel skuriler Humor, traumhafte Settings und Musik zu einer einmaligen Atmosphäre vereinigen.
Und ja, objektiv gesehen machen beispielsweise Day of the Tentacle und Indy 4 vieles besser aber der Mensch ist nun mal ein durch und durch subjektives Wesen.^^