Hin und wieder kommt es vor, dass ich die Zeit vergesse. Das äußert sich dann so, dass ich um 23 Uhr „Minecraft“ starte und um fünf Uhr morgens merke, dass gerade fünf Uhr morgens ist. Und ich müde bin. Ziemlich müde. Aber wie schon in einem anderen Text erwähnt, interessiere ich mich nicht für Müdigkeit und halte diese für ein Laster, das sein „ein“ in ein „einen“ umtauschen lassen und daraufhin auf der Autobahn verunglücken sollte.
So saß ich vor einigen Tagen also um fünf Uhr vor meinem Rechner, schaute mir die „Minecraft“-ToDo-Liste an, die ich gerade erst vor meinem inneren Auge mit diesen praktischen Geistesblitz-PostIts angebracht hatte, die nirgendwo verkauft werden, und beschloss, mich später um sie zu kümmern. Mein Gehirn hatte mittlerweile sowieso angefangen, sich auf herumlaufende Schafe zu konzentrieren und mich diese zählen zu lassen. Ein Umstand, der beim Errichten eines Schafstalls definitiv hinderlich war. Schließlich musste ich die Länge und Breite des Geheges im Auge behalten. Eine ungerade Zahl war hier wichtig, um den Eingang mittig setzen zu können.
Also beendete ich Minecraft und schaltete meinen Rechner aus. Dann saß ich an meinem Schreibtisch und hatte überhaupt gar keine Lust darauf, ins Bett zu gehen. Ich wünschte mir, noch bei meinen Eltern zu wohnen. Diese hätten mich vor einigen Jahren längst unter Androhung von Computerverbot verbal ins Bett geprügelt. Aber meine Eltern waren nicht hier. Und mein inneres Trotzkind wusste nicht, wohin mit all dem Trotz. „Ich will nicht schlafen. Schlafen ist etwas für alte Menschen. Und ich bin nicht alt. Und werde es auch nie, wenn ich mir nicht endlich mal einen geregelten Tagesrhythmus antrainiere. Ich spiele DS. „Professor Layton und die Schatulle der Pandora“. Das ist jetzt genau das Richtige. Ein Rätsel am Abend vertreibt Kummer und… Hoffentlich kommt kein Rätsel mit Schafen.“
So startete ich „Layton“ und wurde prompt mit folgendem Rätsel konfrontiert:
Anweisungen: „Hier siehst du einen Reigen aus Herren (blaue Kreise) und Damen (rote Kreise). Wähle eine Person und zähle sie als „eins“. Zähle von ihr aus „zwei, drei, vier“ entweder im oder gegen den Uhrzeigersinn bis zur sechsten Person und streiche diese durch. Wiederhole dies ab der Person, die der Ausgeschiedenen folgt. Zähle dabei keine durchgestrichenen Personen. Wenn du bei der richtigen Person anfängst, kannst du alle Damen streichen und nur die Herren bleiben übrig. Kreise diese Person ein.
Denk daran: Entweder nur im oder nur gegen den Uhrzeigersinn!“
Ich saß 30 Minuten vor diesem Rätsel. Ich machte Notizen, ich strich diese durch, ich fluchte und schimpfte, verzweifelte, gab falsche Antworten und ging dann doch endlich schlafen. Ich kapitulierte. Der Hutmann hatte mich geschlagen. Was für eine Ironie. Der Abend begann mit einem Spiel, das von einem Mann mit Hut programmiert wurde und endete mit einem Spiel, in dem ein Mann mit Hut die Hauptrolle spielt. Zuerst wollte ich in die Stadt fahren, vor einem Hutgeschäft zelten und pünktlich zur Ladenöffnungszeit alle dort arbeitenden Menschen verprügeln. Aber dann fiel mir ein, dass ich nicht gerne raus gehe. Außerdem sind Kappen sowieso viel besser als Hüte.
Am nächsten Morgen tat ich dann das, was ich immer tue, wenn ich bei einem Handheldspiel nicht weiterkomme: Ich ging mit ihm auf die Toilette. Dort dauerte es keine fünf Minuten und ich begann zu schreien. Dies lag nicht an der Konsistenz meiner Ausscheidungen, sondern an meiner Dummheit. Ich hatte zunächst versucht, das Rätsel auf die gleiche Art zu lösen wie in der Nacht zuvor. Doch dann bemerkte ich, dass ich die Anweisungen vollkommen falsch gelesen hatte.
Ich hatte gedacht, dass am Ende alle Damen übrig bleiben müssen. Nicht die Herren. Ups. Ich schiebe dies auf Professor Layton persönlich. Der Typ redet immer von seinem Leben als Gentleman, streicht dann aber mir nichts dir nichts Damen in Rätseln durch. Das ziemte sich laut meines nach Schlaf dürstenden Gehirns einfach nicht für einen echten Gentleman.
Dann war ich der Meinung, dass ich von Person eins aus zwei Schritte weiter gehen musste, von Person zwei aus drei, von Person drei aus vier und so weiter. So stand das meiner Meinung nach in der Anleitung. Tat es aber gar nicht. Richtig wäre es gewesen, sich von jeder Person aus sechs Schritte weiter zu bewegen (von der ersten natürlich nur fünf).
Und zuletzt hatte ich das mit dem Uhrzeigersinn falsch verstanden. Ich dachte, man könne sich nach jeder Person aussuchen, in welche Richtung man geht. So wechselte ich fleißig die Richtungen und es ist klar, dass es verdammt viele Bewegungsmöglichkeiten gibt, wenn man nach jedem Schritt die Richtung wechselt. Ich weiß nicht, warum ich diesen Fehler gemacht habe. Schließlich lautet der letzte Satz in der Beschreibung: „Denk daran: Entweder nur im oder gegen den Uhrzeigersinn.“
Oh, Moment. Klar. Die Schuld ist beim Spiel zu suchen. Zunächst einmal hätte es heißen müssen: „DENK DARAN!!! ENTWEDER NUR IM ODER NUR GEGEN DEN UHRZEIGERSINN!!!“ Außerdem ist es unerhört, dass ein Videospiel von seinem Benutzer verlangt, die Uhr lesen zu können. Ich vergesse schon regelmäßig, wo links und wo rechts ist. Das dann auch noch auf eine Uhr anwenden? Leute, ich trage eine Binäruhr! Die hat gar keinen Uhrzeigersinn und blinkt lediglich in grellen Rottönen vor sich hin.
Letztendlich habe ich das Rätsel dann in wenigen Sekunden gelöst. Es war ziemlich einfach. Man entscheidet sich für eine Person und eine Richtung, zählt ab, guckt ob es klappt und fängt zur Not an anderer Stelle neu an. Da gibt es bei „Layton“ definitiv komplexere Rätsel. Schiebepuzzle zum Beispiel. Die löse ich stets auf möglichst chaotische Art und Weise und habe den Grundsatz, sie niemals in unter 100 Bewegungen zu beenden.
Rätselspiele sollten erkennen, um welche Uhrzeit und in welcher Verfassung man sie spielt und dementsprechend die Rätsel anpassen. Der 3DS hat Kameras. Da ist das doch bestimmt möglich. „Hallo Stiftnürsel! Es ist spät und du siehst ziemlich beschissen aus! Hier, verbinde die Zahlen von eins bis zwei mit einer Linie!“
Uhrzeigersinnrätsel um fünf Uhr morgens? Nein danke. Da spiele ich doch lieber wieder „Minecraft“. Da gibt es zwar auch Uhren, diese bestehen aber lediglich aus zwei kleinen Bildchen. Hat eigentlich schon jemand die „Minecraft“-Uhren in die Realität umgesetzt? So ein Ding würde ich mir definitiv kaufen. Die dafür notwendigen Goldbarren könnte ich bestimmt irgendwo auftreiben. Das laute Stöhnen, das ich manchmal nachts bei meinen Nachbarn höre, deutet darauf hin, dass sich dort ein großer, dunkler Minenschacht befindet. Da wird sich doch sicherlich etwas Gold finden lassen.
8 Kommentare
Bei den Anno-Spielen – auch so Zeitfresser, die einen bis fünf Uhr morgens an den Rechner fesseln – mahnt einem das Programm alle paar Stunden, dass es doch mal Zeit sei, eine Pause einzulegen, da man nach so langem Spielen unkonzentriert werde. Müsste man sich nur dran halten.
Der Anleitung Satzteil “Zähle von ihr aus „zwei, drei, vier“ entweder im oder gegen den Uhrzeigersinn bis zur sechsten Person” ist aber tatsächlich in sich widersprüchlich und wird halt dann vom Spieler irgendwie interpretiert. Es lag also doch auch am Spiel :-)
(“zwei, drei, vier, …” wär jedem sofort klar)
Es ist die Dame auf 11 Uhr gegen den Uhrzeigersinn, richtig? Und weißt du was, ich habe auch erst angefangen Gentlemen zu streichen. Dann wäre es der obere Herr und zu Streichen im Uhrzeigersinn, da das Rätsel ja symmetrisch ist. Yay, eine Minute Zeit verschwendet. ;)
Die Rätselanleitung ist sowas von schlecht. Wenn das auch bei anderen Rätseln ähnlich ist, kann ich nicht verstehen, wieso Layton so hoch gelobt wird.
@Missingno.: Ist falsch, oder? Wenn man von 11 Uhr gegen den Uhrzeigersinn zählt, landet man doch bei 6 Uhr, und das ist ein Herr! Eher der Herr auf 10 Uhr, wenn ich mich nicht täusche.
Welche Rätselnummer war das, Herr Nürsel? (Ich spiele auf Englisch, wollte schauen ob der Beschreibungstext dort besser passt)
Da hast du natürlich recht, Anon. Ich bin Informatiker und fange bei Null an zu zählen.
Erst mal: Schön, dass hier auch andere die Anleitung alles andere als gut finden.
@Manu: Es ist Rätsel Nummer 53.
Die Anleitung ist absolut eindeutig und präzise formuliert. Wenn ihr natürlich ein “…kannst du alle Damen streichen und nur die Herren bleiben übrig” dahingehend interpretiert, dass die Damen übrig bleiben sollen, ist klar, dass ihr damit überfordert seid.
Will auch nur sagen, dass es weitaus schlimmere Beispiele in den Laytons gibt. Da werden implizite Annahmen getroffen, unklare Ziele formuliert (kennt noch jemand den überfahrenen Hund aus Streichhölzern?) etc.
Das suckt dann so richtig, ja. Aber das hier?